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- 10.09.2008
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Die Individuellen
Stell dir vor
Du fängst an zu pubertieren. Du beginnst zu verstehen, dass die Leute in deinem Freundeskreis, in deiner Klasse und in deiner sonstigen Umgebung alle den gleichen Stil haben.
Du verspürst den Drang nach Anderem und fängst an Metal zu hören, immerhin ist alles gerade scheiße und das kannst du mit bösem Metal besonderst gut ausdrücken.
Diese dunkle Szene erscheint dir schon als sehr toll. Du bist der Meinung, jetzt dazuzugehören und bist sehr stolz auf dich. Du liest bei Wikipedia alles über Punk, Metal und Grunge, und das alles ist irgendwie anders, genauso wie du es wolltest. Immer wieder taucht in diversen Foren das Wort "individuell" auf und du beschließt, jetzt immer auf dein Recht auf Individualität zu plädieren.
Du bist mutig und färbst dir eine rote Strähne in dein goldenes Engelshaar, auf das deine Oma immer so stolz war. Und wenn sie sagt: "Wie siehst du denn aus?", fühlst du dich in deiner `Individualität´ bestätigt.
Du liest dich immer mehr in die Verschachtelungen der Szenen rein, Speed Metal, Death Metal, Love Metal, Power Metal... und langsam gewöhnst du dich sogar an die absurde Musik. Du redest dir ein, dass dieses lächerliche Headbangen nicht total dämlich aussieht.
Irgendwann siehst du dann, dass auch Nicht-Metal-Hörer rote Strähnen haben, deswegen fängst du jetzt an, dich auch noch individuell anzuziehen. Und zwar genauso wie die Mädels auf den Fotos, die erscheinen, wenn du bei Google "Metal Lolita" eingibst. Da guckst du dir das mit den Piercings auch gleich ab. Du bist mittlerweile schon voll Metal und fühlst dich toll, wenn die Leute dir auf der Straße hinterhergucken.
Und wenn sie motzen, erzählst du ihnen, dass du wenigstens individuell bist. Genauso individuell wie die Ledertussies in Google. Und du merkst nicht, du bist eine einfache Kopie der Lackstiefelträgerinnen.