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Die Fähre Millennium

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25.11.2001
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Die Fähre Millennium

Kurz was vorweg: Diese Geschichste spielt in dem selben "Universum" wie die andere von mir gepostete Geschichte "Der Tisio Vorfall".

Die Fähre Millennium

Von O. Paul Schoeps

1.1.3000 AD

„Achtung Fähre Millennium! Eintritt in obere Atmosphäre in T Minus 4, 3, 2, 1.“ Die Fähre begann zu schaukeln. „Hey Keeth, kannst du es auch etwas ruhiger?“ Der fünfzehnjährige Pilot wandte den Blick nicht von seinen Kontrollen ab, raunte nur ein Geräusch der Missbilligung. Sylvia lehnte sich wieder grinsend zurück. „Einsatzkontrolle Vorhof. Eintritt erfolgreich geschafft. Starten Bremsdüsen.“ Meldete Hyoko. Keeth öffnete eine Sicherheitsklappe und wartete. „Moment...“ wies Hyoko, der selbst nur ein Jahr älter war als Keeth, ihn an. „Moment... Moment... Jetzt!“ Keeth betätigte den Schalter. Die Beschleunigung lies nach. Hyoko meldete über das Funkgerät: „Einsatzkontrolle Vorhof. Bremsdüsen gezündet. Fallgeschwindigkeit bei 30 km/s, stetig fallend.“ Die fünf jungen Raumfahrer fühlten wie die Schwerkraft zunahm. Der Pilot hielt so gut er konnte die Kontrollen fest, doch riss und rüttelte es an der Steuerung. Hyoko wollte reden, doch es verschlug ihm den Atem. Er holte tief Luft und hechelte: „Keeth... noch nicht... noch nicht... noch nicht. Jetzt!“ Keeth schlug mit aller Kraft auf einen anderen Schalter.
Aus der immer langsamer stürzenden Fähre rauschte ein Fallschirm nach oben. Für einen kurzen Moment schien es als wäre in der Fähre wieder die wohlige, geringe Schwerkraft ihrer Heimat. Doch der Effekt dauerte nur kurz. Die drückend hohe Schwerkraft kam zurück. „Einsatzkontrolle. Bremsschirm gestartet, Entfernung zur Oberfläche noch zehntausend Meter, fallend.“ Klaus, das zwölfjährige Nesthäkchen der Mission lugte durch zwei der Finger der Hände mit denen er sich die Augen zuhielt. „Kann ich die Augen wieder aufmachen?“ Sylvia grinste. „Unser Angsthase kommt wieder zu sich. Du hast den ganzen Spaß verpasst!“ Keeth wandte sich für einen Moment von seinen Kontrollen ab. „Das lief doch gut, oder?“ „Gut?“ erwiderte Klaus. „Mir hat sich der Magen umgedreht.“ Keeth drehte sich nach vorne. „Heulsuse - Seht euch das an!“ er entfernte das Hitzeschild vom Ausblick. Ein Sonnenaufgang über der blaugrünen Welt unter ihnen. Weiße Wolken schwebten wie Zuckerwatte an den Fenstern vorbei. Licht und Schatten spielten auf der Oberfläche miteinander. Für einen Moment hielt die Besatzung inne. „Es ist viel schöner als in den Filmen.“ Sagte die bisher ruhig gebliebene Ärztin Lannya. Sie war so alt wie Hyoko. Keeth lächelte als hätte er diesen Sonnenaufgang geschaffen.
„Einsatzkontrolle, noch ein paar Minuten, dann sind wir in der richtigen Höhe.“ Keeth machte sich los und drehte sich zu den anderen. „Na, Sylvia, wie hab ich das gemacht?“ Sie nickte verzogen, das zackige Nicken das sie hatte wenn sie nicht zu geben wollte das Keeth etwas gut gemacht hatte. „Ja, Ja. Schon gut. Aber du solltest dich nicht so aufspielen bis wir gelandet sind.“ Keeth drehte sich zu seinen Kontrollen und genoss weiter den kolossalen Ausblick auf den Planeten. Die fünf Kinder hatten- zusammen mit ihrer gesamten Generation, ein Leben in Metall gelebt. Sie waren die „zweite Generation“ wie man sie später nennen wird. Ihr Eltern waren Siedler von der Erde. Ihre lange Reise hatte so stark an ihnen gezehrt das sie es körperlich nicht hätten aushalten können auf dem Planeten zu landen. Auf dem Kolonieschiff, der gewaltigen IRS Ausflug, herrschte Schwerelosigkeit. Im Orbit um den erdähnlichen Planeten Capella 3 errichteten sie eine Raumstation, die RS Vorhof. Ihr Herzstück war ein rotierender Kern der Schwerkraft erzeugte. Etwa halb so viel wie die Schwerkraft von Capella 3. In diesem Kern zogen die Siedler ihre Kinder groß. Ihre Aufgabe war es die zweite Welle der Besiedlung zu sein. Sie würden die hohe Schwerkraft für eine Weile ertragen müssen um in der Lage zu sein die Kolonie aufzubauen. In dieser Kolonie würden sie dann ihre Kinder groß ziehen- die dritte Generation. Die Fähre Millenium war am 1. Januar 3000 das Raumfahrzeug das zum ersten mal einen Menschen auf Capella 3 landen lassen sollte.
„Achtung Keeth.“ Meldete die Kontrolle. „Halte dich bereit. Wie wir es geübt haben. Auf mein Kommando schaltest du die Landedüsen.“ Keeth hielt sich bereit. „Landedüsen auf volle Leistung in 3, 2, 1 Jetzt.“ Keeth aktivierte die Düsen, wieder ein leichter Ruck durch die Fähre. Wenige Meter über dem Boden schwebte sie nun sanft hin und her. „Gut Keeth, sehr gut. Nun Kraft vermindern, aber schön langsam.“ Keeth drosselte die Kraft der Düsen, und die Fähre sank langsam. „Gut Keeth, sehr gut. Weiter vermindern, weiter... weiter... Aufsetzen in 3, 2, 1. Jetzt.“ Die Kabine knirschte. Die Düsen erstarben. „Wie geht es euch?“ fragte die Kontrolle nach einer ewigen Sekunde. Die Mannschaft jubelte. „Sehr gut wie ich höre. Werdet jetzt nicht übermütig. Ihr werdet da draußen versucht sein eure Anzüge abzunehmen. Tut das auf keinen Fall.“ Keeth beugte sich über den Lautsprecher als könnte er da durch die andere Seite sehen. „Vater! Ich habe meine Befehle gelernt.“ Man konnte das Lächeln von der andern Seite gerade zu hören. „Viel Glück. Wir bleiben in Kontakt.“
Die Mannschaft erhob sich aus ihren Sitzen. Sie merkten: Die Schwerkraft war nicht nur ein Effekt der Landung gewesen. Die Gravitation –war- so hoch. „Das ist schlecht für unsere Rücken.“ Stellte Lennya fest. „Ein Grund mehr uns zu beeilen.“ Scheuchte Hyoko. „Rein in die Planetenanzüge.“ Die Kinder entledigten sich ihrer Raumanzüge. „Sylvia. Ich kann deinen Hintern sehen!“ „Keeth! Sei nicht so kindisch!“ „Das ist wissenschaftliches Interesse!“ Hyoko stellte sich in Keeth’s Sichtfeld. „Dann zeige dieses Interesse mal da draußen.“ Keeth bäumte sich leicht auf. „Ich finde das Blödsinn! Unsere Kinder sollen da draußen leben! Und jetzt gehen wir in Schutzanzügen da raus.“ Der kleine Klaus zog den Reißverschluss seines Anzuges hoch. Er war im Stimmbruch und sprach kratzig. „Tolle Idee, Keeth. Meinst du das beim Einatmen der Substanzen hier dir nichts passiert? Nach Jahrmillionen getrennter Evolution- da schwöre ich dir, ist jede Pflanze und Polle hier giftig für dich.“ Keeth schubste Klaus ein Stück. „Ja, Ja, Einstein.“ Klaus stellte sich wieder auf. „Es wäre mir eigentlich vollkommen egal, wenn du nicht der verdammte Pilot wärst!“ „Ruhe.“ Hyoko überprüfte bei jedem einzelnen noch mal die Anzüge. Er hakte auf einer Liste ab. „Sylvia...“ er sah sich Reißverschluss und Schutzhelm an. Dann machte er ein Häkchen. „Klaus...“ Er zog ihm den Reißverschluss richtig hoch und überprüfte den Lufttank. „Du hast vergessen ihn auf Durchgang zu schalten.“ Er stellte ihn richtig ein und hakte ab. Keeth grinste. „Super, Klaus. Was für ein Glück das Einsatzleiter Hyoko das noch entdeckt hat.“ Hyoko sah auf seine Liste. „Keeth...“ er überprüfte den Anzug. „Wär’ toll wenn du den Sauerstoffschlauch an den Tank anschließen würdest.“ Die anderen grinsten. Hyoko kam zu Lannya. „Lannya...“ er sagte den Namen anders als den der anderen. Vorsichtiger und umsichtiger prüfte er den Sitz ihres Anzuges. Dann nickte er und machte einen Haken. Am Ende überprüfte er sich selbst.
„Gut Leute. Ich öffne nun die Luftschleuse.“ Sie traten in den Vorraum zur Außenwelt ein. Duschen aktivierten sich, Laser tasteten sie ab. Es diente dazu zu verhindern das unbeabsichtigt Lebensformen eingeschleppt würden. Die Kolonisten hatten eine geordnete Einfuhr irdischen Lebens angestrebt. Jede Spezies der Erde die hier her gebracht würde sollte kontrolliert und exakt erfasst werden. Nicht eine Mikrobe sollte in der Lage sein sich ohne Wissen der Menschen hier nieder zu lassen. Die Luftschleuse öffnete sich wieder und gab den Blick frei. „Der Planet ist eröffnet.“
Die Raumfahrerkinder hatten ihr ganzes Leben lang persönlich noch keine Natur gesehen. Sie sprangen aus der Fähre und liefen wild über die blaugrüne Wiese der Lichtung eines Waldes aus blaugrünen, enorm hohen Bäumen. „Fühlst du das?“ Hyoko berührte mit behandschuhten Händen das Gras. Die Sensoren leiteten das Gefühl ins Innere weiter bis in die Fingerspitzen. Er atmete tief, als rieche er die frische Waldluft der außerirdischen Umgebung und nicht den tausendfach wiederaufbereiteten Sauerstoff seines Anzuges. Lannya kniete sich neben ihn und berührte ebenfalls das Gras. „Großartig.“ Die elektronisch übersetzten Gefühle des Grases waren unecht und verfälscht, doch so intensiv. Das Gefühl berührte etwas tief in ihnen, schlummernde Bereiche ihres Gehirns die noch nie stimuliert wurden. Eine Sensation des großen Ganzes umflimmerte sie und für einen Moment glaubten sie den gesamten riesigen Planeten spüren zu können. Ein uraltes Gefühl das den Menschen auf der Erde so selbstverständlich und trivial war, dass sie es nie bemerkten. Doch die Kinder von Raumfahrern spürten zum ersten mal den Abglanz dessen was man mal verächtlich, mal schwärmerisch und mal verklärt als Natur bezeichnet hatte.
Sylvia war inzwischen an der Fähre zu Gange. Keeth gleich neben ihr. Sie arbeitete, er beobachte sie dabei. Sah jede Bewegung ihres jungen Körpers. „Sag mal Keeth, was hat eigentlich der Pilot der Fähre außerhalb der Fähre zu suchen? Ich meine: Er hat doch keinen Auftrag auf der Oberfläche.“ „Diese Antwort.“ Führte Keeth an. „Ist simpel: Er entspannt sich.“ Sylvia grinste. „Also. Wir brauchen, die Fahne, die Ampullen, den Sender…” Sie gab es in den Computer außerhalb der Fähre ein. Aus der Ausrüstungsausgabe kamen die bestellten Dinge. „Das ist doch kindisch! Die Fahne ist Quatsch!“ stellte Keeth fest. „Ach! Du hast keinen Sinn für das Dramatische. Tut dein Rücken auch so weh?“ erwiderte Sylvia. Keeth nickte. „Liegt an der Schwerkraft.“ Sylvia nahm als erstes die Fahne. Sie war aus robustem Stoff und darauf einige Farben. Die Künstler auf der Erde hatten es zusammen erstellt und waren der Meinung es würde „Menschheit“ zum Ausdruck bringen. Sylvia rannte mit der Fahne auf die Mitte der Lichtung. „Achtung, Achtung! Hiermit nehme ich den Planeten Capella 3 für die Menschheit in Beschlag.“ Sie stieß die Fahne mit überpathetischer Miene in die Erde. Die anderen kicherten. „Ich taufe dich auf den Namen: Sylvias Welt!“ Die anderen begannen zu lachen, Sylvia auch.
Nun begann die eigentliche Arbeit. Klaus wuselte über die Ebene und sammelte Proben von Pflanzen. Größere Tiere gab es auf der Oberfläche nicht. Nur im Meer hatte man einen artenreichen Bestand an fischähnlichen Kreaturen lokalisiert. Sylvia hantierte mit den Apparaturen. Sie hatte die schwerste Arbeit. Unter der ohnehin hohen Belastung der Schwerkraft baute sie den Sender für zukünftige Landungen auf. Lannya nahm ständig Daten, stellte Fragen. Sie musste feststellen welche psychologischen und physischen Auswirkungen der Aufenthalt hier hatte. Euphorie, Hyperaktivität und Rückenschmerzen standen ganz oben auf der Liste. Sie war auch nicht davon verschont. Hyoko überwachte alles, legte hier und da Hand an. Das Gras fühlte sich weich an. Sensationell neu weich. Weich auf eine Art die sie noch nie gefühlt hatten. Keeth saß darin neben Sylvia und ärgerte sie.
„Das sieht aber schwer aus.“ Sylvia deutete mit ihrer behandschuhten Hand von weitem an ihn zu schlagen. „Sei ruhig du Quatschkopf!“ Keeth stützte seinen Kopf auf die Hände, die Hände auf die Knie. „Und das bei –der- Schwerkraft.“ „Du kannst ja mit anfassen!“ Keeth schüttelte fies grinsend den Kopf. „Du siehst so süß aus wenn du arbeitest.“ Ein Schraubenschlüssel flog in seine Richtung, er kicherte. „Ja, ja ich helfe dir ja.“ Er erhob sich und ging Sylvia zur Hand. Mit vereinter Kraft stellten sie den schweren Sender auf feste Füße. Sie schlugen Heringe in die Erde um den Sender zu sichern. „Achtung.“ Warnte Sylvia. „Ich aktiviere nun die Verankerung.“ Sie traten einen Schritt zurück und über eine Fernbedienung aktivierte Sylvia den Bohrer. Der zylindrische, zwei Meter hohe Block bohrte sich bis zur Hälfte in die Erde. Sylvia trat dagegen. „Den bringt nicht mal ein Sturm da mehr raus.“ Keeth stemmte die Hände in die Seite und sah an dem Sender entlang. „Ganz toll. Und was soll das?“ Sylvia grinste. „Pass auf.“ Ein neuer Knopfdruck. Das Objekt aktivierte sich, eine Sendeantenne und ein Terminal klappten aus. Keeth nickte anerkennend. „Gut den Knopf gedrückt.“ Sylvia versetzte ihm einen leichten Stoß mit dem Ellenbogen. „Sylvia an Vorhof. Wir haben den Sender aufgebaut und stellen nun ein.“ Sylvia hockte sich ins Gras, Keeth sich gleich hinter sie. Er blickte ihr über die Schulter wie sie an den Kontrollen herum spielte. „Du machst das großartig.“ Schrämte Keeth. Sylvia nickte nur lächelnd.
Eine ganze Weile nach der Landung kam Klaus zu Hyoko gewackelt. „Ich bin fertig. Lass uns wieder nach hause fliegen.“ Hyoko nickte elterlich. „Ja, Klaus. Einen Moment noch. Wir testen ob der Sender funktioniert.“ Sylvia tippte auf der Tastatur herum. „Achtung, Vorhof? Empfangt ihr uns?“ Ein Knacken, sie verstellte die Ausrichtung. „Nein noch nichts.“ Meldete ihr Funkgerät das über die Fähre lief. „Jetzt?“ Sie verstellte die Ausrichtung wieder. Der Sender rauschte nun statt zu knacken. Dann kam das Testsignal an. „Gute Arbeit Millennium Crew. Ihr könnt nach Hause kommen, in die heimatliche Schwerelosigkeit.“ Alle nickten. Zurück in die Luftschleuse. Die Tür schloss sich vor ihnen, sie verließen die schwere Wunderwelt wieder. Die massive Tür versperrte die Sicht auf die grünblauen Wälder und die gleichfarbene Wiese. Melancholisch legten sie wieder ihre Raumanzüge an. Sie sprachen diesmal nicht. Waren in Gedanken, bei der fremden Umwelt, der neuen Erfahrung. Ihnen wurde klar was ihnen alles fehlte in ihrer eigenen Heimat.
Bald saßen sie wieder angeschnallt im vorderen Abteil ihres Gefährts. Ein letzter Blick auf die neue Umwelt. „Kontrolle, ich aktiviere Startprotokolle.“ Die Maschinen liefen warm, die Düsen richteten sich auf die Oberfläche, das Sichtfenster schloss sich, der Blick auf Capella 3 war verwehrt. „Phase zwei läuft an.“ Die Düsen gaben Druck bis das Raumschiff die Schwerkraft überwandt und in der Luft schwebte. „Phase drei.“ Der Hauptantrieb beförderte das Raumschiff einige Hundert Meter in die Höhe. „Letzte Phase.“ Keeth riss das Steuer an sich, die Fähre steuerte Senkrecht zur Oberfläche. Keeth drückte den Schubregler nach oben und die Fähre sauste mit Höchstgeschwindigkeit nach oben. Der ohnehin hohe Druck der Schwerkraft presste die Kinder nun noch fester in die Sessel. Sie schlossen die Augen und warteten. Der Druck lies wieder nach und sie öffneten die Augen wieder. Keeth ließ die Sichtluke nach Außen gleiten. Die Sterne kamen zum Vorschein. Er steuerte routiniert ihr Gefährt zur RS Vorhof. Gleich hinter ihr, nur wenige Kilometer weit entfernt lag die IRS Ausflug. Das interstellare Raumschiff schwebte da wie als Begrüßung. Sie hatte ihnen den Platz in der Geschichte gesichert, ihnen aber auch ein Leben ohne Gras und frische Luft beschert.
Die Millennium flog in den Hangar der RS Vorhof ein. Aus den Fenstern winkten ihnen ihre Eltern und Alterskameraden. Sie waren nun Helden der Menschheit. Die ersten Menschen die je Capella 3 (das spätere Neo Terra) betreten hatten. Die Fähre dockte an. Die Anziehungskraft war gleich null. Schwerelosigkeit. Die fünf Kinder schwebten hinaus in ihre metallene Heimat. Durch den Zugangstunnel in den Vorbereitungsraum. Sie lieferten die Proben ab, wurden wieder abgeduscht und untersucht. Dann ließ man sie weiter. Ihre Eltern schwebten ihnen entgegen. Direkt in die Arme. „Wie war es?“ Waren die ersten Fragen. Wild erzählten sie durcheinander. Von der hohen Schwerkraft, von der Sensation des Grases, von den Bäumen, den Wolken und dem blauen Himmel. Die Schwerelosigkeit war nach den Strapazen wie ein heißes Bad. „Jetzt wisst ihr wie wir uns fühlen wenn ihr in eure Zimmer müssen.“ Sie lachten. Doch Sylvia schüttelte nach einigen Sekunden den Kopf. „Nein... Nein... ihr mögt die Schwerkraft gemerkt haben wie wir. Doch nicht das andere.“ Die Kinder nickten ernst zustimmend. Die Eltern verstanden. Sie waren junge Leute gewesen die sich zum Wohle der Menschheit entschieden hatten die Erde zu verlassen um die neue Kolonie auf zubauen. Noch eine Weile schwebten die Eltern und ihre Kinder zusammen, bis die künstliche Nacht herein brach.
Keeth schwebte in das innere der Station. Hinter ihm Sylvia. Ihre langen Haare, sonst zu einem festen Zopf gebunden waren offen und schwammen träge hinter ihr her. Sie drehte eine Pirouette und schwebte mit aufgestütztem Arm neben Keeth. „Das war berauschend, oder?“ Keeth tat unbeeindruckt. „Die Schwerkraft?“ „Ach!“ Sie versetzte ihm einen Stoß und er trudelte kurz. „Ich meine das andere. Das Gras, die Bäume. Du hast es doch gesehen.“ Keeth lächelte. „Wir sind hier zum Aufbau der neuen Kolonie. Nicht als Poeten.“ Sylvia hielt sich an der Röhrenwand fest. „Wir sollten aber vielleicht Poeten sein. Wie war das ? Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer Sprung für die Menschheit?“ Keeth hielt sich ebenfalls fest. „Das hat er nicht selbst gesagt. Das kam von echten Poeten. Ich glaube die Menschheit hat keinen Bock mehr auf unechte Pattethik.“ Sylvia winkte ab. „Unechte Pattethik? Willst du sagen was wir da unten gesehen und gefühlt haben war unecht?“ Keeth stieß sich augenverdrehend von der Wand ab. „Elektronische Impulse und der Blick durch Isolationsglas. Das nenn ich kaum echt.“ Sylvia schwebte ihm nach. Die Schwerkraft nahm schleichend zu je näher sie dem Kern kamen. „Du bist ein unromantischer Klotz!“ Keeth richtete die Füße in Richtung Boden aus. „Wir finden das nur so beeindruckend weil wir so was nie hatten und nie haben werden. Unsere Kinder werden dies alles als selbstverständlich und unbeeindruckend ansehen.“ Auch Sylvias Beine berührten mehr und mehr den Boden. „Deswegen wird es nicht weniger wichtig.“ Die Schwerkraft war nun so hoch das es ein Oben und ein Unten gab. Die beiden liefen nun wie durch Wasser. Die Röhre wurde zu einem Gang. „Sylvia, Wenn dir nach Gedichte schreiben zu Mute ist, tu dir keinen Zwang an.“ Die Schwerkraft erreichte nun ihr normales Niveau von etwa der Hälfte der Schwerkraft auf der Erde oder Capella. Die Schwerkraft auf Capella lag bei 95% der Erdgravitation, war also nicht wesentlich niedriger. Der Gang endete in den Quartieren der Weltraumkinder. Das Gehen war wieder normal. Keeth und Sylvia gingen in ihre Zimmer. Die nächsten Missionen waren bereits geplant und sollten in wenigen Tagen statt finden.
Der Erwachsene schien Klaus gegenüber zu sitzen, auf der anderen Seite einer Glasscheibe. Doch die vermeintliche Glasscheibe war ein großer Bildschirm. Auf Klaus’ Seite standen einige Käfige mit Katzen darin. Seit der letzten Landung des sogenannten Ersten Teams war eine halbe Woche vergangen, in der Zeit hatten die Biologen unter den Kindern und die Erwachsenen daran gearbeitet einen Impfstoff gegen die Gifte des Planeten zu finden und andere Kinderteams hatten unter großen Strapazen Material auf den Planeten gebracht. Beinahe jedes Partikel der Luft von Capella 3 war giftig. Neun von Zehn Pflanzen waren tödlich für Menschen, die wenigen Ausnahmen erzeugten schwere Krankheiten die unter Umständen auch bis zum Tod führen konnten. Klaus’ erklärte seinem Team was ihr nächster Auftrag war. „Diese Katzen haben wir mit Unterschiedlichen Wirkstoffen geimpft von denen wir glauben, dass sie die Katze immun machen gegen die Umwelt. Wir haben insgesamt acht Katzen. Drei Paare haben je Paar den selben Impfstoff. Das letzte Paar ist ungeimpft als Kontrollgruppe. Sylvia machte ein mitleidiges Gesicht. „Die armen Katzen! Geopfert auf dem Altar zum Wohle der Menschheit!“ leierte ihr Keeth ins Ohr. Sie versetzte ihm einen Stoß in die Rippen. „Ihr werdet an der letzten Landestelle landen und die Katzen dann frei lassen.“ Erklärte Keeth’s Vater. „Wir haben sie mit Sendern versehen und sie kriegen Leinen. Sie dürfen sich nicht vom Schiff entfernen, wenn ihr sie entkommen lasst könnte dies zerstörerische Folgen für das Ökosystem hier haben.“ Alle nickten. „In der ersten Phase lasst ihr die Katzen einfach so frei. Wir gehen davon aus das die ungeimpfte Gruppe innerhalb weniger Minuten stirbt. In der nächsten Phase bringt ihr die Katzen nah an die Bäume heran und in der letzten gebt ihr ihnen von den Früchten dort zu Essen. Wir hoffen zwar das alle Impfstoffe wirken, aber unter Umständen sterben alle Katzen. Ihr müsst unbedingt auch die Kadaver wieder mit bringen, zur Untersuchung.“ Sie verstanden und begaben sich erneut zu ihrer Fähre.
„Na, freut ihr euch schon auf Sylvias Welt?“ fragte Keeth nach dem Ablegen. Sie grinsten. „Jedenfalls tun mir die Katzen leid.“ Erklärte Sylvia. Lannya lächelte leicht. „Wie war das? Altar zum Wohle der Menschheit?“ Die Fähre tauchte wieder in die Atmosphäre ein. Wieder erlitten die Kinder die Belastungen der Landung und genossen den Blick auf die Heimat ihrer ungeborenen Kinder. Die Fähre setzte auf. Sie schlüpften in die Planetenanzüge und verließen mit den Katzen das Raumschiff. Jede Katze war mit einem elastischen, extrem reißfestem Band am Schiff befestigt. „Können die auch wirklich nicht reißen?“ „Eher ziehen sie das Schiff mit sich.“
Lannya stand mit ihrem elektronischen Notizblock neben den sich neugierig umblickenden Katzen und notierte. Eine der ungeimpften Katzen hopste wild herum. Mit ihren Tatzen kratzte sie an ihren Augen herum. Sylvia drehte sich traurig ab. Auch die anderen suchten sich etwas anderes zu tun. Nur Klaus und Lannya beobachteten weiter die krepierenden Katzen. Kurz nach der ersten begann auch die zweite Katze sich die Augen auszukratzen. Einige Minuten dauerte das Martyrium bis die Katzen sich nicht mehr regten. Die anderen Katzen taten gar nichts. „Ihr könnt wieder kommen. Sie sind tot.“ Sylvia sah nicht hin, Hyoko schluckte unbehaglich, Keeth grinste verlegen. „Mach das weg.“ Sagte Hyoko. Eine Minute Stille. „Hast du nicht gehört?“ Keeth schüttelte sich. „Ich?“ „Ja du!“ Klaus hielt ihm grinsend einen Plastiksack hin. Keeth beförderte mit Ekel die Kadaver in die Säcke. Die Sensoren zur Gefühlsübertragung hatte er abgeschaltet.
Sie gingen zu Phase zwei. Jeder der Kinder nahm eine Katze auf den Arm, bis auf Keeth, der nahm zwei. Und sie brachten sie in die Nähe eines großen Baumes der halb auf der Lichtung stand. Sie setzten sie neben dem Baum ab und warteten. Als nichts geschah trat Klaus ein mal gegen den Stamm. Der Baum schüttelte sich und ein feiner Pollenregen nieselte herab. Die Katzen niesten zunächst. Dann setzte sich eine hin. Keuchte schwer. Ihr Impfgenosse schloss sich ihr gleich an. Auch diese beiden verstarben in wenigen Minuten. Keeth brachte sie zusammen mit Hyoko ins Schiff. Die letzten beiden Paare wurden eifrig gefüttert. Sie waren trainiert worden sich dies gefallen zu lassen. Früchte von den verschiedenen Pflanzen stopften sie den Katzen in den Mund. Einiges erbrachen sie, doch schienen sie es meist zu vertragen. Nach einer Stunde „Katzenquälerei mit außerirdischen Früchten“ brachten sie die vier Überlebenden in die Fähre. Klaus und Lannya waren aufgeregt. „Wenn das hier klappt, dann können wir hier nächstes mal ohne Anzüge her kommen!“ Die Fähre startete wieder und legte an der Station an. Als sie die Fähre leer räumten schwanden ihre Hoffnungen, die anderen beiden Katzenpaare waren auch gestorben.
Regelmäßiges Training für die Knochen und Muskulatur waren Pflicht auf der Station. Die äußerst hellhäutigen Bewohner waren gut durchtrainiert. Ihre äußerlichen Merkmale hatten Vorfahren auf allen Kontinenten und allen Staaten der Erde gehabt. All dies stand unter der Oberherrschaft des neuen „Gremiums für Interstellare Angelegenheiten“. Diese ganze Aktion war auf ihrem Mist gewachsen. Offiziell waren die Bewohner der Station, was die Kinder einschloss, Wissenschaftler und Kolonisten des Gremiums. Doch trug die Entfernung zur Erde und der unmilitärische Umgangston dazu bei, dass dies oft in Vergessenheit geriet. Die Reise zur Erde dauerte von hier einige Jahre. Es war geplant das die IRS Ausflug, das einzige Raumschiff der Menschheit das die gewaltigen Entfernungen zwischen den Sternen überbrücken konnte, weil es mit virtueller Überlichtgeschwindigkeit flog, zur Erde zurück kehren sollte sobald sicher sei, dass der Besiedlung hier nichts im Weg stand. Im Sonnensystem baute man bereits an zwei neuen Interstellaren Raumschiffen. Der IRS Capella und der IRS Vega. Doch war der Fertigstellungstermin zu einer Zeit angesetzt als die Kolonie eine kalkulierte Bevölkerung von wenigstens achthundert Bewohnern haben sollte. Hyoko stand neben Lannya auf dem Laufband.
„Ekelig, oder?“ „Was?“ „Na das mit den Katzen.“ „Wieso?“ „Na- alle Tod.“ Lannya lächelte. „Es waren nur Katzen.“ Hyoko wiegte den Kopf hin und her. „Nur Katzen! Das sind auch Lebewesen.“ „Hyoko. Wie sollten wir denn deiner Meinung nach fest stellen ob die Impfstoffe wirken? An Menschen ausprobieren?“ Hyoko rollte die Augen. „Halte mir keinen Vortrag über Ethik. Mir ist ja klar das dieses Opfer nötig war. Ich find es trotzdem ekelig.“ Lannya stieg vom Laufband. Hyoko folgte. „Du hast mit diesen Katzen schon als Kind gespielt. Ist es dir egal das sie nun tot sind?“ Lannya regte sich auf: „Mann Hyoko! Lass mich doch mal mit den Katzen in Ruhe! Natürlich hab ich sie lieb gehabt, aber dieses Opfer musste für die Menschheit gebracht werden.“ „Du quatscht auch jeden Scheiß nach den dir das Gremium vorlegt!“ Lannya sah ihn vorwurfsvoll an. Dann schüttelte sie den Kopf und ging raus. Hyoko kam ihr nach. „Lannya, tut mir leid!“ Sie seufzte. „Hyoko, was soll das? Das Gremium ist unsere Familie! Sie sind da um die Menschheit zu schützen.“ „Und wovor?“ „Vor sich selbst! Bevor das Gremium die Führung der Menschheit übernommen hat standen wir Dutzende Male am Rande der Selbstzerstörung! Jetzt stehen wir davor uns auf andere Planeten auszubreiten. Das Gremium hat radikale Ansichten. Ich möchte fast sagen... Der Menschheit fanatisch verfallen. Aber es gibt keine andere intelligente Spezies neben uns.“ Hyoko nickte langsam. „Du hast ja irgendwie Recht.“ Lannya legte ihre warme Hand auf seinen Arm. Ruhig redete sie. „Wir sind hier um eine Mission zu erfüllen. Wir werden einen leblosen Planeten mit menschlichem Leben füllen. Wir sind keine Konquistadoren die dafür andere Völker auslöschen, aber wir sind auch keine Adams und Evas. Die Geschichte wird uns Recht geben. Diese gestorbenen Katzen werden den Grundstein legen für das Überleben Tausender- Vielleicht Millionen von Menschen. Ich glaube das Opfer hat sich gelohnt. Wenn bei jeder menschlichen Fortentwicklung so wenig hätte geopfert werden müssen würde der Geschichtsunterricht weitaus weniger unserer Zeit einnehmen.“ Hyoko blickte sie ernst an. „Ich habe das Gefühl das ungute noch weitaus mehr geopfert werden wird.“
In den schwerelosen und den schweren Bereichen waren überall identische Raumhälften verteilt die scheinbar über einen großen Bildschirm miteinander verbunden waren. Treffen zwischen Kindern und Eltern fanden regelmäßig darin statt. Heute war eine Besprechung der Teameinsatzleiter angesetzt. Neben Hyoko und einigen anderen setzten sie sich in den Raum. Vorne stand Klaus mit ein paar anderen Biologen. Auf der anderen Seite schwebten Keeth’s Vater, die Biologen der Schwerelosigkeit und einige andere Ranghohe Offiziere der Station sowie der Kolonialverwalter von der IRS Ausflug. „Willkommen zur Einsatzbesprechung. Ihr alle habt sicher gehört von dem bedauerlichen Verlust aller Versuchskatzen. Doch entgegen allem was ihr schon wahrgenommen habt, sie sind nicht an Vergiftung gestorben.“ Ein Raunen ging durch den Raum der Teamleiter. „Die Katzen starben aufgrund der Strapazen beim Startanflug. Wir haben sie untersucht und können sagen, dass ihre Wirkstoffe sie mehr oder weniger immun gemacht haben. In den folgenden Wochen läuft die nächste Stufe unserer Besiedlung an. Ihr werdet weiterhin mit Testtieren auf der Oberfläche landen und die Wirkungskraft des Impfstoffes testen. Wir wollen alle Probleme beseitigen bevor wir es an Menschen ausprobieren. Außerdem werdet ihr weiterhin bei jeder Landung Baumaterial auf die Oberfläche bringen. Des Weiteren suchen wir Freiwillige für Ganztagsaufenthalte auf der Oberfläche, besprecht das bitte mit euren Teammitgliedern. Noch Fragen?“ Einige Fragen wurden gestellt, dann löste sich die Gruppe auf.
„Ganztagsaufenthalte! Das ist doch Klasse!“ Keeth freute sich. „Ach was. Du hast nach zehn Minuten rumgenölt und nun willst du einen ganzen Tag da unten bleiben?“ sagte Sylvia. „Die Führung hängt das nicht an die große Glocke, aber sie sind hier der Meinung das es extreme Gesundheitsschäden nach sich ziehen könnte.“ Bemerkte Lannya. „Ich bleib jedenfalls nicht einen ganzen Tag da unten.“ Erklärte Klaus. Hyoko nickte ernst. „Keeth, wenn du das unbedingt willst kannst du mit nach unten gehen, aber wir anderen begleiten dich dabei nicht.“ Keeth zuckte die Schultern. „Sobald diese Ganztagsaufenthalte anfangen bin ich dabei.“
In den folgenden Wochen und Monaten landeten immer wieder Fähren auf der Oberfläche und testeten an verschiedenen Tieren die Wirkung der Impfstoffe aus. Das Mittel wurde ständig erneuert und verbessert. Nach einem halben Jahr lag die Mortalitätsrate bei null.
„In den folgenden Tagen beginnt der Koloniale Aufbau. Wir schicken nun mehrere Teams gleichzeitig auf die Oberfläche. Ihr kriegt alle das Mittel verabreicht. Wir haben es zwar schon erfolgreich an Menschen getestet, aber falls euch dennoch übel wird, ihr an Orientierungslosigkeit leidet oder irgend so etwas, geht sofort in eure Fähren. Die von euch die sich bereit erklärt haben einen Ganztagsaufenthalt zu unternehmen dürfen auf der Oberfläche zurück bleiben. Alles Verstanden? In eure Schiffe.“
Eine kleine Flotte von Landungsfähren steuerte auf die Oberfläche zu. Die Piloten hatten neben der Landeprozedur nun auch noch darauf zu achten nicht mit den anderen zusammen zu stoßen. Eine friedliche Invasion menschlicher Siedler regnete an Fallschirmen ihrer Fähren auf dem Weltraumstrand der blaugrünen Welt.
Im Wald nah der Landestelle hatten sie bereits Baumaterial gelagert. Bauleiter war Hyoko. „Gut, Leute, Gut.“ Die Teams hatten sich versammelt und standen um ihn herum. „Wie wir es geplant haben. Wir errichten als erstes die Landeplattform. Die Konstrukteure kümmern sich um den Bau, die Elektriker und Informatiker um die Einrichtung der Software. Wenn wir das heute noch fertig kriegen können wir morgen auf den unbequemen Anflug in unseren Fähren verzichten. Die Biologen säen die irdischen Pflanzen aus.“ Die Gruppe begann zu arbeiten. Hyoko sog die Luft der fremden Welt ein. Der Wirkstoff bewahrte ihn vom Tod. Er berührte das Gras und blickte in den Himmel. Das Gefühl war noch echter und noch intensiver als es zuvor schon gewesen war.
Klaus grub mit seinen Kollegen Löcher und stopfte die Samen genetisch veränderter Pflanzen in den Boden. Um die Kolonisierung voran zu treiben war geplant die Lichtung zu vergrößern. Die neuen Pflanzen, Farne und Gräser würden die außerirdischen Bäume am Rand verdrängen und sie schleichend vergrößern. Der Zeitplan war so gelegt das es in absehbarer Zeit nicht nötig wäre Wald abzuholzen. Die Bauarbeiten verliefen recht gut. Trotz oder gerade wegen der Pausen. Oft gingen die Kinder von ihrer Arbeit ab, einfach um die frische Luft zu atmen und ihre Verpflegung zu nehmen. Immer wieder konnte man beobachten wie sie vorsichtig und zärtlich ihre Hände auf die Rinde der außerirdischen Bäume legten und dann in tiefer Zufriedenheit sich an den Baum schmiegten wie an einen lieben Freund. Nebenwirkungen des Impfstoffes zeigten sich wenige. Zwar blieben die Kinder länger auf der Oberfläche als je zuvor, doch bemerkten sie es kaum. Es wurde spät und die Landeplattform war fertig. Zehn blieben über Nacht auf der Oberfläche. Der Rest verabschiedete sich herzlich.
Zum ersten mal saß nicht Keeth am Steuer der Fähre. Die Einsatzkontrolle ließ die Fähren nacheinander starten, die Millennium lag weiter hinten auf der Liste. Lannya ging zusammen mit Klaus noch einmal die Aufzeichnungen durch. Das Mittel hatte kaum Probleme verursacht. Bei sehr großer Belastung schien leicht Übelkeit auf zu kommen, doch bekam man das mit einigen Minuten Ruhe wieder hin. Hyoko ging auch eine seiner langen Checklisten durch. Der Aufbau war gut verlaufen, die Erwachsenen würden zufrieden seien. Sylvia blickte die ganze Zeit auf den Pilotensitz. Dort saß ein Fremder. Sie vermisste Keeth auf diesem Platz. Der neue Pilot redete nicht mit dem Rest. Sie kannten ihn zwar- jeder kannte jeden auf der Vorhof doch niemand kannte ihn sehr gut. Er spürte ja selbst das er hier ein Fremdkörper war.
Keeth sah wie nach und nach die Fähren in den abendlichen Himmel aufstiegen, wie die Blasen in einer Flasche Sprudelwasser. Das Landefeld hatten sie gut aufgebaut. Er saß vor dem Wald hinter dem die gelbe Sonne Capella versank. Der Himmel erstrahlte in kräftigen Farben. Tausend mal hatte er dies in Filmen gesehen, doch nie berührte es ihn so sehr wie jetzt. Sylvia fehlte ihm. Er wünschte sie könnte nun hier sein, und das mit ihm teilen. Die fremde Umwelt wurde ihm vertraut als hätte er schon immer hier gelebt.
Die Fähren flogen geordnet in die Vorhof ein. „Achtung Fähren. Seht mal nach Rechts.“ Die Blicke der Besatzungen richteten sich nach rechts. Die gewaltige IRS Ausflug hatte den Orbit um Capella 3 verlassen. „Der Kolonialverwalter auf der Ausflug hat entschieden, dass der Besiedlung von Capella 3 nichts mehr im Wege steht. Seht sie euch gut an. Ihr werdet alle bereits Mütter und Väter sein wenn sie zurück kommt.“ Die Kilometergroßen Triebwerke der IRS Ausflug gaben Schub, hellblau leuchtete der Ionenantrieb. Dann flimmerte es am vordern Teil, die Aktivierung des Krümmungsantriebes. Die Ausflug verwandelte sich in einen, sich immer schneller entfernenden, Lichtfleck am Himmel, die Konturen verschwammen und verzerrten bis das Schiff aus dem Sichtbereich verschwand. Als hätte sich ein himmlischer Botschafter zu den Sternen erhoben um die Menschheit zu segnen. Das hieß: Capella war nun unwiderruflich eine menschliche Kolonie.

 

Hallo Paul Schoeps,

du hast dir dein eigenes Universum ausgedacht. In deinem Universum passiert etwas. Für dich als Schöpfer sind es wichtige Ereignisse. Für mich als Leser jedoch ... für mich als Leser ist der obige Text kaum mehr als eine Abfolge von "x tut dies", "y sagt jenes". Keine Spannung, kein Höhepunkt, keine Pointe.

Nebenbei: "nun" scheint eines der Lieblingswörter zu sein.

Klaus

 

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