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Die Fliegenanziehgeschichte

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08.06.2004
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Die Fliegenanziehgeschichte

Als Norbert gestern mit seinem Stiefel um Hilers Hand ansuchte, fand er nichts als die Überreste eines sterblichen Goldfisches. Keine zwei Minuten später starrte er in die Sonne und spie im Stehen. Er hatte sich die ganze Sache etwas anders vorgestellt bis zu jenem Zeitpunkt als das Gespräch mit seinem Chef im Sande verlief. Keine Ahnung, warum unvermittelt ein Polizist auftauchte und in seiner Verrücktheit die Handschellen aufaß. Zuerst kam er ins Spital und von dort aus direkt in den obersten Zellentrakt des Staates, weil er Eigentum desselbigen veruntreut hatte. Aber in der Zelle, ja, da war es lustig! Sieben Mexikaner aus Traiskirchen waren dort. In Wahrheit waren es Rumänen, die hofften nach Mexiko abgeschoben zu werden, weil sie sich als Mexikaner ausgaben. Aber sofort fiel unserem Helden, dem sein Name schon lange entfallen war, auf, dass es gar keine Mexikaner waren. Ha, dachten die vielleicht, sie könnten ihm was vorgaukeln, dabei hatten sie gar keinen Schnurrbart. Und dann kehrte das Gedächtnis des polizeilichen Handschellenfressers zurück und er kam drauf, dass er gar nicht mehr er selbst war ... Erst als ihm die mexikanerischen Rumänen so lange hernahmen, bis seine Schuppen rieselten, reinkarnierte er in der linken oberen Ecke der Zelle als Goldfisch und starrte nun anstatt der Sonne auf die Unteren. Na, war das kein Leben? So ganz aus der etepetete-Schublade ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. Goldie entdeckte, dass er immer noch sehr menschlich dachte und beschloss daraufhin, nicht alles wieder zu vergessen. Eines Tages könnte es sich als nützlich herausstellen. Vorerst aber war gar nicht daran zu denken, die Pseudomexikaner starrten ihn an, als ob sie Hunger hätten. Da ersonn Goldie eine List: ER würde sich als Mexikaner ausgeben und nach Mexiko fliehen. Nur wo sollte man auf die Schnelle soviel Wasser herbekommen? Er dachte an die Harnblasen der Rumänen, spitzte die Zähne und fiepste, so gut es eben ging das Einzige, was er sich aus seiner Zeit als rumänischer Säbelzahntiger in Erinnerung rufen konnte: VIVA LA SECURITATE! Dann stieß er sich mit der Flosse von der Decke ab und fiel total auf die Fresse. Wäre in dem Moment nicht die Wache aufgetaucht, wer weiß? Aha, dachte Goldie sofort, wenn die Wache aufgetaucht war, konnte das Meer mit den grünen Algen und Blauwalen sicher nicht sehr weit entfernt sein. Hahahaha. Ihr dummen Rumänen. Ich schwimme euch auf und davon. Sprach es und unternahm den ersten von 27 Versuchen, durch die Gitterstäbe zu glitschen. Und wenn es aber nicht klappen sollte, würde Plan B in Kraft treten: ein Besuch auf dem Arbeitsamt. Sicher würden die dort Mitleid zeigen, wenn ein armes Fischlein dort erschien und um einen Job bat. Am besten natürlich etwas ohne Stehen. Vielleicht sogar in einer Wäscherei? Na, sagte er zu sich selbst, vielleicht darf man gar nicht so hohe Erwartungen an niemanden nicht stellen, schon gar nicht an sich selbst. Was sollte wohl schief gehen, wenn er sich beim Wort nahm und alles hielt, was ihm in die Flossen geriet? Aus irgendeinem Grund wurde Goldie beim 22. Versuch geil. Das Problem: er hatte zwar das Gefühl eines Steifen aber da war kein Steifer. Sozusagen eine Phantomerektion. Und Paco, dieser dreckige Rumäne nutze sofort die Gelegenheit, zog seinen unbemerkt in die Zelle geschmuggelten Gummistiefel hinter seinem Ohr hervor – Paco hatte sehr, sehr große Ohren – und dann … dann vergaß er, was er mit dem Stiefel vorhatte. Genau in dem Moment!! Aber warum? Ach ja, er wollt doch mit genau diesem Stiefel um Hilers Hand anhalten, als ihm diese leidige Sache dazwischen kam. Und nun erst begann er zu verstehen … Irgendwer versuchte sie alle gegeneinander auszuspielen. Wenn doch Goldie Norbert war, der zum Polizisten mutierte und Paco aber auch Norbert, dann schloss sich jetzt der Kreis. Wie? Warum kam ihm jetzt der Gedanke eines Literaturprofessors in den Sinn? Na gut, wir beginnen von vorne. Die Sprache ist wie ein Schatz mitten im Dschungel. Ohne Macheten und Mühe, vor allem aber dem festen Vorsatz es zu schaffen zu wollen, also nichts anderes als eine Metapher für das Vertrauen in eine höhere Kraft, werden wir niemals zu diesem segensbringenden Schatz vordringen können. Geschichten sind nicht linear, sie rollen in unserem Gehirn vielmehr wie eine Kugel hin und her, Zugang finden wir von allen Seiten. Wir aber verbeißen uns , sind davon besessen, dass die Zeit immer von A nach B gehen muss. Stimmt aber nicht. Die Zeit ist ein schwebendes, artifizielles Konstrukt. Kehren wir noch einmal zu unserer Geschichte zurück und picken uns ein Element heraus: die Handschelle
Wer denkt denn schon an den Klang, an das Schellen? Wenn wir uns die Handschelle nicht in all ihren Erscheinungsformen vorzustellen vermögen, kein Bild von Silber und Klang und Metall und Kälte, glänzen und Verderbnis, Gefängnis und Todesstrafe, nützt uns die zweidimensionale Abbildung der Handschelle in Form eines schnöden Wortes gar nichts. Sind nicht alle Dinge miteinander verbunden? Wenn ja, gibt es immer eine Assoziation zwischen allen Gegenständen. Wer es nicht schafft, den Sinn der Welt in einem kurzen Satz mit Hilfe der Wörter "Vorhaut, Lastwagen und Marillenmarmelade auszudrücken, der hat verdammt noch einmal nichts an einer Schreibmaschine verloren, ist er doch selbst nichts anderes als eine Schreibmaschine, die epigonalen Dreck produziert und sein Leben verscheißt.
Letzlich geht es nur darum, die Strukturen aufzubrechen, sich selbst die Narrenkappe aufzusetzen und so weiter und sofort.

 

Hi Tintifax,

Ich schreibe auch hin und wieder völlig sinnlose Geschichten, aber ich würde mich nie trauen, die hier zu posten.

Solche sinnfreien Geschichten kann jeder schreiben - man braucht sich keine Gedanken über die Handlung und über die Prots zu machen. Wenn du aber mehr Feedback haben möchtest, würde ich dir raten, dir das nächste Mal mehr Mühe zu geben.

An deiner Geschichte kann ich kaum etwas Positives finden - außer, dass man manchmal schmunzeln muss. Und, dass sich die Fehler im vernünftigen Rahmen halten.

Gruß,
131aine

 

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