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Des Fusels Elysium
»Boah, kannsu dir vorschdelln … kannsu …« Professor William McAllister versuchte der Frage den nötigen Glanz zu verschaffen und wischte sich mit dem Ärmel seiner Tweedjacke den Mund ab.
Die Urtriebe eines Mannes, egal inwieweit dessen geistige und gesellschaftliche Zivilisation gediehen ist, fordern mindestens einmal pro Monat den völligen Zusammenbruch sämtlicher synaptischer Verbindungen und kognitiver Funktionen, um der genialen Schöpferkraft eine Wiedergeburt zu gestatten. Der Schlüssel zu den Toren jener brach liegenden Ebene seelischer Unbekümmertheit – Schnaps in allen Aggregatzuständen – wird dann mehrmals im Schloss herumgedreht.
McAllister wandelte bereits einige Meilen auf dieser Tiefebene der intellektuellen Banalität umher - der Rum erfüllte offenbar die Funktion eines Dietrichs.
Nach einigen Versuchen gelang es ihm, zwei Fliegen zu fixieren. Eine lag tot im Aschenbecher neben einer qualmenden Zigarre, die andere drehte um eine Sambucaflasche hoffnungsvoll brummend ihre Runden. McAllisters rechtes Auge löste den Blick von der Fliege im Ascher und fokussierte, langsam wandernd, Professor Carl Brehmer, der nicht nur den Lehrstuhl für Geschichte sondern obendrein den Sitzplatz im Ohrensessel seines Freundes innehatte und sich verzweifelt bemühte, den Schlüssel ins Schloss zu friemeln. Der Verschluss seiner Campariflasche saß äußerst fest.
»Na, kannsu nu oder kannsu nich?« McAllister schob seine Lesebrille bis zur Stirn.
»Wovon reesdn du übahaupt, Bill?« Das Rautenmuster Brehmers Pullunders war von Chipskrümeln, Pfeifentabak und ein wenig frischer Spucke überzogen. Er versuchte die Verschlusskappe mit den Zähnen zu entfernen. Langsam sammelte sich das Blut in Brehmers Gesicht.
»Isch rede vonner Bruhibi… Prohippie… Vom Allgoh… Allo… Also, wovonnisch rede issoch offenschischtlisch.« McAllister stand vor einer weiteren Tür. Nachdem er sein Glas geleert hatte, war wieder ein Schlüssel herumgedreht, eine weitere Pforte aufgestoßen und ein Bein über die Schwelle getreten.
»Meinsdu Sauferboot?« Professor Brehmers Gehirn beauftragte die Augen, eine Drehung ins Schädelinnere zu vollführen und empfahl der Lunge die Atmung flach zu gestalten.
»Genau, Carl!« McAllister hielt sich am Türstock fest, das Land des Genickschusses zu seinen Füßen.
»Schweinerei issas gewehsn.« Brehmers Kreislauf griff zu einem Rammbock und riss sämtliche Türen ein, der Verschluss sprang ab. »Prohsd Kollege!«
Professor McAllisters Bewusstsein verlor das Gleichgewicht, stolperte durch die letzte Tür für diesen Abend und parkte das Gesicht in einer Schale mit gesalzenem Popcorn.
Professor Brehmer studierte derweil den Boden der Campariflasche, echauffierte sich mit glasigem Blick und schwindendem Selbst über die Ungeheuerlichkeit, Läuse zu melken, um diesem Gesöff die nötige, farbliche Brillanz zu verleihen. Er steckte seine Zunge so weit wie möglich durch den Flaschenhals, in der Hoffnung den letzten roten Tropfen zu erheischen und machte einen großen Schritt über die zertrümmerten Türrahmen hinweg.
Wagen wir es ebenfalls. Überschreiten wir die Schwelle und träumen ein wenig mit.
Vielleicht hiervon …
Chicago 1920
»Prostitution? Als Gesetz? Fantastisch!« Hans-Georg ›Fatman‹ Hasenpusch klatschte in die Hände. Der Sohn deutscher Einwanderer war der Kaiser über Levee, dem Imperium aus illegalem Glücksspiel und Horizontalgewerbe in Chicago. Zugegeben, Hasenpusch ist nicht gerade ein Name, der zur Führung eines Verbrechersyndikats verpflichtet und zu allem Überfluss eine sehr unvorteilhafte Bezeichnung, um sich als Unterweltboss einen Rang und noch weniger einen Namen zu machen. Um den Beinamen ›Fatman‹ ranken sich haufenweise abstruse Geschichten aber alle haben eine Gemeinsamkeit – sie entsprechen immer irgendwie der Wahrheit, auch wenn sie nicht stimmen.
Fett, im eigentlichen Sinne, war ›Fatman‹ nicht. Wenn man es genau nimmt, war er noch nicht einmal dicklich. Manche würden sogar sagen, er sei die personifizierte Hungerharke. Und das traf am ehesten zu, denn Hasenpusch machte sich nicht viel aus Essen. Seine Abneigung zur Nahrungsaufnahme ging so weit, dass er überhaupt nichts aß. Den Bedarf an Energie befriedigte er mit Hilfe von Kochsalzlösung, die, mittels eines Tropfs, in kleinen Portionen, den ganzen Tag dem Blutkreislauf zugeführt wurde.
Und so saß er in seinem Bürosessel, neben ihm der Infusionsständer, mit dem Rücken zu Alfonso, seinem designierten Nachfolger und schaute auf seine Stadt hinunter. Ein gravierender Nachteil bei mangelhafter Ernährung, ist die Unterversorgung des Gehirns mit elementaren Stoffen wie Zucker, Salz, Sauerstoff und was man sonst noch so alles benötigt, um nicht unkontrolliert in der Gegend herumzusabbern. Schwächeanfälle, schlechtes Gehör sowie klägliches Sehvermögen waren nur einige der vielen negativen Begleiterscheinungen und deswegen hatte es auch überhaupt keinen Sinn, den Unterweltboss darauf aufmerksam zu machen, dass das Büro im Subterrain lag.
Auch Alfonso fiel es oftmals schwer die Fassung zu bewahren, wenn der Alte bepelzmantelt aus seiner Limousine stieg, um die Kasinos oder Freudenhäuser zu inspizieren. Wobei er stets und ständig Halt an seinem Tropfständer zu finden versuchte oder damit beschäftigt war, sich von dem Infusionsschlauch zu befreien, in dem er sich verheddert hatte. Hasenpusch war eine Koryphäe in Sachen Peinlichkeiten.
»Äh, Boss, die Sache ist die …«
»Oh ja, gut dass du mich daran erinnerst. Was sagt man dazu, ich hab schon wieder aufgegessen.«
Hasenpusch schnippte mit den Fingern, die sofort brachen und prompt öffnete sich die Tür zu den Privatgemächern des Alten. Seine persönliche Krankenschwester, die seine Urenkelin hätte sein können, trat ein. Ohne Alfonso eines Blickes zu würdigen, schlenderte sie zum einflussreichsten Mann Chicagos hinüber, positionierte ihr rechtes Knie in seinem Schritt, beugte das Dekolletee über ihn und schnallte auf äußerst unprofessionelle Art und Weise die leere Flasche vom Infusionsständer ab. Um dieser Szene die gemäße Erotik zu verpassen, sei erwähnt, dass Pussy – so der aussagekräftige Name der Wohltäterin – eine relativ eng geschnittene Schwesterntracht ihr eigen nennen durfte. Ihr Ausschnitt, der der ursprünglichen Bedeutung des Wortes in keiner Weise gerecht werden konnte, stülpte sich dabei nahtlos über Hasenpuschs Gesicht. Wie eine Saugglocke. Kaltes Stethoskop hin oder her, wer hier nicht an Schweinereien dachte, war klinisch tot.
Nachdem sie die Flasche gewechselt und dem Boss einen ausgiebigen und der Geräuschkulisse nach zu urteilen, sehr feuchten Kuss auf die runzelige Wange verpasst hatte, schob sie wieder ab.
Völlig unbeeindruckt erhob sich der Alte aus seinem Sessel und schlurfte zum Fenster, das in Wirklichkeit eine Ziegelsteinwand war und machte eine ausladende Handbewegung.
»Das alles ist meins, verstehst du? Meins, meins, meins. Ich spreche nicht nur über die Restaurants, die Hotels, diese billigen Cafés und schäbigen Wohnviertel. Nein, auch die Menschen die darin essen, nächtigen, Kaffee trinken und wohnen, sind mein Eigentum. Die Polizei drückt dort ein Auge zu, wo ich es sage und die Feuerwehr löscht Brände, wenn ich es will. Manchmal legt sogar die Feuerwehr den Brand und die Polizei kommt löschen – hab ich auch mal veranlasst. Und alle müssen nach meiner Pfeife tanzen. Weil ich der HASENPUSCH bin!« Er fuchtelte drohend und sichtlich übergeschnappt mit dem Zeigefinger in der Luft herum. Dann fing er heftig an zu lachen und sein Brustkorb wölbte sich beängstigend, woraufhin es verdächtig knirschte. Wahrscheinlich brach er sich gerade ein paar Rippen.
»Und jetzt spielt mir das Glück einfach so in die Hände. Wer hätte das jemals gedacht? Du etwa?«
»Boss, Chefchen, Impresario … Die Kacke is am Dampf…«
»Macht der Kongress die Prostitution einfach legal. Hab ich dir nicht immer gesagt, dass Korruption ne gute Sache ist?«
»Nein, aber …«
»Ich seh’ schon die Schlagzeilen.« Er vollführte mit beiden Händen diese Headlinegeste. »›Fatman eröffnet Bumskette‹ Fantastisch! Und da drüben, im Rathaus …«, er deutete auf ein Loch in einer Fuge. »… da entsteht dann die erste Filiale, mit Leuchtreklame und weit geöffneten Türen. Hach!«
»Das ist ja alles schön und gut, Boss …«
»Schön, ja, stimmt! Wir benötigen schöne Mädchen. Müssen wir eigentlich ständig die aus Illinois nehmen, die sind immer alle so brackig. Wer will denn da noch …? In Kanada, da gibt’s doch bestimmt schicke Mädels, hm?«
»Nun ja, vorstellbar wäre das schon. Aber nicht die Frauen sind das Problem, der Alkohol …«
»Oh, daran habe ich gar nicht gedacht! Wenn ich dich nicht hätte. Also, wir brauchen für die Kasinos mehr Alkohol! Notierst du das? Ich will, dass die Kunden ihren Frust beim Verlieren mit ausreichend Bier zuschütten und ihn dann im Puff bei unseren Frauenzimmern wieder loswerden.«
»Also bei aller Liebe …«
»Ich weiß was du sagen willst und du hast ja Recht. Die wahre Liebe findet man nicht einfach so auf den Matratzen im Bordell. Die Liebe, die Liebe, die is nu mal nich käuflich, nech?«
»Bitte?«
»Spürst du das auch? Ich fühle mich wie fünfzig. Na ja, wie dreiundsechzig vielleicht. So voller Tatendrang. Es ist einfach herrlich ein Gangster zu sein, nicht wahr?« Ein diabolisches, einem Unterweltboss angemessenes Grienen schlug tiefe Furchen in die ledrige Gesichtshaut. Niemand hätte es gewagt ihn in diesem Moment darauf aufmerksam zu machen, dass sein Seidenmantel sperrangelweit offen stand und er augenscheinlich nicht klinisch tot war. Vom Dilemma der bevorstehenden Prohibition mal ganz zu schweigen. Trotzdem fasste sich Alfonso ein Herz, holte tief Luft und versuchte den Ton seiner Stimme durchdringend und gleichzeitig beschwichtigend zu gestalten.
»Boss«, begann er und fuhr sich durch den spärlichen Haarwuchs. »Das sind ja alles tolle Ideen, aber …«
»Ich weiß, ich weiß. Der Rathauspuff war übertrieben. Da sind die Gäule mit mir durchgebrochen.« Hasenpusch spielte verdrießlich an seinem Zugang herum und seufzte. »Das wird wohl immer ein Traum bleiben. Jaja. Ich meine, alleine was wir da an Papierkram hätten bewältigen müssen. Meine Herrn Gesangsverein. Aber Bauvorschriften sind nun einmal Bauvorschriften. Was ich da an Knete hätte springen lassen müssen - pah! Ich schmier doch nicht jeden dahergelaufenen Sesselpuper.«
»Na soweit kommt’s noch!« echauffierte sich Alfonso und bemerkte, dass er immer noch kein Stück weiter war.
Der Boss drehte sich um und nahm wieder Platz. Der Infusionsständer rollte quietschend hinterher. »Aber du wolltest mir etwas mitteilen. Was brennt dir denn auf der Seele? Schütte dein kleines Gangsterherz aus.« Er reichte Alfonso ein Schälchen. »Keks?«
»DerAlkoholwirdabMontaggesetzlichverbotensein.JeglicherAusschankwirdgeahndet, ach,unddasGesetznenntsich Pro-hi-bi-tion.« Endlich war es raus.
Hasenpusch starrte seinen Nachfolger mit großen, milchigen Augen an.
»Mensch, das hättest du mir aber auch mal ein paar Takte früher verklickern können, ne?«
Einige Straßen weiter, in einem leerstehenden Lagerhaus, bereitete sich der frisch gebackene Prohibitionsagent Red McSwiggin, auf die Aufgabe vor, den Alkohol vom Territorium der Vereinigten Staaten von Amerika zu verbannen. Seine Bewaffnung war die schriftliche Verfügung, jedwedes alkoholisch anmutende Getränk, in die Gullys der Stadt zu befördern. Er hatte schon viel Erfahrung als Polizist sammeln können und war sogar bis in den Rang eines Lieutenants aufgestiegen.
Aber er war nicht allein. Seine Truppe umfasste Miles Murray – Spezialist in Sachen Marke vorzeigen und Hut in den Nacken schnippen, sowie Jim Schofield – Experte im Arme verschränken und Schlagstock schwingen.
»Also Jungs«, fing McSwiggin an, »wir stürmen da rein, haun die platt und fahren wieder nach Hause.«
Murray schnippte skeptisch seinen Hut in den Nacken. Schofield verschränkte argwöhnisch die Arme.
»Na, was ist? Der Plan ist doch idiotensicher, oder?«
»Findest du nicht, dass du dir das ein wenig zu einfach gemacht hast?« wollte Murray wissen und tippte auf die Lageskizze.
»Worauf willst du hinaus?« McSwiggin hielt die Zeichnung ins Licht, das durch die Oberlichter in die Halle flutete. Auf dem Papier waren drei Strichmännchen und ein Pfeil der auf ein Haus zeigte, zu erkennen. Das Haus hatte eine Tür, auf der in krakeliger Schrift ›Illegale Kneipe‹ zu lesen war. Alles in apartem Blau eines Wachsmalstiftes.
»Na, die könnten zum Beispiel bewaffnet sein, Red«, gab Schofield zu bedenken.
»Ach Quatsch!« wiegelte McSwiggin ab und versuchte sich an das Schulungsseminar beim ›Bureau Of Investigation‹ zu erinnern. Wie hieß das noch gleich? Ach ja, ›Alkohol und Schusswaffen – Eine Symbiose‹ »Hm, ich dachte, die hinterziehen nur Steuern?«
»Und rauben, schmuggeln, töten, erpressen …«, fügte Murray hinzu.
McSwiggin sah seine Gehilfen mit großen Augen an und stieß einen schalen Seufzer aus. »Leute«, sagte er und lächelte selbstsicher. »Leuteleuteleute, wenn sie jemanden töten, dann können sie ihn doch nicht mehr erpressen. Wo bleibt denn da die Logik, bitteschön?«
»Die Straftaten sind variabel und untereinander kombinierbar«, sagte Schofield entwaffnend.
McSwiggin stemmte die Fäuste in die Hüften. »Also das glaub ich jetzt nich! Wo gibt’s denn sowas?!«
»Watt is dann mit dich los, Schätzgen? Brauchst vielleicht watt Aufmunterung?« Patty, die Puffmutter vom Hauptbordell, stand an der Bar neben Hasenpusch, lichtete ihr bordeauxrotes Rüschenkleid und offerierte Hasenpusch ihre massigen Oberschenkel. Sie trug grobmaschige Netzstrümpfe. Das Fett quoll straff durch das Strumpfgeflecht. Ihre Waden sahen aus wie frische Landmortadella. Sie überprüfte ihre Oberweite und schob das Dekolletee zurecht. Rote Haare. Zigarette mit Spitze. Schönheitsfleck links oberhalb der Lippen. Rauchige Stimme. Ein wenig zuviel Kajal. Rouge - zentimeterdick. Dreihundert Pfund Lebendgewicht. Ein wandelnder Subkontinent.
Sie langte über den Tresen, zog sich eine Schüssel Schokoladenpudding heran und fing an zu löffeln.
»Boss, du weißt doch, datt du bei mir immer kostenlos rankannst.«
»Patty, hast du dich schon mal alt und unbrauchbar gefühlt?«
Sie sah ihn verdutzt an.
»Mit meinen neunundzwanzig Jährchen?« Sie war natürlich schon weit über fünfzig. Sehr weit über fünfzig.
»Ich bin am Arsch«, erklärte Hasenpusch und schnipste mit der rechten Hand an den Tropf. Kopf-, Kahn-, Dreieck-, Haken- und das allseits beliebte Erbsenbein brachen. Patty bemerkte, die braune Flüssigkeit, die im Infusionsschlauch herumblubberte.
»Is datt ne neue Mischung?«
»Whiskey, Rum und Limettensaft.« Die Wuchtbrumme tätschelte Hasenpuschs gebrochene Hand und setzte sich neben ihn auf einen Barhocker, der unter dem Gewicht ächzte.
»Du krichst datt wieder hin. Du hast datt immer hinjekricht.«
»Nee …«
»Nee?«
»Ja.«
»Hör mir auf!«
»Ich meine, erst dieser bekloppte Spitzname. Fatman! Wer kommt denn auf sowas? Und jetzt auch noch diese beschissene Probihition, oder wie sich der Dreck schimpft!« Er seufzte. »Der Kongress hat einer Erhöhung der Alkoholsteuer zugestimmt.«
»Und? Die tust du doch sowieso schon hinterziehen. Warum stört dich datt?«
»Weil die Steuer einhundert Prozent betragen wird.«
Mit dreihundert Pfund hinterließ Patty nicht nur einen bleibenden Eindruck, sondern hatte mit ihren mehreren neunundzwanzig Jahren auch eine Menge Lebenserfahrung. So verwundert es kaum, dass sie zur Lösung der Misere beitrug.
»Dann tuste den Fusel eben aus Kanada reinimportiern und verkaufst datt dann richtig teuer. Mit dem Überschuss tuste die Polypen schmiern und in Waschküchen investiern. Da kannste den Schotter denn gleich noch am Fiskus vorbeiwaschen.« Die Frau hatte neben dem Pudding, offenbar auch die Weisheit mit Löffeln gefressen.
McSwiggin pfefferte die Zeichnung auf den Tisch und trat einem Klappstuhl ziemlich unwirsch in die Gelenke. Durch den Krach aufgeschreckt, flatterte eine ganze Rotte Kacktauben aus dem Dachstuhl hervor.
»Also mir reicht’s! Keiner hat mir was von Waffen gesagt. Das ist doch alles gequirlte … äh, gequirlte …«
»Mäusekacke, Red.«
»Ja, danke.«
Schofield nestelte ungeduldig an seinem Schlagstock herum. »Wir könnten ja mal wieder ne Razzia machen und ein paar kleine Fische Hops nehmen. So richtig auf die Fresse. Quasi als Ausgleich. Wie in den guten alten Zeiten. Du weißt schon.«
Murray nickte zustimmend.
»Nee Jungs, is ja nett gemeint, aber geht Ihr mal ruhig schwofen.« Er schüttelte ungläubig den Kopf und sprach mehr mit sich selbst als zu seiner Truppe. »Ich hätte doch nie im Leben gedacht, dass ich das mal mit Verbrechern zu tun bekomme.«
Schofield und Murray zuckten mit den Schultern und zockelten los. Nun war McSwiggin nicht nur auf sich allein gestellt sondern auch völlig desorientiert.
»Ich brauch erst mal nen Drink.«
Am Eingang begrüßte ihn ein junges Mädchen, lediglich mit Pumps, Seidenstrümpfen und Höschen bekleidet, nahm sie ihm Mantel und Hut ab. Patty winkte das junge Ding beiseite und nahm sich des Gastes an.
»Rosie ist noch nicht frei. Vielleicht erst mal einen Drink an der Bar?« Patty blies ihm provozierend Rauch ins Gesicht. »So lange es noch etwas zu trinken gibt …«
»Jaja, ich hab’s verstanden.«
Bevor er sich an den Tresen setzte, erblickte er eine dürre Gestalt in einem Separee, die sich an einem Tropf festhielt und verzweifelt versuchte, der Umklammerung eines Infusionsschlauchs zu entkommen.
»FATMAN!«
Hasenpuschs gebeutelter Körper erstarrte. Die Netzhaut erfasste die diffusen Umrisse, die der falsche Brennpunkt lieferte und er erblickte McSwiggin.
»Mensch, Red! Ich hab dich ja ne Ewigkeit nicht mehr gesehen.« Und im Grunde sah er ihn auch jetzt nicht. Jedenfalls nicht so richtig. McSwiggin begrüßte den Unterweltboss herzlich und setzte sich zu ihm.
»Sach ma, wo is denn der Al?«
»Ach, der kümmert sich um ne neue Geschäftsidee von mir.«
»Und von mir!« schrie Patty aus dem Hintergrund.
»Es geht um Waschsalons«, führte der Alte weiter aus.
»Hui, hört sich ja doll an.«
»Ja, ne feine Sache wird das. Und, wie geht’s dir?«
»Ja, muss, ne.«
»Wann hab ich dich denn das letzte Mal geschmiert?« Hasenpusch warf die Stirn in runzelige Falten.
»Muss schon ein bisschen hin sein. Meine Frau meckert auch schon. Sie schwärmt da von nem Kleid. Aus Paris oder Frankreich, oder wo datt her is. Sauteuer der Fummel.«
»Tja«, sagte Hasenpusch und lächelte verstohlen. »Dann drück demnächst mal wieder ein Auge für uns zu.«
»Klar, wo soll ich unterschreiben!?« Beide lachten, dann wurde McSwiggin ernst. »Fatman? Du bist aber kein richtiger …«, er malte Gänsefüßchen in die Luft, »… Verbrecher, oder?«
»Ach, wo denkst du hin.«