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Die Flucht

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22.08.2009
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Die Flucht

„Jack? Was ist los mit dir, Jack?“ Marie saß auf dem Beifahrersitz des schwedischen Kombis und umklammerte mit beiden Händen einen zusammengefalteten Schirm und einen Ledermantel. Ihr Gesicht war bleich. „Jack?“
„Es war ein Unfall.“
Sie fuhren im hohen Tempo eine leere Landstraße hinunter. Der dichte Regen trübte die Sicht und erlaubte nur einen kurzen Blick auf die Straßenschilder aus geringer Entfernung.
„Ein Unfall, Jack? Seit wann trägst du eine geladene Kanone mit dir herum?“
Der Regen schlug auf das Dach des Volvo. Die Abstände zwischen dem Klopfen waren kaum herauszuhören.
„Jack?“
„Vorsichtsmaßnahme.“ Er hatte sich über das Lenkrad gebeugt und konzentrierte sich auf die nasse Straße.
„Du hast ihn erschossen, Jack. Du hast ihm in den Kopf geschossen, nur weil er kein Geld hatte.“
„Es war ein Unfall, verdammt! Und er hatte Geld, der Mistkerl hatte massenhaft Kohle. Ich habe den Tresor gesehen, als wir hinausgingen.“
„Warum wolltest du das Geld dann nicht? Seit wann sind wir denn Mörder, Jack?“
„Ich konnte das Geld nicht nehmen. Denk doch mal nach, verfluchte Scheiße! Die würden das mit den anderen Überfällen in Verbindung bringen, hätte ich es genommen. Glaubst du, ich wollte ihn umbringen, denkst du, es hatte mir Spaß gemacht, den Kopf auf dem Tresen aufschlagen zu sehen? Verdammt, Marie! Du kennst mich doch!“
Die Straße war uneben. Zahlreiche Ausbuchtungen im Asphalt boten genügend Speicherplatz für die Wassermassen und ausreichend Potenzial für springende Fontänen, wenn die Reifen in die Schlaglöcher stießen. Er drosselte das Tempo.
„Jack, hast du das Foto gesehen? In dem silbernen Rahmen.“
„Was?“
„Es war an die Wand genagelt.“
„Wovon sprichst du, verdammt noch mal?“
„Die Fotografie an der Wand unter dem Fernseher. Hast du sie gesehen, Jack?“
Jack schenkte seiner Beifahrerin einen kurzen Seitenblick zu. Um ihre Augen hatten sich rote Ringe gebildet und schwaches Glitzern auf der Hornhaut kündigte eine herannahende Flut an, die salziges Wasser über ihre Wangen zu ergießen drohte.
„Das Foto, auf dem er das kleine Mädchen in den Armen hielt, Jack. Das Mädchen in der roten Winterjacke und der Wollmütze und dem kleinen Fisch in den Händen. Es hielt den Fisch senkrecht zum Boden und guckte ihm in die Augen und drückte ihn mit beiden Jackenärmeln an die Brust, damit er ihr nicht wegrutschte.“
Jack warf Marie erneut einen Blick zu, als sie endete. Ihr Kopf lehnte jetzt an die Seitenscheibe und schlug in unregelmäßigen Abständen gegen das Glas, doch sie ließ ihren Blick nicht von Jack abschweifen.
„Nein“, sagte er.
„Nein, Jack?“, sie schluchzte.
„Nein. Ich habe es nicht gesehen.“
Der Regen schlug weiter unermüdlich auf das Dach des Kombis, und hüllte die Landschaft in einen leichten grauen Schleier des herbstlichen Nebels. Die trägen Wolkenmassen, die ihre müden, schweren Gemächer über den ganzen Himmel verteilten, würden vermutlich noch mehrere Tage brauchen, um sich vollständig zu entleeren und mindestens mehrere Stunden, ehe sie einen Lichtstrahl durch ihre dichten Füllen durchsickern lassen könnten. Unter den zwei entgegenkommenden Lichtpunkten erkannte Jack die Umrisse eines Autos, das ihm mit aufflackerndem Fernlicht signalisierte, die Scheinwerfer einzuschalten.

 

Hallo M Elane!

Die erste Hälfte deines Textes liest sich recht flott. Das Streitgespräch der beiden baut Spannung auf.
Leider dreht sich der Dialog dann ab hier nur noch im Kreis:

Du hast ihn erschossen, Jack.“ Sie rang mit den Tränen. „Jack, du hast ihn erschossen, du Scheißkerl.“ Die Stimme erfüllte den ganzen Innenraum des Wagens und übertönte jedes andere Klopfen und Brummen und Rauschen, die Worte wurden durch das Schluchzen verschluckt und abgebrochen. „Du hast ihm eine Kugel durch den Kopf gejagt, du Schwein.“ Du hast ihn getötet!“
Die weißen Markierungen mitten auf der Straße manifestierten sich wie Richtlinien des Lebensweges in Jacks Kopf. Laufen und Erreichen, war alles, wozu sein Verstand in diesem Augenblick zu verarbeiten imstande war. Jede weitere Information würde das Seil überspannen, die funktionale Elastizität reißen lassen.
„Jack! Jack? Warum musstest du ihn umbringen, Jack?“
Da ist etwas mehr Phantasie nötig.

Der Titel deiner Geschichte lautet "Die Flucht". Davon ist im Text nichts zu lesen. Die beiden fahren einfach nur durch den Regen von der "Arbeit" nach Hause. Der Unfall hätte jedem streitenden Paar passieren können. Eine Verfolgungsjagd wäre dem Gedanken, der hinter deiner Geschichte steckt, nicht dienlich, aber ein wenig Fahrhektik, z.B. Stoppschild missachten, Geschwindigkeitsübertretung, sollte schon erwähnt werden. Das würde auch gut zu Jacks mentaler Verfassung passen.

Zur Unfallursache:
Das Jack sich gegen den Kopf schlägt, ist sehr unwahrscheinlich. Ich habe es gestern mal ausprobiert, selbstverständlich auf einem Parkplatz und bei ausgeschaltetem Motor. Habe also auf mein Lenkrad eingeprügelt und versucht, dabei auch meine Schläfe zu treffen. Das ist zwar durchaus möglich, aber in der Wirkung harmlos. Zum einen ist es mehr ein streifen des Kopfes, zum anderen entwickelt der Arm in der Aufwärtsbewegung automatisch viel weniger Kraft als in der üblichen Schlagrichtung nach unten.
Als viel wahrscheinlicher hat sich herausgestellt, das man versehentlich nicht frontal auf die Fläche, sonder von schräg oben auf eine Kante der Lenkradspeiche schlägt, und so das Lenkrad heftig verreißt.

Die Schreie, die Schläge, das Schluchzen und Weinen, das Klopfen des Regens, das Brummen und Grunzen des Motors, die Aufschläge und das Kratzen des Metalls auf dem nassen Asphalt, all diese Klänge vermischten sich zu einem einzigen lauten Krachen, das erst endete, als der Wagen nach zwei Umdrehungen und sechseinhalb Überschlägen auf dem Kornfeld stehen blieb.
Den Unfallhergang einfach nur mit ein paar Schlagwörtern abzuhandeln, ist langweilig und uninteressant. Da will ich schon ein wenig dabei sein und sehen, wie Jack versucht, den schlingernden Wagen abzufangen, usw.

Wie gesagt, in der ersten Hälfte findet sich Dynamik und Spannung, könnte noch mit leichtsinnigem Fahrverhalten aufgepeppt werden, die zweite Hälfte ist dir absolut nicht gelungen.

Was mir noch aufgefallen ist:

Er hatte sich über das Lenkrad gebeugt und konzentrierte sich auf die nasse Straße, die von den laufenden Strömen auf der Windschutzscheibe trüber wurde.
Die Straße wird nicht wirklich trüber, so wie du es schreibst, sondern die Scheibe und somit wird der Blick durch die Scheibe getrübt.
+++
Du wolltest das Geld doch gar nicht. Seit wann sind wir denn Mörder, Jack?“
Würde ich als Frage formulieren. "Warum hast du das Geld nicht genommen und seit wann ... "
Etwas später die Antwort:
„Ich konnte das Geld gar nicht nehmen. Denk doch mal nach, verfluchte Scheiße! Die würden das mit den anderen Überfällen in Verbindung bringen, hätte ich es genommen.
Konnte/wollte. Wenn ich das richtig verstehe, konnte er das Geld durchaus nehmen, es lag ja vor ihm. Aber er wollte es nicht. Und genau das will er seiner Partnerin begreiflich machen. "Ich wollte das Geld nicht nehmen. Denk doch ...

Bin gespannt auf die neue Version!
Gruß

Asterix

 

Hallo M Elane!

Willkommen auf kg.de.

Ich kann dir nur raten, deine Geschichte auszubauen. Man erfährt zu wenig, über die Situation, über die Charaktere ... Dein Bonnie-und-Clyde-Pärchen hat keine erkennbaren Eigenschaften. Sie machen Überfälle und er hat jetzt jemanden erschossen. Punkt. Um das Interesse der Leser zu wecken, braucht es aber mehr. Der Leser möchte die Leute kennenlernen, von denen du erzählst.

Und, sorry, das Ende deines Textes finde ich nicht gerade glaubwürdig. Er schlägt sich also praktisch selbst K.O. und deshalb bauen sie den Unfall und sterben? (Entschuldige, wenn ich das so direkt sage, aber dieses Ende vermittelt mir von deinen Charakteren etwas Weiteres: Nun halte ich sie für Witzfiguren.)

Also, wie schon gesagt: Ausbauen, am Text arbeiten. Kann nur besser werden.

Grüße
Chris

 

Hallo!

Danke an Asterix und Chris Stone für die Rezensionen. Asterix, dein Post hat vermutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, als meine erste Version der Geschichte. Vielen Dank dafür.

Der Titel deiner Geschichte lautet "Die Flucht". Davon ist im Text nichts zu lesen. Die beiden fahren einfach nur durch den Regen von der "Arbeit" nach Hause. Der Unfall hätte jedem streitenden Paar passieren können. Eine Verfolgungsjagd wäre dem Gedanken, der hinter deiner Geschichte steckt, nicht dienlich, aber ein wenig Fahrhektik, z.B. Stoppschild missachten, Geschwindigkeitsübertretung, sollte schon erwähnt werden. Das würde auch gut zu Jacks mentaler Verfassung passen.

Hab ich mir zu Herzen genommen.

Das Jack sich gegen den Kopf schlägt, ist sehr unwahrscheinlich. Ich habe es gestern mal ausprobiert, selbstverständlich auf einem Parkplatz und bei ausgeschaltetem Motor. Habe also auf mein Lenkrad eingeprügelt und versucht, dabei auch meine Schläfe zu treffen. Das ist zwar durchaus möglich, aber in der Wirkung harmlos. Zum einen ist es mehr ein streifen des Kopfes, zum anderen entwickelt der Arm in der Aufwärtsbewegung automatisch viel weniger Kraft als in der üblichen Schlagrichtung nach unten.

Das Ende der Geschichte, die ursprünglich als ein Experiment geplant war, zwei verschiedene Stimmungen/Gemütszustände in einem Dialog bis zum Ende darzustellen, war undurchdacht und etwas "verwünscht". Geb ich zu.

Konnte/wollte. Wenn ich das richtig verstehe, konnte er das Geld durchaus nehmen, es lag ja vor ihm. Aber er wollte es nicht. Und genau das will er seiner Partnerin begreiflich machen. "Ich wollte das Geld nicht nehmen. Denk doch ...

Natürlich wollte er das Geld nehmen, denn das war seine ursprüngliche Absicht gewesen, aber jetzt konnte er es nicht mehr, weil er weiß, was dann passieren wird..

Die anderen Anmerkungen habe ich mir auch zu Herzen genommen, und überarbeitet.

Ich kann dir nur raten, deine Geschichte auszubauen. Man erfährt zu wenig, über die Situation, über die Charaktere ... Dein Bonnie-und-Clyde-Pärchen hat keine erkennbaren Eigenschaften. Sie machen Überfälle und er hat jetzt jemanden erschossen. Punkt. Um das Interesse der Leser zu wecken, braucht es aber mehr. Der Leser möchte die Leute kennenlernen, von denen du erzählst.

Chris, wie oben erwähnt, habe ich für die Geschichte hauptsächlich einen Dialog, gehüllt in ein paar Klischees, vorgesehen. Insofern war die mangelnde Umschreibung und Beschreibung der Charaktere vorgesehen. Ich will damit aber nicht sagen, dass eine richtige Beschreibung und nähere Betrachtung der Prot. unpassend oder verwerflich wäre.

 

Nochmals hallo M Elane!

"habe ich für die Geschichte hauptsächlich einen Dialog, gehüllt in ein paar Klischees, vorgesehen." => Hm, ja, aber die Frage ist doch: Warum glaubst du, dass ein bisschen Gerede, gehüllt in Klischees, einen Leser interessieren könnte/sollte? Das ist bisher doch nur eine Schreibübung, gut für dich, aber kaum zum Veröffentlichen.
Mach eine Geschichte draus!

Grüße
Chris

 

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