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Der Whisky (ein Satz)

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07.03.2010
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Der Whisky (ein Satz)

Um 1900 gab es einmal einen betrunkenen Mann, der den restlichen Whisky nicht aus der Flasche, sondern standesgemäß, wie die Gourmets, aus einem Whiskyglas trinken wollte, aber da er schon zu viel Promille im Blick und eine zu zittrige Hand hatte, verschüttete er den größten Teil der hochprozentigen Flüssigkeit auf dem Weg vom Tisch zu seinem Schlund, was ihn sehr verärgerte und auf die Idee brachte, dem ganzen Abhilfe zu verschaffen, indem er erst versuchen wollte ein Loch in den Boden des Glases zu bohren, das er dann beliebig, darüber hatte er sich zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken gemacht, verschließen oder öffnen können würde, und den Inhalt dann durch den Grund des Glases, je nach Bedarf, in sein darunter weit geöffnetes, nach Alkohol stinkendes Maul fließen lassen können würde, doch für dieses Vorhaben brauchte er zunächst einen Bohrer, von denen er einen der ersten hatte, weshalb er in den Keller ging, wo er auch fündig wurde, jedoch der besagte Bohrer nach gefühlten zwei Umdrehungen den Geist aufgab, und der Mann aufgrund seines Zustands nicht in der Lage war die Ursache dafür zu erkennen, weswegen seine Augen, sofern sie es noch konnten, den Kellerraum entlangschweifend, nach einer Lösung für das Problem suchten und schließlich an einem alten Gartenschlauch, der in der Ecke lag, hängen blieben, weshalb der Mann, wie von einer höheren Macht geleitet, den Schlauch mit nach oben in die Arbeiterstube nahm, und nach kurzem Zögern das eine Ende in das immer noch auf dem Tisch stehende Whiskyglas einführte, während er mit aufgeplusterten Backen anfing, am anderen Ende zu saugen, bis er, zwar fast blau im Gesicht, den ersten Tropfen der Köstlichkeit auf seiner Zunge spüren konnte, jedoch ohne während der ganzen Prozedur auch nur einen Tropfen verschüttet zu haben, weshalb er sein Ziel für diesen Abend erreicht hatte, aber auch am anderen Morgen, als er wieder nüchtern war, ließ ihn sein Einfall vom Abend zuvor nicht mehr los und er tüftelte weiter daran, bis er auf die Idee kam, das ganze kleiner und handlicher zu gestalten, und somit den heute allerseits bekannten Strohhalm dachte erfunden zu haben, weshalb er sofort zum Patentamt eilte, wo man ihm jedoch sagte, dass genau den gleichen Einfall schon 15 Jahre zuvor jemand hatte, und seiner deshalb ziemlich nutzlos sei, weshalb er völlig niedergeschlagen, seines harten, armen Arbeiterlebens überdrüssig, sich von der nächsten größeren Brücke stürzte und während des Fluges sich nur noch die eine letzte Frage stellt, warum er an diesem verdammten Abend nicht einfach ein Bier statt diesen scheiß verdammten Whisky gesoffen hatte.

 

Diese Geschichte hätte nicht in einem einzigen Satz geschrieben werden müssen, deshalb stellt sich die Frage, warum es getan wurde. Einfach nur, um eine Geschichte in einem Satz geschrieben zu haben?

Zudem finde ich die Geschichte nicht besonders lustig, in der Form wäre sie vielleicht eher etwas für Experimente.

 

Ich finde die Geschichte lustig, wenn man sich die Szenerie vor dem geistigen Auge vorstellt. Zudem wollte ich klarmachen, auf welch komische Weise manchmal Erfindungen ins Leben berufen werden. Ich habe die Geschichte in einem Satz verfasst, damit sie an Dynamik gewinnt.
Schade, wenn's dir nicht so gefallen hat.

 

Hi Gerstiego,


Ja, die Idee ist in der Tat nicht ganz unwitzig, jedoch funktioniert sie auch für mich nicht in dieser Form.

Daß das Ding nur aus einem Satz besteht, erreicht eigentlich genau das Gegenteil und nimmt dem Text jegliche Dynamik, weil er einfach nur sperrig zu lesen ist. Dadurch geht dann leider auch der Humor für meinen Geschmack komplett verloren. Als Experiment sicher reizvoll, aber als Geschichte funktioniert es leider nicht.

 

Hi Toastbrot,

mit dem "saugen mit aufgeplusterten Backen" wollte ich nur testen wie aufmerksam ihr die Geschichte trotz des Mammutsatzes lest.
Glückwunsch, Test bestanden!

 

Hallo Gerstiego,

kannst Du die Geschichte auch ganz echt in einem Satz unterbringen? Ich meine, Du mogelst ja, indem Du immer wieder nach einem Komma mit einem Hauptsatz neu beginnst. Lies mal Ernst Bloch zur Übung,

Gruß Set

 

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