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Der Wendepunkt

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12.07.2002
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Der Wendepunkt

Jener Donnerstagabend ist in meinem Gedächtnis auf ewig verankert. Er veränderte mein Leben.

Wie jedes Jahr feierte sich die kleine Welt des Films wieder selbst.

Das stilvolle Rokoko-Theater hätte einen mehr als würdigen Rahmen für diese Veranstaltung abgegeben. Aber nein: Bühne, Zuschauerraum und die Wandelgänge mussten noch zusätzlich mit Kulissen und Staffagen aus verschiedenen Filmproduktionen aufgepeppt werden, um dem Geschmack der Filmschaffenden zu ensprechen. Ohne dass sie der Welt ihren eigenen Stempel aufdrücken können, ist dieses Volk scheinbar nicht glücklich.

Obwohl, ich gehörte damals auch dazu. Meine Position im sich schnell drehenden Räderwerk der Branche war sogar nicht ganz unbedeutend. Als Produzent einiger Kinohits trug ich dazu bei, die Umsatzerwartungen meiner Firma zu erfüllen. In meiner Funktion musste ich die richtigen Schauspieler für die richtigen Rollen engagieren, unfähige Mitarbeiter rechtzeitig entlassen, Flüge zu den fernsten Drehorten organisieren und ganze Hotels für unsere Zwecke anmieten. Oft war es auch wichtig, für die Darsteller die besten Aufputschmittel zu besorgen und danach noch bessere Schlafmittel, denn am folgenden Drehtag musste meine Mannschaft wieder ausgeschlafen antreten. Verlorene Drehtage konnten wir uns nicht leisten.

Jedenfalls schaffte ich es regelmäßig, den von der Firma vorgegebenen Kostenrahmen nicht nur zu halten, sondern oft auch zu unterschreiten. Und das, ohne an der Qualität der Produktionen Abstriche machen zu müssen. Dabei war mein Rezept denkbar einfach: Ich feilte so lange an der Organisation, bis kostspielige Doppelspurigkeiten und Leerläufe ausgeschaltet waren. Dadurch musste ich nie Künstler und Mitarbeiter unter Sparzwang setzen, was mich in der Mannschaft beliebter machte, als manche meiner Kollegen.

Als mich irgend so ein Organisations-Fuzzi vom Filmverband zwischen zwei Drehterminen auf dem Handy anrief und fragte, ob er mich für die Trophäe vorschlagen dürfe, sagte ich zu, ohne zu überlegen. Ich hatte damals den Kopf voll mit anderen Dingen und hörte nur mit halbem Ohr zu.

Und dann saß ich an jenem Donnerstag im Zuschauerraum des Theaters. Pflichtveranstaltung, quasi.

Der Mann auf der Bühne, im mitternachtsblauen Smoking und mit glatt zurückgekämmtem Haar stand im Scheinwerferlicht. Er war voll konzentriert, als er den weißen Umschlag öffnete. Publikumswirksam und technisch gekonnt wurde der Spot auf die Hände gerichtet. Sie wirkten dadurch größer und weißer, als sie in Wirklichkeit waren. Der Brillant am Fingerring des Moderators blitzte, als ob das von der Regie so eingeplant worden wäre. Mit spitzen Fingern strich er über die Kante der Karte, die er aus dem Umschlag gezogen hatte, kniff die Augen etwas zusammen und las: „And the Winner is ..."

Erst als ein Scheinwerfer von der Bühne weg in den Zuschauerraum schwenkte und mich in grelles Licht tauchte, realisierte ich, dass der Schönling mit den feinen Händen wohl soeben meinen Namen genannt haben musste. Ich fühlte mich wie eine Marionette, die, an unsichtbaren Fäden gezogen, mit hölzernen Knien in Richtung Bühne stolperte, um die goldene Medaille in Empfang zu nehmen. Es mussten lobende Worte zu meiner Arbeit und zu meiner Person gewesen sein, die der Moderator sprach. Ich hatte sie nicht bewusst aufgenommen.

Energisch schob mich der Moderator danach zum Rednerpult. Ich räusperte mich nicht nur ausführlich, um den Kloß im Hals zu vertreiben, sondern hauptsächlich um Zeit zu gewinnen.

Was sollte ich dem Publikum sagen? Natürlich das Übliche, was bei solchen Empfängen erwartet wird: Dank an den Veranstalter, Danke für die erwiesene Ehre, Dank an Kollegen und Mitarbeiter, nicht zu vergessen natürlich die eigene Ehefrau, ohne die alles nicht machbar gewesen wäre, und so fort. Natürlich gehörte auch der „gerührte Gesichtsausdruck" und eine im linken Augenwinkel verdrückte Träne zum abgekarteten Spiel. Wer lange genug in der Branche ist, muss schließlich die Spielregeln kennen. Welche Informationen sollte ich von mir preisgeben? Wozu sollte ich den Pressegeiern überhaupt etwas zum Fraß vorwerfen? Die sollen sich doch an die Darsteller halten! Filmsternchen sind scharf darauf, in der Öffentlichkeit zu stehen und ihr Innerstes nach außen zu kehren. Zwischen ihnen und den Journalisten besteht eine starke Wechselbeziehung. Sie brauchen einander wie der Brotteig die Hefe, um aufzugehen. Als Produzent kann ich die Strippen im Hintergrund ziehen. Und das ist meine Welt.

Ich entschloss mich also, das Thema elegant zu umschiffen, und statt über mich zu erzählen, einfach die Episode eines angeblichen Kollegen zum Besten zu geben. Von einem, der die Frechheit besaß, diesen sonst so begehrten Ehrenpreis gar nicht erst anzunehmen; von einem, der sich einfach über die Konventionen hinwegsetzte, der sich von seinem Publikum weder ködern, noch verführen ließ. Aber schon nach wenigen Sätzen musste ich einräumen, dass jener Produzent es gar nicht wagte, so dreist zu sein. Er war feige. Alles ließ er über sich ergehen: die Lobeshymnen, die hundert Hände, die alle die seinen schütteln wollten. Sogar seine Rede, die er vor dem Spiegel peinlich genau einstudiert hatte, hauchte er pflichtbewusst und ohne zu stocken ins Mikrofon. Erst als er sich ganz allein und unbeobachtet fühlte, genoss er seinen persönlichen Triumph. In jenem Augenblick, als die Trophäe mit einem leisen Glucksen in den Fluten des Flusses verschwand. Er war diese Bürde los; für immer.

Das hätte ich dem Publikum, das sich in den feinsten - und oft auch schrägsten - Garderoben in den Rängen drängte, gerne erzählt. Aber bevor ich mich in den Netzen dieser selbsterfundenen Geschichte rettungslos verhedderte, und bevor ich gegen meinen eigenen Willen und Vorsatz zuviele meiner Gefühle preis gab, trat ich einen Schritt vom Mikrofon zurück, machte eine um Verzeihung heischende Geste zum Publikum hin und verließ die Bühne unter dem anfangs zögerlichen Beifall meiner Fans. Der grelle Spot verfolgte mich bis zum Ausgang, so, als wollte er meiner Schande spotten.

Unter jetzt frenetischem Applaus folgten mir die geladenen Gäste ins Foyer. Eine große Zahl an Personen, die zuvor nur meinen Namen kannte, wusste jetzt, wer sich hinter diesem Namen verbarg. Aber hatten sie wirklich eine klare Vorstellung von dem, was ich bin, oder nahmen sie nur meine Maske wahr? Es wäre ihnen nicht zu verübeln, denn immerhin tat ich alles, um meinen wahren Charakter, meine Feigheit, zu verschleiern und außerdem - das durfte man nie vergessen - bewegen wir uns in der Welt des Films. Nur die Fassade zu sehen und mit einfachen Spiegelungen der Realität zu spielen, gehörte zu ihrem Metier. Die mir im Foyer huldvoll zugeneigten Gesichter bewiesen die geheuchelte Anteilnahme an meinem Glück. Wäre ich Regisseur gewesen, hätte ich diese Szene nochmals drehen lassen: Der Neid in den Augen war nicht zu übersehen; Nahaufnahmen dieser von Wimperntusche umrahmten Augen, die gierig darauf bedacht waren, zusammen mit dem Sieger ins Bild zu kommen, hätten einen publikumswirksamen Effekt ergeben.
Die wenigen Minuten, welche die Meute brauchte, um sich mit Champagner zu versorgen, nutzte ich, um mich zu verdrücken.

Der kalte Novemberregen durchweichte meinen Anzug, als ich auf das Taxi wartete, das mich in mein Büro brachte. Das luxuriöse Gebäude lag völlig im Dunkeln, nur die Neonreklame an der Außenfront warf grelles Licht auf den Asphalt, wo es sich in den Pfützen spiegelte.

Erst räumte ich meinen Arbeitsplatz und dann legte ich meinem Chef die Kündigung auf den Schreibtisch. Vielleicht die erste mutige Tat in meinem bisherigen Leben.

Ich bereue sie nicht.

 

Lieber Ernst,

diese Geschichte will mir nicht in den Kopf. Ich habe sie nun schon zweimal gelesen und kriege den roten Faden nicht zu fassen. Was genau möchtest du bloß mitteilen, denke ich die ganze Zeit.
Ja, ok, da will der Protagonist am Ende der Geschichte sein Leben umkrempeln.
Wozu aber? Er hat doch gut funktioniert und konnte sich, weil er der Macher war, in seinem Job auch genügend entfalten. Natürlich nur im Rahmen der finanziellen Vorgaben.
Aber das scheinst du nicht zu kritisieren.
Dein Protagonist ist mir zu einem Zeitpunkt aufgewacht, zu dem ich ihn noch nicht mal schlafend wähnte.
Was bitteschön sollte die Filmpreisverleihszene denn in seinem Hirn bewegt haben? Dass alles hohl ist und Show halt auf plakative Effekte abzielt, wusste dein Protagonist ja auch schon vorher.
Da ist mir viel zu wenig berichtet, über das, was in seinem Kopf , in seinem Herz, in was auch immer bei ihm vorgeht.
Ich erkenne seinen Weg nicht. Ich habe nur das Ziel gelesen.

Die Schilderung der Preisverleihung ist dir gut gelungen. Ohne Frage. Mir hat mächtig gut gefallen, wie du quasi mit Worten auf Nahaufnahme gehst als du den Moderator beschreibst und den Moment, in dem er den Umschlag öffnet.
Das war wie Kino in slow motion.

Aber das ändert nix daran, dass ich bei manchen Stellen stutzig wurde und mich dann gefragt habe, was du genau jetzt aussagen möchtest.
Ich zeige dir die Stellen mal auf, vielleicht gelingt es dir, mich zu verstehen, damit am Ende ich DICH verstehen kann.

Als mich dann irgend so ein Organisations-Fuzzi vom Filmverband zwischen zwei Drehterminen auf dem Handy anrief und fragte, ob er mich für die Trophäe vorschlagen dürfte, sagte ich, ohne zu überlegen, zu. Ich hatte damals den Kopf voll mit anderen Dingen und hörte nur mit halbem Ohr zu
Würde ich ganz weglassen. Wozu soll das gut sein? Entweder er ist einer von ihnen und dann möchte er auch gerne die Auszeichnung haben oder er ist keiner von ihnen und dann würde er den Anrufer schon im Vorfeld abwimmeln. Ausserdem, wenn jemand, wie du es ja gut beschreibst, tausend Dinge zugleich im Kopf hat und gut oranisiert ist, der würde so einen Anruf komplett wahrnehmen und nicht nur wie im Nebel.

in Richtung Bühne stolperte um die goldene Medaille in Empfang zu nehmen.
Medaille und Trophäe?

Sie brauchen einander wie der Brotteig die Hefe, oder den Sauer, um aufzugehen.
Der Vergleich ist gut! Aber es reicht Hefe, lass den Sauer weg.

Aber schon nach wenigen Sätzen musste ich einräumen, dass jener Produzent es gar nicht wagte, so dreist zu sein. Er war feige. Alles ließ er über sich ergehen:
Bis zu einem Satz VOR diesem Zitat vermochte ich dir zu folgen und verstand die Handlungsweise deines Protagonisten. Aber nun weiß ich nicht genau, was los ist. Was genau sagt er denn nun? Und wäre es nicht toll gewesen, hier die wörtliche Rede reinzubringen. Das hätte die Spannung erhöhen können und auf jeden Fall die Lebendigkeit.

Das hätte ich dem Publikum, das sich in den feinsten - und oft auch schrägsten Garderoben - in den Rängen drängte, gerne erzählt.
Ich glaube, so langsam komme ich dahinter: du meinst, alles vorher Geschriebene soll nur die Gedanken wieder geben, über alles, was er hätte sagen wollen, aber es nicht tat. Kapiert. Ich glaube aber, dass ich nicht die einzige sein werde, die an dieser Stelle ins Straucheln gerät.

Unter jetzt frenetischem Applaus folgten mir die geladenen Gäste ins Foyer.
Weshalb folgten sie ihm? War die Veranstaltung vorüber? Waren sie so begeistert von seinem innovativen Schweigen? Waren sie einig mit seinem stummen Protest?

Eine große Zahl Personen, die zwar vorher meinen Namen kannte, wusste jetzt, wer sich hinter diesem Namen verbarg
Und was genau verbirgt sich hinter seinem Namen? Ich verstehe diesen Satz nicht.
Mir kommt es vor, als hätte ich wo was überlesen.

Aber hatten sie wirklich eine klare Vorstellung von dem, was ich bin, oder nahmen sie nur meine Maske wahr? Es wäre ihnen nicht zu verübeln, denn immerhin tat ich alles, um meinen wahren Charakter, meine Feigheit, zu verschleiern und außerdem - das durfte man nie vergessen - bewegen wir uns in der Welt des Films.
Ich vermute, dies ist die Kernaussage deiner Geschichte. Aber so geht es nicht, so im Schweinsgalopp durch die Erkenntniswelt, die Jahre brauchte, um so reif heranzuwachsen. Da muss mehr Innerstes stehen, sonst kann ich dir als schlichte Leserin nicht folgen, also den Gedankengängen deines Protagonisten meine ich.

[dann legte ich meinem Chef die Kündigung auf den Schreibtisch./QUOTE] :D ich hoffe keine fristlose, weil das wäre schadensersatzträchtiges Verhalten.

Also die Geschichte kann noch richtig gut werden. Sie ist in ihren Ansätzen ja schon gut formuliert.
Aber eben inhaltlich musste noch mehr rausholen, kannste auch, ich vertrau auf deine Geschicklichkeit. Sag Bescheid, wenn du mit der Überarbeitung soweit bist, damit ich nochmals draufschaue. Ok?

Lieben Gruß
lakita

 

guten morgen elvira,

ich finde es toll, dass du dir zu meinem kleinen text so viel gedanken machst - vielen dank dafür.

dass DIR die geschichte nicht in den kopf geht, ist für mich völlig logisch, denn selbst mein prot begriff erst NACH jenem denkwürdigen donnerstag, was er mit seiner mutigen kündigung angerichtet hatte.

vielleicht soviel vorab: es steht nicht in der geschichte, wie alt mein prot ist. aber dir kann ich es verraten: er war bei der preisverleihung 42 jahre alt, was in der schnelllebigen filmbranche schon ein biblisches alter sein kann. er war also in seinem bereich ein "alter hase", der die spielregeln genau kannte. und wie du richtig erkannt hast: der es auch verstand, für sich persönlich das beste herauszuholen.

und das funktionierte sowohl für meinen prot, als auch für dessen arbeitsgeber ausgezeichnet, so lange der produzent seine fäden im hintergrund ziehen konnte.

den großen fehler machte er, als er dem organisations-fuzzi am telephon nicht richtig zuhörte und ihm leichtfertig sein einverständnis für die nominierung gab. (aus diesem grund kann ich diesen passus auch nicht weglassen!)

mit der verleihung der trophäe (du hast recht, es ist keine medaille) wird mein prot buchstäblich ins scheinwerferlicht gerückt - und das bringt für ihn das fass zum überlaufen. er dreht durch und schreibt die kündigung. diese spontane kündigung brachte ihm etliche scherereien ein (arbeitsrechtlich) - trotz allem ist er aus heutiger sicht zufrieden, diesen schritt gewagt zu haben.

um es auf den punkt zu bringen: ein reiner kopfmensch (organisator) wird von seinen eigenen gefühlen übermannt und begeht eine irrationale handlung.

jetzt zu seiner rede, die er niemals vor dem mikrophon hielt, sondern sich nur im kopf zurecht legte. ich hoffte, diese tatsache damit klar zu machen:

Von einem, der die Frechheit besaß, diesen sonst so begehrten Ehrenpreis gar nicht erst anzunehmen; von einem, der sich einfach über die Konventionen hinwegsetzte, der sich von seinem Publikum weder ködern, noch verführen ließ. Aber schon nach wenigen Sätzen musste ich einräumen, dass jener Produzent es gar nicht wagte, so dreist zu sein.
- aus diesem grund habe ich auch nicht die direkte rede gewählt (was zwar lebendiger gewesen wäre, aber nicht möglich).

warum verließen die zuschauer mit meinem prot zusammen den saal? du hast recht, das ist unlogisch. ich werde es so ändern, dass der moderator durch die abgebrochene rede verwirrt ist und deshalb kurzerhand eine pause für alle einlegt.

"und was genau verbirgt sich hinter seinem namen?" - die zuschauer können jetzt dem namen zumindest ein gesicht zuordnen. aber den charakter meines prots haben sie nicht erkannt, was aus dem satz hervorgeht:

Aber hatten sie wirklich eine klare Vorstellung von dem, was ich bin, oder nahmen sie nur meine Maske wahr?
- war das zu wenig klar, trotz "kernaussage"?

herzliche grüße
ernst

 
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Lieber Ernst!

Was Du beschreibst, ist wohl ein richtig heftiges Burnout. Erst ist dem Protagonisten alles zuviel geworden, er konnte sich in dem Streß, in dem er sich befand, nicht einmal mehr auf einen Anruf konzentrieren, weshalb er zu dieser Preisverleihung überhaupt zugesagt hat. Seine Kritikpunkte, wie etwa die Dekoration des Theaters für den Abend der Preisverleihung, wirken aufgesetzt und oberflächlich – als wären sie bloß dazu da, seine Unzufriedenheit mit sich selbst und die eigene Überforderung nicht sehen zu müssen.
Ich wollte anfangs kritisieren, daß mir die Geschichte zu wenig Tiefe hat, aber inzwischen hatte ich Zeit, sie mir noch ein wenig durch den Kopf gehen zu lassen, und denke, daß das zu diesem Bild dazugehört. Würde der Protagonist mehr in sich hineinschauen, müßte er die Ursache für seine Unzufriedenheit erkennen. Er weiß ja sogar, daß es ein Fehler war, zu der Preisverleihung zuzusagen, obwohl er nicht zu jenen gehört, deren Platz vor der Kamera ist. Hinterher abzusagen wäre unter seiner Würde gewesen, und so steigert sich seine Unsicherheit, bis er sich an jenem Abend der Situation durch die Kurzschlußhandlung entzieht und alles aufgibt, auch das, was er doch eigentlich noch wollte:

Als Produzent kann ich die Strippen im Hintergrund ziehen. Und das ist meine Welt. In meinem Kosmos möchte ich weiter leben und wirken.

Wenn Du aber eher daran gedacht hast, daß die Gedanken wirklich überzeugt rüberkommen sollen, dann solltest Du meiner Meinung nach insbesondere hier …
Das ehrwürdige Rokoko-Theater hätte einen mehr als würdigen Rahmen für diese Veranstaltung abgegeben. Aber nein, Bühne, Zuschauerraum und die Wandelgänge mussten noch zusätzlich mit Kulissen und Staffagen aus verschiedenen Filmproduktionen aufgepeppt werden, um dem Geschmack der Filmschaffenden gerecht zu werden. Ohne dass sie der Welt ihren eigenen Stempel aufdrücken können, ist dieses Volk scheinbar nicht glücklich.
… und an den Stellen, wo es um die Masken geht, viel mehr in die Tiefe gehen. Mehr von seinen Gefühlen, ihn direkt betroffen machen. Im Grunde kann es einem ja völlig egal sein, ob die Kollegen Masken tragen, solange man noch ein Privatleben mit Menschen ohne Masken hat – darüber erfahren wir aber nichts, ich kann nur annehmen, daß er bei all dem Streß wohl keines mehr hatte. Genauso eben auch die Dekoration: Warum stört sie ihn so, daß er nicht darüber hinwegschauen kann, sondern in einer Art Haßtirade darüber erzählt? Vielleicht: Weil er so weit von sich selbst entfernt ist, daß solche Äußerlichkeiten wichtig sind? Oder benutzt er sie umgekehrt, wie einen Haltegriff, um nicht in sich hineinschauen zu müssen?
von einem, der sich einfach über die Konventionen hinwegsetzte, der sich von seinem Publikum weder ködern, noch verführen ließ. Aber schon nach wenigen Sätzen musste ich einräumen, dass jener Produzent es gar nicht wagte, so dreist zu sein. Er war feige.
Bewußtes Hinwegsetzen über Konventionen heißt ja eigentlich nichts anderes als um jeden Preis anders sein zu wollen und das auch zu zeigen, was meistens eher das Tauschen der einen Maske gegen eine andere ist. Dein Protagonist ist aber lieber im Hintergrund als da, wo man überhaupt eine Maske braucht, daher liegt ihm weder das Tragen der einen noch der anderen und er sieht nur den Weg der Flucht.

Der grelle Spot verfolgte mich bis zum Ausgang, so, als wollte er meiner Schande spotten.
Das würde er doch nur so sehen, wenn er selbst es auch als Schande empfindet, oder? Auch das läßt darauf schließen, daß er innerlich doch nicht so überzeugt ist von seiner Aktion.

Natürlich ist es so oder so ein Wendepunkt im Leben des Protagonisten, wenngleich auch kein ganz freiwilliger. Sollte er das aber sein, müßte er für meinen Geschmack wesentlich überzeugter rüberkommen. Eventuell sollte er schon vor dem Anruf alles gründlich satt haben und sich ein Aussteigen überlegen (aber vor lauter Streß gar nicht dazukommen, es auszuführen), dann könnte er durch die Einladung zur Preisverleihung überlegen, es vielleicht doch noch weiterzuversuchen, aber als er schließlich die Dekoration sieht und das Getue drumherum, faßt er seinen Entschluß (den, von dem er jetzt dem Publikum erzählen will), führt ihn aber, wie in der jetzigen Version, nicht aus, sondern flüchtet, ohne die Rede zu halten. – So würde es jedenfalls nicht bloß nach einer Flucht aus Überforderung wirken, sondern die Preisverleihung wäre nur der Anlaß, der ohnehin schon vorhandenen Unzufriedenheit Luft zu machen. Zudem könntest Du das, was er jetzt denkt, nachdem er aufgerufen wurde, schon vorher unterbringen, das wollte ich nämlich auch noch kritisieren:

Energisch schob mich der Moderator danach zum Rednerpult. Ich räusperte mich nicht nur ausführlich, um den Kloß im Hals zu vertreiben, sondern hauptsächlich um Zeit zu gewinnen.
Danach denkt er zwei Absätze lang nach. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktioniert; der Moderator würde ihm Fragen stellen, das Publikum wäre schon unruhig.
Möglich wäre es auch, diese Gedanken kurz vorher einzubauen:
Ich fühlte mich wie eine Marionette, die, an unsichtbaren Fäden gezogen, mit hölzernen Knien in Richtung Bühne stolperte um die goldene Medaille in Empfang zu nehmen. Es mussten lobende Worte zu meiner Arbeit und zu meiner Person gewesen sein, die der Moderator sprach. Ich hatte sie nicht bewusst aufgenommen.
Zwischen diesen beiden Sätzen wäre Platz für die Gedanken, er kann ja sein Hirn nicht abschalten, wenn er dem Moderator nicht zuhört, ist er mit den Gedanken vermutlich woanders. ;)

Erzählt ist die Geschichte ganz gut, sehr gut hat mir aber auch der von lakita bereits erwähnte Absatz gefallen:

Der Mann auf der Bühne, im mitternachtsblauen Smoking und mit glatt zurückgekämmtem Haar stand im Scheinwerferlicht. Er war voll konzentriert, als er den weißen Umschlag öffnete. Publikumswirksam und technisch gekonnt wurde der Spot auf die Hände gerichtet. Sie wirkten dadurch größer und weißer, als sie es in Wirklichkeit schon waren. Der Brillant am Fingerring des Moderators blitzte, als ob das von der Regie so eingeplant worden wäre. Mit spitzen Fingern strich er über die Kante der Karte, die er aus dem Umschlag gezogen hatte, kniff die Augen etwas zusammen und las dann:
Das ist wirklich ein super beschriebenes Hinzoomen! Nur ein winziger Schönheitsfehler: Wenn der Spot auf die Hände gerichtet ist, würde ich den Moderator die Karte etwas hochhalten lassen, bevor er die Augen zusammenkneift – ansonsten sehe ich die Hände nämlich ungefähr in Brusthöhe, und so nah, wie Du hinzoomst, wären die Augen gar nicht mit im Bild.


Und noch ein paar gefundene Kleinigkeiten:

»Jener Donnerstag Abend ist in meinem Gedächtnis auf ewig verankert.«
– zusammen: Donnerstagabend

»Wie jedes Jahr feierte sich die kleine Welt des Films wieder selber.«
– »wieder« kannst Du streichen, da durch »Wie jedes Jahr« schon gesagt ist, daß es sich um ein Ereignis handelt, das sich wiederholt.
– schöner als »selber« ist »selbst«

»Das ehrwürdige Rokoko-Theater hätte einen mehr als würdigen Rahmen für diese Veranstaltung abgegeben.«
– Wiederholung: ehrwürdige und würdigen, Vorschlag: Das stilvolle Rokoko-Theater

»Aber nein, Bühne, Zuschauerraum und die Wandelgänge mussten noch zusätzlich mit Kulissen und Staffagen aus verschiedenen Filmproduktionen aufgepeppt werden, um dem Geschmack der Filmschaffenden gerecht zu werden.«
– nach »Aber nein« würde ich einen Doppelpunkt machen
– zweimal »werden« am Ende, evtl. »zu entsprechen« statt »gerecht zu werden«?

»Meine Position im sich schnell drehenden Räderwerk der Branche war sogar nicht ganz unbedeutend.«
– würde ich kürzen: war gar nicht unbedeutend
– außerdem frage ich mich, warum er hier das sich schnell drehende Räderwerk anspricht; es würde passen, wäre er hinausgeworfen worden oder wie manche junge Stars verheizt, aber bei Deinem Protagonisten kann das Räderwerk ja eigentlich nichts dafür. ;-)

»Als Produzent einiger Kinohits«
– Glaub ich nicht. Er würde da bestimmt sagen »Als Produzent von« und dann die bekanntesten seiner Filme aufzählen. Laß Dir zwei, drei Titel einfallen, die nicht real existieren. ;)

»trug ich dazu bei, nicht nur die Gewinnerwartungen meiner Firma zu erfüllen, sondern auch, dass die Kassen bei den vielen Kinos im In- und Ausland klingelten.«
– Meiner Meinung nach hängt das eine mit dem anderen zusammen: Nur wenn die Kinokassen klingeln, können die Gewinnerwartungen erfüllt werden – es ist daher unnötig, beides aufzählend anzuführen. Evtl. so: die Kassen im In- und Ausland klingeln zu lassen und so die Gewinnerwartungen meiner Firma zu erfüllen.

»die richtigen Schauspieler für die richtigen Rollen engagieren,«
– die richtigen Schauspieler für die vorhandenen Rollen engagieren

»Jedenfalls schaffte ich es regelmäßig, den von der Firma vorgegebenen Kostenrahmen nicht nur zu halten, sondern oft auch zu unterschreiten.«
– Damit sagst Du dasselbe wie vorhin mit den Gewinnerwartungen und den klingelnden Kinokassen. Würde das oben rausnehmen, sodaß bleibt: »Meine Position im sich schnell drehenden Räderwerk der Branche war gar nicht unbedeutend. In meiner Funktion musste ich …«

»Ich feilte an der Organisation so lange, bis«
– besser umdrehen: Ich feilte so lange an der Organisation, bis

»Als mich dann irgend so ein Organisations-Fuzzi vom Filmverband zwischen zwei Drehterminen auf dem Handy anrief und fragte,«
– Wenn schon das »dann«, dann wenigstens kein »Als« davor: Dann rief mich … an

»ob er mich für die Trophäe vorschlagen dürfte, sagte ich, ohne zu überlegen, zu.«
– dürfe
– Mit einer anderen Formulierung könntest Du das doppelte »zu« vielleicht wegbringen, jedenfalls würde ich es aber umdrehen: sagte ich zu, ohne zu überlegen.

»und hörte nur mit halbem Ohr zu.«
– Es heißt eigentlich »hörte nur mit einem Ohr zu« oder auch »hörte nur halb zu«. Wie man mit einem halben Ohr zuhört, mußt Du mir irgendwann erklären; ist es so, daß man dann vier Leuten gleichzeitig aufmerksam zuhören kann? ;)

»Sie wirkten dadurch größer und weißer, als sie es in Wirklichkeit schon waren.«
– das »es« würde ich streichen, klingt besser ohne; und wenn Du nicht sagen willst, daß sie in Wirklichkeit auch schon sehr groß waren, dann würde ich das »schon« auch noch streichen.

»kniff die Augen etwas zusammen und las dann: „And the Winner is....."«
– »dann« würde ich streichen
– drei Punkte mit Leertaste: is …“

»realisierte ich, dass der Schönling mit den feinen Händen wohl soeben meinen Namen genannt haben musste.«
– »realisierte« ist in dieser Verwendung kein schönes Deutsch, sondern Denglisch, Vorschläge: »nahm ich wahr«, »wurde mir (schlagartig) klar/bewusst«, »ahnte ich«, »bemerkte ich«

»mit hölzernen Knien in Richtung Bühne stolperte um die goldene Medaille in Empfang zu nehmen.«
– Tolle Beschreibung! Aber mit Beistrich nach »stolperte«.

»Welche Informationen über mich sollte ich von mir preisgeben?«
– »von mir« streichen, da steht ja schon »über mich«

»Sie brauchen einander wie der Brotteig die Hefe, oder den Sauer, um aufzugehen.«
– dem »Sauer« fehlt der Teig: Sauerteig; auch wenn ich vermute, daß Du den Teig nicht wiederholen wolltest, aber in dem Fall wäre vielleicht ein anderer Vergleich besser, bei dem auch das »oder« entfällt? »Wie der Mond die Sonne, um aufzugehen« fände ich sehr passend, da der Mond ohne die Sonne, die ihn bestrahlt, auch nur ein dunkler Fleck wäre, wie die Stars ohne Presse.

»In meinem Kosmos möchte ich weiter leben und wirken.«
– wenn »weiter« im Sinn von etwas fortsetzen verwendet wird, dann schreibt man es mit dem folgenden Verb zusammen: weiterleben und –wirken.

»und statt etwas über mich zu erzählen einfach die Episode eines angeblichen Kollegen«
– »etwas« würde ich streichen
– Beistrich nach »erzählen«

»Von einem, der die Frechheit besaß, diesen sonst so begehrten Ehrenpreis«
– »sonst« kannst Du streichen, evtl. auch das »so«

»Alles ließ er über sich ergehen: Die Lobeshymnen, die hundert Hände, die alle die seinen schütteln wollten.«
– klein weiter nach dem Doppelpunkt (groß dann, wenn danach ein vollständiger Satz folgt)

»Sogar seine Rede, die er vorher vor dem Spiegel peinlich genau einstudiert hatte,«
– Das »vorher« kannst Du streichen, geht aus dem Zusammenhang und Deiner Zeitwahl hervor.

»hauchte er pflichtbewusst, und ohne zu stocken, ins Mikrofon.«
– die Beistriche brauchst Du nicht

»Erst danach genoss er seinen persönlichen Triumph, als er sich ganz allein und unbeobachtet fühlte.«
– Wenn Du es umdrehst, sparst Du Dir das »danach«: Erst, als er sich ganz allein und unbeobachtet fühlte, genoss er seinen persönlichen Triumph.

»das sich in den feinsten - und oft auch schrägsten Garderoben - in den Rängen drängte,«
– Der zweite Gedankenstrich gehört glaub ich nach »schrägsten« statt nach »Garderoben«; Du könntest aber auch auf beide verzichten.

»Aber bevor ich mich in den Netzen dieser selbst erfundenen Geschichte rettungslos verhedderte,«
– zusammen: selbsterfundenen
– »rettungslos« würde ich streichen, er wollte sich ja vermutlich gar nicht verheddern und nicht bloß nicht rettungslos.

»und bevor ich gegen meinen eigenen Willen und Vorsatz zuviel meiner Gefühle preis gab,«
– entweder »zu viele meiner Gefühle« oder »zu viel Gefühl«

»Eine große Zahl Personen, die zwar vorher meinen Namen kannte, wusste jetzt, wer sich hinter diesem Namen verbarg. Aber hatten sie wirklich eine klare Vorstellung«
– Ich finde das »zwar« nicht passend, besser: die zuvor nur meinen Namen kannte
– Bin mir wegen Ein- und Mehrzahl auch gerade nicht sicher, Du verwendest ja erst Einzahl (auf »Zahl« bezogen), im nächsten Satz wählst Du aber doch die Mehrzahl, also den Bezug auf »Personen«. Würdest Du ein »an« vor »Personen« setzen, wäre ich mir mit der Mehrzahl sicher. ;-)

»nur die Neonreklame an der Außenfront warf grelles Licht, das sich in den Pfützen auf dem Asphalt spiegelte.«
– »warf« braucht ein Ziel, also z.B.: warf grelles Licht auf den Asphalt, wo es sich in den Pfützen spiegelte.

»Vielleicht die einzig mutige Tat in meinem bisherigen Leben.«
– einzige; zu »in meinem bisherigen Leben« fände ich allerdings »Vielleicht die erste mutige Tat« schöner.


Liebe Grüße,
Susi :)

 

liebe Susi,

auch dir vielen dank für deine kritischen anmerkungen.

du hast es im wesentlichen richtig erkannt: es geht um ein burnout, das sich in das leben meines prots eingeschlichen hatte. er war beruflich so engagiert, dass er es nicht wahrnehmen konnte (übrigens: auch sein privatleben hatte er sträflich vernachlässigt!). erst in dem augenblick, als er auf der bühne stand, wurde ihm die situation schlagartig klar und er handelte erstmals im leben nicht kopfgesteuert, sondern impulsiv (kündigung, sich komplett aus dem "filmleben" verabschieden).

die ganze geschichte ist eine rückschau (was sich an jenem donnerstagabend abspielte....). deshalb kommt auch die ganze bitterkeit / gehässigkeit (z.b. bei der beschreibung des veranstaltungsortes) zum tragen. aus heutiger sicht weiss der ich-erzähler, dass er seine energie und sein organisationstalent in den dienst der scheinwelt "film" gesteckt hat. das einzige, was ihn in seiner aktiven zeit als produzent störte, waren die falschen gesichter (masken) der leute, die VOR der kamera standen. damit konnte er sich nie identifizieren. ansonsten hatte er immer von seiner position profitiert.

soweit zum inhalt.

bei der textarbeit hast du mich auf meine vielen füllwörter aufmerksam gemacht. darauf werde ich künftig stärker achten müssen. gefreut hat mich, dass du weniger interpunktionsfehler gefunden hast, als in früheren texten.

die meisten vorschläge habe ich übernommen - sie machen den text dichter.

in wenigen punkten decken sich unsere meinungen aber nicht:

»Meine Position im sich schnell drehenden Räderwerk der Branche war sogar nicht ganz unbedeutend.«
- ich will zwei dinge in diesem satz deutlich machen: im "schnell drehenden räderwerk" fühlte er sich damals zu hause. er war ein durch und durch organisierter mensch; ihm konnte nichts schnell genug gehen! und als zweites: im nachhinein hat er gelernt, dass "understatment" besser ist, als das platte vorpreschen, wie es in der filmwelt üblich ist.

das gilt auch für meine aussage "als produzent EINIGER kinohits".

In meiner Funktion musste ich die richtigen Schauspieler für die richtigen Rollen engagieren,
- diese formulierung habe ich bewusst gewählt; in anlehnung an "der richtige mann am richtigen platz"

»und hörte nur mit halbem Ohr zu.«
- ich kenne das "halbe ohr" bei uns als stehende redewendung. gibt es das in österreich nicht?

»realisierte ich, dass der Schönling mit den feinen Händen wohl soeben meinen Namen genannt haben musste.«
- will ich so lassen, denn "realisieren" ist für einen kopfmenschen mehr, als nur "bemerken". außerdem: ob es ihm gefällt oder nicht: das denglisch der filmsprache ist ihm geblieben.

»Von einem, der die Frechheit besaß, diesen sonst so begehrten Ehrenpreis«
- das SO möchte ich stehen lassen. die leute im saal hätten sich alle finger abgeleckt, wenn SIE die trophäe bekommen hätten.


nochmals vielen dank für deine mühe und herziche grüße
ernst

 

Hey Ernst Clemens,

warum lese ich Deine Geschichte eigentlich erst heute? Warum ist sie mir nicht früher aufgefallen, wo ich doch so empfänglich für derartige Themen bin?

Ich habe die anderen beiden Kommentare jetzt nur überflogen, aber für mich kommt in Deiner Geschichte noch ein weiterer Aspekt des "Herauslesens".

Ein Filmmensch, erfolgreich und im Hintergrund, kennt die Regeln, spielt sie mit, ist aber von der Anbiederei und falschen Wohlgesonnenheit, sich ins Szene setzen weitestgehend befreit. Er hat seinen Fuß bereits fest im Business.
Auf einmal trifft es ihn, er muss aus seinem Schattendasein heraustreten und es nun allen anderen gleich tun, verpackt als Dankesrede. Er muss genauso sein, wie die da unten im Saal.

Wie jedes Jahr feierte sich die kleine Welt des Films wieder selbst.

Und das ist eben überhaupt nicht seine Welt. Für mich steht Deine Geschichte auch als Kritik an den Umgängen miteinander in der Welt des Filmes. Ihrer Scheinheiligkeit.

Das stilvolle Rokoko-Theater hätte einen mehr als würdigen Rahmen für diese Veranstaltung abgegeben. Aber nein: Bühne, Zuschauerraum und die Wandelgänge mussten noch zusätzlich mit Kulissen und Staffagen aus verschiedenen Filmproduktionen aufgepeppt werden, um dem Geschmack der Filmschaffenden zu ensprechen. Ohne dass sie der Welt ihren eigenen Stempel aufdrücken können, ist dieses Volk scheinbar nicht glücklich.

Sehr schön beschrieben.

Die Kündigung als Kurzschlussreaktion, tja geht, im Leben sicher auch anzutreffen. Für mich war die Geschichte allerdings bereits zu Ende, als er das Theater verlässt und im Regen steht. Schönes Bild, schöner Moment, besagt viel.
Die Kündigung als Burn out Effekt, da war mir zuvor zu wenig Burn out und als Kurzschlussreaktion wusste ich einfach zu wenig über Deinen Prot. um dieses Handeln einordnen zu können.

Mir persönlich sind diese Partys ein riesen Dorn im Auge. Ich habe volles Verständnis und Sympathie für Deinen Prot., was jetzt aber echt ein persönliches Ding von mir ist. Weiß nicht, ob es Leser, die unbefangen sind, genauso nachempfinden können.

Für mich ein Sahneschnittchen, bis auf das Ende.
Vielen Dank für Deine Geschichte und
Beste Grüße Fliege

 

hallo fliege - und danke für deinen kommentar.

ja: die scheinheiligkeit der filmwelt hat meinem protagonisten das kreuz gebrochen. natürlich war die kündigung eine effekthandlung und nicht etwas, was von ihm bis ins detail durchdacht und geplant war. trotzdem bereut er es aus heutiger sicht nicht. und das ist für mich das wichtigste dabei.

ich wünsche dir noch einen schönen nachmittag

ernst

 

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