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Die Ewigkeit im Moment

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24.09.2005
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Die Ewigkeit im Moment

Nervosität ist eines der Dinge, die ich nicht leiden kann. Wenn ich nervös bin, renne ich immer wie ein aufgescheuchtes Huhn durch meine Wohnung und es ist ein Wunder, dass ich dabei nicht über meine eigenen Füße stolpere. Den Höhepunkt meiner Nervosität erreiche ich meistens in der halben Stunde, bevor du kommst. Ich vermute, dass du darüber nur lachen würdest, mit den Worten: „Du machst dir immer viel zu viele Gedanken, Bea.“ Und dabei würdest du mich dann mit deinen dunklen Augen schelmisch anfunkeln und hinzufügen: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen.“

Momentan strapaziere ich mal wieder meinen Teppichboden mit ständigem auf und ab Gehen. Wir sind um acht verabredet, es ist viertel vor und ich renne alle zwanzig Sekunden ins Bad, um meine Frisur zu checken. „Typisch Frau“, würdest du sagen. Ich denke ständig darüber nach, was du sagen würdest. Du bist aus meinen Gedanken einfach nicht wegzudenken.
Da, es klingelt! Oh Gott, ich habe zwei verschiedene Socken an! Egal, ich werde sie einfach gleich ausziehen, bevor du’s bemerkst.
„Hey, Schatz“, lächelst du, als ich die Tür öffne, zauberst einen Strauß dunkelroter Rosen hervor und drückst mir einen zärtlichen Kuss auf. Welche Frau träumt nicht von so einer Begrüßung? „Wie war dein Tag?“
Ich nehme dir die Blumen ab und bringe sie ins Wohnzimmer, während du deine Schuhe ausziehst. „Ging so. Ich hatte wieder Stress mit Mark auf der Arbeit.“
Du steckst deinen Kopf durch die Tür und runzelst die Stirn. „Der Typ soll sich mal zusammen nehmen, sonst kriegt er Ärger mit mir.“
Und ich schmelze mal wieder dahin. Zwar bin ich keine unselbstständige Frau, aber ein bisschen Ritterlichkeit gefällt mir dann doch. Irgendwie. „Und bei dir?“
„Hm.“ Du zuckst die Schultern und reichst mir dann eine Vase an. „Wie immer. Zu viel zu tun, zu viele Leute, die alle was von einem wollen.“
„Ooch“, bedauere ich grinsend. „Schau mal, hier sind nur du und ich. Ist doch ganz überschaubar, oder nicht?“
„Ich bin durchaus zufrieden.“
Unter deinem Blick wird mir heiß und mein Herz redet mir ein, dass ich grade Joggen war und es deshalb an Tempo zulegen muss. Wie kann das noch sein, nach so langer Zeit? Kaum habe ich die Blumen auf den Tisch gestellt, liegen schon deine Arme von hinten um mir und dein Atem streift meinen Nacken. „Da wir ja beide einen schlechten Tag hatten“, flüsterst du, „könnten wir ihn jetzt ja etwas verbessern.“
„Was stellst du dir darunter vor?“, entgegne ich, drehe mich um und küsse deinen Hals. „In etwa das hier?“
„Nicht schlecht für den Anfang“, lachst du leise und ziehst mich enger an dich.
„Ich hätte da auch einige Ideen, wie es weitergehen könnte.“
„So?“ Neckend trittst du einen Schritt zurück, ich folge dir, du trittst zurück, ich folge dir. Ein Spielchen, das wir nicht selten betreiben, ein Ritual geradezu. Ich nehme deine Lippen zwischen meine, dein Atem streift meine Wange. Ich schmecke, dass du geraucht hast. Du rauchst nie, wenn wir zusammen sind, weil du weißt, dass ich es nicht ausstehen kann. Doch ich mag, wie du riechst, dieser leichte Kneipengeruch nach Rauch und Alkohol, der dich immer umgibt. Kein Wunder bei deinem Job. Du stößt mit dem Rücken gegen die Wand und musst deshalb stehen bleiben, ich küsse deinen Hals entlang zu deinem Ohr. Deine Haare riechen frisch gewaschen, das heißt, dass du geduscht hast. Und danach die gleichen Klamotten angezogen, du Eimer.
„Was grinst du?“, fragst du leise, während deine Hand unter den Stoff an meinem Rücken gleitet. Deine Finger sind warm, wie immer, du hast nie kalte Hände.
„Egal.“
„Hörst du eigentlich nie auf, zu denken?“
„Hm“, mache ich und küsse dich, damit du die Klappe hältst. Deine Hand wandert ein wenig nach unten und verweilt auf meinem Po. Den du wohl generell sehr gern hast. Kurz darauf ist deine Hand an gleicher Stelle, nur unter der Hose. Du machst mich verrückt.
„Bis zum Schlafzimmer sind es noch exakt acht Meter“, sage ich.
„Dann sollten wir uns langsam auf den Weg machen.“ Ohne deine Hand aus meiner Hose zu nehmen, schiebst du mich rückwärts in die gewünschte Richtung. In meinem Kopf dreht sich alles, ich will nichts mehr, als dich völlig zu spüren und ich bin mir sicher, dass du mir diesen Wunsch nicht verwehren wirst. Wie auch? An deiner Atemfrequenz merke ich, dass du mindestens schon genauso scharf bist, wie ich. Kein unangenehmes Gefühl.
Ich stoße mit dem Rücken gegen ein Regal im Flur, woraufhin ein Bild meiner Eltern umkippt. „Hups.“
„Macht nichts“, grinst du, „die wollen bestimmt eh nicht zusehen.“ Und schiebst mich entschlossen durch die Schlafzimmertür auf mein Bett zu. Bevor wir dort ankommen, ziehe ich dir dein T-Shirt über den Kopf, meines segelt gleich hinterher auf den Boden, deine nackte Haut liegt an meiner, ich will dich, ich will dich, ich will dich! Deine Zähne knabbern sanft an meinem Hals, während du mich aufs Bett runter drückst, deine Hände gleiten über meinen Bauch, öffnen geschickt meinen BH, deine Finger umkreisen meine Brust, darauf bedacht, sie ja nicht zu berühren.
„Du Sadist“, stöhne ich, will dich packen und in meine Reichweite ziehen, aber du bist natürlich stärker als ich und drückst mich wieder nach unten. Deine schelmisch funkelnden Augen machen mich ebenfalls an. Es gibt momentan nichts an dir, das mich nicht anmacht. Für einen kurzen Moment bist du unachtsam, ich drehe dich auf den Rücken und drückte deine Arme aufs Bett. „Har, har“, lache ich. „Jetzt bist du völlig wehrlos und mir ausgeliefert.“
„So?“ Du hebst den Kopf und küsst mich, deine Zunge umspielt meine Lippen, unsere Zungenspitzen treffen sich, ich lasse dich los und mich auf dich sinken, deine Hände umfassen mich, eine am Rücken, die anderen an meinem von dir so heiß geliebten Po. Allerdings scheint die Hose darüber dich zu stören, was ich dir nicht verübeln kann.
Nun liege wiederum ich auf dem Rücken und ohne deinen Mund aus meiner Reichweite zu nehmen nestelst du an meiner Hose herum, bis du sie abstreifen kannst. Dein heißer Atem streift meinen Oberkörper, als du ein wenig nach unten rutscht und nun doch anfängst, meine Brüste zu verwöhnen. Ich stöhne wohlig auf und greife nach deinen Haaren, fahre zärtlich hindurch, während deine Lippen mich alles andere vergessen lassen.
Als du wieder ein wenig weiter nach oben kommst entledige ich dich deiner Hose und schiebe sie unachtsam vom Bett runter. Heut Nacht wirst du sie nicht brauchen. Unsere Unterwäsche findet kurz darauf auch ihren Platz auf meinem Schlafzimmerteppich. Ich kann es fast nicht mehr aushalten, aber du scheinst mich nicht erlösen zu wollen, ich lasse meine Hände über deinen Rücken gleiten, deine Lippen auf meinen, deine Hände überall und nirgends. Dann erbarmst du dich endlich.

Wir liegen aneinandergekuschelt im Bett unter der Decke, die Finger ineinander verhakt, den Blick ineinander versunken. Ich könnte ewig so hier liegen bleiben. Aber ewig geht leider selten, dein Handy klingelt. Genervt wirfst du einen Blick auf die Uhr, das Klingeln hört auf, du liest die SMS.
„Nadine? Was ist?“, frage ich.
„Soll meinen Bruder abholen. Er war bei diesem Konzert und hat vergessen, sich eine Fahrgelegenheit zu besorgen.“ Du richtest dich auf und beginnst, deine Klamotten zusammenzusuchen. „Dafür ist seine Schwester dann gut genug.“
Ich verziehe das Gesicht. „Kommst du wieder?“
„Hm, das muss ich mir doch schwer überlegen.“ Dein Grinsen straft dich lügen, ich gebe dir meinen Wohnungsschlüssel. Ein kurzer Abschiedskuss, dann bist du weg und ich warte. Ich würde für immer und ewig warten, wenn es sein müsste.

 

Hi obedience,

Ich vermute, dass du darüber nur lachen würdest, mit den Worten: „Du machst dir immer viel zu viele Gedanken, Bea.“
Die Erzählerin ist weiblich.


In meinem Kopf dreht sich alles, ich will nichts mehr, als dich in mir zu spüren und ich bin mir sicher, dass du mir diesen Wunsch nicht verwehren wirst.
Da gehe ich davon aus, dass die andere Person männlich ist.


„Nadine? Was ist?“, frage ich.
„Soll meinen Bruder abholen. Er war bei diesem Konzert und hat vergessen, sich eine Fahrgelegenheit zu besorgen.“ Du richtest dich auf und beginnst, deine Klamotten zusammenzusuchen. „Dafür ist seine Schwester dann gut genug.“
seine Schwester? Nun doch eine Frau?

Ich bin etwas verwirrt. Kannst du mir helfen?

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo Bernadette

Klar kann ich helfen. Was dir da aufgefallen ist war Sinn und Zweck des Ganzen. Es sind zwei Frauen, ja, und es ist auch beabsichtigt, dass man zu Anfang denkt, es seien eine Frau und ein Mann. Ich wollte versuchen, damit darzustellen, dass es auch anders geht ;-)

 

Hi obedience,

ich will nichts mehr, als dich in mir zu spüren und ich bin mir sicher, dass du mir diesen Wunsch nicht verwehren wirst

Nun können wir uns über sexuelle Praktiken von Lesben auslassen und es mag ja sein, dass dieser Wunsch, in den anderen einzudringen, den anderen in sich zu spüren, immer gleich hoch ist - aber meiner Meinung nach führst du mit diesem Satz den Leser aufs Glatteis. Ansonsten passen deine Details immer für beide Geschlechter - wobei es etwas unlogisch ist, dass die eine zwar die Haare nach dem Kneipenbesuch wäscht, sich aber nicht die Zähne putzt, wenn sie doch weiß, dass Bea den Zigarettengeruch nicht mag ;).
Die übrigens den Zigarettengeruch riechen und nicht schmecken sollte.

Die Aufgeregtheit von Bea ist für mich etwas übertrieben, wenn sie schon länger zusammen sind - aber vielleicht gibt es wirklich solche Menschen, die jedesmal neu so aufgeregt sind wie beim ersten Date?

Dann erbarmst du dich endlich.
Hier fehlen dir die Worte, da es zu schwierig wäre, das geschlechtsneutral zu beschreiben ;)

Die Geschichte ist flüssig und unterhaltsam geschrieben. Der erotische Teil hat mich nicht so gepackt, aber das ist auch die schwerste Übung in meinen Augen, jedenfalls bist du nicht in Klischees verfallen, was auch schon prima ist. Wenn deine Hauptintention die Verwirrung des Lesers war, würde ich den einen von mir monierten Satz streichen, damit man sich nicht so in die Irre geführt vorkommt. Manchmal lese ich tatsächlich Geschichten auch unter der Option, dass es sich um die gleichen Geschlechter handeln könnte (um das aber dem Autor dann eher vorzuhalten ;) ) - bei dir kam ich nicht auf die Idee, weil du es so eingefädelt hast, dass ich gleich auf den Heterozug aufgesprungen bin.

Lieber Gruß
bernadette

 

Weil die Geschichte in diesem von mir ungeliebten Du-Stil geschrieben ist, wollte ich sie gar nicht zu Ende lesen – des Titels wegen habe ich es doch getan.

Und? Was soll ich dazu sagen? Wie Bernadette bin auch ich auf den Heterozug gesprungen, nicht nur wegen der auch von ihr bemerkten Stelle, sondern auch deswegen:

„Du Sadist“, stöhne ich, …
Mit Absicht Leser in eine Falle locken – in dieser Geschichte nur Dank des Du-Stils überhaupt möglich -, kann zwar sowohl für den Schreiber als auch für Leser reizvoll sein, aber dann muß das auch gekonnt sein, will sagen, es muß sich für den Leser irgendwie lohnen, hereingefallen zu sein.

Und bei einer romantischen und/oder erotischen Geschichte erwartet man zumindest, daß sie eine der beiden Kriterien erfüllt, doch hier ist nichts dergleichen zu finden. Man merkt der Autorin, daß ihr gerade dann Worte fehlen, wenn es zur Sache geht – die Formulierungen

und nun doch anfängst, meine Brüste zu verwöhnen. Ich stöhne wohlig auf und greife nach deinen Haaren, fahre zärtlich hindurch, während deine Lippen mich alles andere vergessen lassen.
sind so alltäglich wie nichtssagend.

Die durch den (bombastischen) Titel geweckten Erwartungen wurden – zumindest bei mir – nicht befriedigt, so daß ich nur sagen kann: Versuch mißlungen.

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

@bernadette: ich glaube, lesben werden mir in der aussage ansich nicht widersprechen wollen ;-) trotzdem hast du recht, es ist eine aussage die in jedem fall in die mann/frau richtung lenkt. ich werde mirs noch überlegen, ob ich es abändere

zu meinem "mir fehlen die worte" satz: ich hätte es geschlechtsneutral beschreiben können, wenn ich gewollt hätte, halte aber eigentlich nicht viel von solchen detailbeschreibungen, bzw halte es nicht nötig sie aufzuschreiben, deswegen sind sie ausgelassen. das hätte ich im einen wie im anderen fall gemacht. erotik in der litaratur kann auch ohne das auskommen

@dion: schade, dass ich deine erwartungen nicht erfüllen konnte

das wort sadist sehe ich nicht grade als anzeichen dafür, dass derjenige männlich ist, es kommt nur auf den blickwinkel an, der bei heterosexuellen personen in erster linie von einem heterosexuellen pärchen ausgeht, genau wie anders herum. ich glaube nicht dass eine frau ihre freundin als sadistin anreden würde, es sei denn, sie ist extremfeministin ;-)

alltäglich und nichtssagend? ich glaube nicht dass das sexualleben durch pikante wortwahl bestimmt wird. ich wähle in meinen geschichten keine sprache, die ich im alltag nicht verwenden würde und ich glaube, dass auch jeder ein etwas anders empfinden von erotik hat ;-)

zum titel: tja, sry wenn dich das auf eine falsche fährte gebracht hat, mit titeln habe ich es nicht so. warum aber der titel dafür verantwortlich sein soll, dass ich meine intention nicht erreicht habe, will mir aber nicht ganz klar werden, denn deiner überaus hochinteressanten kritik entnehme ich, dass ich meine intention vollauf erreicht habe, nämlich jemanden ziemlich zu irritieren

 

Nochmal zu dem Thema Irritieren:

dass ich meine intention vollauf erreicht habe, nämlich jemanden ziemlich zu irritieren

Es gibt aber zwei Arten von Irritationen, über die wir hier diskutieren:

1. Der Leser kommt zur Pointe und denkt: Buah, raffiniert aufgezogen, das ist ja eine Frau! Das hat der Autor gut gemacht.

2.Der Leser kommt zur Pointe und denkt: Was, eine Frau? Moment, da waren doch aber ein paar Sätze, die mich eindeutig veranlasst haben, zu denken, die eine Person sein ein Mann. Jetzt fühl ich mich etwas veräppelt.

Siehst du den Unterschied? Das ist glaub ich der Punkt, den Dion mit Versuch mißlungen meinte.

@dion: Verbessere mich, wenn ich falsch liege.

 

@bernadette
Du hast in meinem Sinn argumentiert – genauso habe ich’s gemeint. Danke.

@obedience
Daß eine Frau zu einer Sadistin Sadist und nicht Sadistin sagen würde, wage ich zu bezweifeln. Im Übrigen taucht der Begriff Sadist noch einmal auf:

Ich kann es fast nicht mehr aushalten, aber du scheinst mich nicht erlösen zu wollen. Sadist. Ich lasse meine Hände …
Die Protagonistin sagt das Wort nicht nur, sie denkt es auch so - mich jedenfalls hat auch das auf die falsche Fährte gelockt.

Der Titel „Die Ewigkeit im Moment„ verspricht etwas Großes. Ich habe aber nichts gefunden, was Groß wäre – weder im Gefühl noch sonst. Zur Not könnte sich der Titel auf diese Stelle

Wir liegen aneinandergekuschelt im Bett unter der Decke, die Finger ineinander verhakt, den Blick ineinander versunken. Ich könnte ewig so hier liegen bleiben.
beziehen, doch das wäre nur formal richtig.

Aber ich gebe zu, einen Titel für diese Geschichte zu finden ist schwierig - denn was sagt sie uns schon? Andererseits: Deine klare Absicht war es, uns Leser in die Irre zu führen

obedience schrieb:
war Sinn und Zweck des Ganzen
insofern kommt es auf eine etwaige Aussage gar nicht an. :D

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

@bernadette: ich habe die stelle zu "ich will nichts mehr, als dich völlig zu spüren" umgeändert

@dion: das zweite sadist habe ich gestrichen, so dass es nur noch in der wörtlichen rede vorkommt, wo es meiner meinung nach stehenbleiben kann.

zum titel noch mal: hm, vielleicht hat er so direkt nichts damit zu tun, aber ich denke schon, dass es in solchen situationen momente gibt, die einem eindeutig wie die ewigkeit vorkommen. aber wie gesgat, mit titelwahl habe ich es nicht so

 

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