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Die Brücke

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04.07.2004
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Die Brücke

Er stand auf der kleinen Holzbrücke, die ins Meer hineinstach und zum Café „Beth David“ gehörte. Die Brücke war vollgestellt mit kahlen weißen Tischen und Stühlen, auf denen um diese Uhrzeit niemand saß. Ein dicker alter Mann, der einzige Besucher außer ihm, kauerte auf den Eingangsstufen und langweilte sich und schwitzte. Ja, es ist ungewöhnich warm für Ende März, dachte er beiläufig, um sich von seinen Gedanken abzulenken, selbst für diese Gegend. Wie wird es erst in der Wüste sein... Und gleichzeitig spürte er auch eine Art Abneigung gegen diese Wüste, die er eigentlich immer geliebt hat. Die Steine und der Sand waren seine Brüder gewesen, das hatte sich geändert. Was würde sich alles noch ändern? Was würde genauso blieben wie es jetzt ist?.. Die blasse Kellnerin kam und fragte nach seiner Bestellung, mit einem deutlichen russischen Akzent. Sie sah in sein Gesicht, welches in diesem Moment wie versteinert wirkte, die blauen Augen stechend und scheinbar gefühllos aufs Meer gerichtet, harte Gesichtszüge, sonnengebräunt und angsteinflößend. Er wusste es. Wie lange dies schon so war, konnte er nicht sagen, die Gründe dafür wollte er nicht benennen, obwohl sie niemals aus seinem Gedächtnis verschwinden würden. Sein Gedächtnis war voller Blut, Blut der toten Schafe, die im trockenen Gras lagen. Oder vielleicht war es das Blut des Mädchens, dessen Kleidung sie im Graben gefunden hatten. Nicht einmal sie selbst... Oder das Blut der drei arabischen Jungen, die in der Gegen ihr Unwesend getrieben hatten. Hatten. Nur Blut. Auge um Auge. So stand es im Alten Testament, und er hatte es immer befolgt, obwohl er nicht an Gott glaubte. Nur an die Menschen und ihre Gewehre... Er bestellte ein deutsches und Bier und lächelte schwach. Dass er deutsches Bier trank, war paradox. Und eine der größten Errungenschaften. Hass hatte sich gewandelt, eine weitere Veränderung. Hass ist geblieben, obwohl er sich jetzt gegen Andere richtete. Würde sich auch das irgendwann ändern? Würde er, würden Menschen wie er, irgendetwas ändern können? Oder waren dazu andere Menschen nötig, neue Generationen und neue Ideale? Er vertrieb diesen Gedanken und beobachtete das schläfrige Treiben am Strand. Die Rentner versteckten sich im spärlichen Schatten, ohne sich in die hohen Wellen des Mittelmeeres zu trauen. Ein offener Jeep jagte über den Sand, mit mehreren Teenagern darin. Unbeschwert. Er erinnerte sich an den „Hammer“, der genauso über den Sand jagte, nur über einen anderen, fremden Sand. Das war vor vierzehn Jahren. Ein genauso ruhiger, schweigsamer Sand. Er erinnerte sich an das Geräusch, dass sie hörten als der Sand aufgehört hatte, schwiegsam zu sein. Er erinnerte sich an die Farbe des lebenden, brennenden Sandes. Er erinnerte sich an die Schatten vor seinen Augen, die nur noch ein Haufen Blech waren- irreal und doch unausweichlich da. Die Narbe, die schmal und lang sein rechtes Bein entlang lief, meldete sich mit einem schmerzhaften Ziehen. In einer Woche würde er inmitten des unendlichen Sandes sein und ihm blieb zu hoffen, dass die unbeschwerten Teenager in ihrem alten Jeep niemals den lebenden Sand sehen würden. In einer Woche könnte er anfangen, an Gott zu glauben. Oder weiterhin an sein Gewehr, das ihm jetzt fehlte als wäre es ein Körperteil. In einer Woche könnten die Anderen anfangen, an die Vernunft zu glauben, und dann würde alles anders sein. Er hatte hier, in einem Land, das er liebte, an einem Strand, der in diesem Moment keine Sorgen kannte, in einer Zeit, die niemand verstand, Angst davor, dass es nie anders sein würde... Er trank sein Bier aus und betrachtete die leere braune Flasche im Sonnenlicht. So wie in dieser Flasche fühlte er sich gefangen, fühlte er, dass das Land gefangen war. Er konnte es nicht ändern, und das zerriss ihm das Herz, denn er wusste nicht, ob jemals jemand in der Lage sein würde, dies zu tun. Vielleicht würde er es nie erfahren. Er bezahlte und verließ die Brücke, die jetzt für ihn sein Eigen war. Für immer. Er würde sie vermissen, das wusste er, und er gab sich das Wort, hierher zurückzukommen, zu seiner Brücke. Vielleicht würde dann alles anders sein.
Es wurde anders. Eine Woche später war er in der Wüste, gefolgt von einem Trupp junger Männer in der gleichen grünen Uniform wie seinen eigene, nur mit anderen Abzeichen. Die Luft war trocken und heiß und seinen Gefühle waren kalt, aber er dachte immer noch an die Brücke. Gleichzeitig mit seinen Gedanken erlebte die Brücke den lebenden Sand und löste sich auf; wie ein Erdbeben erschütterte das Café „Beth David“ und der Himmel mit dem Gott brach zusammen. Der dicke schwitzende alte Mann verschüttete sein Bier und sein Blut und die blasse Kellnerin würde es nie schaffen, die Sprache ihrer neuen Heimat akzentfrei zu sprechen. Sie nannten es den Bruch der Waffenruhe und manche nannten es den Untergang ihrer Hoffnungen. Nichts hatte sich verändert. Und er konnte nichts dagegen tun.

 

Hallo LadyMiracle,

deine Geschichte bringt die Trostlosigkeit der Lage an sich gut rüber, auch die Atmosphäre - Hitze, Sand, Meer - ist gut fühlbar. Allerdings ist das ganze schwer zu lesen. Einige Tippfehler sind noch im Text ("Er bestellte ein deutsches und Bier ..." u.a.); ich würde ihn an deiner Stelle noch mal daraufhin durchschauen.
Vor allem aber fehlen etliche Absätze, was dem Leser das Leben schwer macht. Dadurch vergibst du dir einiges, denn statt sich von der Geschichte mitziehen zu lassen, ist der Leser damit beschäftigt, herauszufinden, welche Textpassagen zusammen gehören und wo ein neuer Gedanke oder Ansatz anfängt.

Auch auf Wiederholungen würde ich den Text noch mal abklopfen. An einer Stelle kommt das Wort "Sand" achtmal in acht Zeilen vor - das ist eindeutig zuviel ... :schiel:

Er stand auf der kleinen Holzbrücke, die ins Meer
hineinstach

Eine Plattform, die über das Wasser ragt (nicht hineinsticht, dann wäre sie unter Wasser), heißt Steg, nicht Brücke. Hier wird ja nichts miteinander verbunden.

Er erinnerte sich an die Schatten vor seinen Augen, die nur noch ein Haufen Blech waren-

:confused: Hier ist der Bezug falsch ... was ist "nur noch" Blech? Die Schatten? Seine Augen? Passt alles nicht ...

wie ein Erdbeben erschütterte das Café

Er kann nichts erschüttern, nur erschüttert werden.

Sprachlich überarbeitet und mit Absätzen versehen kann eine eindringliche Geschichte draus werden, finde ich.

Viele Grüße
Pischa

 

Hi LadyMiracle,

ich kann mich Pischa nur anschließen. Die Stimmung fängst du recht gut ein, der Text liest sich gefällig. Für mein Gefühl tost die Brandung noch nicht, es ist eher ein See, denn ein Meer, oder es herrscht Flaute. Die Bilder, die nicht stimmen hat Pischa dir auch schon genannt

Ein paar Vertipper habe ich noch notiert.

Was würde sich alles noch ändern?
Würde "was würde sich noch alles ändern?" vorschlagen
Was würde genauso blieben wie es jetzt ist?..
- bleiben
- die zwei Punkte nach dem Fragezeichen verstehe ich nicht.
Er bestellte ein deutsches und Bier
und
Er erinnerte sich an das Geräusch, dass sie hörten
dass
Sand aufgehört hatte, schwiegsam zu sein.
schweigsam

Nicht überweältigend, aber recht ordentlich.

Lieben Gruß, sim

 

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