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Die Gehirnspülmaschine

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24.06.2001
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Die Gehirnspülmaschine

Was wären wir nur ohne Technik? Ohne diese Macht, die uns aus dem Dreck der Natur dem Himmel entgegenhebt und zu Göttern werden lässt. Und wenn schon nicht zu Göttern, dann doch zumindest zu Herrschern über alle übrigen Kreaturen, die diese Welt mit uns teilen. Das war der Gedanke, der in mir aufstieg, als ich vor Monaten einen Supermarkt betrat. Wissen Sie, es war zu jener Zeit, als alles begonnen hat und sich die Mühlräder des Schicksal zu drehen begannen, um mein Leben zu zermahlen. Ich wollte eigentlich nur ein paar Besorgungen machen, was man eben so braucht, wenn man das Wochenende einigermaßen überstehen will. Nachdem ich an der Kasse bezahlt hatte und ich schon fast das schäbige Gebäude verlassen hatte, fiel mein Blick auf die Inserate, oder besser gesagt, auf eine Ansammlung wirrer Freßzettel, auf denen zum Teil unleserliches Gekritzel zu sehen war. Da ich vergessen hatte, meine Brille aufzusetzen, was mir von Zeit zu Zeit geschieht, wenn ich in Eile bin, konnte ich nur weniges entziffern. Ein einziger Zettel zog all meine Aufmerksamkeit auf sich. Auf ihm stand in sorgfältiger, beinahe penibel scharf gestochener Schrift folgendes geschrieben: ZU VERKAUFEN: GESCHIRRSPÜLMASCHINE, KAUM GEBRAUCHT. Darunter eine Telefonnummer und eine Adresse aus der Stadt, nur einen Steinwurf von meinem bescheidenen Heim entfernt. Soviel Glück zu haben schien mir beinahe unfassbar, denn wie das Schicksal so wollte, war meine Geschirrspülmaschine, die lange Jahre tapfer und zuverlässig ihren Dienst verrichtet hatte, völlig unerwartet störrisch geworden und wollte mich nicht mehr unterstützen. Da kam mir dieses verlockende Angebot wohl gerade recht. Ich setzte also die Brille auf und kramte aus meiner Jacke etwas zum Schreiben hervor, um mir die Adresse mitsamt der Telefonnummer zu notieren. Kaum hatte ich das getan, fiel mein Blick abermals auf das Inserat. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, als ich folgendes las: ZU VERKAUFEN: GEHIRNSPÜLMASCHINE, KAUM GEBRAUCHT. Darunter dieselbe Adresse und dieselbe Telefonnummer, die ich zuvor aufgeschrieben hatte. Verwirrt und verunsichert fand ich schließlich den Weg hinaus und fuhr mit dem Wagen wie durch eine Traumwelt nach Hause. Der Zettel blieb lange in meiner Tasche und war bald schon in Vergessenheit geraten. Ich hatte versucht die Geschirrspülmaschine zu reparieren, was zunächst geglückt zu sein schien, doch nach einigen Monaten gab das Museumsstück schließlich gänzlich den Geist auf und hauchte sein Geschirrspülmaschinenleben aus. Daraufhin durchkämmte ich unzählige Läden in der Stadt, um mir eine neue zu beschaffen, doch es stellte sich heraus, dass keine erschwinglich war. Irgendwann, als ich in der Jackentasche nach einem Feuerzeug suchte, fand ich den Zettel wieder und als ich das Inserat abermals durchlas, fasste ich den Entschluss bei dem Urheber dieses Gekritzels anzufragen, ob die Maschine noch zu verkaufen sei. Das tat ich am darauffolgenden Tage und der Verkäufer, ein kauziger Kerl, der wie es schien, seit langer Zeit das Tageslicht nicht mehr gesehen hatte, sicherte mir nach kurzen Verhandlungen zu, mir den Apparat vorbeizubringen. So gingen Tage und Wochen vorbei und ich rechnete fast nicht mehr damit, noch etwas von diesem schrulligen Kerl zu hören. Ich hatte sogar schon begonnen, mit dem Kauf einer neuen Geschirrspülmaschine zu liebäugeln, als eines Morgens das Paket vor meiner Haustür stand. Der Größe nach zu urteilen handelte es sich tatsächlich um eine Geschirrspülmaschine. Ich hatte erwartet noch eine Notiz des Verkäufers vorzufinden, doch so sehr ich das Paket auch untersuchte fand ich doch nichts. Er war gekommen und wieder gegangen, so wie die Sonne jeden Morgen über dem Horizont aufgeht und am Abend wieder versinkt. Ich dachte mir nichts dabei. An diesem Tage beschloss ich sofort, die neue Maschine aufzustellen, an derselben Stelle wo auch schon die alte gestanden hatte. Ein Ehrenplatz in meiner Küche. Der Apparat war bald betriebsbereit und ich erleichtert, dass ich meine Arbeit dadurch vereinfachen konnte. Wie ein Geschenk des Himmels! Doch das Verhängnis begann, als ich die Maschine zum ersten Male benutzte. Ich hatte, so erinnere ich mich, gerade den Plastikknopf eingedrückt, um das Gerät einzuschalten, als das Licht im ganzen Haus erlosch. Draußen flatterten Tauben erregt auf und flüchteten in den abendlichen Himmel, Hundegebell setzte ein und folgte ihnen in die Ferne, wo man Donner grollen hören konnte. Die Gläser im Schrank klirrten wie bei einem Erdbeben. Doch etwas in meinem Inneren sagte mir, dass es kein Erdbeben war. Nein, es war etwas Schlimmeres, etwas viel Schlimmeres. Wie eine antike Skulptur stand ich mit einem Arm an die Geschirrspülmaschine gelehnt da, als die Lampen in meinem Haus erst flackerten und dann wieder zu neuem Leben erwachten. Die Hunde hatten aufgehört zu bellen, die Tauben ließen sich wieder auf ihren Plätzen nieder und gurrten leise. Auch die Wolken schienen fortzuziehen. Und ich musste mich selbst als einen Feigling schelten. Alles war wieder zur Ruhe gekommen, außer dem Wind, der das Haus umwehte. Und der Maschine, die beständig vor sich hin surrte. Seither trete ich immer wieder in die Küche, auch wenn ich dort nichts zu tun habe, aber sie zieht mich zu sich, sie will in meiner Nähe sein, will mich betrachten, so wie ich sie betrachte. Und wenn ich morgens zur Arbeit gehe, so schweifen meine Gedanken immer wieder ab - in die Ferne und dann zurück zu der Maschine, die einsam und leise surrend in der Küche steht und auf mich wartet. Ich glaube, es wohnt eine Seele in ihr. Manchmal wache ich nachts auf und es kommt mir vor, als hörte ich Geräusche aus der Küche. Doch ich sage mir dann immer, dass ich mir das nur einbilde. Überarbeitet. Sonst nichts. Oft erscheine ich unausgeschlafen in dem Betrieb, in dem ich arbeite, fast als hätte ich die ganze Nacht wachgelegen. Aber ich habe doch geschlafen. Oder? Wenn ich mich auf die Arbeit konzentrieren möchte, driften die Gedanken ganz weit weg in die Galaxie und kehren wieder zurück, wie Geisterschiffe in den Heimathafen. Denn sie sind nicht mehr dieselben. Seit Wochen träume ich davon, wie ich nachts auf einem Schrottplatz wandele und kriechend nach Ersatzteilen suche. Damit sie weiterlebt. Sie will mich töten. Ich weiß, dass sie mich töten will und sie wird es bald tun. Vorgestern war mein Schlafanzug zerfetzt und von Dreck besudelt, als hätte ich stundenlang im Wald gelegen. Vor der Maschine unten in der Küche lag eine tote Katze. Es sah aus, als wäre sie erwürgt worden, als sie auf Mäusejagd war. Von wem? Von mir? Es ist herrlich, von der Arbeit heimzukehren und zu wissen, dass es dort etwas gibt, das auf einen wartet. Und das gerne wartet, weil es ein Ziel hat. Die Geschirrspülmaschine betrachtet mich mit kleinen listigen Augen hinter ihrem Panzer aus Blech und Plastik und liest in meinen Gedanken und lockt und umschmeichelt mich. Sie weiß es bereits. Nicht mehr lange. Dann bekommt sie was ihr gehört, sie wird es sich einfach holen ohne zu fragen. Es ist herrlich, von der Arbeit heimzukehren und zu wissen, dass ich vergessen kann, wenn ich ihre kühle Hülle betaste. Mein Herz verehrt sie wie eine Reliquie, ein dunkles Götzenbild, das über mich regiert. Wenn meine Finger den Knopf suchen und finden und hinunterdrücken sind die Gedanken wie fortgeweht - in eine Welt, die weit entfernt ist. Dann durchfließt Glück meinen Körper wie eine Droge, es wird warm und dann weiß ich, dass es eine Sonne gibt, die da hinter den Wolken lacht. Gestern Nacht habe ich Geräusche im Schlaf gehört. Es waren meine eigenen Schritte in der Küche und meine Seele nichts weiter als ein Irrlicht in der Dunkelheit, das den Körper zum Abgrund führt. Und meine wahre Seele? Die sitzt auf dem Mond und schaut mir bei dem zu, was ich tue, obwohl ich es nicht will. Heute morgen klebte Blut an meinen Händen. Dunkles getrocknetes Blut. Ich schaue nicht in die Zeitung, weil ich es schon weiß. Sie gibt mir weitere Befehle. Ich schreibe einen Brief, oder besser, ein Inserat, das ich im Supermarkt aushängen werde. Nur ein paar Worte: ZU VERKAUFEN: GEHIRNSPÜLMASCHINE, KAUM GEBRAUCHT. Darunter meine Adresse und meine Telefonnummer. Ich habe ihr gefallen, aber irgendwann findet alles mal ein Ende. Und sie bedankt sich. Für die schöne Zeit. Ihr Grinsen ist dunkel, als ich das Paket vor einer Haustür abstelle. Jemand hat nach der Maschine gefragt. Und ich habe sie verkauft. Ein fairer Handel. Gutgelauntes Gesicht, Händeschütteln, besiegeltes Geschäft. Es ging automatisch, wie ein Waschgang. Wie ein Geschenk des Himmels! "Ein kauziger Kerl" dachte der Käufer. "Viel Freude damit" war meine Antwort. Die runden Lichter des Zuges, der durch die Nacht angerasselt kommt, sehen aus wie glühende Monde, die immer größer werden. Ich höre die Maschine stampfen und kreischen und als sie ganz nahe ist, springe ich auf die Gleise. Um meiner Seele entgegenzuschweben. Hinauf zum Mond. Dort sitzt sie und schaut mir bei dem zu, was ich tue, obwohl ich es nicht will.

 

Soviel Interesse hätte ich jetzt auch nicht erwartet...

Tallyho!

Toby

:confused:

 

Na Toby? Alles klar?

Ich wollte dich nur unterstützen... damit die Story topaktuell ist, sozusagen!

Och Leute, lest die Geschichte! LOS! LESEN!

Morgen bist dann aber du wieder dran, gelle?

Sodele!

Poncher :p

 

Hi Ponch!

Herzlichen Glückwunsch zum 666. Beitrag! Was für eine Symbolik!

Tallyho!

Toby :D

 

HI Toby!!

Wow, ich bin dann wohl der erste ernste Kritiker...

Also, ich weiß nicht wirklich, was ich zu deiner Geschichte sagen soll. Worum geht es da?? Der erste Teil, bis die Maschine anfängt zu leben, klingt wie eine belanglose Erzählung. Das ganze Geschehen danach schwimmt irgendwo zwischen Horror, Gesellschaftskritik... Sollte dann die AHA-Pointe kommen??? Zwischenzeitlich gibt es noch ein bisschen philosophisches(von der sache mit der seele hab ich aber ehrlich nichts behalten!) und zu guter Letzt setzt du der Sache noch einen Selbstmord auf.

Nein, tut mir leid, aber das ist völlig misslungen. Ich würde mich auf eine Sache konzentrieren, die Idee ist nicht schlecht, aber hier scheint sich jemand noch nicht ganz einig zu sein, auf was diese Geschichte hinauslaufen soll.

Gruß,
kc

 

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