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Die Geschichte von Herrn Jakob Lantern und seinem Zimmer

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15.04.2008
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Die Geschichte von Herrn Jakob Lantern und seinem Zimmer

Für gewöhnlich stand Herr Jakob Johannes Lantern morgens auf, mürrisch, müde und freudlos. Er war weit davon entfernt, von seinen Mitmenschen als liebenswert bezeichnet zu werden, was ihn auch nicht im Geringsten störte. Er blieb gerne für sich selbst, und die Verachtung ihm gegenüber, die ihm seine Umgebung zeigte, war für ihn mehr als akzeptabel, denn dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit. Es war nicht leicht, ihm etwas recht zu machen, und selbst wenn jemandem das gelang, bestand sein Dank darin, dass Herr Lantern sich einfach nur nicht beklagte. Das war Herrn Lanterns Welt. Er legte sich eines Tages nach einem weiteren freudlosen Tag mit fürchterlichen Kopfschmerzen ins Bett, aber nicht ohne jedem in seiner Reichweite vorher davon zu berichten.

Als er aber am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich erfreut, wach und fröhlich, ganz anders als sonst. Die schwere Last, die sonst jedesmal wie ein Alb auf seiner Seele gelegen hatte, war nicht mehr da. Es gab aber ein Problem: er wusste nicht, wo er war. Diese Erkenntnis beunruhigte ihn nicht sehr, es war ihm gleichgültig; jedoch empfand er neben einer milden Verwirrung auch eine gewisse Neugier.

Herr Lantern lag in einem wirklich sehr gemütlichen Bett, das ganz zu seiner Zufriedenheit war - das war ein Umstand, der sich bis zu diesem Tag alleine schon emotionslos betrachtet selbst ausgeschlossen hat, denn sowohl Zufriedenheit als auch Zugang zu einem gemütlichen Bett waren ihm bislang fremd gewesen. Dasselbe galt auch für den Raum, in dem er sich befand. Doch etwas kam ihm bekannt vor. "Merkwürdig", sagte er zu sich selbst, "war ich hier nicht schon einmal?"

Es war ein Hotelzimmer, jedenfalls sah es so aus. Neben dem Bett, vor der Nachttischlampe, stand eine Schüssel mit wunderschönen Früchten: es waren zwei blutrote Äpfel, eine schön gereifte gelbe Banane, mehrere schwarze Kirschen und eine große Traube. Diese Schüssel warf er versehentlich zu Boden, als er die schwere Decke, unter der er lag, zurückschlug. Sein Verstand stolperte über seine eigenen Gedanken, als er begriff, dass kein Zorn in ihm aufstieg, sondern nur eine leichte Belustigung, die ihm zum ersten mal seit Langem ein mildes Lächeln verschaffte. Der Teppichboden war sauberer, als es ihm überhaupt möglich erschien, und so nahm er ein Träubchen, das ihm am nächsten war, und verspeiste es. Es schmeckte wunderbar.

Das Zimmer war zweifellos eines der edelsten Sorte. Wunderschön war es, groß, bequem und sehr beruhigend, was die Einrichtung, Beleuchtung und Farbgebung anbetraf, so fand Herr Lantern. Vorne heraus, vom Bett aus gesehen, stand ein Tisch aus bestem Holz von der Eibe, mit einem Tischtuch aus feinster Seide belegt, und darauf standen zwei Kerzenhalter mit brennenden Kerzen darin: eine war groß, die andere klein. Daneben, fein säuberlich an den Tisch gestellt, standen zwei Stühle - einer tief und breit, wie er zu Herrn Lanterns Figur passte, einer hoch und schmal - wie er... eigentlich niemandem, den er zu kennen glaubte, passte.

Herr Lantern betrachtete das Zimmer und war sehr erfreut, an diesem Ort zu sein. Er ging im Raum herum, betrachtete seine Schönheit, berührte die Einrichtung und die mit Gold und Silber bestickte Tapete und war geradezu begeistert. Das Zimmer war dicht belegt mit wundervollen Kunstwerken, mit einer Einrichtung aus Holz, Glas und Stahl, überhangen mit wundervoller Seide und kunstvollen Verzierungen, und deshalb verwandelte sich Herrn Lanterns Begeisterung geradezu zur Verzückung. Ein weiteres ungewohntes, aber nicht unwillkommenes Gefühl war das.

Als Herr Lantern durch den Raum ging, kam er ihm immer vertrauter vor, so, als wäre er schon einmal da gewesen, was sein früheres Gefühl bestärkte. Der Raum war wunderbar, jedoch hatte er einen Nachteil: so lange er herumging in diesem wunderbaren Hotelzimmer, so unmöglich war es ihm, eine Tür zu finden, die nach draußen führte. Das Zimmer hatte keinen Ausgang. Es gab Wände und Fenster, aber keine Tür. Keine Einzige.

Furcht stieg in Jakob Johannes Lantern auf, und Verwirrung. Jakob ging ans Fenster, öffnete es, und eine Welle kalter Luft kam hinein. Durch das geöffnete Fenster war nichts zu sehen, absolut nichts, nur reiner, weißer Nebel und helles, weißes Licht. Ein dunkles Gefühl verjagte sein Wohlbefinden. Panik machte sich in seiner Seele breit, ein grässliches Gefühl der Verwirrung und der Ohnmacht, und die Tatsache, dass er keine Tür finden konnte, durch die, wo auch immer er war, er woanders hin hätte entkommen können.

"Hallo!" ertönte es hinter Jakob. "Willkommen, Herr König!"

Auf dem Tisch, weiterhin bestehend aus dem Holz von der Eibe, saß ein kleiner Mann, so hoch wie die Größere der zwei Kerzen, die auf demselben standen. Herr Lantern, Jakob, war überrascht und sagte:

"Lantern, mein Name. Jakob Johannes Lantern. Wer sind Sie denn?"
"Oh, Herr König, verzeihen Sie,"
"Lantern!"
"Jawohl, Herr König. Ich muss mich vorstellen:", sagte der kleine Mann, "Mein Name ist Harno, Harno Bankj, zu Diensten. Sie haben mich vor langer Zeit kennen gelernt, und mich dann vergessen, aber das ist in Ordnung."

Herr König (will heißen Herr Lantern), lachte.
"Der Mann ist völlig verrückt", dachte Herr König alias Herr Lantern, "Kenne ich Sie?", fragte er.
"Ohja", sagte der kleine Mann, "bitte setzen Sie sich. Auf den großen Stuhl dort." Jakob tat es.

"Wie geht es Ihnen, Herr König?", fragte Herr Bankj, und setzte sich auf den unwahrscheinlich hohen schmalen Stuhl, der niemandem passte, den Herr König/Lantern zu kennen glaubte.

"Sehr gut, ja wirklich! Ich wüsste nur gerne, wo ich bin."
"Wollen Sie das wirklich wissen? Sie waren schon oft hier, aber wie ich sehe, haben Sie sich endlich entschieden, zu bleiben. Erlauben Sie mir, Sie endlich hiermit willkommen zu heißen."
"Wovon sprechen Sie?." Fragte Herr Lantern.
"Warum ist es draußen denn weiß?"
"Ich weiß nicht."
"Genau, mein König. Willkommen zuhause."
"Wie komme ich denn heraus?"
"Sie gehen nicht heraus, mein König. Sie kommen nicht heraus. Sie können nicht heraus. Was kann ich für Sie tun?"
"Ich will hier raus!", sagte Herr König. Lantern.
"Ich bin hier, Ihnen zu dienen, Herr König. Nicht das Unmögliche möglich zu machen. Willkommen zuhause, mein König. Willkommen in Ihrem Reich."
"Wer sind Sie?" fragte Herr Lantern. "Ich bin Ihr Führer in Ihrem eigenen Museum. Ich bin die Statisten in Ihrem Theater. Ich bin der Boden auf dem Sie gehen und die Luft die Sie atmen. Ich werde alles tun was Sie mir auftragen. Hätten Sie Lust auf ein leckeres Bier?"

In der Welt, in der Jakob Johannes Lantern morgens mürrisch, müde und freudlos gewesen war, saß er in einem Rollstuhl, und ein Krankenpfleger schob ihn durchs Krankenhaus, an der Pädiatrie vorbei, vorbei an der chirurgischen Abteilung, hin zur psychiatrischen Abteilung, dann daran vorbei, in die geschlossene Anstalt. Plötzlich sagte Herr Lantern:

"Dankeschön. Sie sind zu freundlich, Herr Bankj."

 

Hallo JackOLantern,

dass du deinen Usernamen in diesem Stück verballhornst, muss eigentlich nicht unbedingt sein. Die Geschichte an sich ist OKAY. Die Psychiatrie am Ende hat mich überrascht.

Der Plot ist nich sonderlich originell. Ein Mann ist gegenüber Menschen widerspenstig eingestellt. Wacht in einem prachtvollen Raum auf, und trifft auf komischen Däumling, der ihn König nennt. Am Ende sitzt er im Rollstuhl, und in der Psychiatrie.

+ sie liest sich flüssig und ohne Bremser.

- Es hat mich jetzt nicht unbedingt vom Hocker gerissen. Die Geschichte geht halt vom Anfang bis zum Ende durch, flechtet zwei Figuren ein, ohne die zwei Charakter näher unter die Lupe zu nehmen, was mir fehlte.

MfG Mantox

 

Hallo JackOLantern (fingerbrecher *gg*)

Die Geschichte war recht flüssig zu lesen, aber mir war die Beschreibung seiner neuen Umgebung zu lang und die des Hauptdarstellers dafür wieder zu kurz. Ich hatte vermutet, er sei an seinen Kopfschmerzen gestorben und in den Himmel gekommen. Insofern hast du mich aufs Glatteis geführt.

Aber meinen Geschmack hast du damit leider nicht getroffen.

Schöne Grüße
MrsMurphy

 
Zuletzt bearbeitet:

Dankeschön für Eure Kommentare! Die Geschichte ist allerdings tatsächlich nicht so angekommen, wie sie eigentlich gedacht war. Das Hauptthema war eigentlich - wenn auch nicht wörtlich angesprochen - eine grässliche Einsamkeit, die Herrn Lantern in den Wahnsinn getrieben hat.

Übrigens, Mantox: meinen Usernamen habe ich nicht verballhornt. Es ist eher so, dass ich Eigenschaften meiner eigenen Persönlichkeit nehme, sie völlig übertreibe (aber die Essenz behalte) und sie dann in eine Geschichte umsetze. Vielleicht könnte man das als eine laienhafte Variante dessen sehen, was Kafka in seinen Erzählungen entwickelt hat. Siehe auch "Die Geschichte vom Geist Jack O'Lantern" in der Märchenabteilung.

Grüße vom Jakob mit der Laterne.

 

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