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Die Doppelflügeltür

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23.09.2022
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Die Doppelflügeltür

„Ich halt das nicht mehr aus!“. Melanie riss die Tür zum Wohnzimmer auf. Diese Tür, die Ben so liebte, Original-Altbau, Doppelflügel, Massivholz. Extra abfeilen lassen hatte er sie von einem Handwerker, den er online bei myhammer gefunden hatte. Den günstigsten genommen, natürlich, 10 Euro die Stunde, Geizhalz. Aber Hauptsache 1790 Euro für diese scheiß Tür bei Ebay Kleinanzeigen bezahlt.

„Ja, die scheiß Tür, du und deine scheiß Tür!“ entgegnete sie seinem missmutigen Gesicht.

„Du weißt genau, dass ich mir diese Tür… nein, dass ich uns diese Tür was habe kosten lassen. Erstens. Und zweitens: Was ist denn nun schon wieder los?“

„Uns? Wie oft bettel ich dich an, dass wir doch wenigstens mal beim Döner um die Ecke essen gehen, aber das ist dir zu teuer. Die Tür…“, sie brach mitten im Satz ab. Ihr war wieder eingefallen, warum sie so wütend geworden war. „Hast du das nicht gehört?“. Melanie zeigte gen Decke.

„Hä?“

„Na die Musik. Das Dröhnen, den Krach!“

„äh, kann sein?“, fragte er vorsichtig. Wenn Melanie so sauer war, war es besser, sie nicht zu reizen. Nicht, dass sie seine Flügeltür noch einmal so ins Schloss krachte. Erst gestern hatte er es geölt. Außerdem hatte er keinen Bock auf Stress. „Kann ich wenigstens einmal in Ruhe meinen Knausgaard zu Ende lesen?“ Er tippte auf den Einband. „Kämpfen“ stand dort in roten Lettern. 1280 Seiten Gejammere eines alternden Mannes, sie sprach es nicht aus, diesmal nicht.

„Hörst du denn den Krach nicht?“
„Es ist mir egal", entgegnete er.
„Egal? Ich kann mich auf nichts konzentrieren, ich versuche hier eine Doktorarbeit zu schreiben.“ Ben ließ seine grünen Augäpfel, in die Melanie einst hatte versinken wollen, nach oben rollen.
„Ok, was soll ich tun?“, fragte er resigniert.
„Hochgehn und ihm sagen, dass das Ruhestörung ist und wir die Polizei rufen.“
Er lachte. „Das werde ich sicher nicht.“
„Na dann halt ohne Polizei", lenkte Melanie ein.
„Warum gehst du nicht? Es stört doch dich, nicht mich.“

Oh, am liebsten würde sie in dieses Gesicht reinschlagen, dachte Melanie. Bens Grinsen wurde noch breiter. „Manchmal frage ich mich, warum wir eigentlich noch zusammen sind“, flüsterte sie, ihre Wut hatte sich in Tränen aufgelöst. Beängstigend schnell, diese Stimmungswechsel. Nicht, dass Ben das nicht gewohnt wäre. Doch heute schien Melanie besonders aufgebracht. Er wusste, dass er jetzt handeln musste. Er, der Seismograph für ihre Gefühle, seit vier Jahren. Wenn ihre Laune so rasch kippte, könnte bald etwas auf dem Echtholzboden zerschellen. Er stand auf, schaute nur kurz leicht besorgt zur Flügeltür. Mist, sie hatte es gesehn.
„Ahhhhhh“, schrie sie.
„Meine Güte, die Nachbarn“, zischte Ben.
Mit offenem Mund starrte sie ihn an: „Sag mal, hast du überhaupt kapiert, worum es hier geht? Die NACHBARN, die hier so einen Höllenlärm verbreiten, halten mich von meiner Arbeit ab. Bumm, Bumm, Bumm, seit 25 Minuten. Bumm, Bumm, Bumm.“ Sie stampfte mit den Füßen zum Rhythmus ihrer Wut, „Bumm, Bumm, Bumm.“ Ben erhobt sich mit einem Seufzer aus dem salbeigrünen Ohrensessel – Antikmarkt, original 20er-Jahre, restauriert, 940 Euro.
„Ok, was soll ich tun?“, wollte Ben wissen.
„dafür sorgen, dass er ruhig ist", befahl Melanie.
„Na gut, Duchessa.“ Sie lächelte. So hatte er sie am Anfang genannt, als alles noch leicht war, ohne die antike Flügeltür, die Enerviertheit, seinen Geiz, Nora und all das andre zwischen ihnen. Ben marschierte los, verließ die Wohnung, die Stufen im Treppenhaus seufzten unter seinen Schritten.

Als die Wohnungstür ins Schloss geschlagen war, sprintete Melanie los, durch die Flügeltür, ins Schlafzimmer, 5 Minuten, sie hatten es immer wieder geübt. Sie riss den Schrank auf, tippte den Zahlencode ein. Das Kästchen sprang auf. Stopfte alles in ihren Rucksack, das Geld, den Schmuck, die Münzen. Sie zückte ihr Handy und tippte "GO!“ Und Ralf, der so lange den Subwoofer hatte laufen lassen, dass ihm die Ohren schmerzten, tat es. „Hallo Herr von Wensburg“, begrüßte er Ben mit dem breitesten Lächeln. „Äh, meine Frau hat ein Problem mit der Lautstärke von dem Ding da", er zeigte auf den am Boden stehenden schwarzen Kasten, eine riesige Lautsprecherbox, die allein für die Wiedergabe tieffrequenter Schallwellen gebaut wurde. „Oh, entschuldigen Sie, ich schalte es ab, bitte treten sie ein, ich habe gebacken.“

Fünf Minuten später betrat Ben seine Altbauwohnung wieder. Zuerst bemerkte er, dass jemand seine Flügeltür mit roter Farbe beschmiert hatte. Sein Safe war offen und leer. „Melanie?“, rief er leise. „Melanie?“ Ihr Mantel fehlte. Und dann verstand er. Er ging in die Knie. Und weinte. Lachte. Weinte. „Danke“, flüsterte er. Nahm den Knausgard und ließ sich in den salbeigrünen Ohrensessel fallen.

 

Hej und herzlich willkommen @ChrisRedfield ,

bitte sei so gut und entzerre deinen eingestellten Text doch ein wenig.
Dieser Block beinhaltet ja eine ganze Menge wörtlicher Rede, die meiner Ansicht dadurch ihrer Dynamik beraubt wird.

Es scheint mir angemessener und eben auch lesbarer, wenn du sie jeweils an den Beginn einer Zeile setzt.
Entferne dann doch bitte noch den miteditierten Zusatz am Ende deines Textes.

Viel Spaß hier unter Wortkriegern.

Freundlichst Kanji

 

Hi,

ich finde deine Geschichte interessant. Sie ließ sich gut weglesen. Mir gefällt, dass du die Beziehung der beiden in der Szene ganz gut umreißt. Trotzdem habe ich ein paar Anmerkungen:

Diese Tür, die Ben so liebte, Original-Altbau, Doppelflügel, Massivholz. Extra abfeilen lassen hatte er sie von einem Handwerker, den er online bei myhammer gefunden hatte.
Das klingt, als würde aus Bens Sicht erzählt.
Im nächsten Satz ist man aber eher in Melanies Kopf, weil Ben sich selbst wohl kaum als Geizhals bezeichnen würde?
Den günstigsten genommen, natürlich, 10 Euro die Stunde, Geizhalz. Aber Hauptsache 1790 Euro für diese scheiß Tür bei Ebay Kleinanzeigen bezahlt.


„Ja, die scheiß Tür, du und deine scheiß Tür!“ entgegnete sie seinem missmutigen Gesicht.
Aber er hat doch gar nichts zu der Tür gesagt?
Wenn sie aufgrund seines Gesichtsausdrucks schon ahnt, dass er gleich die Tür anspricht, würde ich das umdrehen. Erst guckt er böse, dann sagt sie etwas.

„Uns? Wie oft bettel ich dich an, dass wir doch wenigstens mal beim Döner um die Ecke essen gehen, aber das ist dir zu teuer. Die Tür…“
„Beim Döner“ - ist das regional? Ich würde es Dönerladen oder - besser - Imbiss nennen.
Allerdings stellt sich die Frage, warum Melanie den Döner nicht einfach selbst zahlen oder Ben einladen könnte. Ist sie vollkommen finanziell von ihm abhängig?
Die Geschichte scheint ja in unserer Zeit zu spielen und es ist heute nicht mehr üblich, dass Frauen ihre Partner „anbetteln“ oder um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie sich etwas kaufen wollen.
Außerdem hatte er keinen Bock auf Stress.
Das klingt recht platt und schwammig. Was passiert, wenn die beiden sich streiten? Warum will er keine Auseinandersetzung mit ihr? Gewinnt er? Verliert er? Gehts immer wieder um die selben Themen? Wird sie unfair?

„Kann ich wenigstens einmal in Ruhe meinen Knausgaard zu Ende lesen?“ Er tippte auf den Einband. „Kämpfen“ stand dort in roten Lettern. 1280 Seiten Gejammere eines alternden Mannes, sie sprach es nicht aus, diesmal nicht.
Hier ist mir wieder nicht klar, aus welcher Perspektive erzählt wird. Erst denke ich an Ben, im letzten Satz aber wieder an Melanie.
Ben ließ seine grünen Augäpfel, in die Melanie einst hatte versinken wollen, nach oben rollen.
Augäpfel sind weiß.
Oh, am liebsten würde sie in dieses Gesicht reinschlagen, dachte Melanie.
„rein“ kann weg.
Bens Grinsen wurde noch breiter. „Manchmal frage ich mich, warum wir eigentlich noch zusammen sind“,
Eben hat er noch nicht gegrinst, sondern die Augen verdreht.
Ich bin davon ausgegangen, dass Ben den nächsten Satz sagt, aber dann erfahren wir, dass es Melanie ist. Das verwirrt mich.


Er wusste, dass er jetzt handeln musste. Er, der Seismograph für ihre Gefühle, seit vier Jahren. Wenn ihre Laune so rasch kippte, könnte bald etwas auf dem Echtholzboden zerschellen.
Das gefällt mir gut.

Er stand auf, schaute nur kurz leicht besorgt zur Flügeltür. Mist, sie hatte es gesehn.
„nur kurz leicht“ - das ist zu viel.
Davon ab, ist mir jetzt nicht mehr klar, wo sich die Personen im Raum befinden.
Ben saß offenbar. Ich bin davon ausgegangen, dass er (wenn er überhaupt gesessen hatte) vorhin schon aufgesprungen ist, als Melanie so aufgebracht in den Raum gepoltert kam.
Die geliebte Tür müsste noch offen stehen - jedenfalls wurde nicht beschrieben, dass sie geschlossen wurde.
Hat er Angst, dass sie den Raum wieder verlässt und die Tür dabei zuwirft? Aber das macht eigentlich keinen Sinn, Melanie hat nämlich gerade eine sehr zentrale Frage gestellt.
„Warum sind wir noch zusammen?“
Dabei weint sie.
Ben steht auf und man erwartet, dass er jetzt etwas tut. Er könnte sie trösten oder er könnte der Beziehung den Todesstoß geben.


Sie stampfte mit den Füßen zum Rhythmus ihrer Wut,
Das gefällt mir gut.

Ben erhobt sich mit einem Seufzer aus dem salbeigrünen Ohrensessel
Aufgestanden ist er eben schon.


„Na gut, Duchessa.“ Sie lächelte.
Naja. Eben war sie noch sehr aufgebracht, dann stellt sie die ganze Beziehung in Frage und weint dabei. Dann schreit sie.
Nun wird gelächelt.
Ich kann verstehen, worauf du hinaus willst, aber diese Wechsel gehen zu schnell.

So hatte er sie am Anfang genannt, als alles noch leicht war, ohne die antike Flügeltür, die Enerviertheit, seinen Geiz, Nora und all das andre zwischen ihnen.
Ui, jetzt wird’s spannend. Geschickt kommt da eine Nora um die Ecke und das Rätsel um diese (offenbar ziemlich kaputte) Beziehung lüftet sich etwas. Gefällt mir!

die Stufen im Treppenhaus seufzten unter seinen Schritten.
Seufzen ist ein leises Geräusch. Geht er so vorsichtig und zaghaft? Hat das etwas zu bedeuten? Traut er sich vielleicht nicht oder zögert aus anderen Gründen?
Ansonsten würde ich ächzen oder knarzen vorschlagen.

Als die Wohnungstür ins Schloss geschlagen war,
Der gute Herr bekam schon fast körperliche Schmerzen, als seine Freundin die Flügeltür aufgerissen hat - ich kann mir nicht vorstellen, dass er selbst Türen ins Schloss schlagen würde.

Und Ralf, der so lange den Subwoofer hatte laufen lassen, dass ihm die Ohren schmerzten, tat es
Ralf wird der Nachbar von oben sein - aber was tat er denn? Was ist „es“?

Äh, meine Frau hat ein Problem mit der Lautstärke von dem Ding da", er zeigte auf den am Boden stehenden schwarzen Kasten,
Melanie und Ben sind verheiratet? Bisher klang es „nur“ nach einer Beziehung, nicht nach Ehe.
Wie kann Ben auf den Lautsprecher zeigen? Steht das Ding direkt auf dem Flur hinter der Eingangstür (ungewöhnlich) oder hat er die Wohnung betreten?


„Oh, entschuldigen Sie, ich schalte es ab, bitte treten sie ein, ich habe gebacken.“
Skurrile Situation.
„Bitte treten Sie ein, ich habe gebacken“ - so drückt man sich eher nicht aus und käme mir seltsam bis bedrohlich vor.
Besser wäre, wenn Ralf sich entschuldigt und zwei Stück Kuchen zur Wiedergutmachung anbietet. Kann ja sein, dass er den wirklich gerade zufällig gebacken hatte.

Zuerst bemerkte er, dass jemand seine Flügeltür mit roter Farbe beschmiert hatte. Sein Safe war offen und leer
Kommt er in die Bude und kann alles mit einem Blick erfassen? Der Safe war vorhin im Schlafzimmer, die Flügeltür ist zwischen Wohnzimmer und einem Raum, den wir nicht kennen.
Oder fällt ihm erst die Farbe auf und läuft dann zielstrebig zum Safe um ihn zu überprüfen? Hat er etwas geahnt?

Und dann verstand er. Er ging in die Knie. Und weinte. Lachte. Weinte. „Danke“, flüsterte er.

Tjojo.
Happy End, dann doch irgendwie.


Ich finde, du hast Ben geschickt charakterisiert. Ich stelle mir einen Mann, Anfang bis Mitte dreißig, vor. Einer aus gutem Hause, irgendwie pedantisch, egozentrisch, vielleicht sogar narzisstisch. Einer, dem der Schein nach Außen sehr wichtig ist.
Das folgere ich aus seiner Liebe zu den antiken, teuren Möbeln, die er wiederum billig instand setzen lässt, seinem Buchgeschmack, dem überheblichen Verhalten gegenüber Melanie, seinem Nachnamen.

Über Melanie wissen wir nur wenig. Sie scheint gebildet zu sein (Doktorarbeit), aber eher aus einfacheren Verhältnissen zu kommen (= der Döner, sie legt keinen Wert auf Bens Statussymbole). Sie ist emotional durch Ben zermürbt.

Interessant wäre noch zu wissen, wie diese beiden sehr unterschiedlichen Menschen zueinander gefunden und warum sie es nicht geschafft haben, die Beziehung auf normalem Wege zu beenden. Irgendwas muss die beiden ja aneinander gefesselt haben, dass sie sich nicht lösen konnten.
Die Rolle von Ralf ist mir auch nicht ganz klar. Warum hilft er ihr? Haben die beiden eine Affäre? Hat er Mitleid mit ihr? Bekommt er vielleicht etwas von den Streitigkeiten der beiden mit? Wird Ben handgreiflich?
Warum musste sie den Abgang proben? Ist sie niemals alleine zuhause und hätte einfach in Bens Abwesenheit die Sachen packen und gehen können?
Da ist viel Interpretationsspielraum.


Danke, dass du deine Geschichte eingestellt hast!
Ich finde, sie hat wirklich Potential.

Grüße,
Sarah

 

@Zara_ Liebe Sarah, wow, danke für deine ausführliche Kritik. Ich freue mich sehr und werde den Text heute noch einmal bearbeiten.

 

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