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Die Joghurtapokalypse

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26.10.2010
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Die Joghurtapokalypse

Tony steht vor dem Kühlregal und betrachtet die Artenvielfalt im Joghurtuniversum. Links- und rechtsdrehende Kulturen in weissen, gelben, roten Plastikbechern. Erdbeer-, Vanille-, Sauerkirschgeschmack. 100 g Einheiten für den kleinen Hunger zwischendurch oder 1kg Familienpackungen für den wöchentlichen Kalorienbedarf. Und natürlich die Größenordnungen dazwischen. Die Auswahl ist schier unendlich.
Direkt an der Grenze zur Käsegalaxie entdeckt Tony ein besonderes Exemplar. Die Aufschrift verspricht nicht weniger als eine Revolution in der Nahrungsaufnahme. "Gegen Haarausfall und Schweißfüße." Und in kleinen Buchstaben auf der Rückseite. "Die Zukunft der Lebensmittel. Gastro Energetische Nahrung." Tonys Neugier ist geweckt.
"Was die sich immer einfallen lassen. Schon stark ...", denkt er sich und legt zwei Becher in seinen Einkaufswagen. Einen für sich, sein lichter werdendes Haupthaar hat ihn in letzter Zeit immer mehr gestört, und einen für seine Freundin. Die hat zwar weder Probleme mit ihren Haaren, und ihre Füße stinken auch nur selten, aber was solls. Schaden wird es schon nicht.
Tony schaut in den Einkaufswagen. Marmelade, Schinken, Seife, Tee. Im Kopf hakt er die Positionen auf seinem imaginären Einkaufszettel ab. Nur die Tomaten und Gurken für den Salat fehlen noch. Er greift noch schnell einen Liter Milch aus dem Kühlregal und setzt seinen Wagen in Bewegung.
An der Gemüsetheke herrscht rege Betriebsamkeit. Kunden kontrollieren die Äpfel auf Druckstellen, prüfen, ob die Melonen schon weich sind oder wiegen Paprika. Auch vor dem Korb mit den Tomaten steht ein Kunde. Eigentlich hat Tony im Supermarkt kein Auge für seine Mitmenschen, dafür ist er jedes Mal viel zu sehr mit seinem Einkauf und den Eindrücken beschäftigt, die in jedem Gang und Regal auf ihn lauern, dieser Mann aber fällt Tony sofort auf. Zum einen weil der Mann den Weg zu dem Korb mit den Tomaten versperrt, vor allem aber deswegen weil er die Tomaten in einer höchst sonderbaren Art und Weise begutachtet. Der Mann nimmt eine Tomate aus dem Korb, streichelt mit den Fingern über die rote Haut, hält sie darauf zunächst an sein Ohr, als ob sie ihm etwas zuflüstern würde, und richtet sie zum Schluss gegen das Licht einer an der Decke angebrachten Neonröhre. Wie ein Barkeeper, der abgewaschene Gläser auf Schlieren untersucht. Danach legt er das Exemplar zurück in den Korb und beginnt mit der nächsten Tomate von neuem.
Tony betrachtet das Schauspiel eine Zeitlang und ist verwirrt. Er beschließt den Mann anzusprechen und nachzufragen was er da treibt.
"Hallo ... ist etwas mit den Tomaten nicht in Ordnung?"
Der Mann dreht sich zu Tony um. Strähnen wilden, schwarzen Haares fallen ihm in die Stirn. Ganz langsam mustert der Mann Tony, beugt sich zu ihm vor und flüstert: "Sie stecken in den Tomaten. Ich habe sie gesehen und muss sie finden, ansonsten ... ansonsten haben wir alle ein Problem. Ein gewaltiges Problem ...".
Tony ist sich nicht sicher, wie er reagieren soll. Mit Betrunkenen oder Verrückten gibt er sich normalerweise nicht ab. Auch um die Bettler in der Innenstadt macht er immer einen großen Bogen. Er fühlt sich unwohl in der Nähe von merkwürdigen Leuten und weiß nichts mit verwirrten Menschen anzufangen. Aber ist dieser Mann überhaupt betrunken oder verrückt? Ein bißchen verwirrt, okay, das verfilzte Haar und der ungepfegte Bart sprechen schon dafür, seine Augen schauen Tony aber klar und fest an. Und Geruch von billigem Whisky oder Bier nimmt Tony nicht wahr. Eindeutig kein Betrunkener. Er hakt nach: "Wer steckt in den ...".
Sofort unterbricht der Mann Tony mit einem durchdringendem Zischen.
"Nicht so laut. Sie hören uns. Wir dürfen uns nur ganz leise unterhalten. Sie bekommen alles mit. Alles. Laute Stimmen verscheuchen sie ... und ich muss sie fangen bevor es zu spät ist."
Tony ist mulmig zumute. Im Supermarkt zu flüstern hat schon etwas äußerst Subversives. Er lässt sich darauf ein.
"Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wovon sie sprechen. Wer steckt in den Tomaten? Und was für ein Problem droht uns allen? Das hört sich ja beängstigend an."
"Oh ja, beängstigend. Genau das ist es ... ich kann jetzt nicht auf Details eingehen, aber glauben sie mir. Wir stehen kurz vor einer Katastrophe. In einer Größenordnung die die Menschheit noch nicht erlebt hat. Kurz davor, oh ja. Wir haben nur noch wenig Zeit das Unglück abzuwenden, und nur wenige haben die Zeichen der Zeit bisher überhaupt erkannt. Wenn wir nicht entschlossen handeln, dann ... ".
Tony läuft ein Schauer über den Rücken. Dieser Mann mit seiner geflüsterten Botschaft macht ihm Angst. Keine rationale Angst, auf abstruse Warnungen vor dem Weltuntergang hat er noch nie viel gegeben. Eher eine emotionale Angst, die erst gar nicht den Versuch unternimmt durch die Gehirnwindungen zu ziehen, sondern direkt ohne Umwege aus dem Bauch heraus für aufgerichtete Nackenhaare sorgt. Ein Gefühl wie bei einem verborgenen Verfolger, den man nicht sehen oder hören kann, man aber trotzdem nur zu gut weiß, daß er da ist. Wie auch immer das funktioniert.
Tony will von dem ganzen Kram mit in den Tomaten steckendem Irgendwas nichts mehr hören. Der Appetit auf Salat ist ihm gründlich vergangen.
"Es ist wohl besser, wenn ich jetzt gehe. Viel Erfolg weiterhin."
"Jaja, schon gut, gehen sie. Flucht ist natürliches Verhalten, verstehe ich. Nützt ihnen zwar nichts, aber ich halte sie nicht auf."
Der Mann wendet sich wieder den Tomaten zu, dreht sich aber nochmal zu Tony um, der seinen Einkaufswagen gerade in Richtung Kasse losschieben möchte:
"Übrigens, der Joghurt da, den sie in ihrem Wagen liegen haben schmeckt einfach super, ist mittlerweile mein Lieblingsjoghurt ... Und sehen sie: meine Haare wachsen wieder wie vor dreißig Jahren. Wenn sie wollen können sie auch an meinen Füßen schnuppern, Rosenduft ist nichts dagegen ..., hey wieso rennen sie denn weg?".
Den letzten Satz bekommt Tony nicht mehr mit, er ist bereits auf dem Weg zum Kühlregal.

 

Hallo Myschkin,
herzlich willkommen hier!


Eine amüsante Geschichte über Arznei-Lebensmittel. Gar nicht so fern der Realität.
Schade, dass die Geschichte nur äußerst zäh in Schwung kommt. In der ersten Texthälfte werden zu viele Dinge angesprochen, die nicht zum Thema passen. Da kann einiges von dem Text gestrichen werden.
Zum Beispiel das Verhältnis des Protagonisten zu seiner Freundin, sein Einkaufsverhalten, die Einrichtung eines Supermarktes kennt jeder Leser.

Einige Re-Fehler sind im Text, wie: jedesmal = jedes Mal
ansonsten ..... = ansonsten ... (nur drei Punkte!)
Und auch Flüchtigkeitsfehler wie: Gemüstheke = Gemüsetheke.

Schau deinen Text darauf noch mal durch.

Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix,

ich freue mich, dass du mein kleines Geschichten gelesen und dir Zeit für einen Kommentar genommen hast. Vielen Dank !

Die Rechtschreibfehler habe ich korrigiert. Man kann einen Text noch so oft lesen, irgendwas rutscht immer durch. Die korrekte Schreibweise von "jedes Mal" war mir nicht bewusst, vom Gefühl würde ich es halt zusammen schreiben. Merke mir das nun, man lernt ja nie aus ... ( <--- drei Punkte :-)).

Bezüglich des zähen Beginns hast du vermutlich Recht. Ich befinde mich schreibtechnisch noch im Stadium der Fingerübungen und gehe relativ konzeptlos ans Schreiben, lasse mich also von der Inspiration treiben und schaue wo ich lande. Die Sätze mit Nebeninfos erfüllen den Zweck mir selbst erstmal einen Zugang zu einer Geschichte zu verschaffen und eine Situation zu kreieren, die mir die Worte leichter fließen lässt. Du hast natürlich recht wenn du anmerkst, dass diese Infos im Grunde nichts mit dem Inhalt oder dem Thema zu tun haben und gekürzt werden können. Mit dem Überarbeiten tue ich mich noch schwer, aber deswegen bin ich unter anderem auch auf dieser Seite gelandet. Ich möchte mich intensiver mit dem Schreiben auseinandersetzen und bin daher auf Feedback und Hilfestellungen angewiesen.

In diesem Sinne vielen Dank für deine Anmerkungen, du hast mir weitergeholfen.

Viele Grüße, vielleicht auf bald
Myschkin

 

Hallo Myschkin!

Hab hier eine Aufstellung von Beispielen für dich, was gestrichen werden könnte. Die Entscheidung liegt natürlich bei dir.

Eigentlich wollte er nur für das bevorstehende Wochenende ein paar Besorgungen machen. Brot und Käse, zwei Pizzen und einen Sechserträger Bier. Den üblichen Kram. Wie so oft bleibt es aber nicht dabei. Die Dudelmusik aus den Lautsprechern und die vielen bunten Werbeplakate verführen Tony jedes Mal mehr zu kaufen als er sich vorgenommen hat. Tony liebt die Atmosphäre im Supermarkt. Die vollen Regale mit Produkten für den täglichen Gebrauch, das kunstvoll drapierte Obst in der Frische-Ecke und die Gitterkörbe voll stückzahlbegrenzter Sonderaktionen. Küchenutensilien, HiFi-Elektronik, Werkzeuge. Alles was sein Herz begehrt.

Tony schreibt sich niemals auf was er einkaufen möchte. Er hält große Stücke auf sein Erinnerungsvermögen und macht aus jedem Einkauf eine Art Gedächtnistraining. Manchmal vergisst er natürlich Kleinigkeiten und bekommt Ärger von seiner Freundin, meistens aber bringt er alles Benötigte nach Hause und klopft sich stolz auf die Schultern. Auch diesmal hat er schon fast alles beisammen.

(ist im Angebot)

(Tony hat gehört dass man das mit einem Klopfen auf die Schale feststellen kann)

und Tony sich dadurch nicht ungehindert bedienen kann,

überprüft

Wie ein Barkeeper, der abgewaschene Gläser auf Schlieren und verbliebene Verschmutzungen untersucht.

Er beschließt den Mann anzusprechen und nachzufragen was er da treibt, obwohl das eigentlich nicht seine Art ist und er im Supermarkt noch niemals einen anderen Kunden angesprochen hat.

seine Augen schauen Tony aber klar und fest an. Fixieren ihn.

Und Geruch von billigem Whisky oder Bier nimmt Tony nicht wahr.

Eindeutig kein Betrunkener.

Wie auch immer das funktioniert.

Liebe Grüße

Asterix

 

Hallo Asterix !

Zunächst war ich recht erstaunt über die pure (Wort)Anzahl der von dir vorgeschlagenen Kürzungen. Gerade bei den zu streichenden längeren Abschnitten war ich auf den ersten Blick doch sehr verwundert.

Auf den zweiten Blick, nach eingehenderer Überlegung muss ich dir jedoch bei den meisten deiner Streichungsvorschläge recht geben. Sie füllen die Geschichte lediglich mit Informationen auf, die verzichtenswert und damit nicht notwendig sind. Ich streiche die Geschichte entsprechend zusammen.

Bei folgenden (wenigen) Vorschlägen habe ich mich gegen eine Streichung entschieden:

"billiger Whiskey + eindeutig kein Betrunkener": lasse ich drin, weil ich deutlich klarmachen möchte, dass die Ursache für das sonderbare Verhalten definitiv nicht Alkohol ist. Das ein Umstand damit doppelt dargestellt wird nehme ich in Kauf.

"Wie auch immer das funktioniert.": lasse ich ebenfalls drin, um das nicht Erklärbare stärker herauszustreichen.

Vielen Dank nochmal für deine Mühe und deine hilfreichen Korrekturvorschläge.

Viele Grüße
Myschkin

 

Hallo Myschkin

Schön zusammengefunden, die beiden Seltsamkeiten. Neumeldungen aus dem Joghurtuniversum und ein Untergangsprophet auf der Jagd nach verdächtigen Tomaten-Objekten. Sag mir einer, Alltag sei langweilig.

Der Bogen vom Eierlegendenwollmilchsaujoghurt zum Tomatenjäger ist natürlich ziemlich abenteuerlich konstruiert und eigentlich passiert in dieser Geschichte nichts oder kaum etwas, aber das ist alles schön geschrieben und kriegt mit dieser Pointe Marke Seltsam noch einen feinen Endschliff.

"Übrigens, der Joghurt da, den sie in ihrem Wagen liegen haben schmeckt einfach super, ist mittlerweile mein Lieblingsjoghurt ... Und sehen sie: meine Haare wachsen wieder wie vor dreißig Jahren. Wenn sie wollen können sie auch an meinen Füßen schnuppern, Rosenduft ist nichts dagegen ..., hey wieso rennen sie denn weg?".
:D Sehr geil

100 g Einheiten für den kleinen Hunger zwischendurch oder 1kg Familienpackungen

Hundertgrammbecher ... Familienpackungen mit einem Kilo ... in der Richtung. So siehts nich so super aus.

Die Aufschrift verspricht nicht weniger als eine Revolution in der Nahrungsaufnahme.

Das ist missverständlich. Das Revolutionäre liegt ja in den Inhaltsstoffen.

An der Gemüsetheke herrscht rege Betriebssamkeit.

Da kannste ein s sparen.

Eher eine emotionale Angst, die erst gar nicht den Versuch unternimmt durch die Gehirnwindungen zu ziehen,

Du hast die Angst hier als Gegensatz zur rational begründbaren Angst, ich weiß, was du sagen willst, aber eine Emotion emotional zu nennen, ist ...

den man nicht sehen oder hören kann, man aber trotzdem nur zu gut weiß, daß er da ist.

Da fehlt ein Wort, oder?

Grüß Fjodor Michailowitsch bei Gelegenheit, der Idiot ist mir das Liebste seiner starken Werke.

Kubus

 

Hallo Monty, Hallo Kubus

vielen herzlichen Dank für eure sehr positiven Kommentare. Ich muss sagen, dass mir ein wenig Zuspruch gerade sehr gelegen kommt, da ich seit kurzem irgendwie in einem kleinen Motivationsloch stecke. Ich freue mich daher sehr, dass das kleine Geschichtchen beu euch zumindest für ein paar kleine Schmunzerl gesorgt hat und ihr euch zudem die Mühe gemacht habt mir dies mitzuteilen. Vielen Dank.

Eure Kritikpunkte nehme ich mir zu Herzen. Die Wortwahl ist an einigen Stellen wirklich verbesserungswürdig, das merke ich jetzt nach einigen Wochen Abstand deutlich. Meine nächste Geschichte werde ich in dieser Hinsicht genauer überarbeiten.

Viele Grüße und euch alles Gute

P.S.: Fjodor Michailowitsch ist gegrüßt ;-) Will mir bald nochmal die Brüder K vornehmen.....

 

Hallo Myschkin,

mir hat Dein Ausflug in die Welt der Sauermilchprodukte und anderer Supermarktlügen gefallen. Ein paar RS-Fehler stecken noch drin, auch welche, die schon angesprochen wurden.

An der Gemüsetheke herrscht rege Betriebssamkeit. Kunden kontrollieren die Äpfel auf Druckstellen, prüfen ob die Melonen schon weich sind oder wiegen Paprika.

Das doppelte "s" in Betriebsamkeit kann raus und nach "prüfen" noch mal ein Komma.

Tony ist sich nicht sicher wie er reagieren soll.

KOMMA nach "sicher".

Tony ist mulmig zumute. Im Supermarkt zu flüstern hat schon etwas äußerst subversives.

Subversives

Ich weiß ehrlich gesagt nicht wovon sie sprechen.

KOMMA nach "nicht"
usw.

Das Ende hat mir gut gefallen, vor allem, weil sich die Versprechen der Hersteller mal bestätigen und nicht Versprechen bleiben.

Liebe Grüße
Giraffe :)

 

Hallo Giraffe,

vielen Dank für deinen hilfreichen und freundlichen Kommentar. Ich habe die genannten Stellen soeben korrigiert. Bin kein Germanist oder Deutschlehrer und kann daher nur auf mein Rechtschreibempfinden zurückgreifen. Und Kommasetzung war schon in der Schule nicht unbedingt meine Stärke (lang, lang ist's zudem her).

Ich bin froh, wenn das kleine Geschichtchen einigermaßen inhaltlich und stilistisch ankommt und das Lesen nicht einer Strapaze gleicht. Einen hundertprozentig fehlerfreien Text werde ich wohl niemals abliefern ...

Vielen Dank nochmal und dir weiterhin viel Spass beim Lesen und Schreiben.

Liebe Grüße
Myschkin

 

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