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Diamant-Kollier

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10.10.2006
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Diamant-Kollier

Ich schaue auf ein Diamant-Kollier unter einer Glasvitrine. Das Glas haben sie eingeeist – wahrscheinlich mit so einem Spray.
Soll wohl einen interessanten Effekt geben, irgendwie weihnachtlich. Glas, Diamanten und Eis. Eine Kollage der Schönheit.
Aber es verliert seine Wirkung, wenn man es öfter sieht.
Die Beretta steckt in meinem Hosenbund, hinten, und der Lauf flutscht in meine Po-Ritze. Also diesen Teil hasse ich wirklich am meisten.

Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht und mir ist aufgefallen, also in diesen alten Geschichten, diesen wirklich alten Geschichten, wenn dort jemand bestraft wird, dann immer durch Monotonie, immer durch Wiederholung.
Sisyphus muss den Stein nicht einmal rollen. Der Adler bei Prometheus, der macht ja keine Stippvisite. Und Tantalus hört nicht irgendwann auf, sich nach dem Wasser zu bücken und nach den Früchten zu greifen.
Das alles passiert wieder und wieder und immer wieder.
Und es heißt ja auch ewiges Fegefeuer und nicht bloß … Fegefeuer.

Durch das vereiste Glas kann ich die Verkäuferin sehen. Sie liegt auf dem Bauch vor der Theke und wimmert. Wimmert so wie manche Frauen wimmern, wenn sie Sex haben. Sieht irgendwie jüdisch aus. Lange, schwarze Haare. Gekräuselt. Irgendwie jüdisch eben.
Ich gehe um die Theke herum und betrachte ihren Hintern. Ziemlich knochig, das sieht man sogar durch den Hosenrock, und irgendwie muss ich an Goodfellas denken, also an den Film. Nicht wegen der Koks-Nutte, obwohl sie ihr ziemlich ähnlich sieht, sondern wegen der Fleischbällchen und der Nudeln und der vielen dicken Soßen.
Hinter der Schaufensterscheibe stehen drei Polizeiwagen. Eine Handvoll Polizisten hat sich dahinter verbarrikadiert. Normalerweise würde ich jetzt die Rollläden herunterlassen. Scharfschützengefahr und so weiter. Aber: Wozu?
An der Wand zwischen Eingangstür und Schaufenster lehnen meine Eltern. Es ist kein richtiges Lehnen, mehr so ein geiselmäßiges Hocken.
„Bitte, lassen Sie doch wenigstens die Frauen gehen.“ Mein Vater. Ob er damals schon so ein Supermann war, damals, als das alles wirklich passiert ist?
Ich ignoriere ihn. Das liegt am Unterbewusstsein. Wenn man schläft, dann ist das ja wie so ein Baum, also es findet ein Austausch statt, so wie bei Wurzeln. Aber wenn man nicht schläft, dann müssen die Wurzeln ja irgendwohin. Aber vielleicht bring ich da auch was durcheinander.
„Bitte, ich bleibe hier bei Ihnen. Aber lassen Sie doch wenigstens die Frauen gehen!“
Ich ziehe die Knarre aus meiner Po-Ritze, ziele auf die Kniescheibe meines Vaters und drücke zweimal ab. Natürlich habe ich wieder vergessen, die Waffe zu entsichern und es klickt nur.
Dann splittert es, als sich die Fensterscheibe in einem Kugelhagel auflöst. Na ja, eigentlich es ist kein Kugelhagel, nur zwei oder drei Patronen, die sich hinter mir in die Wand mit den Armbanduhren bohren.
Meine Mutter hebt ihren Kopf. Sie hält die Nase hoch, so dass ich in ihre Nasenlöcher schauen kann, aus denen Rotz läuft. Sie hat wirklich riesige Nasenlöcher. Es gibt ja Frauen, von denen man sagt, sie hätten Augen wie Scheinwerfer. Nun, meine Mutter hat Nasenlöcher wie Scheinwerfer. Sie verfolgen einen, man kann den Blick nicht von ihnen abwenden. Sieht schon ein wenig aus wie bei einem Schweinchen oder einer Steckdose.
Ich entsichere die Waffe mit meinem Daumen und drücke ab. Natürlich ziele ich wieder auf die Kniescheibe, denn es ist ja mein Vater.
Ich spüre den Rückstoß in meinem Handgelenk und sehe auf das Diamant-Kollier.

Es war eigentlich nur ein logischer Schritt. Eine Kette sozusagen. Fallschirmspringen, Bungee-Jumping, Abenteuerreisen, Survival-Tours. Ich steh auf den Scheiß.
Es war vor drei Tagen, oder in zwanzig Jahren.
Neckermann. Der Typ vor mir - ein Fossil. Ordentlich Hüftgold, babyblauer Anzug, korngelbe Krawatte.
„Reisen Sie zum ersten Mal?“
Ja, sage ich.
„Angst?“, fragt er und lächelt ein Schalterbeamtenlächeln.
Ich schüttle den Kopf und frage, ob es denn sicher sei. Natürlich ziemlich widersprüchlich, aber das fällt mir erst jetzt auf, nachdem ich das Gespräch tausend Mal durch mein Hirn habe laufen lasse.
Was passiere denn zum Beispiel, frage ich, wenn ich mir die Sportpalastrede anhörte und auf die Idee käme, Goebbels zu erschießen.
Er lacht und fragt: „Kennen Sie sich mit der String-Theorie aus?“
Mir fällt ein dummer Witz über Damenunterwäsche ein, aber ich schüttle nur den Kopf und sage Nein.
„Schade. Das hätte vieles leichter gemacht. Dann stellen Sie sich eben einfach vor, Sie wären ein Geist.“
Ein Geist, frage ich.
„Ein Geist“, sagt er. „Was haben Sie denn ins Auge gefasst?“
Weiß nicht, sage ich. Ob er mir nicht mal die Bestseller vorstellen könne.
„D-Day“, sagt er. „Zumindest seit wir die Religions-Sachen nicht mehr machen dürfen. Vorher alle Nazareth und jetzt die Normandie. Ich weiß gar nicht, wieso. Mir ist das viel zu laut, aber das nehmen viele. Ich empfehle ja Cleopatra. Den Selbstmord. Das ist wirklich ein sehr erhabenes Gefühl, sehr viel Klasse und auch für uns Männer nicht schlecht. Sie war ja sehr schön, vor allem die Nase, aber darum geht es ja nicht. Ich kann das schwer beschreiben, aber es ist bittersüß, wenn Sie wissen, was ich meine. Und auch die Haut, diese Eselsmilch, glauben Sie mir, so schön ist in der ganzen Geschichte der Menschheit noch nie jemand gestorben.“
Ich schüttle den Kopf.
„Was Handfesteres, ja? Wie wäre es mit Münster? Zur Zeit der Wiedertäufer. Orgien, Gewalt, menschliches Drama. Oder gleich die französische Revolution. Glauben Sie mir, Sie haben nicht gelebt, bevor Sie nicht Robespierre gesehen habe. Ganz im Vertrauen, viele sind ja enttäuscht bei so was. Hitler, Nero, Napoleon. Die machen nicht viel her, aber, glauben Sie mir, Robespierre, allein die Augen und dieser Blick.“
Ich sage, dass ich kein Französisch spreche und frage ihn, ob es nicht etwas Individuelleres gebe. Pauschalreisen seien nicht so mein Ding, sage ich.
Eurozeichen blinken in seinen Augen auf. Er knetet seine Hände, streicht über die korngelbe Krawatte und sagt: „Sehr gerne, dann bin ich aber verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie in keinem Fall zu einem Ereignis reisen dürfen, bei dem eine frühere Instanz Ihrer selbst präsent gewesen ist.“
Ja, sage ich. Schon klar.
„Wirklich, das ist sehr wichtig. Die Auswirkungen wären –“
Ja, sage ich. Schon klar.

Im Nachhinein betrachtet, hätte ich mir natürlich lieber Cleopatras Näschen angesehen oder Robespierre oder diese Nummer damals, als die Russen Kennedy umgebracht haben. Aber, na ja. Die Zeit, hab ich mir überlegt, ist wie ein Gummiband. Man kann sie dehnen, aber sie will immer wieder in die Ausgangslage zurück. Dass ich so was weiß und mir so was überlegen kann, zeigt ja, dass ich besser dran bin als Sisyphus. Der wusste das ja nicht. Der dachte, er wäre der erste, dem es so geht. Und er dachte, das hätte mit den Göttern zu tun, oder so. Und nicht mit Gummibändern. Also irgendwie bin ich besser dran als Sisyphus.
Ich steige über die orgasmisch wimmernde Verkäuferin, öffne die Tür, werfe meine Waffe hinaus und gehe nach draußen, auf die Straße.
Für einen Moment sehe ich noch überraschte Augen über Polizei-Schnauzern, dann wieder: Kristall-Kollier. Und natürlich wieder die Beretta in der Po-Ritze. Wenigstens hat sie Körperwärme.

Ich weiß, was ich tun muss, damit es aufhört. Das ist ja noch was, was mich besser macht als Sisyphus.
Ich kann nichts dafür. Das ist ja Sozialisation. Wenn man in der Jugend, in der Zeit, in der man noch gar keinen Charakter hat, wenn man da die Geschichte hört, wie sich die eigenen Eltern kennen gelernt haben, dann setzen ja Mechanismen ein. Am Anfang ist man interessiert, dann gelangweilt und schließlich genervt, aber dabei gewesen wäre man irgendwie immer gern. Vor allem wenn die Geschichte was hat. Und die Erste-Treffen-Geschichte meiner Eltern gehört bei den Erste-Treffen-Geschichten weltweit sicher zu den oberen fünf Prozent.
Mein Vater ging in den Juwelierladen, um einen Hochzeitsring zu kaufen. Für eine Frau, die er nie geliebt hatte. Das betonte er immer, wenn er und meine Mutter mir die Geschichte erzählten.
Meine Mutter verbrachte damals ihre Kaffeepausen vor dem Schaufenster. Überlegte, wie sich jene Uhr an ihrem Handgelenk machen würde oder wie wohl jene Ohrringe an ihr aussähen. Rechnete nach, wie viel sie von ihrem Monatsgehalt abzwacken musste, um sich beides zu leisten. Normalerweise ging sie nicht in den Laden, sie wollte ja nichts kaufen und niemanden belästigen. Da spielt bestimmt Scham eine große Rolle, aber an diesem Tag, und sie schwor immer wieder, dass sie nicht wusste, wieso, aber an diesem Tag ging sie in ihrer Mittagspause in das Juweliergeschäft.
Dann kamen erst mein Vater und kurz danach noch ein Typ hinein. Und zog eine Beretta, also der Typ und nicht mein Vater, und na ja. Es ist wie bei Diamanten.
Normalerweise dauert es ja ewig bis aus einem Kohlestückchen ein Diamant wird, weil der Druck zu gering ist. Aber wenn man den Druck künstlich erhöht, geht es viel schneller.
Auf jeden Fall hätten sich die beiden nie kennen gelernt, wenn nicht der Typ in den Laden gekommen wäre. Und wenn sie sich nicht kennen gelernt hätten, dann wäre ich nicht gezeugt worden.
Diese ganze Gummibandgeschichte.
Ich muss mich so verhalten, dass das Band so ist, wie es sein will, sonst gäbe es mich nicht.

Also Kristall-Kollier. Also eine wimmernde Verkäuferin. Also eine Fensterscheibe mit Polizeiwagen als Panorama.
Diesmal ignoriere ich die Verkäuferin, lege die Waffe auf die Vitrine und fange an zu reden.
Hey, sage ich. Ihr beiden da, ihr müsst euch verlieben, ihr müsst miteinander schlafen. Also auch, wenn das hier vorbei ist, versprecht ihr mir das?
Dann passiert auch nichts, sage ich zum Diamant-Kollier.
Wahrscheinlich fehlt irgendwas. Ich gehe noch mal hin, spreche diesmal schneller. Füge noch hinzu, dass sie ihrem Kind nie davon erzählen dürften und dann wieder Diamant-Kollier. Gummiband eben.
Ich ziehe die Beretta aus meiner Hose, nehme sie wie einen Scheiß Hammer in die Hand und jage den Knauf in das verdammte, vereiste Glas. Schneide meine Hand an einem Splitter, höre das Schreien – oh, wenn sie nur endlich kommen würde – und wieder: Diamant-Kollier.

Als Kind hab ich einmal eine Geschichte über die Ewigkeit gehört. Irgendwo in einem Ozean gibt es einen riesigen Berg. Alle tausend Jahre fliegt ein Specht vorbei und pickt einen Krumen aus dem Berg. Und wenn der ganze Berg abgetragen ist, dann ist eine Sekunde der Ewigkeit vergangen.
Natürlich eine ziemlich schwachsinnige Geschichte, denn wie viele Sekunden hat die Ewigkeit, wie hoch ist der Berg, wie groß ist so ein Krumen und ist der beknackte Specht denn unsterblich? Aber trotzdem. Gerade die schwachsinnigen Geschichten merkt man sich ja.

Ich wiege meinen Kopf in der Halterung, die mein Nacken bildet. Wiege nach links und nach rechts. Sisyphus, höre ich mich murmeln. Dann nicke ich.
Ich steige über die Verkäuferin und baue mich vor meinen Eltern auf.
Meine Mutter hockt da in ihrem Mittwochs-Kostüm von der Stange, aus ihrer Fünf-Tage-Kollektion, die sie seit zwei Jahren trägt, weil sie Anwaltsgehilfin ist, aber auf eine schicke Ohrring/Uhr-Kombination spart. Sie hebt ihre Scheinwerfer-Nasenlöcher.
Mein Vater sitzt neben ihr und versucht, allen Mut zu sammeln, um einmal im Leben ein Held zu sein und das Richtige zu tun.
Mir ist es vorher nie aufgefallen, aber jetzt, für einen winzigen Moment, berührt der kleine Finger an der linken Hand meiner Mutter die rechte Handkante meines Vaters. Sofort zucken beide zurück. Wahrscheinlich haben sie es gar nicht bemerkt. Vielleicht ist es auch gar nicht passiert.
Ich halte mir die Beretta an die Schläfe und drücke ab. Aber natürlich hab ich wieder vergessen, die Waffe zu entsichern.
Ich schließe die Augen und mein Daumen findet den kleinen Sicherungshebel und legt ihn um.
Ich bin besser dran als Sisyphus. Ich weiß, wie es endet. So wie in der Geschichte meiner Eltern.
Ich drücke ab.

Diamant-Kollier.

 

Hallo Quinn!

Da ist dir eine beeindruckende Geschichte gelungen. :thumbsup:

Eine interessante Variante der Zeitreisen-Zeitschleife Problematik und dem "wenn ich in der Vergangenheit meinen Großvater erschießen würde"-Argument. Muss sagen, gut dargestellt, ohne dass es albern wird, und die "innere" Darstellung des Prot ist wirklich gut.

Eine gute Geschichte am Morgen.

Beste Grüße

Nothlia

 

Hey Nothlia,

ist auch sehr angenehm, gleich mit so einer angenehmen Kritik konfrontiert zu werden. :)

Vielen Dank
Quinn

 

Hallo Quinn!

So, jetzt kriegst du mal eine Interpretation, die sich gewaschen hat. :D

Am Beginn gleich mal ein Zitat von Doderer, an das mich deine Geschichte erinnert hat:

Nur wer das dumpfe Präsens riskiert, darf hoffen, zum Kristall des Perfektums zu gelangen.
Die Paradoxie aller erzählenden Prosa, auch der historischen, liegt in ihrem doppelten Verhältnis zur Zeit: die einmal zum Stehen gekommen sein muß durch die Abgeschlossenheit des Gegenstandes oder der Ereignisse, wenn man so lieber will, und die ein andermal wieder in Bewegung gerät, wenn man nämlich durch die Wiederkehr jener Ereignisse an einer nicht von uns zu bestimmenden überraschenden Biegung von Leben und Gedächtnis, jene Dinge im einfallenden indirekten Licht für den Schriftsteller Erheblichkeit und Gegenwart gewinnen.
Heimito von Doderer, Tangenten

So gesehen hat deine Geschichte auch mit dem Schreiben zu tun, aber mal zur Geschichte:
Ich hab lange überlegt, wofür dieses Diamant-Kollier in deiner Geschichte wohl steht. Ich glaub, es steht für drei Dinge, die miteinander in Verbindung stehen:
1. Für etwas, in dem sich alle Zeitebenen in EINEM Punkt sammeln
2. Dadurch ermöglicht das Kollier die Zeitreise - es ist gleichsam das Eintrittstor in eine andere Zeitebene.
3. Es steht für ein abgeschlossenes Erlebnis, hier für das Kennenlernen der Eltern, für etwas, das wie ein wertvoller Familienschatz weitergegeben wird, in seiner Schönheit und Abgeschlossenheit, siehe Beginn, unantastbar. Zum schönen Diamant geworden durch die Gefahr. Durch die außergewöhnliche Situation des Überfalls finden die zwei schneller und inniger zueinander.
Normalerweise dauert es ja ewig bis aus einem Kohlestückchen ein Diamant wird, weil der Druck zu gering ist. Aber wenn man den Druck künstlich erhöht, geht es viel schneller.
Und hier liegt die Schuld des Ich-Erzählers: Er belässt das Ereignis nicht in der abgeschlossenen Vitrine, er zerschlägt das Glas der Vergangenheit könnte man so sagen. Woraufhin er die Begebenheit immer und immer wieder erleben muss, immer mit dem Diamantkollier als Tor, durch das er treten muss, nur um wieder mit dem Ablauf der Geschichte von vorne beginnen zu müssen. Von dem Zeitreisenverkäufer wird er ja gewarnt, dass er keine früheren „Instanzen“ seiner selbst besuchen soll, offensichtlich hat er das getan, und er gerät in eine Endlosschleife.

Die Monotonie des immer Gleichen läuft auf zwei Ebenen:

Ich schaue auf ein Diamant-Kollier unter einer Glasvitrine. Das Glas haben sie eingeeist – wahrscheinlich mit so einem Spray.
Soll wohl einen interessanten Effekt geben, irgendwie weihnachtlich. Glas, Diamanten und Eis. Eine Kollage der Schönheit.
Aber es verliert seine Wirkung, wenn man es öfter sieht.

Wenn man in der Jugend, in der Zeit, in der man noch gar keinen Charakter hat, wenn man da die Geschichte hört, wie sich die eigenen Eltern kennen gelernt haben, dann setzen ja Mechanismen ein. Am Anfang ist man interessiert, dann gelangweilt und schließlich genervt, aber dabei gewesen wäre man irgendwie immer gern.
Der Protagonist will aus dieser Endlosschleife wieder herauskommen, damit das „Gummiband“ wieder aus seiner unnatürlichen Dehnung rauskommt.
Ich muss mich so verhalten, dass das Band so ist, wie es sein will, sonst gäbe es mich nicht.
Das macht er, indem er einen Schlusspunkt setzen will: Ob er am Ende sich selbst oder seine Eltern tötet, bleibt eigentlich offen, aber die Flucht in den normalen Ablauf der Zeit gelingt offensichtlich nicht, da am Ende wieder das „Diamant-Kollier“ steht.
Was das alles mit dem Schreiben zu tun hat? Der Ich-Erzähler hat hier eine ähnliche Position wie ein Autor: Er kann bestimmen, wie alles abläuft, da er es wiederholen kann. Einem Autor ist das durch Schreiben möglich, durch Wiederlesen und Neuschreiben kann er eine Geschichte immer wieder ändern.
So gesehen erzählt die Geschichte auch vom Himmel und von der Hölle des Schreibens: Immer ganz gegenwärtig sein, aber so weit weg, dass man auch einen Anfang und ein Ende finden kann. Alle Möglichkeiten, die in einem abgeschlossenen Ereignis vorhanden sind, sehen, wie in einem Kristall, in dem sich alles bricht, aber es gleichzeitig unangetastet lassen. Wenn man das, worüber man schreibt, nicht als etwas Abgeschlossenes sehen kann, bzw. kein Ende findet, kann man sich leicht darin verfangen.

Anmerkungen und Fehler:

Ich sage, dass ich kein französisch spreche
groß: Französisch
bei dem eine frühere Instanz Ihrerselbst präsent gewesen ist
auseinander: Ihrer selbst, ich würde aber besser finden: von Ihnen
Für einen Moment sehe ich noch überraschte Augen über Polizei-Schnauzern, dann wieder: Kristall-Kollier. Und natürlich wieder die Beretta in der Po-Ritze.
Übereinstimmungsfehler: Die Beretta in seinem Hintern kann er nicht sehen, höchstens FÜHLEN! :D
Ich wiege meinem Kopf in der Halterung
meinen Kopf

Wie du siehst, war deine Geschichte gedanklich ziemlich anregend für mich! Ja, in deinen Geschichten steckt mehr drinnen als du selbst glaubst! :rolleyes:

Gruß
Andrea

PS: Ja, ich find´s ziemlich gelungen! ;)

 

Hallo Quinn,

erstmal eine minimale Menge Textkram:

Survivor-Tours.

Meinst du Survival Tours?


Rechnete nach, wie viel sie von ihrem Monatsgehalt abzwacken musste, um sich beides zu leisten.

Super!

Tja zum Inhalt ... DIe Zeitreise-Handlung ist wohl eher etwas für SF-Freaks, allerdings habe ich es ausgesprochen genossen, wie du es schaffst, schöne Beschreibungen, Subtilitäten und Tiefsinn in diesem Rahmen zu verankern.

LG,

N

 

Hey Andrea,
viel Stoff, freut mich natürlich, wenn die Geschichte so viel Material zum Nachdenken bereit hält. Die Parallelen zum Schreiben finde ich ziemlich interessant, "Zeit" und "Distanz" sind schon sehr wichtige Themen für einen Schreiberling.

Deine Anmerkungen werde ich übernehmen. Bei der Geschichte mit der Beretta muss ich noch mal in ,ich gehen, wie ich die sprachliche Verkappung beibehalte und dennoch den Unterschied zwischen fühlen und sehen deutlich mache.
Vielen Dank für deinen Kommentar


Hey Nicole,

auch dir vielen Dank für deinen Kommentar. Du hast recht, der Zeitreise-Aspekt ist wohl wirklich ein klassisches SF-Motiv, aber ich hab es lieber hier reingestellt, weil ich mich in der SF-Rubrik dazu genötigt gesehen hätte, eine schlüssige, wissenschaftliche Erklärung für dieses Paradoxon einzufügen. Und der Fokus der Geschichte liegt ja -zumindest hab ich das versucht - auf etwas anderem.

Mit Survival-Tours hast du natürlich recht. Freut mich, dass dir die Reflexionen gefallen haben.

Auch dir vielen Dank für deine Kritik
Quinn

 

Hallo Quinn,

dir ist eine kurzweilige und sehr unterhaltsame Geschichte gelungen. Der Plot gewinnt durch eine geschickte Umsetzung. Um es mal etwas salopp zu formulieren: Du hast eine starke Schreibe. Das Lesen hat richtig Spaß gemacht.

Grüße von Rick

 

Hey Rick,
da bleibt mir nicht viel mehr, als mich geschmeichelt zu fühlen und mich herzlich für das Kompliment zu bedanken.

Quinn

 

Hi Quinn


Irgendwie konnte ich nicht wirklich was mit der Story anfangen. Geschrieben ist sie gut, allerdings etwas zu kryptisch für meinen Geschmack. Der Prot ist nicht mehr ganz bei Sinnen, hat man das Gefühl, ich kann ihm teilweise nicht folgen. Liest sich wie ein Selbstgespräch, Gedankengänge, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren. Ein bisschen so, als wäre er auf Speed.
Versteh mich nicht falsch: Ich hab nichts Gedanken eines Prots, die der Leser nicht sofort versteht, aber teilweise ist es hier mir ein wenig zu viel.
Die Endlosschleifenstory an sich ist ja nun wirklich nichts Neues, und irgendwie passiert auch nichts, was man nicht erwarten würde. Handlungstechnisch also nicht wirklich fesselnd, vor allem wenn man mit Zeitreisen egal welcher Form noch nie wirklich was anfangen konnte. ;)
Die Idee mit dem Verkauf von Zeitreisen find ich da schon interessanter. Ich würde ja am liebsten Poe kennen lernen. :D


Sicherlich keine schlechte Story, allerdings auch nichts, was mir den Schlaf rauben würde. ;)

Sorry für den kurzen Kommentar,
Tamira

Das Glas haben sie eingeeist – wahrscheinlich mit so einem Spray.
Irgendwie ist mir der Satz unangenehm. "mit so einem Spray" klingt arg ... unbeholfen.

Die Beretta steckt in meinem Hosenbund, hinten, und der Lauf flutscht in meine Po-Ritze.
Wieder so ein Wort. Unpassend. Unpräzise. Es erzeugt die falschen Bilder.

Ich ignoriere ihn. Das liegt am Unterbewusstsein. Wenn man schläft, dann ist das ja wie so ein Baum, also es findet ein Austausch statt, so wie bei Wurzeln. Aber wenn man nicht schläft, dann müssen die Wurzeln ja irgendwohin. Aber vielleicht bring ich da auch was durcheinander.
Das liest sich wie ne Rohschrift.

 

Hey Tamira,

ich hab lange über deine Kritik nachgedacht und mir leuchtet sie ein. Wenn ich mir meine Sachen anschaue -auch die, die ich noch in Arbeit habe- ist das ein wichtiger Hinweis für mich, diese "Selbstgespräche" und "Gedanken, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind" sind wohl wirklich, Tamira, ein wichtiger Teil meiner Geschichten.
Ich muss jetzt nur versuchen (zumindest in Zukunft), die noch einigermaßen nachvollziehbar zu gestalten.
Der Protagonist in dieser Geschichte ist ziemlich durch (ist ja auch irgendwie nachvollziehbar) und gerade der von dir als "Rohfassung" angemerkte Abschnitt sollte das verdeutlichen - an dem saß ich übrigens mit am längsten. Er sollte auf den ersten Blick so anschauen, als stecke da irgendein tiefsinnger Gedanke dahinter, in Wirklichkeit ist er natürlich ziemlicher Unfug. :)
Ich mag diese Stellen selbst vielleicht lieber als die Leser. Darauf muss ich wirklich achten.

Puh, also ich schreib grade an einer Geschichte, die noch mehr in diese Richtung geht, die wird dir -und vielen anderen auch, denke ich- dann noch weniger gefallen, fürchte ich.

Auf jeden Fall vielen Dank für den Kommentar, ich werde das sicher berücksichtigen

Gruß
Quinn

 

Hey Golio,

Golio schrieb:
Der Prot erfährt in seiner Kindheit, unter welchen Umständen seine Eltern auf die Welt kamen,
Wie sie zusammenkamen.

und entscheidet sich später als Erwachsener, eine Zeitreise in die Vergangenheit zu machen, um selber diese Umstände herbeizuführen? Wieso kommt er auf die Idee das zu tun?
Nein, er will sich das nur als "Geist" anschauen.

Ich an Stelle des Prots wäre wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass nicht mein zukünftiges Ich für das Zusammenkommen meiner Eltern verantwortlich war, sondern irgend eine fremde Person.
Davon geht der Protagonist ja auch aus, aber er irrt sich fürchterlich. (hier bitte ein Dr. Evil-Lachen vorstellen)

Ich hätte mich davor gehütet, in die damalige Situation zu zeitreisen, weil ich erwartet hätte, dass plötzlich dieser andere Typ mit der Beretta hereinspaziert wäre.
Er wäre ja laut Neckermann nur ein Geist und nur ein Beobachter. Du fürchtest dich ja auch nicht davor, dir nen Western anzuschauen. :)

Und wieso macht der Prot am Ende Selbstmord?
Weil der Orginal-Typ aus der Geschichte seiner Eltern auch Selbstmord begangen hat und er deshalb glaubt, es wäre der Ausweg aus der Zeitschleife (okay, das hab ich nicht so richtig ausgearbeitet, sollte eine Art Mini-Pointe sein). Oh, und na ja, er begeht natürlich auch Selbstmord, weil er zu diesem Zeitpunkt ziemlich am Ende ist.

Er will sich das "Erste Treffen" seiner Eltern eigentlich nur anschauen, aber aus irgendeinem Grund wird er zum Beretta-Mann in der Geschichte seiner Eltern (bzw. es stellt sich heraus, dass er es ist -sozusagen) und muss sich wie dieser verhalten, weil er sonst nicht existieren würde. Blabla, ich fand diesen Hintergrund eigentlich nicht so spannend (sonst hätte ich es -wie gesagt- unter Sci-Fi gepostet und weiter ausgearbeitet), sondern nur diese Sisyphus-Situation.

Dennoch habe ich mich durch den Erzählstil und die geistreichen Gedanken sehr gut unterhalten gefühlt.
Insgesamt ein technisch relativ geschicktes Werk, an Anziehungskraft fehlt es nicht.
Vielen Dank. Ich hab die Handlung gar nicht so kryptisch angelegt, da gab's wesentlich schlimmeres. :)


Gruß
Quinn

 

Hey Golio,
ich hoffe ich kann deine Fragen beantworten, obwohl du da schon Salz in die Logik-Wunde streust:

Golio schrieb:
Heißt das, dass der Beretta-Mann zwar schon eine fremde Person ist, aber die Zeitreise darin besteht, dass der Geist des Prots für jenem Zeitraum in den Körper des Beretta-Manns schlüpft?
Das ist genau das, was ich hätte ausarbeiten müssen, um es in SF zu posten. :)
Oder um es professionell zu beantworten: Die Geschichte spart diese Frage aus. (Viel schlimmer ist die Frage: Warum sagen die Eltern ihrem Sohn nicht, dass er so aussieht wie der Beretta-Mann damals?).

Wieso fühlt sich der Prot in einer Sysyphus-Situation? Er erlebt das Schicksal seines Zeitschleifenlebens ja gar nicht in unendlichen Wiederholungen, sondern wird geboren, hört in seiner Kindheit, wie seine Eltern zusammengekommen sind, wird erwachsen, macht eine Zeitreise, stellt überraschend fest, dass er dafür verantwortlich ist, dass seine Eltern zusammenkamen, bringt sich um und ist tot. Wenn seine Eltern ihn in der Vergangenheit dann auf die Welt bringen, weiß der kleine Prot sicher nichts davon, dass er eines Tages sein eigener Schöpfer sein wird, oder?
Sisyphus hat ja auch ein "normales" Leben geführt, bis er auf einmal vor nem Hügel mit nem großen Stein stand. :) Das eigentliche Rollen beschreibt die Sisyphus-Situation, nicht das gesamte Leben.
Aber ja, zum zweiten Teil: Er weiß nicht, dass er eines Tages sein eigener Schöper sein wird.

Gruß
Quinn

 

Stimmt, Quinn, du hast eine starke Schreibe, wie Rick es schon feststellte, aber das Schreiben allein ist es nicht, was eine Story ausmacht, es muß dahinter wirklich eine Geschichte mit Hand und Fuß stehen, sonst ist das Ganze nicht mehr als eine Schreibübung, und das gilt für jede Rubrik hier, es ist naiv zu glauben, in einer Rubrik könnte Unlogisches durchgehen und in einer anderen nicht.

Logik ist Handwerk, und es genügt nicht, dem Leser Unausgegorenes (Stringtheorie) hinzuwerfen, um sich so vor einer Erklärung zu drücken, wie das mit der Zeitreisen in dieser Geschichte funktioniert bzw. warum es gefährlich sei, bei einer Zeitreise einer früheren Instanz seiner selbst präsent zu sein.

Was ich sagen will: Wenn der Prot seine Waffe auf die Vitrine legt und im nächsten Moment sie wieder aus seiner Hose zieht, oder sie hinauswirft und trotzdem gleich wieder warm in seiner Poritze spürt, dann geht die Logik flöten, und wenn du zehntausend Mal das Zauberwort Diamant-Kollier hinschreibst, denn das mit Sesam öffne dich oder Abrakadabra hatten wir ja schon – als Kinder.

Handwerk ist auch, Metaphern oder Vergleiche richtig anzuwenden, doch das mit den riesigen Nasenlöchern der Mutter und denen von Schweinchen bzw. Steckdosenlöchern paßt nicht zusammen, denn die letztgenannten sind eher klein im Verhältnis zu der jeweiligen (Nasen-)Fläche, und der Hinweis auf die Scheinwerfer war für mich nicht nachzuvollziehen – ich denke bei riesigen Nasenlöchern eher an dunkle Tunneleingänge als an helle Scheinwerfer.

Fazit: Trotz der guten Einfälle, vor allem auf Bezug der Mythologie, ist diese Geschichte nicht mehr als ein gutgeschriebenes Nonsens.

Dion

 

Hey Dion,

Dion schrieb:
Logik ist Handwerk, und es genügt nicht, dem Leser Unausgegorenes (Stringtheorie) hinzuwerfen, um sich so vor einer Erklärung zu drücken, wie das mit der Zeitreisen in dieser Geschichte funktioniert bzw. warum es gefährlich sei, bei einer Zeitreise einer früheren Instanz seiner selbst präsent zu sein.
In "Zurück in die Zukunft" funktionieren Zeitreisen durch den Fluxkondensator, den man in ein Auto eingebaut hat, und man braucht einen Haufen Hausmüll dafür, aber es reicht auch ein Blitz. :)
In "Zurück in die Vergangenheit" funktionieren Zeitreisen durch ... Quantensprünge, oder so, aber der Protagonist muss immer eine bestimmte Aufgabe erfüllen, um wieder zu springen.
Und in "Und täglich grüßt das Murmeltier" wacht der Protagonist jedes Mal am selben Tag auf, aber da hat wohl Gott seine Hände im Spiel.
Lange Rede, kurzer Sinn, Dion: eine "Erklärung", warum Zeitreisen hier funktionieren, hätte den Rahmen der Geschichte gesprengt und einen ganz anderen Fokus gelegt, den ich ausdrücklich nicht legen wollte, weil er mich selbst auch nicht interessiert.
Es kann auch im Endeffekt innerhalb der Geschichte niemand referieren, denn der Protagonist interessiert nicht sonderlich dafür, wie Zeitreisen funktionieren und lässt den Verkäufer es ja nicht ausführen. Ich behaupte mal, 99% der Flugreisenden wissen nicht, nach welchen Prinzipien ein Flugzeug genau funktioniert, eben so wenig wie sie wissen, wie ein Fernseher genau funktioniert oder ein Radio oder eine Mikrowelle -von daher halte ich das schon für realistisch.
Aber mal anders gefragt: Soll ich den Verkäufer irgend einen Star-Trek-mäßigen Technik-Unsinn-brabbeln lassen? Gewänne die Geschichte dadurch? An Glaubwürdigkeit?
Das gleiche gilt für die Instanzen: Einfach ein Axiom (aus nem Van-damme-Film geklaut, glaube ich).

Was ich sagen will: Wenn der Prot seine Waffe auf die Vitrine legt und im nächsten Moment sie wieder aus seiner Hose zieht, oder sie hinauswirft und trotzdem gleich wieder warm in seiner Poritze spürt, dann geht die Logik flöten, und wenn du zehntausend Mal das Zauberwort Diamant-Kollier hinschreibst, denn das mit Sesam öffne dich oder Abrakadabra hatten wir ja schon – als Kinder.
Ich dachte tatsächlich, dass diese Zeitschleife schon durch die ersten Absätze klar wird, mit dem Sisyphus-Zeug. Die Zeitschleife ist aber sozusagen das Axiom der Geschichte. Anders gesagt: Der Stein bei Sisyphus fällt "wie durch Geisterhand" wieder hinunter, jedesmal wenn er ihn fast oben hat. Geht in der mythologischen Geschichte für dich da ebenfalls die "Logik" flöten?

Handwerk ist auch, Metaphern oder Vergleiche richtig anzuwenden, doch das mit den riesigen Nasenlöchern der Mutter und denen von Schweinchen bzw. Steckdosenlöchern paßt nicht zusammen, denn die letztgenannten sind eher klein im Verhältnis zu der jeweiligen (Nasen-)Fläche, und der Hinweis auf die Scheinwerfer war für mich nicht nachzuvollziehen – ich denke bei riesigen Nasenlöchern eher an dunkle Tunneleingänge als an helle Scheinwerfer.
Der Ich-Erzähler assoziert in dieser Situation schon abwegig, das will ich gerne zugestehen (hab ich auch, in Tamiras Antwort). Wobei mir sowohl der Steckdosen als auch der Schweinchen-Vergleich schon öfter begegnet sind. Es geht bei den Steckdosen nicht um die Fläche, sondern um die Anordnung der beiden schwarzen Punkte, glaube ich. Mit Scheinwerfern hast du natürlich recht, das bezieht sich auf die Augen-Nummer vorher. Wenn ich einen neutraleren, gefassteren Erzähler benutzen würde, wäre ich da eher geneigt, dir zuzustimmen. Der Erzähler ist aber stark gefärbt - ich bin auch, gebe ich offen zu, ein großer Fan dieser Erzählweise.

Fazit: Trotz der guten Einfälle, vor allem auf Bezug der Mythologie, ist diese Geschichte nicht mehr als ein gutgeschriebenes Nonsens.
Damit kann ich sogar ganz gut leben. Wobei "Nonsense" für mich wahrscheinlich etwas anderes ist als für dich. Du meinst eher Unsinn, fürchte ich.

Gruß und Danke für deine Kritik
Quinn

 

Quinn schrieb:
In "Zurück in die Zukunft" funktionieren Zeitreisen …
In "Zurück in die Vergangenheit" funktionieren Zeitreisen durch ...
[…]
Wenn ich das schon höre: Zeitreisen funktionieren!


Quinn schrieb:
Und in "Und täglich grüßt das Murmeltier" wacht der Protagonist jedes Mal am selben Tag auf, aber da hat wohl Gott seine Hände im Spiel.
Und in dem Film Lola rennt, rennt Lola auch immer wieder neu los … und wurde ein großer Erfolg!

Was ich sagen wollte ist Folgendes: Wenn du den Begriff Zeitreise sowie die damit verbundenen Szenen - mit dem Verkäufer zum Beispiel - nicht verwendet hättest, sondern den Prot eine Situation immer von Neuem erleben lassen würdest, dann wäre das vielleicht eine Geschichte darüber geworden, wie Kleinigkeiten unser Leben grundlegend verändern können – wie sich Eltern des Prots kennenlernten ist zum Beispiel so etwas auch bei dir zu finden. Mit anderen Worten: Gegen Zeitschleife hätte ich wenig einzuwenden, weil die zum Beispiel auch als literarischer Kniff, eine Situation aus verschiedenen Blickrichtungen zu betrachten, verstanden werden kann.

Als in einer Zeitschleife befindlich könnte man auch Sisyphus wähnen, aber eine Zeitschleife ist eben etwas anderes als eine Zeitreise, du hast aber versucht, beides in einer Geschichte unterzubringen. Das war sicher eine bewußte Entscheidung von dir, allerdings finde ich das Ergebnis nicht sehr gut, jetzt einmal vom Sprachlichen abgesehen, wo du zweifellos Glanzpunkte zu setzen weißt.

Daher ist diese Geschichte für mich nach wie vor lesenswert, wenn auch ich nicht restlos begeistert sein kann – vielleicht bin ich zu sehr Realist?

Dion

 

Ah, jetzt versteh ich das. Ist zwar immer ein bisschen doof, sich so in die Karten schauen zu lassen, aber "die Zeitreise" dient im Endeffekt nur als Aufhänger für die Sisyphus-Situation, ich hätte die in der Tat auch anders bewerkstelligen können - vielleicht wirklich wie in "Lola rennt", da passiert es ja auf einer erzähltechnischen Ebene und nicht auf einer Handlungsebene, d.h. Franka Potentes Charakter weiß nicht, dass sie schon zwei mal durch die Prärie gerannt ist, das weiß nur der Zuschauer.
Aber die Erzählabsicht war eben eine andere -durchaus unrealistische. Dieses "kleine Entscheidungen verändern unser Leben" sollte nicht das Thema sein (ich find diese Erkenntnis auch relativ banal und sie wurde in der Vergangenheit auch genug ausgeschlachtet), sondern eher in einer alptraumhaften "Horror"-Version: Stell dir vor du erlebst die selben zehn Sekunden immer wieder und kannst nichts dagegen tun.
Mich hat also bei dieser Geschichte vor allem die "Sisyphus"-Situation interessiert und ich hab mich bemüht, ihr gerecht zu werden.
Es wäre sicher auch möglich gewesen, eine solche Situation auf einem anderen Weg als durch die Zeitreise/Zeitschleife-Nummer herbeizuführen - öhm, aber der fiel mir nicht ein. :)
(Außerdem hab ich mich auch ein wenig in das Gespräch mit dem Neckermann-Typen verliebt). Aber es ist klar, dass das nicht jedermanns Geschmack trifft und ich kann das sehr gut nachvollziehen.


Gruß
Quinn

 

Sicher, bedien dich, Golio. Ich hatte so was ähnliches vor, aber seit "Life on Mars" läuft, ist meine Idee ein bisschen verbrannt. (Verdammte Drehbuchschreiber, sie sind in meinem Kopf!)

Die Zeit verläuft hier ja ganz linear in normale Richtung ab.
Ja, aber doch nur ein paar Sekunden lang.

 

Hey Golio,

Nee, bei "Life on Mars" fällt ein Typ ins Koma und wacht in den Siebzigern wieder auf, er reist also in seinem Kopf zurück in die Vergangenheit, wenn man so will.

So etwas ähnliches hatte ich auch geplant, aber du meinst ja das "Als Zuschauer in die Vergangenheit" reisen. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass genau dieses Phänomen irgendwo schon mal verwurtselt wurde. Das liegt eigentlich recht nah. Und da ich generell nicht zu eigenständiger, kreativer Leistung in der Lage bin, nehme ich stark an, dass mein Unterbewusstsein das irgendwo aufgeschnappt hat, oder so.
Kannst ja mal einen Sci-Fi-Experten fragen, aber auch wenn es schon mal irgendwo auftaucht, Ideen kann man ja ohnehin nicht "schützen", nur die Ausführung.

Gruß
Quinn

 

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