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Des Käuzchens Ruf

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16.10.2009
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Des Käuzchens Ruf

Viele Stunden war ich gewandert, hatte den Bäumen Erlebtes erzählt, hatte einen kurzen Nieselregen und die Wärme der zurückkehrenden Sonne auf meiner Haut begrüßt, als ich die klappernden Hufe vernahm.
Drei Reiter auf ihren Pferden galoppierten vorbei.
Die untergehende Sonne hüllte den Wald in ein magisches Licht, das die Drei in eine fremde Welt zu entführen schien.
Ich spürte ein prickelndes Gefühl von Freiheit in meinem Körperzellen.
Ich war an einer kleinen Lichtung angekommen, setzte meinen Rucksack ab und schaute mir den Platz näher an.
Eine Amsel schimpfte in der Baumkrone, flatterte mit den Flügeln, als würde sie ihr Nest verteidigen.
Irgendwann war es still und der Vogel schien sich in seinem Erfolg zu sonnen.
Da glitt etwas durch die Luft. Als es näher zu Boden kam, erkannte ich, was es war: eine Feder.
Sie ließ sich langsam vor meinen Füßen nieder.
Bestimmt die Feder dieser Amsel, dachte ich.
Da sie mir gut gefiel, steckte ich sie in meine Hosentasche.

Die Erde war locker, nicht zu trocken, Moos und Farne bedeckten sie. Laubbäume und ein paar knorrige Kiefern umrahmten den idyllischen Ort, der aussah, als würden Trolle und Elfen an ihm hausen.
Ich dachte an Island, wo Straßen niemals Elfengebiete durchkreuzten, wo etwas Magisches alles umströmte und die verknöcherten Bäume Grimassen schnitten.
Nach den vielen Stunden Fußmarsch überkam mich die Erschöpfung und dies war genau der Ort, der mir gefiel um mich nieder zu lassen.
Ich packte mein Wurfzelt aus, das sich entfaltete, legte meine Sachen hinein und holte den kleinen Kocher aus dem Rucksack.
Ich sammelte etwas Holz im Wald, schichtete es, zündete einen Tannenzapfen an und entfachte das Feuer. Die Sonne war nun untergegangen und das Feuer knisterte und wärmte so sehr, dass ich den Abstand zu ihm vergrößern musste.
Immer wieder legte ich Holz nach und fühlte mich vom Feuer angezogen.
Der klagende Schrei eines Käuzchens ließ mich erschaudern.
Als die Feuerstelle nur noch glühte legte ich mich schlafen. Kaum hatte ich mich in den Schlafsack gezwängt, wurde der Wald um mich herum lebendig.
Im Unterholz knackten Äste, irgendein kleineres Tier, vielleicht ein Marder oder ein Eichhörnchen streiften umher.
Endlich war ich allein mit der Natur. Ohne Menschen, die etwas von mir wollten. Ganz allein in Irlands wildem Westen mit saftigem Grün, kantigen Felsen, wohlriechenden Bäumen und dem irischen Nieselregen.
Während ich meine Erschöpfung in den Gliedern spürte, überfiel mich der Schlaf.

Ein Geräusch schreckte mich hoch.
Was war das? Etwas fiel auf mein Zelt.
Vielleicht eine Eichel…nur eine Eichel…, beruhigte ich mich.
Doch das Geräusch wiederholte sich. Wieder fiel etwas auf mein Dach.
Ich kramte nach dem Feuerzeug, zündete die Petroleumlampe an und öffnete den Reißverschluss des Zeltes.
Was ich sah, ließ mich an einen Traum glauben.
Der Boden war übersät von schwarzen Käfern, die auf dem Rücken lagen und sekundenlang zappelten, bis sie sich nicht mehr regten. Ich stieß einen dumpfen Schrei aus.
Die Käfer fielen weiterhin auf mein Zelt und bedeckten schon den Erdboden. Es wurden stetig mehr und ich schlüpfte eilig in die Wanderstiefel, nahm die Lampe mit und verließ mein Zelt.
Der Himmel war bevölkert von kleinen schwarzen Flatterwesen, die unbeholfen in alle Richtungen strömten wie Einzeller unter dem Mikroskop. Es war mir als würden sie sich minütlich verdoppeln.
Sie kamen wie eine schwarze Pest von irgendwo her und fielen auf alles, was ihren Weg kreuzte, um dort zu sterben.
Auch ich wurde zum Ziel bestimmt.
Ekel kroch meinen Hals hinauf.
Ich versuchte zu fliehen, doch meine Beine waren schwer wie Blei.

Ich hörte mit einem Mal lautes Geschrei. Äste brachen und Zweige schnalzten zurück. Ich sah, wie sich viele Menschen panisch einen Weg durch dichtes Geäst schlugen.
Sie schrien etwas. Ich wollte sie verstehen, doch hörte ich nur durcheinander fliegende Worte.
Mich packte die wilde Furcht und ich versuchte davon zu kommen vor dem, was da Angst machte.
Ich rannte los, doch fühlte ich mich als wäre ich aus Metall und der Boden wäre ein starker Magnet.
Während ich mich umdrehte, sah ich die Menschen näher kommen. Sie schrien noch immer und fuchtelten wild mit den Armen um sich.
Als ich durch ein glänzendes schwarzes Meer stapfte, bemerkte ich etwas Eigenartiges in der Dunkelheit.
Es war keine menschliche Bewegung und auch nicht von einem Tier auf vier Pfoten, eher ähnlich einer Schlange.
Dieses Ding schlängelte sich in einer Geschwindigkeit auf mich zu, die mir den kalten Schweiß in den Nacken trieb.
„Verdammt!“, dachte ich und stellte mit Entsetzen fest, dass ich viel zu langsam war um zu entkommen.
Das Wesen kam in beträchtlicher Geschwindigkeit näher. Es hatte etwas auf dem Kopf, das aussah wie ein Hahnenkamm. Sein großes Maul, das es von Zeit zu Zeit öffnete, ließ eine lange Zunge hervor schnellen.

Es schoss auf mich zu bis es kaum noch Raum zwischen uns gab.
Gerade noch rechtzeitig duckte ich mich, griff nach einem Stock, der vor mir auf dem Boden lag, holte aus und versetzte dem Wesen einen heftigen Schlag zwischen die Augen.
Es taumelte und fauchte dabei, so dass ich vor Entsetzen erstarrte.
Endlich schaffte ich es aus der Erstarrung heraus und rannte weiter durch den Wald.
Doch schon kurze Zeit später war es mir wieder auf den Fersen.
Noch immer war ich nicht schnell genug.
Seine Augen starrten mich gierig an. Schon leckte es seine Lippen nach mir. Panik machte sich in mir breit. Der Schrei, den ich ausstieß dröhnte wie eine Trillerpfeife in meinen eigenen Ohren. Doch es ließ nicht von mir ab.
Nur eine Elle war es von mir entfernt und ich sah, wie seine Zunge blitzartig hervorschnellte, um mich zu packen.
Mit aller Kraft boxte und trat ich nach ihm.
Ich schrie erneut in Todesangst, doch die Schreie verhallten im Wald. Kein einziger Mensch war in der Nähe. Alle waren entkommen, nur ich war noch übrig. Die Lampe hatte ich bereits verloren und die Dunkelheit lag auf mir wie ein Kettenhemd.
Niemand konnte mich hören. Niemand würde mich retten.
Mir wurde bewusst, dass meine letzte Stunde geschlagen hatte und ich spürte, dass mich mein Kampfgeist verließ. So ergab ich mich dem Unbekannten und ein Gefühl der Ohnmacht überfiel mich..
Es war, wie im Treibsand festzustecken.

Etwas schnürte sich um meine Taille und zog mich in ein dunkles enges Loch. Scheiße!, dachte ich. Gott, wenn es Dich gibt, dann hilf mir hier raus!, betete ich und fühlte mich wie Jona im Walfisch.
Im Angesicht des Todes lief mein Leben in Sekundenbruchteilen an mir vorbei: Ich sah Bilder aus meiner Kindheit, sah meine Eltern, meine Kinder und meinen Mann, Sie erschienen mir, als wollten sie sich von mir verabschieden.
Doch ganz unerwartet spürte ich in mir eine gewaltige Energie in mir aufsteigen.
Ich fühlte mich wie David, der gegen den Riesen Goliath siegen würde.
Das Ding fing an, Schluckbewegungen zu machen.
Es hatte vor, mich in einem Stück hinunterzuwürgen!
Mir wurde schwindelig. Ich rang nach Luft, doch das elende Maul war geschlossen.
Mit meinem Kopf versuchte ich es an einer empfindlichen Stelle zu treffen. Vergeblich.
Die rhythmischen Bewegungen des Hinunterwürgens wurden stärker und stärker bis ich in seinen Schlund zu rutschen begann.
Die Luft wurde knapp. Nicht mehr lange und ich würde das Bewusstsein verlieren.
Da zwängte ich mit letzter Kraft meinen Arm in Richtung Hosentasche.
Ich bekam die Feder zu packen und kitzelte den Rachen des Ungeheuers.
Es fing an zu glucksen, öffnete sein Maul und Luft strömte hinein.
Ich kitzelte unermüdlich weiter. Meine Ohren dröhnten vor lauter Gurgelgeräuschen. Nun begann es zu husten. Ich spürte einen heftigen Schwall an meinem Körper reißen.
Mit drei Stößen war ich wieder im Maul und mit einem weiteren landete ich unsanft in der Helligkeit.
Es hatte mich doch tatsächlich ausgekotzt!
Benommen wie nach meiner Geburt machte ich die ersten Atemzüge.
Dicht vor mir saß das Ungeheuer und glotzte mich mit seinen engstehenden Augen an.

Da geschah etwas Eigenartiges.
Das Wesen blickte mir tief in die Augen und ich hatte das Gefühl, es lächelte mich an.
Kurz darauf drehte es sich um und verschwand im Licht des anbrechenden Tages.
Und auch die toten Käfer erwachten zum Leben. Sie breiteten ihre Flügel aus und flogen in den Himmel hinauf.
Das Käuzchen schwieg, denn die Nacht war vorbei mit den ersten Strahlen der Sonne.
Jetzt erst bemerkte ich, dass ich mich in der Nähe meines Zeltes befand. Die ganze Zeit über musste ich im Kreis gelaufen sein!
Ich öffnete mein Zelt. Alles war wie beim Verlassen.
Und doch war alles anders.

 
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Moikka Anna,

ich bin kein Freund des ollen Freud, aber der hätte wohl bei der Schlangenhahnzungen-Szene seinen Spaß gehabt ...

Der Tod einer seltsamen Geschichte ist wohl eine alles-nur-geträumt Andeutung (zu ersetzen durch: Drogenrausch, Psychose, etc pp). Aua. Wäre vllt besser in Alltag aufgehoben gewesen. Also, das frustet gehörig. Nimm's mir nicht übel, aber das liest sich fast wie ein Ansatz zum Porno mit eingestreuten Glaubensbekenntnissen - sehr interessant, nur dieser Teil.

Das einzige wirklich Seltsame ist für mich ist, daß es einen nächtlichen Ausritt gibt. Wenn es keinen reflektierenden Schnee gibt, sind Pferde entweder nachtblind oder zumindest ungern im Dunklen unterwegs, von nächtlichen Ausritten hab ich nie gehört - vllt kennst Du das anders.
Fast wäre ich gleich am Anfang ausgestiegen - Reiter in der Nacht, Romantik, eine erfolgreiche Jugendpsychocoachingmanagerin aus der Großstadt einsam in der Natur, puha, das ist haarscharf an der Kitschpostille vorbei. Sind mir zu viele bemühte Klischees, um überhaupt einen Griff an die Situation zu bekommen.

Die vielen detaillierten Erwähnungen was u.a. die Schüler betrifft halte ich für überflüssig, weil sie nichts zur Handlung beitragen, damit gar nichts zu tun haben. Sie lenken unnötig ab. Bis die einsetzt - nämlich bei "Mit einem Mal schreckte ich von einem Geräusch hoch" - ist über die Hälfte Text vorbei.
Diese Einleitung, wie auch folgend die lahmen Beine, die Leute, die nicht reagieren, schreit so nach Traum, daß das Ende absehbar wird.

Gedanken werden kursiv geschrieben, nicht in wörtlicher Rede.
In literarischen Texten werden Zahlen bis zwölf, bzw. solange sie nicht unlesbar lang werden, ausgeschrieben.

ein Marder oder ein Eichhörnchen ging
Vllt fällt Dir ja noch was ein, 'gehen' bei diesen Tieren paßt nicht so recht.

Ich stieß einen Schrei aus, der ein Echo warf, das von der unweit entfernten Schlucht kommen musste, zu der ich am nächsten Tag aufbrechen wollte.
Die Erklärung um die Schlucht und das Echo bremsen die Spannung total aus - ist gar nicht wichtig. (Passiert öfter, hier nur ein Bsp.)

Zwei Bezugsfehler:

Die Käfer fielen weiterhin auf mein Zelt und bedeckten den Boden. Sie wuchsen stetig an
Nicht die Käfer wuchsen, sondern ihre Anzahl.
Ich versuchte sie aus meiner Hosentasche zu kramen, doch es gelang mir nicht. Stattdessen fing das Ding an, Schluckbewegungen zu machen.
Die Feder macht Schluckbewegungen?


Doch schon nach wenigen Augenblicken war es mir wieder auf der Spur.
Zu nahe für ein 'auf der Spur' - das impliziert, daß man das Verfolgte nicht sieht, sondern nur über die Spur folgen kann. Das Teil sitzt der Prot ja fast schon auf dem Schoß.

Schon leckte es seine Zunge nach mir, dabei bin ich von hagerer Gestalt und diene nicht als Mahlzeit! „Nimm jemand anderen!“, schrie ich voller Verzweiflung, doch es ließ nicht von mir ab. Es war nur noch zwei Handbreit von mir entfernt und ich sah, wie seine Zunge nach mir angelte.
Redundant: Erst leckt die Zunge, dann kommt es näher, dann angelt die Zunge - es fehlt eine Weiterentwicklung, hier trittst Du auf der Stelle.

Sie liefen mal nach rechts, mal nach links und auch mal rückwärts.
Hier würde ich mir - allg. in der ganzen Szene - was Knackiges wünschen. Kennst Du 'im Wasser, zu Lande, in der Luft ...'? Klingt für mich eigenartig.

Als mein Widerstand einer Erstarrung wich, umfing etwas Klebriges meine Taille und zog mich in ein dunkles enges Loch.
Na, aber hallo! :D

Wie Du siehst, bin ich aus ganz verschiedenen Gründen nicht überzeugt. Irgendwie ist Deine Figur auch blaß - es gibt mehr Infos über ihre Arbeit, das genaue Gewicht ihres Gepäcks und ihren Proviant, als über sie selbst. Bei der action stehst Du Dir selbst im Weg, da holpert der Stil sehr. Letztlich ist nur der Sexbezug spannend, aber den denkt man sich so mit, da passiert nix wirklich. Zum Ende hab ich ja schon was gesagt, sowas finde ich unschön.

Finde, es würde sich lohnen, das Ende komplett zu streichen / umzuschreiben, etwas tatsächlich Seltsames draus zu backen, die Spannung anzuziehen und auf Redundantes zu achten. Was hält auf, was treibt die Handlung wirklich voran? Raus mit all dem Kitsch-Klischee. Wo ist die interne Logik, was spielt sich in Deiner Welt ab? Was davon ist wichtig (Reiter, Jugendliche, Job ....), was lenkt ab?

Heippa hei,
Katla

 

Hallo Katla,

vielen DAnk für Deine ausführlichen Anmerkungen, sicherlich hast Du in vielerlei Hinsicht recht, z. Bsp. die Sache mit den Pferden bei Nacht...stimmt, ich bin tatsächlich noch nicht nachts ausgeritten, na ja bei Vollmond ist es schon möglich, aber sicherlich nicht im gestreckten Galopp! Die Sache mit dem Job (Jugendlichen-Projekt) habe ich reingebracht, um einen konkreten Bezug zu schaffen und die BEdeutung der Stille in der Natur zu unterstreichen, schon alleine deswegen wurde alle zum Alptraum...aber man kann über die Ausführlichkeit streiten. Mir war klar, dass das Ende nicht gut ankommt...ich schreibe normalerweise keine Horrorgeschichten...:) hatte das dringende BEdürfnis, die Protagonistin aufwachen zu lassen - ob es gut ist, weiß ich nicht, aber es ist ein Ende, mit dem ich gut leben kann...:)

Viele Grüße und schöne WEihnachten!

Anna

 

Hallo Anna!

Ein schönes neues Jahr wünsche ich dir, wenn man gut reingekommen ist, ist das doch schon die halbe Miete, nicht?

aber man kann über die Ausführlichkeit streiten

Nein, kann man nicht! Es sei denn, du schreibst für dich und deine Schublade. Dann, natürlich, kannst du deine Geschichten genauso schreiben, wie du möchtest, brauchst dir nicht reinreden zu lassen.
In diesem Forum hier, das ist wohl sein größter Vorteil, kritisieren dich keine Kritiker, sondern deine Leser, also diejenigen, die lesen sollen, was du produzierst. Na ja, den Rest kann ich mir sparen.

Mir ist diese Ausführlichkeit nämlich auch aufgefallen, bzw. aufgestoßen.

Aber fangen wir von vorne (von hinten) an:
Hat mir die Story gefallen? Nein, nicht mit dem Ende. He-he, ich weiß, man ist immer bestrebt, seine eigenen Sachen zu verteidigen, aber das "Alles-war-nur-ein-Traum"-Ende ist wohl das gemeinste und schlechteste, was man sich aussuchen kann. Sogar noch schlechter, als ein schlechtes Ende.
Es sei denn (fällt mir gerade ein), du gibst vorher schon, im Laufe der Story, Hinweise darauf, dass alles ein Traum ist. Aber die müssen schon so zwingend sein, dass es einem wie Schuppen von den Augen fallen muss, wenn man davon liest. Und das ist verdammt schwer.

Gut, von vorne:

Die Einührung strotzt vor Erklärungen. Das hält auf, ist langweilig und so mancher springt hier schon ab. Der erste Satz:

Staub lag in der Luft vom Getrampel der Pferde und knirschte zwischen meinen Zähnen.

ist eigentlich sehr schön, sollte aber für sich allein stehen, weil er schon ziemlich aussagekräftig ist.
Das Dumme ist nur, dass die Einführung überhaupt keinen Bezug zum Rest der Geschichte hat. Dabei sollte der erste Satz die Geschichte im kleinen Rahmen vorwegnehmen, erklären und die Situation beschreiben (im Idealfall - merkt man, dass ich ein Fan des ersten Satzes bin?)

So wie Katla angemerkt hat, könnte die Story tatsächlich erst beim Satz:

Mit einem Mal schreckte ich von einem Geräusch hoch...

beginnen. Das Geräusch beschrieben, die Stimmung und ganz kurz - in Andeutungen - die Situation, fertig ist der Einstieg zu einer Horrorgeschichte.
Stimmt, ich konnte auch keine Verbindung zwischen dem eigentlichen Geschehen und den Jugendlichen entdecken. Ich fürchte, diese Erklärungen sind wirklich überflüssig für die Geschichte.


Ich befand mich auf einer kleinen Lichtung im Wald.

Das sind genau die Sätze, vor denen ich mich immer hüte. (Und die mir auch immer wieder unterlaufen). Dies ist nämlich eine Erklärung, trockener kaum zu finden. Show, don't tell trifft wohl woanders kaum besser zu. Mach mal, versuch mal diese Beschreibung in einer Aktion unterzubringen. Das ist, wenn man sich drauf konzentriert, gar nicht so schwer.

Es sind auch einige Nebensätze zu finden, die vollkommen überflüssig, sogar störend sind:

Sogleich sprang dieses auseinander und stand erwartungsvoll da, um mich in Empfang zu nehmen.

Ludwig Reiners sagt in seiner "Stilfibel", dass man den Leser fordern müsse. Recht hat er! Wenn ich ihm jeden Bissen auf einem Teller serviere, wird ihm langweilig und die beste Story taugt nichts. Also muss er was tun für sein Vergnügen. Sprich, er muss schon ein wenig nachdenken.
Wenn ich das tue, dann komme ich von ganz allein darauf, dass das Zelt da steht, um den Protagonisten in Empfang zu nehmen.

Die 12Kilo sind tatsächlich auch überflüssig. Lenken viel zu sehr ab.

Was war da draußen los?

Das ist ein Lückenfüller, der die Spannung kaputtmacht und überhaupt nichts aussagt. Es ist ohnehin klar, dass sich der Prot das fragt. Raus damit!

Es war, als hätten sie mich ausgesucht, um in meiner Gegenwart den Tod zu finden.

Hier wechselst du unvermittelt die Perspektive, du kommst vom Beschreibenden, von der Aktion, zur Innenansicht des Prot, du unterbrichst damit den Lesefluss und killst wieder die Spannung.

Allgemein ist mir aufgefallen, dass sinnvolle Absätze fehlen. Das ist Leseservice und das kann ich als Leser verlangen.

Na ja, und dann das Ende eben. Eine schlüssige Erklärung!

Jetzt habe ich soviel gemeckert, kritisiert. Ist aber alles ernst gemeint und sei dir ans Herz gelegt. Ich weiß, dass du vorbildlich an deinen Texten arbeiten kannst.

Es gibt zwei Sachen, die mir wirklich sehr gut gefallen haben:

Zum einen die Käfer, wie sie aufs Zeltdach knallen. Das ist ein starkes Bild, das prägt sich ein, ist gruselig. Allerdings müsste man das noch bearbeiten.

Zum Zweiten: die Feder! Ich dachte, hier habe ich den Grund für die Story vor mir, der Prot befreit sich aus dem Ungeheuer mithilfe der Feder. Toll!

Genial wäre es gewesen, wenn du die Feder schon zu Beginn des Textes eingeführt hättest, ganz nebenbei. Vielleicht, wie der Prot diese Feder findet, wie er sie schön findet und einsteckt.
Und dann ist sie der rettende Einfall.

Soweit hätte ich erstmal meine Notizen abgearbeitet.


Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hanniball,

Du hast die Geschichte ausführlich gelesen und mir viele Impulse gegeben, wie ich sie ändern kann. Vielen Dank für Dein "Gemecker". Du hast ja durchaus recht mit der Kritik. Schön, dass Dir auch etwas daran gefallen hat, ich werde sie nun in Ruhe überarbeiten und Eure Hinweise dazu einfließen lassen. Mal sehen, was bei raus kommt.

Liebe Grüße,

Anna

 

Liebe Kommentatoren,
ich habe einiges von eurer Kritik in mir bewegt und den Text überarbeitet. Das Ende dürfte nun mehr Gefallen finden.

Vielen Dank noch mal für euer Feedback und herzliche Grüße!

Anna

 

Hallo Anna!

Nachdem ich einen ersten Kommentar in den Lokus des WWW gespült habe (ich habe nicht gebrüllt vor Wut - ich saß in einem vollbesetzten ICE), jetzt der zweite Versuch.

Du hast deine Story gründlich überarbeitet, allein das ehrt dich schon und hebt dich über das Mittelmaß dieser Seite (mich eingeschlossen!) hinaus. Schön, wenn man an seinen Texten arbeitet.

Das Stück ist besser geworden, ohne Zweifel. Schon mal haben wir viele Sachen draußen, die ablenken und überhaupt nicht zur Geschichte passen wollten.
Das Stück an sich hat etwas Märchenhaftes, vielleicht sogar Fantasy-mäßiges. Hier wird vorgesetztund selten erklärt. Das hast du beim Horror so nicht. Zumindest bis zu einem gewissen Grad verläuft die Handlung des Horror-Stückes in der uns bekannten Realität. Aber das nur am Rande, das sollte keine Wertung sein.
Alles, was ich hier aufzähle, sind Vorschläge, subjektiv, versteht sich. Dabei halte ich mich ganz stark am Handwerklichen, diese Interpretationen, wie du sie praktizierst, das kann ich nicht.

Viele Stunden war ich gewandert, hatte den Bäumen Erlebtes erzählt und über ihre Grimassen gelacht,

Da du im ersten Satz stichpunktartig erzählst, was dir widerfahren ist, sollten die einzelnen Stichpunkte möglichst nichts miteinander zu tun haben. Deshalb würde ich den Bäumen zwar Erlebtes erzählen (schöne Wendung), aber nicht mehr über die Grimassen lachen.

Ich spürte ein prickelndes Gefühl von Freiheit in meinem Bauch aufsteigen

Wenn das Gefühl aufsteigt, ist es bald in der Speiseröhre und du würgst es hervor. Ich finde, eine unglückliche Formulierung.

Ich dachte an Island, wo Straßen niemals Elfengebiete durchkreuzten, denn dort gibt es Menschen, die offensichtlich mehr hören und sehen als wir.

Das ist so ein exemplarischer Satz des Textes. Das Bild der geschützten Elfengebiete steht für sich, ich würde es nicht durch einen dahergelaufenen Nebensatz verwässern. Diese angehängten Erklärungen scheinen typisch zu sein für dein Schreiben. Ich wage mich mal auf dein Terrain: Du traust deinen eigenen Formulierungen nicht, du willst sie immer noch mal untermauern. Dadurch erreichst du im Prinzip aber das Gegenteil. Das starke Bild, das du lieferst, wirkt verschwommen.

..., der mir schon viele Jahre gute Dienste geleistet hatte,...

...um mir eine Mahlzeit zu bereiten.

...um die sich nieder legende Feuchtigkeit zu vertreiben.

...um nicht das Gefühl zu haben zu verglühen.

..., so dass ich kaum vom Fleck kam.

Das sind dann nur einige der Nebensätze, die mehr stören, als dass sie zu etwas gut sind. Trenne dich von ihnen, lies die Sätze noch mal und du wirst sehen, es liest sich rasanter. Zumindest nicht schlechter.

Als das Feuerstelle nur noch glühte, ging ich in mein Zelt um zu schlafen.

Der Text ist angenehm frei von Flüchtigkeitsfehlern. Einer ist hier noch: Entweder die Feuerstelle oder das Feuer.
Den zweiten Teilsatz würde ich umstellen, er klingt etwas umständlich. Vielleicht: legte ich mich schlafen?

Du hast einige Male die Formel "mit einem Male" zu stehen. Dies und auch so etwas wie "plötzlich" finde ich immer ein wenig unglücklich. Vielleicht zu umgangssprachlich?

Wieder und wieder fiel etwas auf mein Zeltdach.

Da haben wir eine unschöne Wortwiederholung, im Übrigen steht das Dach auch sehr schön alleine da, man weiß ja, dass kein anderes Dach in der Nähe ist.

Ich rieb mir die Augen, doch das Bild war immer noch da.

Auch das finde ich nicht angemessen. Ich glaube einfach nicht, dass jemand auf eine solche Situation reagiert, indem er sich die Augen reibt, wie ein verschlafenes Kind.

Der Boden war übersät von schwarz glänzenden Käfern,...

Spätestens hier wäre wohl ein Vergleich angebracht, eine Metapher, um das Bild für den Leser fassbar zu machen. Da bietet sich einiges an, das "wogende, schwarze Meer" ist wohl eines der billigeren davon.

Ekel kroch meinen Hals hinauf.

Da, ich wusste es - hat der Ekel das Gefühl von Freiheit verdrängt!

...und legte meine Hand ans Ohr.

Das ist schon ein lustiges Bild, wie panische Menschen dich umströmen und du stehst ruhig da mit der Hand am Ohr. M.M.n. auch nicht unbedingt angemessen.

Das Wesen kam näher.

So, so. Das hört sich an, als erzähle der gute Onkel am Kamin die Geschichte, wie er das erste Mal mit einem Zug gefahren ist. Die Erzählung lebt nicht! Verstehst du, das ist für mich nicht packend und mitreißend erzählt. Wie wäre es mit: Das Wesen schoss auf mich zu.
Wie mir der gesamte Bericht etwas so vorkommt, als legst du nur dar, du berichtest. Wenn das Erzählte, das Geschehen rasant ist und das auch so rübergebracht werden soll, muss auch die Sprache knapp und drängend sein. Kurze, hetzende Wörter. Wir nähern uns damit formal dem Geschehen.

„Nimm jemand anderen! Ich bin viel zu mager für dich. Nimm einen Dicken!“, schrie ich voller Verzweiflung.

Das hört sich aber nicht nach Verzweiflung an, eher nach einer billigen Sat1-Comedy-Serie. Was würde jemand schreien oder brüllen, wenn er in dieser Lage wäre?

...wie seine Zunge erneut nach mir angelte.

Sie angelte? Angemessene Begriffe(!) sind die halbe Miete. Sie ziehen schon hinein ins Geschehen.

Es war, wie im Treibsand festzustecken und mit ansehen zu müssen, wie der eigene Körper langsam und unaufhörlich zu versinken begann.

Warum, verdammt!, verlässt du dich nicht auf deine Fähigkeiten und vertraust auf die Kraft deiner Bilder?!

Es war, wie im Treibsand festzustecken.

Punkt. Reicht vollkommen aus, ich weiß was gemeint ist und brauche mich nicht mit unnötigem Ballast abzuschleppen.

Sogleich spürte ich Feuchtigkeit und schlechten Atem an mir kleben.

Auch wieder so ein unangemessenes Wort. Hört sich ein bisschen so an, als müsse man beim Aussprechen den kleinen Finger abspreizen. Das kann man bringen, wenn es gediegen zugeht, am Kamin oder so. Aber nicht, wenn der Protagonist in Lebensgefahr ist.

„Nun wird es mich fressen und für immer auslöschen..."

"Es wird mich fressen! Guter Gott, hilf mir!" (obwohl das auch nicht brillant ist)

„Ich bin noch nicht bereit für Schlafes Bruder..."

Wie bitte? Versetz dich doch bitte in die Lage der Protagonistin! Niemand spricht, Verzeihung, schreit so, wenn er von einem Ungeheuer gefressen wird.


Vielleicht solltest du bei diesem Kampf tatsächlich auch mehr in die Details gehen, in die blutigen, schleimigen. Das ist zwar schwierig, zugegeben. Aber es würde sich lohnen.

Mit einem Mal kam mir die Feder in meiner Hosentasche in den Sinn.

Ich würde das überhaupt nicht ankündigen. Einfach beschreiben, wie du in die Tasche greifst in panischer Furcht, ohne zu erwähnen, was du suchst. Dann holst du das Ding hervor und machst damit, was du zu tun vorhast. Das lässt den Leser miterleben und ich denke, die Überraschung ist größer.

Es hatte mich doch tatsächlich ausgekotzt.

Der Satz wiederum ist wie aus einer Münchhausen-Geschichte von Bürger. Sehr schön.

Nun, das sind einige Anmerkungen zu der Geschichte. Wie gesagt, sind sie überwiegend technischer Natur. Du könntest die Story damit sicherlich um einiges rasanter und mitreißender gestalten. Was meiner Meinung nach nicht zum Schaden wäre.

Darüber hinaus hat sie mir nicht schlecht gefallen, wie gesagt, sie hat was Märchenhaftes.

Ich hoffe, du konntest mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Lieber Hanniball,

vielen Dank für Deine wichtigen Anregungen, habe sie soweit es ging umgesetzt und starte nun durch zum 3. Versuch....

Liebe Grüße,

Anna

 

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