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Die Frage

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06.01.2006
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Die Frage

Der gutgekleidete Mann ging die Altstadt entlang. Es war schon sehr spät und er fühlte sich unwohl, denn er wusste dass dies nicht die richtige Zeit für ihn war.
Wie es der Zufall wohl wollte kam jemand auf ihn zu und er wusste das es ein unheilvolles Treffen war. Der andere hatte einen alten zerschlissenen Mantel an und sein Vollbart und sein zerfurchtes Gesicht ließen auf ein Leben auf der Straße hindeuten.
„Geben sie mir etwas Geld?“
Der gutgekleidete Mann verneinte und war daran weiterzugehen. Der andere zog eine Pistole aus seinem Mantel hervor. Da bin ich ja in etwas hineingeraten, dachte sich der gutgekleidete Mann und wollte schon an seine Geldbörse greifen.
Der andere jedoch richtete die Waffe auf sich selbst und sprach:
„Wenn sie mir kein Geld geben, dann bringe ich mich um. Lieber sterbe ich schnell durch die Kugel - als langsam durch den Hunger.“ Und er entfernte die Sicherung.
„Nun denn, tun sie sich keinen Zwang an. Ich bin dafür nicht verantwortlich.“ Wohlwissend dass der andere die Tat nicht begehen würde.
Und der andere drückte ab. Mit einem lauten Knall verabschiedete er sich von dieser Welt.
Ein Unbeteiligter hatte alles aus sicherer Entfernung mitangesehen. Und er fragte sich – er sollte sich sein ganzes Leben damit beschäftigen und niemals eine Antwort finden – war es Selbstmord oder war es Mord?

 

Dafür hast du nicht viel Zeit aufgewendet, nicht wahr? Tippfehler wie diese:

Lieber sterbe ich schnell die die Kugel
sprechen da für sich. Auch der Titel ist gelinde gesagt ausgesprochen einfallslos ausgefallen.

Offenbar also ein Schnellschuss, so nichtssagend und lieblos wie der Schuss, den jener "andere" auf sich selbst abfeuert. Worum soll es hier gehen? Um eine juristische Spitzfindigkeit? Um den Transport einer bestimmten moralischen Weltanschauung? Um gerechte Ressourcenverteilung zwischen Arm und Reich?

Der letzte Satz

Und er fragte sich – er sollte sich sein ganzes Leben damit beschäftigen und niemals eine Antwort finden ...
hört sich so an, als hätte dieser jener sein ganzes restliches Leben nichts anderes mehr zu tun gehabt als über die angegebene Frage zu sinnieren. Reichlich unwahrscheinlich würd' ich sagen. Klingt jedenfalls sehr überzogen.

 

Hi Dziki,

will mal so sagen:
Du hast gute Ideen für Bilder, die das Zentrum einer guten Geschichte sein können.

Aber Dir reicht das Zeigen des Bildes und darum schiebst Du es hier bei der Philosophie rein und sagst Dir evtl.:
Sollen die andern mal machen und sich ihren Teil denken. Ich hab es angestoßen und dann geht´s los, bei den anderen oder auch nicht.

Das ist so, als säßest Du mit jemandem im Kaffee und würdest den anderen anstoßen und sagen:
"Hey, was wäre wenn ein Typ von einem andern bedroht wird, aber damit, sich selber das Leben zu nehmen."
Und dann lächelt der andere oder auch nicht und keiner sagt etwas und der Moment ist vorüber und Ihr vergeßt es wieder.
Bestimmt sind so schon gute Geschichten verlorengegangen (natürlich auch viele schlechte).

Geschichten erzählen ist aber auch Arbeit. D.h. man hat einen guten Gedanken und dann geht es erst los. Man braucht Figuren, die diesen Gedanken sehr gut transportieren und man braucht Situationen, die helfen, die Figuren lebendig werden zu lassen. Und all dies muß der Geschichtenerzähler erschaffen und möglichst einen Konflikt.

In Deiner Geschichte geht es für mich jetzt erst los. Was ist mit dem überlebenden Mann? Wie geht er damit um?
1. hat er sich schon tot auf der Straße gesehen
2. hat er sich mental von dem Geld eigentlich schon getrennt
3. hat er gesehen, wie einer sich indirekt wegen seiner Entscheidung umgebracht hat

Wie geht der Nachhause? Was denkt er beim Abendessen? Was denkt er, wenn sein Frau ihn streichelt? Was denkt er, wenn er davon in der Zeitung liest?
Was wäre, wenn er instinktiv nach dem Schuß dem anderen die Pistole entwindet und dann doch wegläuft und seine Fingerspuren auf der Waffe sind?

Will sagen, man kann das was draus machen und der Leser könnte sich viel länger mit der Frage beschäftigen, wie groß ist die Schuld desjenigen, der es initiierte und welchen Anteil hat derjenige, der die Entscheidung treffen mußte.

gruß
mac

 

Ja, die Geschichte ist schludrig geschrieben. Aber die Frage ist schon gut. Und den letzten Satz finde ich auch glaubwürdig. Es gibt eben Menschen, die über solche oder weniger „schlimme“ Ereignisse nicht hinweg kommen – hier brachte sich immerhin ein Mensch um. Live!

Ich weiß nicht, lieber Philo, wie es dir ginge, wenn du einmal Zeuge einer solchen Vorstellung gewesen wärst. Denn diese Frage dürfte sich nicht nur der unbeteiligte Beobachter stellen, sondern auch der „Angegriffene“. Der war bereit, sich sein eigenes (Weiter-)leben mit Geld zu erkaufen, dies für einen anderen zu tun, lehnte er aber ab. Auch er könnte sich auch Vorwürfe machen und sagen: Mit den paar Kröten in der Geldbörse hättest du ein Leben retten können.

Wenn man noch mehr in die Geschichte einsteigt, dann kann man in ihr auch eine Geiselnahme sehen: Der Geiselnehmer nahm sich selbst zu Geisel. Würde er mit seiner Waffe irgend jemand und nicht sich selbst bedrohen, dann würde jeder, der ein bißchen Geld bei sich hätte, dieses Geld dem Geiselnehmer gegeben und damit die Geisel retten. Warum tut er das nicht, wenn Geiselnehmer selbst die Geisel ist? Ist sein Leben weniger wert als das von jemand anderen?

Dion

 

Dion schrieb:
Es gibt eben Menschen, die über solche oder weniger „schlimme“ Ereignisse nicht hinweg kommen – hier brachte sich immerhin ein Mensch um. Live!
In dem Schlusssatz geht es aber allein um die Schuldfrage und um nichts anderes. Es wird überhaupt nicht darauf eingegangen, ob jener "Unbeteiligte" emotional - und darauf spielst du ja anscheinend an - von diesem Ereignis erfasst war. Daher ist es zumindest denkbar, dass dieser zB. nur intellektuell erfasst war und die Schuldfrage insofern eine intellektuelle Übung für ihn darstellte. So, wie es auch für die Teilnehmer eines Ethikkurses vermutlich der Fall wäre.

Angenommen, die Schuldfrage wäre (endlich) entschieden. In welchem Zusammenhang stünde diese Entscheidung mit dem beschriebenen Ereignis? Ich sehe da vorerst nur juristische und moralische Zusammenhänge. Das Ereignis selbst wird andererseits damit nicht ungeschehen gemacht und der Tote nicht wieder lebendig. Und künftige Vorfälle dieser Art werden damit sicherlich auch nicht verhindert.

Auch er könnte sich auch Vorwürfe machen und sagen: Mit den paar Kröten in der Geldbörse hättest du ein Leben retten können.
Aber das wissen wir doch gar nicht. Wir wissen auch nicht, ob die Sache mit dem Hungerleiden des "Angreifers" der Wahrheit oder wenigstens einer absehbaren Wahrheit entsprach oder nur als Vorwand zu irgendetwas anderem diente.


Hat einer von euch mal den französischen Streifen "Irreversibel" gesehen? In einer Schlüsselszene wird der Zuschauer dort Zeuge einer zwischen zehn und fünfzehn Minuten langen Vergewaltigung einer jungen, attraktiven Frau von einem kräftigen, eigentlich homosexuellen(!) Mann, so Ende Vierzig - spät nachts auf dem Asphalt einer verlassenen Straßenunterführung. Während dieses Geschehens sieht man kurz weit im Hintergrund den Schatten einer unbeteiligten Person auftauchen, die anscheinend gerade eben jene Unterführung entlang zu gehen versucht um auf die andere Seite der Straße zu kommen. Doch schon bald bleibt diese schattenhafte Gestalt stehen, kehrt um und verschwindet wieder genau dort, wo sie noch gerade kurz zuvor hergekommen ist.

Beide Male zwei Personen, ein Verbrechen sowie jeweils ein "Unbeteiligter" (was ist eigentlich ein "Unbeteiligter"?). Wie belanglos ist hier doch jeweils die Schuldfrage! Warum hat sich der sog. "Unbeteiligte" des obigen Textes nicht viel eher die Frage gestellt, weshalb er nicht selbst in das Ereignis eingegriffen hat, anstatt sich angeblich ein Leben lang zu fragen, ob es nun Mord oder Selbstmord war?

 

Die philosophische Ratte schrieb:
In dem Schlusssatz geht es aber allein um die Schuldfrage und um nichts anderes.
Sehe ich auch so.

Die philosophische Ratte schrieb:
Es wird überhaupt nicht darauf eingegangen, ob jener "Unbeteiligte" emotional - und darauf spielst du ja anscheinend an - von diesem Ereignis erfasst war. Daher ist es zumindest denkbar, dass dieser zB. nur intellektuell erfasst war und die Schuldfrage insofern eine intellektuelle Übung für ihn darstellte. So, wie es auch für die Teilnehmer eines Ethikkurses vermutlich der Fall wäre.
Aber nun hat sich ein Mensch umgebracht, um hier emotionslos zu bleiben, müßte man schon sehr abgebrüht, gerade aus dem Irakkrieg zurückgekehrt oder ein Leichenbestatter sein. :D Abgesehen von solchen oder ähnlichen Fällen, würde sich also jeder Mensch und unabhängig von (nicht) besuchten Ethikkursen die Frage stellen: Habe ich richtig gehandelt? Hätte ich die Tat verhindern können?

Die philosophische Ratte schrieb:
Und künftige Vorfälle dieser Art werden damit sicherlich auch nicht verhindert.
Da irrst du dich, die beiden Überlebenden würden beim nächsten Mal wahrscheinlich anders handeln.

Die philosophische Ratte schrieb:
Dion schrieb:
Auch er könnte sich auch Vorwürfe machen und sagen: Mit den paar Kröten in der Geldbörse hättest du ein Leben retten können.
Aber das wissen wir doch gar nicht. Wir wissen auch nicht, ob die Sache mit dem Hungerleiden des "Angreifers" der Wahrheit oder wenigstens einer absehbaren Wahrheit entsprach oder nur als Vorwand zu irgendetwas anderem diente.
O doch, wie wissen, erstens, daß es nur um etwas und nicht um das ganze Geld ging. Und zweitens ist die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Forderung unerheblich – es zählt nur der gesagte bzw. gezeigte Wille, die Drohung in die Tat umzusetzen. Wäre die Tatwaffe als Spielzeug zu erkennen gewesen, dann wäre das etwas anderes, dann wäre vom Bedrohten das Ganze als Scherz aufgefaßt und auch der Wahrheitsgehalt des Gesagten „ich habe Hunger“ in den Zweifel gezogen worden.

Den Film "Irreversibel" habe ich leider nicht (bewußt) gesehen. Ich glaube auch nicht, daß dieser Film – jedenfalls nach deiner Nacherzählung - irgend etwas an meiner Einstellung zu der Frage nach Schuld geändert hätte: Sie ist keinesfalls belanglos.

Bei dieser Tat handelte sich mMn um einen Selbstmord, der nicht verhindert wurde, obwohl das leicht möglich gewesen wäre. Dem aus sicherer Entfernung Beobachtendem bleibt es dennoch unbenommen, sich solche Fragen zu stellen, denn erstens konnte er wahrscheinlich von der Unterhaltung der beiden nichts hören, und zweitens gibt es auch so etwas wie jemand-in-den-selbstmord-treiben, was man auch als Anstiftung zum Selbstmord interpretieren kann - als eine Analogie zur Anstiftung zum Mord.

Insofern, lieber Lukas, hast du mit deinem Einwand schon recht, nur jetzt gleich die ganze besitzende Klasse auf die Anklagebank zu stellen, scheint mir reichlich überzogen – vielleicht war der Selbstmörder früher ein Besitzender, dem ein ebensolcher Selbstmörder allen Besitz abgepreßt hatte, und jetzt beim Versuch, mit dem gleichen Trick, wieder zu Geld zu kommen, kläglich scheiterte. :D

Dion

 

lukas_iskariot schrieb:
Dion schrieb:
nur jetzt gleich die ganze besitzende Klasse auf die Anklagebank zu stellen, scheint mir reichlich überzogen
hehe, mir nicht!

alla mohl
lukas

Und warum nicht? Etwa, weil die Besitzenden die Macht haben, und wer Macht hat, alles machen kann, also auch (Selbst-)morde verhindern kann wie Gott?

Lukas, mach' mir bitte einen Gefallen und tu ein bißchen mehr Fleisch in deine Suppe. :D

Dion

 

Erstaunliche Parallele zu der Geschichte hier, allerdings mit (vorläufig) gutem Ausgang:

Frau löst mit Pistole SEK-Einsatz aus

Bei der Zwangsräumung der Wohnung ihrer Eltern hat sich eine schwer hörbehinderte Frau eine Pistole an den Kopf gehalten. Nach zweistündigen Verhandlungen übergab ihr Vater die Waffe der Polizei.

Dion

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/artikel/744/68676/

 

Hallo!

Also erst einmal danke für die vielen Antworten, auch wenn die meisten nicht sehr positiv waren.
Zuerst einmal möchte ich bekennen dass ich wirklich nicht sehr viel Zeit in die Geschichte gesteckt habe. Aber selbst wenn, dann wären mir vielleicht die einen oder anderen Schreibfehler nicht unterlaufen. Aber ich hätte bestimmt nicht mehr gesagt.
Die Funktion der "Frage" war das Wichtigste in meinem Text. Und deshalb finde ich es auch unangebracht zu viele Gefühle in die Sache hinein zu stecken.
Die Figuren habe ich absichtlich von außen gezeigt um mich nicht in Individuen zu verstricken und damit ich eine Allgemeingültigkeit zeigen kann.
Ich habe den Text auch bewusst kurz gehalten, denn je kürzer ein Text ist, desto mehr kann man in ihn hineininterpretieren. Was man an eurer Diskussion als Resultat auch feststellen kann.
Zum Titel... philosophische Ratte, du hast wirklich Recht. Er ist wirklich nicht sonderlich einfallsreich.
Aber ansonsten kann eine Geschichte ja auch nur wie ein kurzer Ausschnitt sein und muss nicht sofort die gesamte Gedanken- und Gefühlswelt aller Personen zeigen.
Oder was meint ihr dazu?

 

An dieser Stelle möchte ich einhaken:

Die Figuren habe ich absichtlich von außen gezeigt um mich nicht in Individuen zu verstricken und damit ich eine Allgemeingültigkeit zeigen kann.
Erst kürzlich habe ich an anderer Stelle die fehlende Charakterzeichnung der verwendeten Figuren einer Geschichte moniert. Hier zeigt sich mir nun ein ganz ähnliches Bild. Die Figuren tragen keine Namen und ihre Beschreibung wird auf das allernotwendigste reduziert ("gutgekleideter Mann", "zerschlissener Mantel"). Als Argument für diese Abstraktion wird dann auf Anfrage angeführt, dass die Geschichten möglichst allgemeingültig sein sollen.

Dabei frage ich mich: Schließt der halbwegs gebildete Leser nicht von selbst auch vom Konkreten auf das Allgemeine? Will sagen: Darf man ihm in seiner Interpretationsfähigkeit diesen Brückenschlag nicht zutrauen?

Denken wir uns die obige Handlung auf einer deutlich konkreteren Ebene - dh. die Figuren tragen jetzt Namen, sie haben Empfindungen, sie tragen eine bestimmte Körpersprache zur Schau, sie tragen bestimmte Kleidung und gelten nicht einfach nur als "gutgekleidet" usf. - wäre das für die beabsichtigte Aussage dieser Handlung tatsächlich so abträglich wie hier der Eindruck vermittelt wird? Ich glaube nicht.

Ich habe den Text auch bewusst kurz gehalten, denn je kürzer ein Text ist, desto mehr kann man in ihn hineininterpretieren. Was man an eurer Diskussion als Resultat auch feststellen kann.
Dafür fehlt erstens mal der passende Gegenbeweis. Ein langer Text müsste demnach entsprechend eine geringere Anzahl Interpretationen nach sich ziehen. Das erscheint mir zu einfach gedacht und deckt sich auch nicht mit meiner persönlichen Schreib- und Leseerfahrung. Auch finde ich es zweifelhaft, ob ein möglichst großer Interpretationsspielraum ein wünschenswerter Qualitätsmaßstab für einen Prosatext sein soll.

Aber ansonsten kann eine Geschichte ja auch nur wie ein kurzer Ausschnitt sein und muss nicht sofort die gesamte Gedanken- und Gefühlswelt aller Personen zeigen.
Meinst du?

Ist es dann nicht viel eher eine Anekdote oder ein Gleichnis als eine Geschichte? Und was wäre, würde man den Ausgang der beschriebenen Handlung ein wenig anders, zB. ironisch gestalten? Wäre es dann nicht am ehesten ein Witz? Oder ist es vielleicht nicht viel eher eine Art Aphorismus mit Handlungsbeigabe, da die abschließende, immerhin titelgebende(!) Frage eine so zentrale Bedeutung hat? Ist nicht diese die eigentliche Hauptdarstellerin? Ist die Handlung also nicht nur schmückendes Beiwerk zum behandelten (im wahrsten Sinne des Wortes...) Gedanken? Ist ein behandelter Aphorismus eine Geschichte oder ein Aphorismus?

 

Hi Dziki!

Es sind noch ein paar Fehler in dem Text:

Der gutgekleidete Mann ging die Altstadt entlang.

Sollte es nicht durch die Altstadt heißen?

Es war schon sehr spät, und er fühlte sich unwohl, denn er wusste, dass dies nicht die richtige Zeit für ihn war.

Wie es der Zufall wohl wollte, kam jemand auf ihn zu, und er wusste, dass es ein unheilvolles Treffen war.

Das wohl ist ein Füllwort. Streichen.

Der andere hatte einen alten zerschlissenen Mantel an, und sein Vollbart und sein zerfurchtes Gesicht ließen auf ein Leben auf der Straße hindeuten.

Komma rein, unnötige Wortwiederholung, und dass etwas auf etwas hindeuten lässt, ist mir neu. Es heißt deutete ... hin.

Der gutgekleidete Mann verneinte und war daran(?) weiterzugehen.

Kann man das so sagen? Ich bin daran, etwas zu tun ...
Ich würde aber schickte sich an bevorzugen.

Und er entfernte die Sicherung.

Ist das eine Handgranate? Entfernen heißt wegnehmen, ablösen. Du kannst doch schreiben er entsicherte die Waffe.

Wohlwissend dass der andere die Tat nicht begehen würde.

Das ist inhaltlich schlicht falsch. Er glaubt, dass der andere die Tat nicht begehen wird. Man kann nicht wissen, wo man im Irrtum ist. Wohl meinend, im (sicheren) Glauben ... Such dir eine Wendung aus. Und statt würde klingt werde schöner. Wenn man den Konjunktiv schon einsetzen kann, sollte man's auch tun.

Und der andere drückte ab.

Du schreibst aus der Sicht des Gutgekleideten, und für den ist das eine Überraschung. Das Und suggeriert Folgerichtigkeit. Lass es besser einfach weg.

Mein Gesamteindruck: "Nicht viel Zeit darauf verwendet" ist eine Untertreibung. So viele Fehler und so holpriger Stil sind nur in einem Text möglich, der mal eben in einer Viertelstunde hingekliert wurde - oder noch weniger Zeit.
Wenn du willst, dass deine Fragestellung/Botschaft ernst genommen wird, bitte etwas mehr Mühe verwenden.

Der Abstraktionsgrad hat den Vorteil, dass der Leser eine klare Konstellation vor Augen hat, wenn er über die Botschaft nachdenkt. Der Nachteil, den ich für entscheidender halte, besteht darin, dass ich den Text nach dem Lesen schnell wieder vergessen kann, weil mich die Geschichte nicht berührt. Vielleicht eher eine Geschmacksfrage, denn diese Parabel ist sicher nicht die erste, die in dieser minimalistischen Form geschrieben ist.

Wenn ich mich auf die Frage einlassen sollte ... Nun, damit die funktioniert, muss ich erst mal davon ausgehen, dass die Szene nicht in einem Land spielt, wo die Gesellschaft ein Umverteilungssystem eingerichtet hat - unseres kann schon mal wegfallen, denn der Gutgekleidete könnte auf die Frage des Penners antworten: "Hähä, ich geb dir doch schon dauernd Geld - durch meine Steuern, du Schmarotzer!" Und der Selbstmord würde ganz sicher nicht aus Hunger geschehen, es sei denn, er verjubelt die Sozialhilfe beim Glücksspielautomaten.
Wenn also diese Frage für unsere Gesellschaft relevant sein sollte, dann müsste eine Situation konstruiert werden, in der der Bittende von diesem System nicht profitiert, ohne selbst dran schuld zu sein. Wie sollte das gehen?

Im Gegensatz zu Lukas bin ich der Meinung, dass der Text nicht die richtigen Fragen stellt. Es geht hier nicht um eine Infragestellung der Macht- und Besitzverhältnisse, sondern darum, ob der Reiche dem Armen etwas abgeben sollte, also um eine reine Frage der Nächstenliebe und Mildtätigkeit, nicht der Gerechtigkeit. Diese Frage haben alle Gesellschaften unabhängig vom Wohlstandsniveau inzwischen beantwortet. Selbst die radikalkapitalistischen Länder lassen ihre Armen nicht einfach verhungern.

Ciao, Megabjörnie

 

Ich würde in diesem Fall sogar weiter gehen und auf jedes schmückende Beiwerk - wie gut oder schlecht gekleidet – verzichten.

Nur die drei Menschen sind interessant, nicht ihr Status und auch nicht die Motive: Es gibt den ersten, der mit der Drohung, sich umzubringen, dem zweiten Geld abpressen will, und als das nicht klappt, seine Drohung wahr macht, alles unter Augen eines beobachtenden Dritten.

Was ich sagen will: es ist nicht wichtig, ob der Erste wirklich Hunger leidet, und ob der Zweite Geld (bei sich) hat, wichtig ist allein die Frage, ob die finale Tat durch Entgegenkommen des Zweiten verhindert werden könnte und welche Konsequenzen diese Verhinderung für alle 3 hätte.

Wie immer, steckt auch hier der Teufel im Detail, denn gibt der Zweite Geld, rettet er damit dem Ersten das Leben, was aber allen drei Personen dieses Stückes bewußt machen kann: So kann man auch an Geld kommen, und wir hätten demnächst unter Umständen statt keinen – oder ab und zu einen - 3 Leute, die mit derselben Methode ihr Leben zu finanzieren versuchen.

Irak läßt grüßen.

Dion

 

Die Frage ist, wozu braucht man einen dritten, denn der Dritte kann auch durch das Gewissen des Zweiten ersetzt werden.

 

lukas_iskariot schrieb:
oder dem leser..
Ja, den braucht man auch, allerdings kommt er nur zum Einsatz, wenn der Ditte seine Schuldigkeit getan hat. :D

Man braucht immer einen Dritten, denn nur der pro Forma Unbeteiligte ist nicht befangen, kann also die Nachricht hinaus tragen, auf das die Kunde von der (Un-)Menschlichkeit verbreitet wird - mit von mir angedeutetem Lerneffekt.

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

Zitat von Lukas:
megabjörn, melden sie sich umgehend zu einem crashkurs in politischer ökonomie

Hab ich schon, vor einem Jahr. :p
Was ich meinte, ist, der Text stellt weder Besitz noch Besitzlosigkeit in Frage, sondern stellt nur eine abstrakte Situation vor, wie von Dion oben angegeben.
Und wenn ich nur die abstrakte Situation sehe, dann ist auch die Antwort auf die Frage eindeutig: Es ist Selbstmord, und der Gutgekleidete hat ihn auch nicht hineingetrieben, sondern sich einfach nicht erpressen lassen. Der andere hätte ja auch entscheiden können, nicht abzudrücken und sich woanders einen Almosen zu suchen/in die Armenküche zu gehen/sich beim Sozialamt seine Stütze abzuholen. Der Wohlhabende kann ja nicht wissen, ob das mit dem "Ich sterbe vor Hunger" wahr ist und nicht eine Masche, um an Kleingeld zu kommen.
Allerdings hat er auch falsch reagiert. Einem potentiellen Selbstmörder gibt man keine zurückweisende Antwort, sondern versucht ihn zu überreden, von seinem Vorhaben abzulassen. Aber um das in der Geschichte zu bringen, wäre es erforderlich gewesen, von dieser Abstraktionsebene runterzukommen. Das Leben stellt einen selten vor solche Entweder-Oder-Alternativen, dazu ist es viel zu komplex.

 

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