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Die Einladung

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12.05.2025
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Die Einladung

Anspannung pur für mich im Taxi auf dem Weg zum Flughafen an diesem regnerischen Tag; die Stadt verschwamm hinter einem grauen Schleier. In mir stieg die Aufregung immer stärker hoch. Ein Vorstellungsgespräch in der europäischen Zentrale eines multinationalen Unternehmens in Paris stand an – die einmalige Chance, einen entscheidenden Schritt auf der Karriereleiter zu machen. Mit unruhigen Händen überprüfte ich die Reisedaten zum wiederholten Mal auf meinem Smartphone, alles gespeichert, gleichwohl, die Vorfreude mischte sich allmählich mit Nervosität. Ich hatte lange auf diesen Moment warten müssen, hatte ungezählte Bewerbungen formuliert und wieder verworfen, und nun diese, alles war stimmig.

Am Flughafen drängte ich mich ungeduldig durch die Menschenmenge. Der Check-in-Schalter war voller Menschen, und ich spürte irgendwie, die Zeit arbeitete gegen mich. Als ich an der Reihe war, legte ich meine Buchungsunterlagen vor. Die Airline-Mitarbeiterin schaute mich kurz an und dann auf ihren Bildschirm; die Stille dehnte sich. Nach einer gefühlten Ewigkeit erklärte sie, es läge keine Buchung auf meinem Namen vor. Ein Blick auf mein Handy sagte etwas anderes, dort wurde die Bestätigung angezeigt, die ich vor wenigen Tagen erhalten hatte. Ein Schock durchfuhr mich, ich suchte krampfhaft nach einer Lösung. Nach einigen hektischen Telefonaten fand ich einen Alternativflug – in letzter Minute. So hetzte ich durch den Flughafen, meine Gedankenrasten, während ich die Sicherheitskontrolle passierte. Als ich endlich im Flugzeug saß, wechselte sich Erleichterung mit aufkommender Panik. Würde ich es rechtzeitig schaffen?

Dann der Flug nach Paris, der elendig lange zu dauern schien. Auf dem Terminal angekommen, setzte sich das Chaos fort, der zugesagte Abholer erschien nicht. Es war nicht weit bis zum Meeting-Point, aber die Zeit spielte gegen mich. Ich lief von einem Ort zum anderen, fragte mich durch, doch niemand konnte mir helfen. Kurz vorm Verzweifeln konnte ich ein Taxi ergattern, dessen Fahrer allerdings kein Englisch sprach, egal, ich zeigte ihm die Adresse auf einem Schriftstück.

Al sich schließlich an dem imposanten Gebäude meines potentiellen neuen Arbeitgebers ankam, war es zu spät, die Besprechung war bereits beendet, hieß es. Mit Mühe fand ich einen kompetenten Ansprechpartner; ich fühlte mich fehl am Platz, fast wie ein Eindringling. Eine der Mitarbeiterinnen sah mich an, erkannte mich und zuckte bedauernd mit den Schultern. Dann eine Erklärung, und die war ungeheuerlich, jedoch klar und deutlich in der Aussage. Die Informationen, die ich vorab digital erhalten hatte, waren alle manipuliert, die Einladung sollte nicht direkt in ein tatsächlich stattfindendes Bewerbungsinterview führen, man wollte zuvor testen, wie ich unter extremer Belastung reagieren würde. Das konnten die haben! Ich hinterlegte grimmig lächelnd die Bewerbungsunterlagen auf dem Konferenztisch, bat um zügige Erstattung der Spesen und verließ das Gebäude, die Stadt, das Land – ich wurde immer lockerer.

Die Entspannung steigerte sich, als ich zu Hause angekommen war. Zwei Glas Rotwein später konnte ich über den mühseligen Kampf auf dem Weg nach Paris nur noch lächeln. Als kurz darauf eine Nachricht auf dem Handy mir mitteilte, ich hätte den Stress-Test mit Bravourbestanden, man würde mir einen Anstellungsvertrag zusenden, zuckte mein Zeigefinger reflexartig in Richtung Löschtaste.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo rubber sole!

Danke für Deine Kurzgeschichte.
Zuerst die kleine Stilkritik, Fazit am Ende:

Anspannung pur
"Anspannung pur" klingt so neudeutsch, so in etwa wie "liebe ich!" oder wie der Name der Band Pur. Oder wie ein Song von Andrea Berg, ja, wie ein deutscher Schlager. Ich mag das Adjektiv einfach nicht.

Evtl. lieber das Körpergefühl beschreiben. Schwitzende Handflächen, beschleunigter Puls, hoher Muskeltonus...

Ein Vorstellungsgespräch in der europäischen Zentrale eines multinationalen Unternehmens in Paris stand an –
es "stand an" klingt umgangssprachlich.
Es "stand mir bevor" klingt geschliffener und hat einen zweiten metaphorischen Sinn, der hier gut passen würde.

die einmalige Chance, einen entscheidenden Schritt auf der Karriereleiter zu machen.
Das ist so adjektiv- und etwas Sprachklischee-lastig.
Vielleicht "die Chance, einen entscheidenden Karriereschritt zu machen"?

Mit unruhigen Händen überprüfte ich die Reisedaten zum wiederholten Mal auf meinem Smartphone, alles gespeichert, gleichwohl, die Vorfreude mischte sich allmählich mit Nervosität.
Allmählich? Ich dachte, es sei bereits seit der ganzen Taxifahrt "Anspannung pur"?

Am Flughafen drängte ich mich ungeduldig durch die Menschenmenge. Der Check-in-Schalter war voller Menschen, und ich spürte irgendwie, die Zeit arbeitete gegen mich.
Das ist fast redundant damit, dass der Protagonist ungeduldig ist. Würde ich weglassen.

Als ich an der Reihe war, legte ich meine Buchungsunterlagen vor. Die Airline-Mitarbeiterin schaute mich kurz an und dann auf ihren Bildschirm; die Stille dehnte sich. Nach einer gefühlten Ewigkeit erklärte sie, es läge keine Buchung auf meinem Namen vor.
Sprachklischee
Lieber "Sie erklärte mir, es läge keine Buchung auf meinen Namen vor."
Ein Blick auf mein Handy sagte etwas anderes, dort wurde die Bestätigung angezeigt, die ich vor wenigen Tagen erhalten hatte. Ein Schock durchfuhr mich, ich suchte krampfhaft nach einer Lösung.
Lieber: "Ein Schock durchfuhr mich. (Punkt) Krampfhaft suchte ich nach einer Lösung."

Als ich endlich im Flugzeug saß, wechselte sich Erleichterung mit aufkommender Panik.
"wechselte sich ab" oder "schwankte ich zwischen Erleichterung und aufkommender Panik".

Es war nicht weit bis zum Meeting-Point, aber die Zeit spielte gegen mich.
Das Sprachklischee von eben, nun auch noch in Wiederholung.

Eine der Mitarbeiterinnen sah mich an, erkannte mich und zuckte bedauernd mit den Schultern. Dann eine Erklärung, und die war ungeheuerlich, jedoch klar und deutlich in der Aussage.
Hier könnte ein kleiner Dialog eingefügt werden, um die Geschichte zu vitalisieren.

Die Informationen, die ich vorab digital erhalten hatte, waren alle manipuliert, die Einladung sollte nicht direkt in ein tatsächlich stattfindendes Bewerbungsinterview führen, man wollte zuvor testen, wie ich unter extremer Belastung reagieren würde.
Ich frage mich, wie das technisch möglich ist, und ob so eine kriminelle Energie investiert wird, um ein Assessment Center zu ersetzen. Ist es ein Job beim französischen Geheimdienst?
Die Entspannung steigerte sich, als ich zu Hause angekommen war.
Seltsamer Stil. Wie aus einem etwas falsch verstandenen Schreibratgeber, "Spannung steigern" "Entspannung steigern".
Wie wäre es mit "Jeder zurückgelegte Kilometer in Richtung Heimat ließ die Spannung aus meinen Muskeln fahren." Oder: "Mit zunehmender Nähe zur Heimat fühlte ich, wie mein Atem, mein Puls, meine Gedanken sich beruhigten."


Ich fand die Kurzgeschichte einen Tick "underwhelming". Vielleicht lässt sich mehr aus der Idee machen, indem man sie stilistisch deutlich ausgestaltet. Wie zum Beispiel mit einer weiteren Figur, ein oder zwei Dialogen...
Mein Hauptproblem: Den Twist empfinde ich als unglaubwürdig. Nicht, dass es so etwas evtl. gar nicht gibt, aber die technische Umsetzung? Dafür muss man doch Airlinetickets fälschen etc. Ich weiß nicht so recht. Siehe oben.

Viele Grüße!

 
Zuletzt bearbeitet:

Da muss ein altes, gebrechliches Männschlein ja sich eingeladen fühlen und reinschauen, wenn ein neues Mitglied sich hinter’m Beatles’ Titel verbirgt und zum Lesen einlädt,

@rubber sole,

und ich vorweg schon verraten kann, nicht wie Lennon’s “Norwegian Wood“ enden wird. Dein kleiner Einstand – Du ahnst es – gefällt mir, egal, was jetzt folgt, Fehler machen wir alle, denn hier

In mir stieg die Aufregung immer stärker hoch.
Ist das abschließende „hoch“ eher entbehrlich, wie ich finde, denn wenn jemand oder etwas „steigt“ ist es eher „hoch“ und "auf" als „runter“ ...

Der Check-in-Schalter war voller Menschen, und ich spürte irgendwie, die Zeit arbeitete gegen mich.
Hm, an welchem Schalter auch immer wird es wohl selten sein, dass auch nur ein Gorilla oder dergleichen Überraschung sich anstellt ...

Nach einer gefühlten Ewigkeit erklärte sie, es läge keine Buchung auf meinem Namen vor.
Besser Konj. I, „es liege keine Buchung …“, der Konj. I will Wahrhaftigkeit/Realität, der Konjunktiv II ist eine Art Wahrscheinlichkeitsrechnung zwischen 0 (irrealis) und 1 (gibt’s, ist real) mit allen Stufen der Wahrscheinlichkeitsgradendazwischen ...
Auf jeden Fall schwingt da Zweifel an der Mitteilung mit ...

So hetzte ich durch den Flughafen, meine Gedankenrasten, während ich die Sicherheitskontrolle passierte.
Kommstu wahrscheinlich selber drauf Gedanken[...]rasten

Dann der Flug nach Paris, der elendig lange zu dauern schien.
Warum die Endung -ig?, wenn „elend“ eh eine schicksalsschwere Eigenschaft ist?

Als kurz darauf eine Nachricht auf dem Handy mir mitteilte, ich hätte den Stress-Test mit Bravour[...]bestanden, man würde mir einen Anstellungsvertrag zusenden, ...

& wie dem auch wird ,

ein herzliches welcome 2 the pleasuredome
vom

Freatle

 

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