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Die Kanne Wasser

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18.09.2004
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Die Kanne Wasser

Die Kanne Wasser

Es war ein heißer Sommer. Aber kein normaler Sommer, denn dieser trug die geschichtsträchtige Jahreszahl 1945. Warum geschichtsträchtig? Die Antwort ist einfach, welche Sommer können schon von sich behaupten, die ganze Zeit schulfrei gewesen zu sein. Es gab bedauerlicherweise in einem solchen Fall aber auch keine Ferien. Die Tage vergingen schnell. Und dieser Lebensabschnitt war alles andere als durch herrliches Badewetter geprägt. Im Übrigen schwammen noch zu viele Wasserleichen im nahen See herum. Für geflissentlich eruierende Geschichtsbücher natürlich ein ganz unerhebliches Vorkommnis. Aber was sagen schon Geschichtsbücher wirklich für Kinder aus, denn diese denken sowieso anders darüber und Gott sei Dank wird das so bleiben.

Heiße Sommer machen Durst. Und es gab neue Trecks von Menschen auf der Strasse. Die aus dem Osten ziehenden Pferdetrecks hatten inzwischen aufgehört. Jetzt bewegten sich wieder irgendwelche Gruppen von irgendwo nach irgendwohin. Es war eine Gruppe von Frauen in blau-weiß gestreiften Sträflingsuniformen aus einem aufgelösten KZ. Eine ältere Frau löste sich aus diesem Verband und trat an ein am Straßenrand das nicht begreifende Geschichtsgeschehen beobachtende Kind heran und fragte nach einem Glas Wasser. Das Kind besorgte das erfrischende Nass in einer Kanne. Das Wasser war nicht mehr so unbedenklich zu genießen, denn inzwischen war weitläufig Typhus ausgebrochen. Es lagen noch zu viele Leichen herum und die Luft besaß diesen eigentümlich süßlichen Verwesungsgeruch. Selbst auf den Spielplätzen der Kinder lagen noch Leichen herum.

Diese Frau sprach das Kind freundlich an und nahm das Wasser dankbar an. Sie schüttete ein weißes Pulver hinein und trank es. Das Pulver diente wohl zur Desinfektion. Sie besaß sicherlich medizinische Kenntnisse. Dann sprach die weise Frau märchenhaft zum Abschied das Kind an, wenn Du mich einst besuchen kommst, werde ich Dir das Wasser mit Wein vergelten. Das Kind kannte noch keinen Wein und deshalb hatte es diese Worte nie vergessen. Es hat diese Fee mit ihrer eigenartigen Kleidung und mit schlohweißen Haaren nie wieder gesehen.

Es waren nur einige Tage später, unendliche Tross sowjetischer Soldaten zogen auf offenen Lastkraftwagen in glühender Hitze vorbei. Auf einem dieser Lastwagen war es wieder ein unwirkliches Wesen aus jener Zeit, der die gleiche Frage nach dem Wasser stellte. Es war diesmal ein schmächtig wirkender Soldat mit sehr feinen Gesichtszügen, der gar nicht zu diesem grobschlächtigen militärischen Volk zu gehören schien. Das Kind brachte mit der gleichen Kanne das Wasser heran. Der Soldat nahm das hochgereichte Wasser jedoch nicht an. Das Kind verstand seine Ablehnung nicht, denn er hatte ja darum gebeten. Verständnislos kreuzten sich ihre Blicke. Diese sagten nur einfach, wir haben Vertrauen zueinander. Der Tross fuhr langsam an und das Kind schüttete das Wasser ganz vorsichtig im hohen Bogen in den Rasen. Der dürstende Soldat schaute im Wegfahren lange dem Kinde hinterher. Was mochte er wohl in diesen Sekunden gedacht haben? Mag sein, dass dieser provokatorische Ausguss das Durstgefühl des danach Dürstenden noch erhöht hatte. Geschichtlich gesehen, war es ein heißer Sommer, aber sicherlich nicht wegen einer Kanne vergossenen Wassers allein.

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Liebe Vialata,

ich habe deine Geschichte nicht verstanden. Welches beiderseitiges Verständniss hat den Soldaten dazu gebracht, den Wasserkrug abzulehnen. Fehlen mir die geschichtlichen Kenntnisse oder die Phantasie?

Dennoch fand ich sie ganz nett. Bleibt nur das Gefühl, daß so viel ausgelassen wurde, was du voraussetzt und was wichtig scheint, um hinter das Geheimnis zu kommen, während anderes detailreich beschrieben ist.

Ganz liebe Grüße,
Simone.

 

Hallo Vialata,

ich bin mir nicht sicher, ob ich deine Geschichte richtig verstanden habe.

Die alte Frau war für mich so etwas wie eine Fee, die das Mädchen vielleicht sogar beschützt. Ich denke, dass sie in dem Moment, als das Mädchen dem Soldaten das Wasser geben möchte, eine Warnung ausspricht: Der Soldat merkt, dass das Wasser verdorben ist und er es nicht trinken sollte.

Hat mir gefallen.

Und es gab neue Trecks von Menschen auf der Strasse. Die aus dem Osten ziehenden Pferdetrecks hatten inzwischen aufgehört.

Eine ältere Frau löste sich aus diesem Verband und trat an ein am Straßenrand das nicht begreifende Geschichtsgeschehen beobachtende Kind heran und fragte nach einem Glas Wasser.

Diesen Satz finde ich zu lang und zu umständlich. Ich musste ihn mehrmals lesen, um ihn wirklich zu kapieren. Vorschlag: Eine ältere Frau löste sich aus der Gruppe, trat an ein am Straßenrand stehendes Kind heran und fragte nach einem Glas Wasser.
(Ich glaube es ist nicht wichtig zu erwähnen, dass das Kind nicht versteht, was vor sich geht.)

Selbst auf den Spielplätzen der Kinder lagen noch Leichen herum.

Dieser letzte Satz klingt für mich, als hättest du ihn noch nachträglich eingeschoben. Vielleicht könntest du diese Information noch in den dazugehörigen Absatz einbauen?

Diese Frau sprach das Kind freundlich an und nahm das Wasser dankbar an.

"Ansprechen" ist für mich etwas, wenn ich mit jemandem noch nie geredet habe. Da sie sich aber bereits unterhalten haben ist es meiner Meinung nach nicht ganz die richtige Wortwahl.

LG
Bella

 

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