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Die Heimfahrt

.K.

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03.05.2003
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Die Heimfahrt

Als M. aus dem Fenster schaute, sah sie die Porta Nigra. Bei der nächsten Haltestelle musste sie raus. Sie drückte den Knopf und wandte sich der Sitznachbarin zu, um mit einem Lächeln zu signalisieren, daß sie vorbei möchte. Es war ihr jedoch nicht möglich, Blickkontakt aufzubauen. Das Gesicht war auf der ihr zugewandten Seite von einer Straehne schwarzen Haares verdeckt.

Sie möchte den seidenen Vorhang beiseite Schieben, doch stellt erstaunt fest, daß sie ihren rechten Arm nicht bewegen kann. Ein Blick über die Schulter hinab enthüllt den Grund: die Frau sitzt auf ihrer Hand. Wie merkwürdig, daß ihr das nicht vorher aufgefallen war. Jetzt aber, da sie es weiß, wird sie sich auch des Schmerzes bewusst - die Sitzbeine der Nachbarin bohren sich mit einer Kraft in ihren Handteller, die die schlanke Statur der jungen Dame nicht vermuten ließe. Ihre Hand ist wie festgenagelt: jeder Versuch, sie unter dem Po hervorzuziehen, sind vergebens. Die Hand ist schon ganz warm.

Ihr Gegenüber scheint davon nichts zu bemerken. Im Gegenteil, sie rutscht mit ihrem Gesäß gemächlich etwas hin und her, als ob es so richtig gemütlich wäre.
M. musste die Zähne fest zusammenbeißen, um nicht aufzuschreien, als ihre Hand unter den Beckenknochen regelrecht gemahlen wird. Sie sieht sich schnell im Bus um, aus Angst, jemand könnte die peinliche Situation beobachten. Erleichtert stellt sie fest, daß der Bus außer ihr und der jungen Frau vollkommen leer ist. Das gibt ihr die Möglichkeit, erstmal so zu
tun, als sei nichts geschehen und zu überlegen, wie sie sich aus dieser Situation befreien kann.

Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie ihr die Frau den Kopf zuwendet, also dreht sie sich schnell zum Fenster. Sie rauschen gerade an ihrer Haltestelle vorbei. M. versucht, trotzdem möglichst gelassen nach draußen zu schauen, als sie auf einmal das Gesicht ihrer Nachbarin bemerkt, daß sich in den dunklen Abendschatten in der Scheibe spiegelt.

Es gefällt M., es strahlt Stärke aus: kräftiges Kinn, breite, scharfe Wangenknochen, hohe Stirn. Es erinnert sie an ihre Stiefmutter, auch weil es sehr jung ist: die Frau ist garantiert noch keine Dreißig, denn M. ist recht gut im schätzen solcher Dinge. überrascht stellt sie fest, daß die Frau den Blick erwidert. Sie lächelt. Nur leicht, aber deutlich; und nicht freundlich, sondern selbstsicher; siegesgewiß. M. ist verzweifelt, sie ist jetzt kurz davor, zu weinen. Sie versucht verzweifelt, sich zusammenzureißen, denn diese Demütigung könnte sie nicht ertragen. Aber es ist schwer.

Wie kann sie dieser Frau entkommen? Die Frau wendet sich wieder ab. In der Scheibe sieht M., wie ihre Widersacherin langsam den Kopf in den Nacken legt und sich mit den Fingern der linken Hand die Haare nach hinten kämmt. Eine Flutwelle herben Parfums überrollt M., und sie fühlt sich benebelt. Ihre Nachbarin rutscht wieder etwas hin und her. Es tut weh, und M. könnte schwören, daß die Frau dabei ihren Po anspannt -sie kann es fühlen. Die Frau hört gar nicht mehr auf zu rutschen, und M. laufen jetzt die Tränen.

Die Frau lässt die Haare fallen und dreht M. wieder das Gesicht zu. Sie lächelt jetzt breit. Als sie die Tränen sieht, macht sie kurz einen mitleidiges Gesicht, und grinst dann um so breiter.

M. glüht innerlich vor verzweifelter Wut. Sie kann dem Blick der Frau nicht standhalten; sie sieht weg. Die Tränen laufen jetzt rasch. Sie guckt nach vorne, ob der Fahrer denn nichts bemerkt. Der Bus fährt sehr schnell. Auf der Haltestellenanzeige steht "Dienstfahrt". Hat der Fahrer den nicht bemerkt, dass noch jemand an Bord ist? Der Bus bremst auch kaum in den Kurven, und M. wird rutscht in ihre Ecke hin und her.

Die Hand ist jetzt sehr heiß. Die Frau hat wieder begonnen zu mahlen. Fester noch als zuvor, mit schwungvollem Rhytmus. Der Schmerz wird unerträglich. Die Hand muss bluten, den M. fühlt eine heiße Flüssigkeit über ihr Handgelenk laufen. Verzweifelt versucht sie, sich zu befreien, aber jede Bewegung des Armes verstärkt die Qual.

M. fühlt, wie sie eine Hand an den Haaren packt und sie zwingt, aufzusehen. Das Gesicht der Frau ist jetzt ganz nah, und der Triumph unverhohlen. "Du bist also die kleine M.", sagt die Frau, "ich hoffe wir werden uns gut verstehen. Wir werden uns ab jetzt ja öfter sehen." Der Blick der Frau breitet sich in ihr aus wie langsames Gift, und der Schmerz wird unerträglich.

Schließlich öffnet M. den Mund und schreit auf. Das Gewicht auf ihrer Hand verschwand. Sie zog sie langsam weg. Der Bus bremste sehr stark, und M. rutschte vom Sitz.

Der Busfahrer stand im Gang und fragte, warum sie denn nicht schon früher etwas gesagt hätte. M. rappelte sich auf und lief mit schamrotem, feuchten Gesicht aus dem Bus.

 

Hallo K,
erstmal willkommen auf kurzgeschichten.de :)

Nun zu Deiner Geschichte. Sprachlich finde ich sie ganz brauchbar, wenngleich nicht überragend. Es sind auch ein paar Flüchtigkeitsfehler drin:

die Sitzbeine der Nachbarin

Ich bin kein Fachmann für Frauenhintern, aber nennt man das so? Sie sitzt doch mit den Beckenknochen auf der Hand, oder?

Ihr Gegenüber scheint davon ...

Sie ist die Nachbarin, nicht das Gegenüber.

Dann gibt es zwei Tempuswechsel von Vergangenheit zur Gegenwart (nach dem ersten Absatz) und wieder zurück kurz vor Schluss. Ich nehme an, das ist Absicht ...?

Nun zum Inhalt. Die Situation ist schön absurd, und zunächst reagiert M. auch nachvollziehbar. Aber danach ... ich kann mich des Eindrucks nicht entziehen, dass es hier um Sex geht, genaugenommen um Selbstbefriedigung, die irgendwie durch eine imaginäre Nachbarin kaschiert wird. Es fällt mir leider schwer, etwas anderes aus der Handlung zu erkennen, wenn sich mir einmal ein Bild offenbart hat. Deshalb bitte ich um Verzeihung, wenn ich falsch liege, aber anders kann ich die Geschichte nicht verstehen, es macht keinen Sinn für mich. Du kannst das Geheimnis vielleicht ja mal lüften.

Für den Fall, dass ich mit meiner Interpretation richtig liege, muss ich mich allerdings kritisch äußern: Über eine Frau, die sich im Bus selbst befriedigt, möchte ich eigentlich keine Geschichte lesen. Das ist mir zu platt, es ist eine ziemlich blöde Männerphantasie.

Letzte Anmerkung: Warum bleibt die Frau anonym, "M."? Ich kann keinen wirklichen Grund sehen. Es schafft eine gewisse Distanz zur Protagonistin, ihren Namen nicht zu kennen. Schlimmer noch, wenn sie ihren Namen abkürzt und absichtlich ein Geheimnis draus macht. Die Absurdität der Situation kommt hinzu und sorgt dafür, dass ich mich überhaupt nicht in die Prot hinein versetzen kann. Wir erfahren ja auch praktisch nichts über sie, außer, dass sie schüchtern sein muss, sonst würde sie ihrer Sitznachbarin einfach sagen "sie sitzen auf meiner Hand, und ich muss hier aussteigen". Freilich wäre dann die Geschichte viel früher zuende gewesen ;)

Fazit: Sprachlich okay, inhaltlich entweder platter Sex oder ich habe es nicht verstanden.

Uwe

 

Hallo Uwe,

erstmal willkommen auf kurzgeschichten.de

Danke! :)

Ich habe bisher nur (in anderen Foren) Lyrik verfasst, dies war mein erster Versuch an einem "laengeren" Prosastueck.

Kurz zu den "Fluechtigkeitsfehlern":

Sitzbeine habe ich tatseachlich "recherchiert", das sind die Knochenstuecke des Beckens, die Du fuehlst (theoretisch fuehlen kannst ;) ), wenn Du auf Deiner Hand sitzt. Hoert sich doof an, ich weiss. Vielleicht sollte ich das anders umschreiben.(?)

Mit dem Gegenueber hast Du sicher teilweise recht. Jedoch: zu dem Zeitpunkt, wo es im text vorkommt, ist M. ja der "Nachbarin" zugewandt; das wollte ich ausdruecken. (Und in der "Scheibe" spaeter ist sie ja auch quasi gegenueber.)

Dazu kommt: sitzt die Frau tatsaechlich neben M.? Das darf ja gerne angezweifelt werden...

Du kannst das Geheimnis vielleicht ja mal lüften.

Meine Intrepretation der Geschichte ist doch nicht richtiger als Deine. Es liegt beim Leser, etwaige "Geheimnisse" zu lueften.

Über eine Frau, die sich im Bus selbst befriedigt, möchte ich eigentlich keine Geschichte lesen.

Zu spaet... ! ? :D (Warum?)

Das ist mir zu platt, es ist eine ziemlich blöde Männerphantasie.

Ich moechte jetzt nicht eine Diskussion ueber sexuelle Phantasien vom Zaun brechen, aber es draengen sich mir einige Fragen auf:

1)warum sind Masturbationsphantasien automatisch maennlich?
2)warum sind solche Phatasien platt? (Immerhin vermoegen sie es, Orgasmen hervorzubringen...)Generell? Oder ist nur meine Geschichte platt?
3)Ist meine Geschichte platt?

Ich wehre mich nicht dagegen, wenn jemand in meiner obigen Geschichte einen Akt der Selbstbefriedigung sieht, aber ist das tatsaechlich alles? Kann man nicht mehr darin sehen?

Warum bleibt die Frau anonym, "M."? Ich kann keinen wirklichen Grund sehen. Es schafft eine gewisse Distanz zur Protagonistin, ihren Namen nicht zu kennen.

Das hast Du doch einen Grund...

Wir erfahren ja auch praktisch nichts über sie, außer, dass sie schüchtern sein muss.

Tatsaechlich? Dann ist meine Geschichte wirklich schlecht geworden. Ich dachte, man koennte viel mehr ueber M. erfahren, wenn man genau liest... (selbst, oder sogar: gerade, wenn man es als Masturbation liest...)

platter Sex

Och. Sex=platt?

Aber vielen Dank, dass Du Dich mit meinem Text ueberhaupt auseinandergesetzt hast. Viel mehr moechte ich nicht sagen, ich interpretiere ungern meine eigenen Texte.

Immerhin hat mich Dein Urteil optimistisch gestimmt, dass mit noch ein bisschen Arbeit auch ein passabler Prosaiker aus mir werden koennte. ;)

Ciao.

 

Warum eine masturbierende Frau in einem Bus eine platte Männerphantasie ist? Weil das (wenn auch, zugegeben, mit wesentlich platterem Ambiente) um ein Uhr nachts auf (u.a.) Onyx läuft und nur dafür gut ist, dass Männer sich einen runterholen und danach gut einschlafen. Ich habe nichts dagegen, aber tiefgehende Unterhaltung ist das sicher nicht, daher der Begriff "platt".
Ja, die Gleichung "Sex=platt" gilt bei zirka 95% aller Geschichten, die ich zu diesem Thema gelesen habe. Kaum ein Thema ist schwerer umzusetzen, zumal jeder Leser unterschiedliche "Schmerzgrenzen" hat. Wobei ich aus irgendeinem Grund jetzt an chaosqueen denken muss :D
Und ich habe durchaus das Gefühl, dass in Deiner Geschichte durchaus mehr drinsteckt, aber das ist leider nicht bei mir angekommen. Wer packt sie da eigentlich hinterher an den Haaren? Wieso werden sie sich "öfter sehen"? Also, nach meinem Gefühl ist sie ganz alleine, bzw. sie "sieht Gespenster". Aber warum und was das bedeutet, verstehe ich halt nicht.
Mal sehen, was die anderen sagen.

Uwe

 

Ich konnte der geschichte nicht so viel abgewinnen. Sie wirkt auf mich eher wie eine textform eines Clips bei "La notte" oder so.

erstmal so zu
tun
Warum der Absatz?

 

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