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Dicke Kinder sind schwerer zu kidnappen

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29.10.2007
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Dicke Kinder sind schwerer zu kidnappen

Dicke Kinder sind schwerer zu kidnappen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da liebte ich noch Familienfeste. Heutzutage ist es nicht mehr dasselbe, doch mit, sagen wir so zwischen sieben und elf, waren Familiengeburtstage die Lichtblicke, auf die ich zu gelebt habe. Ich war ein ziemlich übergewichtiges Kind und Süßigkeiten und ich waren die besten Freunde. Zuhause gab es für mich wenig zu lachen. Meine Mutter war sehr darauf bedacht, dass ich nicht noch dicker werde, deswegen waren Süßigkeiten, Chips und Konsorten im Umkreis von acht Kilometern unserer Küche nicht aufzufinden. Kein Wunder, dass ich es auf den Geburtstagen von meinen Cousins, Onkels, Tanten usw. richtig krachen lies. Es war für mich immer wieder wie ein Kulturschock. All die verschiedenen Dinge die ich nicht kannte und die ich unbedingt ausprobieren musste. Meine Hand steuerte fast wie von alleine die kleinen Holzschälchen an, die auf den Tischen verteilt standen. Meine Augen folgten meinen Händen, die sich wild durch Schokolade, Chips, Cola, Gummibärchen, Lasagne, Chips, Schokolade, Schokolade, Chips, Erdnussflips, Schokolade, Chips, Essiggurken, Laugenbrezel, Wurstbrot, Kuchen, Schokolade, Chips (Paprika), Schokolade, Käseplatte und Kräcker wühlten. Nach einem Kindergeburtstag war ich in der Regel drei bis vier Tage krank. Mein Magen war einiges gewohnt, doch Kindergeburtstage brachten ihn an die Grenzen des Machbaren. Ich konnte nichts dagegen unternehmen. Ich war wie Arnold Schwarzenegger in Terminator, nur mit Lebensmitteln. Ich war programmiert zu vernichten und nichts auf der Welt konnte mich davon abringen. Und wenn es verlangte, dass ich stundenlang über der Kloschüssel hänge und meiner Familie schlaflose Nächte besorge, dann musste ich das in Kauf nehmen.
Dieses schamlose Spiel aus zügelloser Schlemmerei zog ich jahrlang durch, ohne schlechtes Gewissen und würde es auch mit Sicherheit auch heute noch so handhaben, wäre da nicht ein einschneidendes Ereignis, damit meine ich nicht meine Hose, in meinem Leben gewesen.
Es war auf einem Kindergeburtstag in der vierten Klasse. Ein Freund von mir hatte Geburtstag und ich konnte schon tagelang davor, vor lauter Vorfreude, nicht schlafen. Meine Mutter ahnte Schreckliches und bereitete sich auf das Schlimmste vor. Ich war bereits seit Wochen mental auf den Geburtstag vorbereitet. Ich hatte schon im vornhinein geplant, wie meine Essreihenfolge aussehen wird. Doch alles kam anders als erwartet.
Sie stand auf dem Esstisch und schaute mich mit ihren braunen, schokoladig sahnigen Augen an. Eine Mohrenkopftorte. Eines der sieben Esswunder der Erde. Ich nahm zwei Stücke und genoss jeden Bissen, den ich ohne zu kauen hinunter schluckte. Man nannte mich auch die Danny de Vito Version einer Anakonda. Wenige Stunden später hing ich über der Kloschüssel. Business as usual, dachte ich, doch ich schien falsch zu liegen. Denn auch am nächsten Tag hing ich über der Kloschüssel. Es waren Salmonellen. Der Erzfeind eines jeden Zuckersüchtigen.

 

Hallo und herzlich willkommen auf KG.de, blistieboy!

Ob der untergewichtige und dürre Kerl, der ich heute immer noch bin, ein rechter Kommentator für Deine kleine Kindheitserinnerung ist, sei dahingestellt. Gleichwohl haben mein Bruder und ich Ähnliches durchlitten, dass unsere Mutter, wenn es denn auf Familienfeiern oder überhaupt Kindergeburtstage ging, die Fresssäcke mit allerlei fettigen Zeugs vollstopfte, und wenn es in die damals spärlich „gesäten“ Imbissstuben ging. Dennoch: die Brüder fielen über alle Leckereien her, bis sie nicht mehr „Quark“ sagen konnten. Ab und an rebellierte dann auchs Gedärm. Aber die unterschiedliche Reaktion: mein Bruder setzte mit den Jahren an (zu Beginn der Fress-Karriere war er dünn und ich stabil) und ich wurde zum Verbrennungsofen.

Die Geschichte weckte in mir Erinnerungen, ohne richtig zu befriedigen. Aber während der Fressorgien wurden wir auch nicht befriedigt, insofern stimmt wieder Form und Inhalt überein. Für mich hat die Geschichte aber weniger mit „Humor“ als mit Alltäglichem zu tun.

Einige Korrekturen sind in jedem Fall anzubringen:

„Kein Wunder, dass ich es auf den Geburtstagen von meinen Cousins, Onkels, Tanten usw. richtig krachen lies.“ Onkels > Onkeln, lies nicht von lesen, sondern lassen > ließ

„ … vernichten und nichts auf der Welt konnte mich davon abringen.“ „abringen“ von bringen, nicht von ringen, darum „abbringen“

„All die verschiedenen DingeKOMMA die ich nicht kannte und die ich unbedingt ausprobieren musste.“

Gut’ Nacht & moin,

ich bin auf Deine nächste Geschichte gespannt!

Friedrichard

 

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