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Die etwas andere Beichte

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19.02.2005
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Die etwas andere Beichte

Aufgeregt ist jeder Mensch einmal. Manchmal ist es die Euphorie, manchmal die Angst, die in das Wort Aufregung mündet. Mein Gefühl, als ich die Kirche betrat, war definitiv Angst. Ich, mittlerweile zweiundvierzig, angezogen wie der letzte Yuppie, betrat das erste Mal seit über fünfundzwanzig Jahren diese Kirche. Mit jedem Schritt, der mich näher an mein Ziel brachte, fühlte ich mich immer kleiner werden. Es war nicht das alte Gemäuer, sondern meine innere Last, die mich erdrückte. Die Zeit war gekommen, über meine Sünde zu reden.
Ich schaute mich intensiver um. Niemand teilte diesen Raum mit mir, bis auf den Priester, der in dem Beichtstuhl saß und wartete. Das ermutigte mich ein klein wenig mehr. Ich neigte den Blick, atmete nochmals tief durch und fühlte mich letztendlich bereit zu beichten. Die volle Geschichte, ungeschminkt.
Ich trat hinter den weinroten Vorhang und setzte mich.
Hinter der kunstvollen Holztrennwand sah mich der junge Geistliche kurz an und schwieg. Ich wartete auf ein Zeichen, aber dann begriff ich, dass es an mir war den ersten Schritt zu tun. Die Aufregung stieg ins Unermessliche.
„Pater, ich habe gesündigt.“
„Was hast du denn getan, mein Sohn?"
Auf diese Frage hatte ich mich vorbereitet. Die folgenden Wörter sprudelten nur so aus mir heraus:
„Ich weiß noch ganz genau, es war 1980, da tat ich etwas sehr Böses. Jugendlich wie ich war, nahm ich jede Gelegenheit, die kam, um Unfug zu treiben und allerlei infantile Späße an anderen Menschen auszuprobieren.
Diese Gabe des Schabernacks – ja es ist in der Tat eine Gabe – wusste ich nicht richtig einzusetzen. Ich verletzte Gleichaltrige auf die schlimmste Art. Ich brach ihre Herzen. Dafür bespuckten sie mich.“
„Sie bespuckten dich?“
„Ja, sie ächteten mich jeden Tag. Manche schrieben mir Drohbriefe, manche verprügelten mich und andere ignorierten mich. Ich wußte, dass ich das nicht länger aushalten würde. Ich verließ alles: meine Eltern, meine Freundin – ich verließ die Stadt.“
Leise begann ich auf meinem Beichtstuhl zu weinen. Diese Tränen kamen aus dem Innersten, wie aus einem tiefen Brunnen. Die Schmach der Erinnenrung traf mich erneut, nur weitaus intensiver.
Der Priester wartete noch einige Sekunden, bis ich mich wieder gefasst hatte und durch ein Taschentuch der Großteil der Tränen weggewischt war.
Dann sagte er: „Du hast von der Bestrafung an dir gesprochen, aber noch nicht von der Sünde, die dich belastet und die diese Bürger dazu gebracht haben, dich so zu behandeln. Meine und Gottes Ohren sind offen. Du kannst uns alles erzählen. Dafür gibt es ja die Beichte.“
„Also, gut. Die Idee zu dem Schabernack, den ich an ihnen trieb, kam wie von ganz alleine. Ich saß in einem Lichtspielhaus, besser gesagt in einer Vorpremiere von „Das Imperium schlägt zurück“. „Krieg der Sterne“ ist Ihnen doch ein Begriff oder?“
„Äh...nein. Sprich weiter.“
„Dann muss ich es ihnen erklären“... und ich erzählte einem Priester die ganze Geschichte von Star Wars bis einschließlich „Das Imperium schlägt zurück“.
Offensichtlich überfordert sagte er: „Das ist aber eine lange Geschichte.“
„Ja, sie ist aufgeteilt in drei Episoden. Jede bildet einen Film. Diese Filme wurden heiß erwartet. Mit großer Aufregung standen sich die Kinder und Jugendliche der Stadt vor dem Kino förmlich die Beine in den Bauch. Sie hatten drei Jahre auf die Fortsetzung gewartet. Als ich aus dem Film kam, sah ich diese Schlange von Menschen. Da passierte es.“
„Was passierte?“
„Ich schrie! Ich schrie ihren erwartungsvollen Gesichtern zu, dass Darth Vader Lukes Vater ist!“
Die Tränenbäche, welche aus meinen roten Augen sprudelten, nahm ich gar nicht mehr wahr.
„Schhht! Sei bitte etwas leiser. War dies also deine Sünde?“
„Ja, sie hat mich seitdem immer begleitet. Meist in meinen Träumen. Ich habe großes Unrecht getan. Ihre Blicke verfolgen mich noch immer! Sie müssen wissen, dass ich nun Versicherungsvertreter bin. Heute hatte ich einen Termin in dieser Stadt, meine Heimatstadt, die ich verließ. Es wurde Zeit, dass ich mich meiner Sünde stelle.“
Der Priester brach in plötzliches Gelächter aus. Ich schaute zu ihm ungläubig hinüber und sah ihn kichern.
Empört entgegnete ich ihm: „Was....das verstehe ich nicht? Lachen sie mich aus?“
Er sagte: „Nun, ich muss mich wohl entschuldigen, es tut mir Leid.“ Trotz seiner Worte konnte er das Lachen nicht halten und prustete unverblümt hinaus.
„Was haben sie? Ich verlange eine Erklärung!“
„Ich konnte mich noch sehr lange beherrschen, aber jetzt muss ich dir mein Geheimnis verraten:
Ich kenne dich und deine Geschichte!“
„Wie bitte?“
„Nun ich muss es wissen! Ich bin dein Bruder.“

copyright M.Klemt 2006

 

angezogen, wie der letzte Yuppie
Komma weg
Sprich...“
Sprich ...
da tat ich etwas sehr böses.
Böses
Jugendlich, wie ich war
Komma weg
Diese Gabe des Schabernacks – ja es ist in der Tat eine Gabe – wußte ich nicht richtig einzusetzen.
wusste
Ich verließ Alles
alles
„Krieg der Sterne“ ist ihnen doch ein Begriff oder?“
Ihnen
dass ich nun Versicherungsverterer bin
Versicherungsvertreter
es tut mir leid.“
Leid
Hi Pei Mei,
äh, ja. Hm, ganz nett. Was für zwischendurch. Die Pointe is keine, da sie viel zu früh klar wird. Sorry.
Bruder :sad: Tserk

 

Danke für die Korrekturhilfe, Tserk!

Deine Kritik ist begründet. Es ist ein Text für zwischendurch. Ich würde nur gerne Wissen, welche Pointe du so früh kapiert hast. Das mit Star Wars oder dem Bruder?

Gruß Pei Mei

 

Das mit Star Wars oder dem Bruder?
Hä? Das is doch das gleiche? Gut, ich hab jetzt net explizit gedacht "Aha, das ist sein Bruder", sondern dachte, dass am Ende der Pfarrer eben etwas in der Art von "ich bin dein vater" sagen würde.
Aber mir is noch n Logikfehgler aufgefallen (Pingeligtserk am Start): Wenn der Typ wirklich sein Bruder is und die ganze Geschichte schon kennt, muss er ja auch wissen, was "Das Imperium schlägt zurück" is ...
Bruder :sad: Tserk

 

PingeligPeiMei: Ja, ok, aber auf die Frage, ob er Star Wars kennt, sagt der Priester: "Äh...nein." Eine kleine Adeutung meinerseits, dass er hier flunkert.
Vielleicht ist das zu wenig Andeutung, oder?

 

Hallo Pei Mei,

geschrieben ist die Geschichte recht gut.
Nur inhaltlich sind mir manche Stellen nicht ganz klar: Ein Mensch wird von einem ganzen Dorf dermaßen gehasst wird, nur weil er die Auflösung eines Kinofilms schon vor Beginn verkündet? Da müssen wohl alle Bewohner richtige Fanatiker von "Star Wars" sein, sonst ist die ganze Geschichte etwas zu übertrieben. Vielleicht kann ich da nicht mitreden, denn solche Zukunfts-Geschichten sind nicht so mein Ding.
Auch dass sein Bruder, sprich der Priester, sich die Zusammenfassung der drei Episoden angehört hat, ist wohl recht unwahrscheinlich. Ich kann mir denken, dass das eine Ewigkeit gedauert hat, zumal dein Prot ja davon ausgehen musste, dass der Pfarrer null Ahnung davon hatte.

Zusammenfassend hat mir dein Schreibstil recht gut gefallen, aber der Inhalt ist mE an manchen Stellen doch etwas unwahrscheinlich.

Viele Grüße
bambu

 

Hallo Bambu! Danke für Deine Kritik. Ich verstehe, was Du meinst, jedoch habe ich mir das etwas anders gedacht, als Du es gesehen hast. Folgendes:

1. Er wird nicht vom ganzen Dorf gehasst, aber von denen (meistens Gleichaltrige aus seiner Schule bzw. Bekannte) kriegt er sehr bedrohliches, böses Feedback.

2. Er erzählt nur zwei Episoden, da die für die Kg wichtige Passage in Episode V (Imperium schlägt zurück) vorkommt.

Das zu meiner Verteidigung. Andererseits hast Du Recht, da es unwahrscheinlich ist, das Star Wars Fans so reagieren würden, aber ich habe mir diese Frage gestellt: Was würde passieren, wenn man so dreist ist und einen der größten Clous der Filmgeschichte der wartenden Menge erzählt?
Als passionierter Kinogänger würde ich dies als ein Akt des Terrors oder zumindest als blasphemischen Sabotageakt ansehen.

P.S.: Trotzdem gibt es Schlimmeres.

Lieben Gruss, Pei Mei

 

Was würde passieren, wenn man so dreist ist und einen der größten Clous der Filmgeschichte der wartenden Menge erzählt?
Wie belieben? Das war doch vollkommen klar ...
Aber ich kann dir im Prinzip zustimmen: Es is immer scheiße, wenn einem das Ende oder eine wichtige Wendung verraten wird (es sei denn, man ist damit gestraft, viele Filme schon nach den ersten 5 Minuten zu durchschauen :Pfeif: )
Bruder :sad: Tserk

 

Ohne Dir auf den Schlips treten zu wollen, aber Du scheinst ein echter Schlaumeier zu sein.

Ich gebe Dir jetzt en paar Filmtitel und Du sagst mir, ob Du den Clou schon vorher wusstest:

The Game
Fight Club
Die üblichen Verdächtigen
Identität
Saw

Bin mal gespannt! Und sei ehrlich, okay?

 

The Game
:rotfl: ja, jede Wendung, auch das Ende, obwohl ich zugeben muss, dass ich dachte, es sei alles so gemacht worden, dass er sein Trauma los wird
Fight Club
Die üblichen Verdächtigen
Identität
NOCH nicht gesehn *schäm*
ich schwör auf MEINE Mutter: In der allerersten Sekunde!
So, bissle offtopic geworden hier ;) Außerdem: Ich will kein Schlaumeier sein, ich haölte es für eine Strafe, das nimmt einem die Spannung.
Und hier noch paar, die ich durchschaut hab: Der Clou, Sixth Sense, The Village, 8 Frauen, ... mehr gfallen mir grad net ein :)
Bruder :sad: Tserk

 

Wenn Du auf den Clou in "Identität" kommst bist Du verdammich gut, Bruder Tserk. Ich weiß nicht wieso, aber für heute glaube ich dir. Trotzdem solltest Du dich schämen diese Meilensteine noch nicht gesehen zu haben.

Schäm dich in Grund und Boden und buddel Dich direkt zur nächsten Videothek. :D

P.S.: Gut, dass ich nicht diesen Clou-Fluch habe, wie Du. Das wäre ja schrecklich.

 

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