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Die Hoffnung stirbt zuletzt

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14.12.2009
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Die Hoffnung stirbt zuletzt

Ruhig schaue ich zu, wie der Sarg im Boden versenkt wird. Die Köpfe sind zum Boden geneigt. Stille herrscht. Nur ein leises Wimmern ist zu hören. Es kommt aus der Richtung meiner dünnen, schwachen Grossmutter. Wie viel sie auch durch gemacht hat; zu viele Nächte, in denen sie vor Sorge nicht schlafen konnte, zu viele verachtende Blicke auf den Strassen. Nicht einmal der Pfarrer hat etwas zu sagen. Ich sehe ihm an, dass er nach Wörtern ringt. Was will er auch sagen? Im Leben dieses Mannes gab es Nichts, auf das man mit Freude zurückschauen kann. Ich weiss nicht, ob ich Freude oder Trauer empfinden soll, denn jetzt bin ich erlöst, aber er war mein Vater!
Die Nacht des Unfalls war die Schlimmste in meinem Leben. Viel Schmerz habe ich schon verspürt, doch so gelitten habe ich noch nie. Mein Vater kam nach einer Woche wieder einmal von der Arbeit nach Hause. Dies waren die Momente, in welchen ich mich am liebsten tief im Boden vergraben hätte. Es fing schon damit an, dass ich in der Garage ein Fluchen und das Poltern der umgekippten Mülltonne hörte. Die Kälte drang durch den kleinen Spalt meines alten, rostigen Fensters. Die weisse Farbe blätterte ab. Es war in einem erbärmlichen Zustand, wie auch der Rest des Hauses. Kaum im Haus angekommen, rief mich mein Vater zu sich. Die Uhr zeigte elf Uhr und ich war schon im Bett gewesen. Sich schlafend zu stellen verschlimmerte die Situation meistens, also zerrte ich mich hoch, zog meine Hausschuhe an und stellte mich aufs Schlimmste ein. Als ich die Treppe runter huschte, stieg mir der unangenehme Geruch von Alkohol in die Nase. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, lass den Müll nicht in der Garage herumstehen?! Du Drecksgöre!“, schrie mein Vater mich an. Ich war es mir gewöhnt. Meine Gefühle konnte ich geübt verbergen, so dass ich nicht gleich zu weinen begann, wie ich es anfangs immer getan habe. Mit der Situation lernte ich umzugehen. Ich musste mir klar machen, dass es nicht an mir lag, sondern an ihm, und dass ich ihm nichts hätte Recht machen können. Er hätte immer Grund gehabt, mich zu bemängeln. Doch dieses Mal war es schlimmer als sonst. Als ich mich entschuldigen wollte, hörte er mir gar nicht zu, sondern holte seine Hand aus und verpasste mir eine Ohrfeige. So weit war es noch nie gekommen. Gewalt konnten meine Mutter und ich bisher immer vermeiden, doch wir haben geahnt, dass es soweit kommen würde, eines Tages. Doch diesen Tag wünschten wir uns weit weg.
Meine Wange war betäubt vom Schmerz. Ich bemerkte leibhaftig ein Pochen in meiner Wange. Erst als die Mutter vor Angst schrie, realisierte ich, dass er auch sie schlagen wollte. Schnell stiess ich meine Mutter zur Seite, so dass sie zu Boden fiel, doch, was viel wichtiger war, die Hand meines Vaters hatte sie nicht getroffen. Auf schwachen Beinen lief mein Vater nun zum Kühlschrank. Meine Mutter hatte ihm vorher extra ein Abendessen gekocht, wir wollten möglichst viel für ihn tun, um sein Gemüt zu befriedigen, doch wie üblich gab es wieder etwas auszusetzen. Dummerweise hatte meine Mutter vergessen Bier einzukaufen. Wir tranken nicht oft Bier, denn wir wussten genau, was für Auswirkungen Alkohol hatte und selten erahnten wir, wann mein Vater nach Hause kommen würde. Also schrie er uns nochmals an und diesmal traf seine Hand das Gesicht meiner Mutter. Als mein Vater realisierte, was passiert war, flüchtete er. Wir hörten nur noch das Aufheulen des Automotors meines Vaters, wenige Sekunden später dann den dröhnenden Aufprall.
Durch den Schubs, den meine Mutter mir gibt, erwache ich aus meinen Erinnerungen. „Los, geh schon! Du bist dran“, flüstert sie mir ins Ohr. Alle Augen sind auf mich gerichtet, ich bin an der Reihe Rosenblätter ins Grab zu werfen. Meine Gedanken werden hin- und hergerissen, das Wissen, keinen Vater mehr zu haben, kränkt mich und macht mich traurig. Wie sehr habe ich mir immer einen Vater gewünscht, der mich liebt, mit mir spielt, der mein Vorbild ist. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. In meinem Gedächtnis existieren keine guten Erinnerungen an meinen Vater. Wenn es etwas Gutes in seinem Leben gegeben hat, an was ich mich freuen könnte, muss das so lange her sein, dass ich mich nicht mehr erinnern kann. Die Blicke in meinem Nacken drängen mich. Alle warten. Es ist ein so schwerer Schritt für mich, doch ich komme zum Schluss: mit meinem Vater verbinde ich das, was ich nie hatte. Es liegt mir nichts an ihm. Ich sehne mich nach jemandem, der mir Liebe schenkt, besonders weil das Verhältnis zu meiner Mutter auch immer schlechter wird. Mir wird bewusst, wie dankbar ich meiner Mutter sein kann.
Schnell werfe ich die Rosenblätter ins Grab und umarme meine Mutter, welche völlig überrascht in Tränen ausbricht. Freudetränen.

 

Irgendwie kommt mir das alles voll mies rüber.... und auch zu kurz. Ich finde, es ist gemein, sich über den tod eines menschen zu freuen. Niemand hat es verdient, tot zu sein.
Auch allgemein kommen nicht so viel Gefühle rüber, ich würde sie etwas mehr darstellen. Es ist klar, dass Wut gegenüber dem Vater herrscht, aber schreib soetwas zum Beispiel hin.

 

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