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Der Zweite Beginn meines Lebens

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18.04.2009
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Der Zweite Beginn meines Lebens

Die Welt ist dunkel und ich wage nicht mich zu bewegen. Ich weiß nicht wo ich bin, wer ich bin oder warum ich bin. Vielleicht ist es eine Art Gedächtnisverlust, vielleicht habe ich noch nie ein Gedächtnis besessen. Ich bin, ich existiere ist das Einzige, was ich weiß.
Also beschäftige ich mich zuallererst mit meinem Körper und fange an in mich hinein zuhören. Ich höre ein Rauschen und weiß, dass das mein Blut ist, das durch meine Adern fließt. Ich höre ein ruhiges gleichmäßiges Klopfen; das ist mein Herz. Ich höre ihm eine Weile zu und lasse es noch ruhiger werden. Ich höre ein Knarzen, kann es aber nicht einordnen, ein Geräusch, das ein Körper eigentlich nicht machen sollte.
Dann höre ich ein Gurgeln und Gluckern, wie das Seufzen eines enttäuschten Hundes und Wasser, das in einem Kochtopf hin und wieder überkocht. Dann spüre ich zum ersten Mal meinen Körper und weiß wer für das Gurgeln und Gluckern verantwortlich ist. Ich habe Hunger und mein Magen versucht mir das schon eine ganze Weile klar zu machen.
Ich bekomme ein weiteres Gefühl zu spüren. Das Knarzen, dass ich schon kenne entpuppt sich als Rippe, die bei jedem Atemzug schmerzt. Jetzt bemerke ich meinen Atem, höre wie die Luft durch meine Luftröhre gesogen wird, ein Geräusch wie in einem Windkanal. Und ich spüre die gleiche Luft, wie sie meine Nase passiert und nach draußen entweicht.
Ich spüre ein leichtes beständiges Zittern. Mein Körper wehrt sich gegen die kalte Luft um mich herum. Ich bewege meine Finger und höre das Laub zwischen meinen Fingern rascheln. Trockenes Laub, das schon eine ganze Weile hier liegen muss. Ich richte meine Ohren nun auf andere Dinge, lasse meine Ohren frei durch die Gegend streifen. Ein plätschernder Bach, Wind in den leeren Zweigen der Bäume und ein Knurren. Das Knurren ist das Erste in meinem Leben, das mich wirklich beunruhigt. Meine Nase macht ihre erste Entdeckung. Ein übelriechender beissender Geruch, ein Geruch wie man ihn bei jemandem vermutet, der nur rohes Fleisch ist und nie auf die Idee kommen würde sich die Zähne zu putzen. Es ist bedrohlich und wer immer dafür verantwortlich ist steht direkt über mir. Ich öffne langsam die Augen. Ein Speichelfaden berührt mein Gesicht und ich sehe ein triefendes Maul, gefletschte spitze gelbe Zähne. Ich spüre kalten Angstschweiß, der überall auf meiner Haut durch die Poren austritt. Das spitze Gesicht des Tieres ist nicht mir zugewandt. Es richtet seine ganze Aufmerksamkeit auf etwas anderes, das mir bisher verborgen blieb. Es besitzt Fell, die Haare an Nacken und auf dem Rücken stehen nach oben und selbst ich erkenne, dass damit Aggressivität angezeigt wird. Das Tier springt über meinen Kopf und ich sehe seine Rute, die steif nach hinten absteht. Ich lenke meinen Blick dorthin, wohin das Tier seine Aggression konzentriert und zucke zusammen.
Eine riesiges aufrecht stehendes Tier, sein Gebrüll und Gestampfe lässt den Boden erzittern.
Mein Herz fängt an zu rasen, Angstschweiß lässt mich die Kälte spüren und mein Körper zuckt in den heftiger werdenden Zitteranfällen.
Das große Tier holt mit einer riesigen Pranke aus und das kleinere Tier, das mich wohl zu beschützen versuchte fliegt durch die Luft. Ich kann seinem Flug nicht mit den Augen folgen ohne meinen Kopf zu bewegen. Das große Tier entfernt sich.
Wahrscheinlich sollte ich aufstehen und langsam davon schleichen, aber ich bin immer noch unfähig mich zu bewegen. Ich liege eine Weile auf dem Boden und versuche meine Atmung, meinen Herzschlag und meinen Schweißausbrüche in den Griff zu bekommen. Ich höre schwere Schritte im Laub, sie kommen auf mich zu. Ich schließe die Augen. Das große Tier bleibt bei mir stehen und lässt sich auf alle Viere fallen. Ich will meinen Tod nicht miterleben und ziehe mich zurück. Ich schalte alle äußeren Sinne ab. Meine Augen sind schon geschlossen, als nächste verschließe ich die Ohren und dann sperre ich das Gefühl der Kälte aus. Die Welt um mich herum verblasst, ich nehme sie nicht mehr wahr. Ich höre wieder das Knarzen meiner Rippe und das Grummeln in meinem Magen. Ich höre nicht mehr darauf. Auch das Blut in meinen Adern will ich nicht mehr hören. Das einzige, was ich während meinem Tod hören will ist mein Herz. Es ist nun das Einzige, was ich wahrnehme und es schlägt wieder ruhig und langsam. Ich schalte alles Denken ab und höre nur noch meinem Herzen zu, wie es den Rhythmus meines Lebens schlägt. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis das große Tier mich zerfleischt, aber es kommt mir unendlich lang vor. Mein Herz schlägt weiter und ich scheine immer noch am Leben zu sein.

 

Danke für die Kritik.
Kommaregeln habe ich noch nie gekonnt.

Ich bin eigentlich Kameramann und habe ein paar Ideen für einen Bewerbungsfilm für die Film Hochschule.

Das ganze ist tatsächlich eine anfängliche Idee für so einen 3 bis 5 Minuten Kurzfilm.
Nur so eine Idee, die mir während dem Aufwachen kam und ich dachte mir, dass ich es einfach mal aufschreibe und schau, was dazu so gesagt wird.

 

Moi Benji,

ich bin hingerissen – ehrlich gesagt sind mir die Fehler gar nicht aufgefallen, weil ich die Situation sofort bildlich vor Augen hatte.
(Nur ein „ist“, das ein „ißt“ bzw. „isst“ sein sollte... und ist „Knarzen“ eigentlich Dialekt? Paßt eher für sowas wie Holzdielen.).

Das hast Du „einfach so aufgeschrieben“? Na also... bevor ich Deinen Kommentar gelesen hatte, wollte ich schon ansetzen, daß Du entweder selbst ein Nahtoderlebnis hattest, und für dieses ungewöhnlich präzise Worte gefunden hast, oder ein solches nicht hattest, und eine einmalige Einfühlungsgabe besitzt.

Körperzustände ohne Blick von oder gar nach Außen werden meist als eine Reihe von banalen Beobachtungen geschildert, die auf mich wie Filmrezensionen wirken. Vor allem im Horror finden sich die abstrusesten Formulierungen – Du bist Kameramann und widmest all den kleinteiligen Körperfunktionen so viel Aufmerksamkeit? Alle Achtung!

Du könntest sogar gut ohne diese Tiere auskommen, irgendeine namenlose Gefahr würde völlig ausreichen, um die Situation, die emotionale Lage Deiner Figur deutlich zu machen. Das würde die Intensität noch erhöhen: man versucht nicht, sich die Tiere vorzustellen, sondern bleibt weiterhin einzig auf die Figur focussiert.

Mir hat – außer, daß es natürlich „meines“ und nicht „meinem“ heißen muß – die Formulierung „während meines Todes“ gerade ganz besonders gut gefallen. Der Tod folgt auf das Sterben, ist aber ebenso ein Prozeß, kein plötzlicher Zustand, das wird so sehr schön ausgedrückt.

Die letzten beiden Sätze würde ich schlichtweg streichen, dann hast Du einen eleganteren Schlußsatz. Besonders

Mein Herz schlägt weiter und ich scheine immer noch am Leben zu sein.
klingt tautologisch und ist überflüssig – dadurch, daß Deine Figur sich im Präsens beschreibt, zeigt ja schon, daß sie auf irgendeine Art & Weise noch leben muß.

:deal: Viel Glück mit der Filmhochschule - dazu habe ich Dir eine direkte Nachricht geschrieben. Ich hoffe jedenfalls, Du vergißt das Schreiben darüber nicht!

Heippa hei, Katla

 

Hallo Katla,
stimmt, Knarzen klingt ein wenig fehl am Platz. Und aus der komischen Bär-Hund Situation irgend etwas nicht greifbares zu machen klingt verdammt verlockend. Aber nachdenken bringt nichts. Meine besten Ideen kommen mir per Geistesblitz meistens, manchmal so gegen 3 oder 4 Uhr, wenn ich Nachts aufwache. Dann kann es sein, dass ich ziemlich kreativ bin.


Das ganze soll hauptsächlich aus einem flüsterleisen Erzähler und Geräuschen bestehen. Ein Bild gibt es nur, wenn die Augen kurz geöffnet werden. Während die Augen zu sind, gibt es Schwarz, mit komischen sehr dunklen Mustern, die sich so ein wenig psychedelisch bewegen.

Ja, den letzten Satz sollte ich weg machen und aus dem Vorletzten wird so etwas wie: "Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird zu sterben; bisher kommt es mir unendlich lang vor."; oder so. Weiß ich noch nicht so genau. Auf eine Eingebung warten...

 

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