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- 17.03.2005
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Die Gruft ruft
Die Gruft ruft
Mein Hals staubtrocken, und zwischen meinen Schläfen eine Stahlfeder aus Schmerz, die sich immer weiter spannt.
Wie bin ich nur hierher geraten?
Wie lange bin ich nun schon hier?
Ich weiß es nicht. Ich sitze im Dunkeln und der stechende Gestank von Alter umgibt mich hier. Ich versuche zu schlucken, aber es gelingt mir kaum und ich verziehe das Gesicht.
Vor einiger Zeit verlor ich jedwedes Gefühl in meinen Beinen und beobachte wie die Taubheit immer weiter von meinen Körper Besitz ergreift. Ich starre zu Boden und versuche zu vergessen.
Ich muss dies überstehen.
Ich muss dies überstehen.
Schließlich blick ich auf, und sehe in den Schlund meiner Verdammnis.
In der Dunkelheit erstrahlt eine Insel aus verlockend weichem Licht.
Ich schlage mit Gewalt den Drang, mich zu übergeben nieder als ich sehe wie das Licht sich in runden und ungeformten Kugeln widerspiegelt. Im Schein des weit entfernten Lichts, sehe ich nun immer deutlicher das, was sich bis jetzt meinem Verstand zum Glück entzogen hatte.
Türme aus einem verklebten und unansehnlichen Gespinst, das durchscheinend wie Spinnweben auf verdorrten, birnengleichen Köpfen? sitzt.
Menschenähnliche Gestalten die, Gargylen gleich, zu Stein erstarrt auf ihren Plätzen hocken, mit leeren, dunkeln Augen das verheißungsvolle Licht im Blick.
Ich versuche aufzustehen, zu dem Licht zu gehen. Und wenn ich dafür durch das Dunkel und seine Schrecken schreiten muss. So groß ist meine Angst, weiter an diesem Ort zu bleiben. Aber starke Arme halten mich zurück.
Leise Stimmen flüstern mir Unverständliches ins Ohr
Ich vermag sie kaum zu hören.
Kalter Schweiß bedeckt nun meinen Körper und erstickend, chemischer Gestank weht mir von den grauen Türmen aus dem blasphemischen Gespinst entgegen.
Ich schließe meine Augen und versuche mich auf den weit entfernten Klang im Licht zu konzentrieren. Versuche zu vergessen, was sich um mich herum erstreckt und in seinen dunklen Kavernen ruht.
Aber als wollte die Welt selbst mich meines Martyriums wegen narren, wird die rettende Melodie in dieser Kuppel aus weißem Licht immer leiser, verdrängt von Klängen, die so widerlich, wie fremdartig mein Ohr erreichen.
Ich höre wie schleimbedeckte Lungen sich zur vollen Größe blähen und sich unter hysterischem Gezitter zusammenziehen um von neuem in einer spastischen Kaskade in den eiternden Gesang, der aus der Dunkelheit erklingt, mit einzustimmen und das nun scheinbar weit entfernte Licht und seine hellen Weltenklänge weiter von mir fortzujagen.
Meine Schultern verkrampfen sich und das Atmen fällt mir schwer.
Es wird nun dunkel und das Licht erlischt,
oder ist es nur die Ohnmacht, die nach mir greift?
Mir ist es gleich. Ich bin verdammt.
Und plötzlich so schnell und unerwartet wie ein Schlag in mein Gesicht ist alles in blendend helles Licht getaucht und ich atme ein wie ein Ertrinkender der im letzten Augenblick die dunkle Wasserfläche durchbricht.
Ich seh mich um, suche nach dem Ursprung meiner Rettung.
Und erblicke: Meine Mutter die mit besorgtem Blick zu mir herüber sieht und sagt.
„Schatz das Konzert ist vorbei. Ich weiß ja dass du Klassische Musik nicht magst, aber du musst doch nicht gleich so ein Theater machen.“