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Die Firma Mensch

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24.04.2003
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Die Firma Mensch

Du kannst nicht über Leben und Tod entscheiden.
Wähle eines von beidem.

Ich legte die Täuschung ab, die ihn mir bislang als echt erscheinen hatte lassen, und sah auf einen Fremden, den ich nicht länger als Freund erkannte.
Manchmal geschieht etwas derart plötzlich, dass man sich nicht sicher sein kann, ob man die Welt noch mit den Augen, oder den Gedanken betrachtet.
Vielleicht ist das Innere soweit in die vermeintliche Realität vorgedrungen, dass die Pupillen mit größter Anstrengung gerade noch das Wesentliche erfassen können.

Er kommentierte die zerbrochene Freundschaft nicht, sondern wandte sich ab.

Dann wurde es eine lange Zeit dunkel.

Du fühlst dich groß im Beruf, weil du dich privat klein fühlst. Die Art, in der du da kompensierst ... schau dich doch an. Es muss einfach ungesund sein!

Zwei bunte Zwerge in schrillen Farben der Regenmäntel. Schwarze Gummistiefel im Schlamm.
Wir sahen vielleicht aus.
Unsere einzigen Ängste galten den aufgebrachten Müttern, wenn wir total verschmutzt nach Hause kamen.
Nichts war gelogen.
Alles ist gelogen.

Die Entwicklung setzt sich über Schaukeln und Spielplätze hinweg, und sie hat einen gigantischen Löffel in der Hand, die Zeit, mit dem sie aus dir isst.

Zwei leere Hüllen; von dem, was man einmal werden wollte wurde reichlich gegessen, und Leere ist es eigentlich nicht, weil Zukunftspläne bis zu einem gewissen Grad nachwachsen, nur tun sie das irgendwann so langsam, dass man die Motivation verliert; und dann kamen bei dir Anzug und Krawatte, bei mir allerdings die großen Zweifel.
Denn alles wird gut. In ferner Zukunft.
Erst morgen, dann übermorgen, und dann: Ich werde, ja, ich werde, wenn ich von alledem genug habe.
Es ist immer genug. Erhoffte Bestätigung und Überdruss. Schlimmerweise steigt beides weiter an.
Denn wer kann dich noch loben, wenn du soweit oben bist, dass du die "Buhrufe" von weit unten nicht mehr hören kannst, weil nicht bloß Augen, sondern auch Ohren sondieren und entscheiden, was von innen, und was von außen zu ihnen dringt.

Dann war es zuende.

"Ich denke, wir sollten dies beenden." - Als hättest du einen langjährigen Vertrag gekündigt.
Ein Kompliment, dass es nicht der Sicherheitsdienst, sondern deine über meiner Schulter schwebende Hand war, die mich zum Ausgang geleitete.

Wie konntest du nur?

Eine neue Rutschbahn. Es war Winter, und gefrorenes Regenwasser ließ uns über das Ziel hinausschießen.
Ironisch, dass du damals noch keinerlei Ahnung von Betriebsergebnissen und Profitvorgaben hattest.
Dann lachten wir, und die einzige Angst war die vor den Müttern. Und vielleicht ein wenig die vor denen, die älter waren als wir, aber so läuft der Kreis nunmal im eigenen Arsch herum.
Doch alles, was einen Anfang hat, hat auch immer einen nicht endenden Fluss, den du hervorragend, in haarsträubender Wilde bezwingst, niemals den unvermeintlichen Wasserfall realisierend, der aus dir machen wird, was du nicht verstehen kannst.
Schau dich doch nur einmal an! Ein einziges Mal nur ohne die Gedanken, bloß mit den Augen.

Es war Sommer, als der Streit aufkam. Die Sonne brannte uns auseinander, anstatt die Innigkeit zu verschmelzen, denn da stand eine Hitze im Raum, derer du dich so leicht entledigtest, als hättest du einen Ventilator eingeschaltet, um das Schwitzen zu stoppen.
Genau in diesem Moment kam die Enttäuschung.
Warum ich nichts aus mir gemacht habe?

Weil ich keiner wie du sein will.

Und so abrupt endet eine Freundschaft, wenn man klar sieht, und die Erinnerung an Spielplätze außen vorlässt.

Der Bedienstete, der das Innere bewacht, hat keine Ahnung von dem, was ganz tief im Inneren ist, und wüsste er es, dann müsste er noch energischer sein, weil kein Einlass sein kann, wo der Zutritt verboten ist, und ...

Wir lachten lange an jenen Nachmittagen, küssten die jeweiligen ersten Freundinnen, und irgendwie habe ich ja auch zu dir aufgesehen, als das Schicksal seinen Lauf nahm.
Doch wenn ich nun "Buh!" rufe, dann hörst du mich einfach nicht mehr.

Arroganz ist deine Art, mir zu gestehen, dass du es gerne so wie ich gemacht hättest, und wenn du blind wärest, dann würdest du noch immer nicht sehen, denn du hast

keine
Augen,
und die Schaukeln
die dir zeigen, was du
schaukeln nicht mehr
gerne sehen willst.

Wenn du dies hier liest, bist du längst tot. Auf das Vermutliche verzichte ich an dieser Stelle.

 

Hi Cerberus,

ganz ehrlich versagt meine Intuition bei diesem Text.
Ich finde Bilder schön, etwas den Löffel Zeit, den die Entwicklung in der Hand hat und auch die nachwachsenden Zukunftspläne.
Ich mag den sentimentalen Grundton in dieser Geschichte, der bei den Erinnerungen aber auch beim Bedauern über die unterschiedliche Entwicklung herrscht.
Der eine scheint wesentlich zielorientierter, angepasster geworden sein, fast als wäre der Freund für ihn nur noch ein Looser.
Und irgendwie stellt mir die Rubrik, in der du die Geschichte gepostet hast, die Frage, ob es vielleicht gar nicht um zwei Menschen und ihre gewachsene Freundschaft und die Erwartungen an das Leben und des Lebens an sie geht, sondern vielleicht auch um etwas Größeres, zwei Staaten etwa oder einen verlassenden Gott.
Aber das überlege ich nur anhand der Rubrik.

Lieben Gruß, sim

 

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