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Dick Hett & Woyzeck – Freies Studium

MiK

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12.03.2006
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Dick Hett & Woyzeck – Freies Studium

„Ein freies Studium wollen Sie?“
„Ja. Das garantiert uns das Sächsische Hochschulgesetz.“
„Ha! Sie meinen das Sächsische Hochschulgesetz gegen das Sie und ihr linkes Volk vom Studentenrat zwei Jahre demonstriert haben? Und jetzt wo es Ihnen mal passt, berufen Sie sich darauf?“
„Wir sind kein … egal, StudentInnenRat bitte, Herr Hett. So viel Zeit muss sein.“
„Professor Doktor Doktor Master in Harvard Richard Hett bitte, Herr Woyzeck. So viel Zeit muss sein.“
„Tut mir leid, ich bin gegen Stände.“
„Ach Sie und Ihr linkes StuRa-Geschwätz. Ich habe damals lange dafür kämpfen müssen, dass mir meine Eltern die Zeit in Harvard bezahlen. Stellen Sie sich vor, ich sollte nach Yale gehen.“
„Was?“
„Ja, wirklich unfassbar, aber erzählen Sie mir lieber wo bei Ihrem Gesetz meine Freiheit der Lehre bleibt. Ich kann ja gar nicht mehr individuellen Einfluss auf meine Lehre nehmen. Da kommen Sie doch gleich wieder und wedeln mir mit der Prüfungsordnung vor der Nase. Sie sagen doch einem Frisör auch nicht, dass er keine Schere benutzen darf.“
„Ich glaube, Sie verwechseln gerade die inhaltliche Freiheit der Lehre mit der willkürlichen Bestimmung von Art und Umfang der Prüfungsleistungen.“
„Ja, wieso kann ich denn meinen Stoff nicht so abprüfen wie ich es für richtig halte?“
„Weil beispielsweise sechs Stunden Klausur für ein Modul, das aus drei Vorlesungen und einer Übung besteht, einfach zu viel wären?“
„Aber wenn ich meinen Stoff nicht mehr ordentlich abprüfen kann, dann kommt keiner mehr in meine Veranstaltungen.“
„Ob Sie es glauben oder nicht, wir haben uns unserer Studium selbst ausgesucht und sind aus freiem Willen hier. Wenn wir also nicht in Ihre Vorlesungen kommen, dann weil sie so schlecht sind, das eine furchtbare Modulstruktur ist und die Literatur Ihrer Kolleginnen und Kollegen viel mehr hergibt.“
„Wenn niemand mehr in meine Vorlesungen kommt, kann auch niemand mehr an diesem Institut einen Abschluss bekommen.“
„Wie meinen?“
„Ja, wie kann denn jemand einen Abschluss in der Amerikanistik machen wollen, ohne jemals in meinen Vorlesungen gewesen zu sein? Wie stellen Sie sich das denn vor?“
„Haben Sie schon mal mit einem Alumnus gesprochen, die oder der nicht in Lehre und Forschung geblieben ist? Braucht auch nur eine oder einer von denen Ihre Vorlesungen, um Geld zu verdienen?“
„Zugegeben, um bei McDonald's French Fries zu kochen vielleicht nicht. Aber ich habe doch einen Lehrauftrag und ohne diese Vorlesungen kann ich den Studierenden keinen Abschluss geben.“
„Ich glaube, Sie verwechseln Lehre mit Diktatur. Vielleicht haben Sie das nicht mitbekommen, denn Sie sind ja erst später nach Leipzig geholt worden, aber vor zwanzig Jahren sind hier die Leute wegen Leuten wie Ihnen auf die Straße gegangen.“
„Jetzt kommen Sie mir doch nicht schon wieder mit Ihrem linken StuRa-Mitbestimmungs-Quatsch. Wenn Ihre Studierendenschaft, die Sie ja vertreten wollen, wirklich Mitbestimmung wollte, warum streikt denn keiner?“
„Weil sie von Leuten wie Ihnen so sehr beschäftigt werden, dass sie nicht einmal mehr auf die Idee kommen ihre Mündigkeit erreichen zu wollen.“
„Nein, falsch! Diese Studierenden wollen das freie Studium, von dem Sie immer reden, doch gar nicht.“
„Soll heißen?“
„Das soll heißen, diese Studierenden haben das Privileg eines kostenlosen Studiums erkannt und sind dankbar dafür. Sie sind auch dankbar für unsere Betreuung. Dafür, dass sie sich kein Hausarbeitsthema selbst überlegen müssen und sich neben dem Studium nicht noch um eine Freizeitbeschäftigung kümmern müssen, weil sie sich jeden Tag mit Wissenschaft geschäftigen dürfen.“
„Was?“
„Ja, wir kümmern uns, im Gegensatz zu Ihnen und ihrem linken Studentenrats-Volk, um unsere Studierenden. Es wäre schön, wenn Sie und ihre Rabauken das auch endlich mal zu schätzen wüssten.“
„Jetzt verwechseln Sie Betreuung mit Bevormundung.“
„Ja, was verstehen Sie denn unter einem freien Studium? Dass jeder macht wonach er Lust hat? Wo kommen wir denn da hin?“
„Sie verstehen es sowieso nicht, Dick Hett.“

 

Hallo MiK,

das liest sich für mich wie ein Insidertext, so als müsste ich die Protagonisten kennen, um den Text zu verstehen. Nur kenne ich sie nicht. So hat es etwas von Fetenvideos oder DVD, von Urlaubsfotos, bei denen sich die Mitfeiernden oder -reisenden die Schenkel klopfen, während sich die Anderen fragen, worüber da gelacht wird.
Es mag sein, dass ich deinem Text dabei ganz fürchterlich Unrecht tue, aber so ging es mir beim Lesen. Ich fühlte mich fremd und ausgeschlossen.
Nicht sehr konstruktiv, aber vielleicht hilft es dir ja weiter.

Lieben Gruß
sim

 

hallo sim,

nee, das hilft schon und erst einmal danke für lesen und kommentieren. es ist schwierig dieses ganze hochschulpolitik-gerödel für außenstehende verstehbar zu machen. auch ein problem des bildungsstreiks. danke, das ist auf jeden fall ein wichtiger hinweis.

lg

mik

 

Moin.
Ganz ehrlich: Ich fand sie gut. Habe mehrmals nicken und lachen müssen. Dick Hett im Titel hat mich als Leser angezogen (weshalb ich die Bezeichnung im letzten Satz nicht als dickhead schreiben, sondern bei Dick Hett bleiben würde. So bleibt es im allgemein höflichen Ansatz, in dem der Text aufgebaut ist und die Beleidigung wird trotzdem erzielt, da der Name zum ersten Mal in dieser Form ausgesprochen wird.)
So unwirklich manche der Textpassagen auch wirken mögen, ich habe in Leipzig solche Professoren erlebt. Vielleicht habe ich das sim voraus. :D
Wie gesagt, ich fand sie gut. Kurz, schnörkellos, reine Gesprächsform, witzig.
Beste Grüße, E.H.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moi MiK,

nur kurz - wenn Du die Beleidigung als solche klar herausstellen möchtest, muß das Wort am Ende so bleiben. Hett und head sind keine Homophone, heißt, sie werden ganz unterschiedlich ausgesprochen -gleich ist nur das H.
(Es mag einem ähnlich erscheinen, da viele head zu kurz, flach, und mit hartem Endlaut sprechen; das ist allerdings inkorrekt; und würde hier für den Witz nicht funktionieren).

Herzlichst,
Katla

 

Hallo MiK,

als Studentin habe ich zwar alles verstanden - trotzdem ging es mir ähnlich wie sim. Ich habe mich nämlich während des Lesens gefragt, wie klar viele der Sachen für jemanden sind, der nicht unter den Folgen der Bologna-Reform etc. leidet.

Das Thema fand ich gut gewählt, weil aktuell. Die Dialogform mag ich an sich auch, inhaltlich war mir die Sache aber an vielen Stellen zu direkt und geradlinig. Wobei das andererseits vielleicht auch nötig war; die verschiedenen Perspektiven des Dozenten und des Studierenden sind gut herausgearbeitet. Ich habe zwar das Gefühl, dass der Sache noch der gewisse Pep fehlt (oder Pepp? sorry - ich spreche momentan mehr Spanisch als Deutsch), so ist das Ganze sehr gradlinig und direkt, das Lesen macht zwar Spaß, aber richtig Fahrt hat der Text nicht.

Trotzdem gerne gelesen.

Liebe Grüße,
ciao

Malinche

 

hallo malinche, katla und earl hickey,

tausend dank fürs lesen und kritteln.
@earl hickey:

im letzten Satz nicht als dickhead schreiben, sondern bei Dick Hett bleiben
hab lange drüber nachgedacht und ähnliche überlegungen angestellt wie du, aber katla hat recht. es würde wohl sonst nicht ganz aufgehen.
@malinche: ich überleg mir was mit mehr pepp ;)

lg

mik

 
Zuletzt bearbeitet:

Nunja, Dickkopf – soll das Wortspiel mit dem Namen wohl drauf abzielen oder anspielen – ist an sich bullhead, mag auch pighead sein, aber dick findet sich im slang unterhalb der Gürtellinie - oder die Koseform des Richard (also praktisch angewandt: Frieddick). Dennoch, wenn mein Studium schon mehr als im Nebel der frühen 70-er entschwindet,

lieber MiK,

ich versteh das angesprochene Problem bzw. die Probleme, denn in der Klemme sitzt ja nicht nur der Student, sondern auf der andern Seite auch der Prof., der als Beamter sich auch in Zwängen befindet. Und hett er sowas wie einen eigenen Willen, so lehnte er sich gegen die neuen Regeln, vor allem aber, dass Wissenschaften durch unternehmerische Interessen so offensichtlich geleitet werden, auf und unterstützte „die Straße“. Aber: "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" – vor allem in Krisenzeiten! Das gilt schon seit Egmonts seeligen Angedenkens und Göthes. – Wahrscheinlich red ich Bolognaise, darum noch eine Anekdötchen, womit in Leipzig kein Literaturpreis zu gewinnen wäre, obwohl nur'n bisschen aus meinem Mist gewachsen:

Da will einer Rundfunk/Fernsehtechnik studieren und sein Bildungsweg führt ihn auch steil nach oben: auf Dächer, abschüssige und auch flach. Da findet er sich auf der Höhe der Zeit, wird befördert und weiß nach dem Regelstudium der Antennenmontage exakt, dass Schrauben Rechtsgewinde haben, was in regel-mäßigen Prüfungen abgefragt wird und darum widerzukäuen ist. -

Wie ein Fernsehgerät zu reparieren sei, bleibt Betriebsgeheimnis.

Außerdem: Man muss nicht alles wissen. Man soll und darf es folglich auch nicht! Es könnte der Wirklichkeit(swahrnehmung) schaden ...

Gern gelesen und sofort von Liselotte was geraunt bekommen.

Gruß

Friedel

 

hallo friedel,

erst einmal danke fürs gern gelesen haben. ja, der "dick" kann sich tatsächlich unter der gürtellinie befinden. so funktioniert auch ein wortspiel von stephen colbert über einen berater von george w. bush namens artie fleischer: "Artie Fleischer has years of expirience representing a client (Bush) who does what ever his dick (wortspiel mit Cheney und penis) says." "dick" oder "dick head" kann im amerikanischen englisch aber auch idiot oder schwachkopf heißen. so wollte ich die verwendung in der geschichte verstanden wissen, denn für den studi ist dieser prof ein idiot. ;)

in der Klemme sitzt ja nicht nur der Student, sondern auf der andern Seite auch der Prof.
mag sein, aber der prof wähnt sich am längeren hebel, denn zum einen kann er alle veränderungsbestrebungen von studis einfach aussitzen, weil er einfach länger an der hochschule sein wird und der studi oder das problem mit dessen exmatrikulation von selbst erledigt. das bachelor/master-system kommt dem prof durch die kürzere regelstudienzeit dabei auch noch entgegen. zum anderen sperren sich viele profs gegen die inhaltliche veränderung von bologna, weil das einen wechsel vom lehren zum lernen bedeutet und damit nicht mehr der prof im mittelpunkt steht, sondern der studi. deshalb verdient der prof die bezeichnung dick head im sinne von idiot.

Da will einer Rundfunk/Fernsehtechnik studieren und sein Bildungsweg führt ihn auch steil nach oben: auf Dächer, abschüssige und auch flach. Da findet er sich auf der Höhe der Zeit, wird befördert und weiß nach dem Regelstudium der Antennenmontage exakt, dass Schrauben Rechtsgewinde haben, was in regel-mäßigen Prüfungen abgefragt wird und darum widerzukäuen ist. -

Wie ein Fernsehgerät zu reparieren sei, bleibt Betriebsgeheimnis.

Außerdem: Man muss nicht alles wissen. Man soll und darf es folglich auch nicht! Es könnte der Wirklichkeit(swahrnehmung) schaden ...

auch deshalb ist der wechsel vom lehren zum lernen wichtig. :)

Gern gelesen und sofort von Liselotte was geraunt bekommen.
ist liselotte professorin? ^^

liebe grüße

mik

 

Nix zu danken,

lieber MiK.

Fang ich mal von hinten an:

>ist liselotte professorin?<, nee. Liselotte Rauner war hier im Pott eine regionale lyrische Größe & hatte über den Rundfunk- Fernsehtechniker - ich weiß nicht mehr wann - gedichtet, wenn ich's richtig in Erinnerung hab, in der Nähe zum Werkkreis Literatur der Arbeitswelt ... Beim Treffen des VdS sind wir uns in Arnsbrg odr Altena mal übern Weg gelaufen.

Was Bologna betrifft ist die ganze Scheibe ja von den Eliten gewollt ...

Aber sicher hastu recht, dass ein Ausgleich zwischen den Interessen gefunden werden muss, und nicht nur, wie's sich die Leute am längeren Hebel vorstellen. Auch Hebel können brechen.

Schön, mal wieder was von Dir gelesen zu haben!

Gruß

Friedel

 

dear all,

ich habe mir die sache mit dem dickhead noch mal durch den kopf gehen lassen. den prof lasse ich nun sagen: &#8222;Professor Doktor Doktor Master in Harvard Richard Hett bitte, Herr Woyzeck. So viel Zeit muss sein.&#8220;
und woyzeck sagt am ende: &#8222;Sie verstehen es sowieso nicht, Dick Hett." damit ist das wortspiel immer noch erkennbar, aber die beleidigung nicht ganz so offensiv.

lg

mik

 
Zuletzt bearbeitet:

Dear MiK,

Professor Doktor Doktor Master in Harvard Richard Hett bitte, Herr Woyzeck. So viel Zeit muss sein.
An dem Satz ist jetzt aber einiges faul: der MA fällt für gewöhnlich weg, sobald Du einen (oder zwei) Doktortitel hast (wie ein Abi wegfällt, wenn du einen BA/MA hast).
Dann sagt man, jemand habe einen Doktor in Linguistik z.B., aber mir scheint, Du willst sagen, er habe den Titel in Harvard - als Ort/Uni - erworben, also käme er höchstens aus Harvard oder von der Universität Harvard.

;)

 

hallo katla,

mir scheint, Du willst sagen, er habe den Titel in Harvard - als Ort/Uni - erworben, also käme er höchstens aus Harvard oder von der Universität Harvard.
ganz genau, es gibt tatsächlich einen profilneurotiker, der seinen master, den er in harvard gemacht hat noch immer in seinem akademischen titel mitführt, obwohl er bereits prof ist und der master eigentlich nicht mehr genannt wird. ;)

lg

mik

 

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