Mitglied
- Beitritt
- 27.05.2008
- Beiträge
- 13
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 5
Die Klinge des Wahnsinns
Ich arbeitete bei der Presse und ging einem gewöhnlichen Leben nach.
Eines Tages interessierte ich mich für einen anscheinend geistig verwirrten Mann, von dem ich durch einen Informanten erfuhr.
Es ging laut meiner vertrauenswürdigen Quelle um einen gebildeten Mann, der eigentlich von seinem sozialen Verhalten her zu urteilen, als gewöhnlich betrachtet werden konnte. Er war als erfolgreicher Geschäftsmann bekannt und wurde von einigen Leuten sehr geschätzt.
Doch eines Tages soll man ihn dann in einer Gasse aufgefunden haben. Er schaute niemanden an und reagierte auch nicht, als man ihn sehr direkt ansprach. Seine Arme hatten seine Knie fest umschlungen und den Kopf hatte er ebenfalls nach unten gesenkt und auf seine Oberschenkel gelegt. Ein Wimmern soll zu hören gewesen sein, das von Schmerz und Angst gezeichnet war. Ein Klang, der nur schwerlich aus der alltäglichen Erinnerung zu verbannen ist.
Nach einiger Zeit begriffen die Menschen wohl den Ernst der Situation und verständigten den Notarzt beziehungsweise die Polizei, was diejenigen taten, die von einem Verbrechen ausgingen. Doch weder die einen noch die anderen - von denen sich die herumstehenden Leute und einige Schaulustige Besserung versprochen hatten - halfen etwas.
Meinen Informanten schien die Angelegenheit so sehr zu interessieren, dass er
sich in die Nervenklinik eingeschleust hatte, in die der Mann gekommen war.
Er teilte mir außerdem mit, dass sich während seines Aufenthalts als Putzkraft am Benehmen des Mannes nichts geändert hatte und dass dieser eines Tages tot in seinem Zimmer - das man selbstmordsicher eingerichtet hatte - aufgefunden wurde. Nach einigen Untersuchungen durch die Gerichtsmedizin lautete die Diagnose, dass er mit einem Messer getötet wurde.
So schrieb ich die Nervenklinik an, in die der Mann gekommen war. Ich hatte die Hoffnung, mehr über den Fall zu erfahren. Nach einiger Zeit des Wartens erhielt ich dann von der Psychiatrie eine Antwort in Form eines längeren Briefes, der mich sehr verwunderte. Zu erst hielt ich es für einen schlechten Scherz, doch nach einer Weile begriff ich, dass der Schreiber dieses Briefes sich in einem Zustand des Wahnsinns befinden musste und für sich und seine Umwelt eine Gefahr darstellte.
Der Brief war zum Teil in verwirrender Form geschrieben und war untypisch für einen einfachen Bericht, den ich erwartet hatte. Der Autor nannte mich an einigen Stellen sogar seinen Freund und schrieb generell sehr persönlich, am meisten löste jedoch der zu großen Stücken sehr bizarre Inhalt in mir Sorge aus.
Der Verfasser schien eine negative emotionale Beziehung zu dem besagten Patienten gepflegt zu haben und stand anscheinend unter Mordverdacht.
Nach kurzem Bedenken über eine mögliche Überreaktion von mir, beschloss ich die Polizei zu informieren, was mir nicht leicht fiel, da meine Meinung von dieser nicht die Beste war. Doch es musste sein, denn für mich war der Täter klar. Ich kann und will nicht verstehen, was ich nur kurz darauf in der Zeitung las.
Ausschnitte aus dem Brief; geschrieben von einem der Psychiater der Nervenanstalt:
"Man ging als Erstes von einem Schock aus, erst nach dem Vergehen einiger Stunden ohne irgendeine Besserung hielt man es für angebracht andere Erklärungen für möglich zu erachten.
Ich hielt es dennoch eher für wahrscheinlich, dass es sich um ein normales Trauma handelte. Es beunruhigte meine Kollegen wohl, dass er kein Wort gesprochen hatte seit seiner Einlieferung und dass auch keine Gesten - die als Ersatz für das gesprochene Wort dienen könnten - vom Geschädigten zu vernehmen waren. Eine andere Option wäre sicherlich noch der bewusste Betrug vom Patienten.
Ich kann allerdings nicht glauben, dass jemand das Leben in dieser Anstalt vorziehen würde, es sei denn er hätte einen extremen Grund.
Ein gesunder Mensch, mit dem Verlangen nicht in einer Klinik wie dieser zu verweilen, würde doch - ja selbst wenn es mit den letzten Funken eines klaren Verstandes geschähe - versuchen einen gesunden Eindruck zu erwecken.
Man könnte das mit einem Zwangsneurotiker vergleichen, der zwar in gewissen Maße des Wahnsinns ist, jedoch bei Verstand, den es sogar Bedarf bei dieser Krankheit und ich bezeichne dies nun einfach mal als Krankheit, sei es aus Mangel an Verständnis oder die pure Unwissenheit. Ein Weltbild der Dämonenbesessenheit würde
doch nur zu obszönen Mutmaßungen und krankhaften Ritualen verhelfen.
Ein Pfleger war zu ihm hereingekommen und fragte ihn, ob er essen mag.
Er erhielt daraufhin keine Antwort und er war auch nicht bereit sich freiwillig zu ernähren, weshalb er zwangsernährt werden musste. Man musste versuchen mit ihm zu kommunizieren, denn anders wäre es nicht möglich mehr über die Ursachen seines traurigen Zustandes in Erfahrung zu bringen.
Natürlich führt ein Misserfolg zwangsläufig dazu, dass der Patient über einen größere Zeitspanne in diese Klinik eingeliefert wird. Ich stellte mir wiederholt die Frage, ob er Angst vor etwas oder irgendwem hat. Die Psychologen fingen immer wider an ihn peinlichst genau nach seinem Befinden und dem Ereignis zu befragen.
Er reagierte nicht beschämt, verlangte keine Betäubung und beschimpfte niemanden. Er würde zumindest nicht als Gefahr für Andere gelten, wenn er nicht aggressives Verhalten an den Tag läge. Man konnte ihn nicht als Autist bezeichnen, dazu mangelte es an Symptomen. Ein ärztlicher Befund hatte außerdem ergeben,dass er in der Lage war zu sprechen und die Untersuchung in seinem sozialen Umfeld hatte zu keinerlei Ergebnissen geführt, die das anormale Verhalten erklären könnten.
Er war ein gebildeter Geschäftsmann und zeigte nie Symptome eines solchen Ausmaßes. Tat er vielleicht einen Schwur abgeben? Ein Mitglied einer Sekte war dieser Mensch nicht. Eine Wette hätte man doch schon abgebrochen.
Eine Erpressung hielt die Polizei für ausgeschlossen.
Die 48 Stunden vergingen und so schnell würde er diese Klinik nicht wieder verlassen, es sei denn der Anfall von Wahnsinn oder geistiger Umnachtung fände ein rasches Ende . Ich kann ihnen versichern, dass war während seines gesamten Aufenthalts niemals wirklich der Fall.
Nach einiger Zeit war es für mich nur ein weiteres armes Geschöpf, dass in diese Anstalt gekommen war. So ging ich wieder meiner Arbeit nach, setzte Spritzen ohne zu fragen und gab Medikamente aus, ohne mein Handeln tiefgründig zu hinterfragen.
Denn kann man die heutige Psychologie wirklich als fortschrittlich bezeichnen? Eine Frage, die in mir schon viele Zweifel bezüglich meiner Anstellung ausgelöst hatte.
Ich haderte immer wieder mit meinem Gewissen und und deshalb berauschte ich mich, sei es mit Schnaps,Gras oder Hawaianische Holzrose.
Ich möchte sie natürlich nicht mit meinen persönlichen Problemen belasten und so schildere ich ihnen gerne weitere Details des Vorgefallenen. Seine Verhaltensweise veränderte sich nach einiger Zeit. Dies äußerte sich darin, dass er anfing aggressiv zu werden. Er schmiss Gegenstände und kreischte, Wortfetzen stotterte er vor sich dahin, die für ihn bizarrer Weise einen Sinn ergeben mussten.
Denn er würde uns doch nicht verspotten. Er blickte immer wieder ruckartig nach hinten, es schien mir so, als hätte er Angst, jemand könnte ihm etwas antun. Ich teilte die Diagnose der Ärzteschaft, die es für einen fortwährenden Schockzustand oder Wahnsinn hielt. In anderen Kulturen oder Kreisen wäre er vielleicht als heilig angesehen wurden und in anderen wiederum hätte man eine Austreibung versucht ohne Rücksicht auf seine Gesundheit. Sein Blick fing immer mehr an leblos zu werden und den Augenkontakt mit ihm empfand ich im hohen Maße als anstrengend."
"Nichts hatten wir wirklich getan, zu schnell gaben wir auf, das schlimme Ereignis wäre vermeidbar gewesen. Es hätte sowieso nichts gebracht, sagte ich mir und nahm einen kräftigen Schluck aus meiner versteckten Schnapsflasche.
Ich meine ja nur, dieser Patient, das ist er nun mal, so muss man ihn eben sehen, war von Anfang an apathisch; er schrieb auch nichts, als wir ihm einen Stift gaben. Wir nahmen seinen Fall meiner Meinung nach nicht angemessen ernst und hofften wohl auf ein Wunder. Dieser Kerl schien sich wohl zu fühlen, spotteten einige
und auch ich schloss mich dieser Meinung an - man hatte einfach den Eindruck, diesem Typ ist zum Spaßen zu mute.
Sein Blick wurde immer seltener freundlich und in sich gekehrt starrte er sinnlos herum. Die Dämmerung meines Lebens fing an und ich realisierte, dass ich irgendwo jener Mann war, der da saß und des Wahnsinns war.
Meine Persönlichkeit fing sich an zu spalten. Die Interpretation meines
Denkens war krankhaft. Meine Selbstdiagnose war eindeutig und so beschloss ich ihn aus meinen Gedanken zu vertreiben, doch er spukte in mir und der Zorn auf ihn wuchs.
Dieser Idiot spielte mit mir. Um klar zu bleiben lebte ich enthaltsam, doch dieses Vorhaben war stets zum Scheitern verflucht, denn die Betäubung war mein einziger Freund; Ekstase und die Freude an Warnehmungsveränderungen waren nur sekundär. Er beobachtete mich und er spielte mit mir. Ein paar mal war ich bei ihm.
Ich zeigte ihm Bilder von Verbrechen in einfachster Zeichenkunst dargestellt, die es vermögen, den Geist für immer zu beeinträchtigen.
Er unterließ jegliche Kooperation, der Patient fing an zu lachen, mich zu verhöhnen, anders kann ich es nicht deuten. Nur als krank wollte ich ihn ansehen -ein gewöhnlicher Irrer -, doch er wollte, dass ich anfange die Nerven zu verlieren, wie sonst sollte ich
den Zwischenfall interpretieren, den ich dir nun schildern will. Ich ging zu ihm, denn ich verstand es nicht, ihm aus dem Weg zu gehen. Als Ich das Zimmer betrat, das schlicht eingerichtet war und in dem nur ein einfaches Bett neben einem Schrank vorzufinden war, da tat sich mir ein Anblick auf, den ich zu vergessen pflege.
Ich fand einen Mann vor, der anscheinend vom Leben nicht mehr wohl wollend umarmt zu werden schien. Ich setzte mich zu ihm, er schaute mir nicht in die Augen, denn sein Blick war nach unten auf den Boden gerichtet.
Ich zeigte ihm wieder Bilder und auch diesmal reagierte er nicht.. Ich erklärte ihm die Situation, dass man ihn hier behalten würde, wenn er nicht anfinge sich kooperativ zu verhalten.
Ich wollte ihm deutlich machen, dass er nun sprechen müsse oder zumindest ein Verhalten guten Willens - egal in welcher Form und sei es noch eine so kleine gewöhnliche Reaktion - an den Tag legen solle. Er hörte mich doch, denn ich hatte ihn durchschaut und ich sehe das Geschehene als Bestätigung an. Denn urplötzlich, da schien er zu erwachen aus seinem Zustand und in mir wuchs schon die Freude, dass ich es war, der dem Grauen ein Ende setzte. Er wand den Blick vom Boden ab und flüsterte mit rauer Stimme : "Nur wegen dir bin ich hier." Ich schrie euphorisch: "Er spricht", doch er verstummte und sein Blick wurde leer. Ich war verwirrt und glauben sie mir, ich hasste ihn immer mehr.
Meine Wut auf ihn, wo kam sie her, dass ich nicht mehr verstand mich objektiv zu beherrschen. Schnaps ist nicht der Bote des Wahnsinns, sagte ich mir, so verzichtete ich zur Sicherheit auf Halluzinogene. Ich trank fast bis zur Bewusstlosigkeit, es währten aber auch Zeiten der Abstinenz an."
"Ich bat um eine Verlegung, daran entsinne ich mich. Bevor was, weshalb ich dir eigentlich schreibe, willst du wissen, was aus meiner Sicht geschah. Sie nahmen mich am frühen Abend mit auf die Wache und stellten mir Fragen. Ich hatte kein Alibi und die Erinnerung an die letzten Stunden war verschwommen.
Ich war verwirrt, außerdem hatten Furcht und Angst von mir Besitz ergriffen. Sie wussten von meiner Beziehung zum Opfer und als sie Einzelheiten wissen wollten, da war kein Wort von meinen Lippen zu stehlen. Glaub was du willst, ich war es nicht, der ihm das Leben nahm. Es kann nur er gewesen sein, wenn überhaupt, den ich nicht kenne, der ein Teil von mir ist und da er sterben muss, bin auch ich des Todes. Ich werde mich töten. Es sei denn, du rettest mich.
Du musst beweisen, dass ich nicht der wahre Täter bin. Zeugenaussagen zu folge wirkte auch ich abwesend, Zeitabschnitte fehlen mir, in denen ich Menschen schlechtes antat oder antun würde, dessen bin ich mir sicher, denn nicht nur mein Blut klebte an meinen Sachen, immer dann wenn ich erwachte aus Phasen. Es war nicht der Schnaps, denn ich vernahm Dinge, teilweise wie man den Wahnsinn beschreibt. Doch ich entsinne mich nicht, auch bin ich nicht in der Lage einzuschätzen, ob er,dieser Andere überhaupt existiert. Dieser jemand kann nicht ich sein, es ist nicht wahr, es muss wahrhaftig ein Geschöpf der Dunkelheit gewesen sein.
Dem ist doch so? Ich bin aufgelöst mein Freund, die Nervosität hat von mir Besitz ergriffen und droht mich zu vernichten, so sehr ich auch versuche inne zu halten, es gelingt mir einfach nicht. Es ist erschreckend und ich wage keine Selbstdiagnose. Berichte niemanden von meinen Absichten, unterrichte die besten Detektive von den Vorfällen und bitte sie Untersuchungen einzuleiten. Erst wenn meine Schuld auch für mich endgültig erwiesen ist, bitte ich um das vor Gott peinliche Ende.
Dies bedeutet nicht ,das ich gläubig bin oder dies ein Ehrenmord an mir selbst ist. Ich möchte ihn töten, denn wir sind nicht eins. Doch was wenn er schon tot ist, tu nicht zu schnell die Diagnose einer Art okkulten Schizophrenie. Ich warne dich, nur selten höre ich komisches oder trübt mich die Erinnerung, es ist ein Schub, er wird vergehen, schau wie klar ich bin, denn ich schreib dir diesen Brief. Es sind nur Phasen und die Klarheit wird siegen. Sei bei mir mein Freund, ich brauche dich."
Aufgefundener Zettel; geschrieben von einem der Psychiater der Nervenanstalt :
"Ich habe mich entschlossen zu leben und Rache zu nehmen an allem was lebt. Sie glauben, ich könnte mich töten, doch sie irren. Es wird schön sein, eine Welt ohne Lebewesen. Jeder hier soll mein Opfer sein, doch warum die Zelle, ich bin doch nicht gefährlich für dieses Universum, nur für euch und was seid ihr schon. Der Alte ist tot und nun lebt nur noch er, der ich immer war und ich werde ein Schrecken sein für jedermann."
Zeitungsabschnitte, den Mord betreffend:
"Ein Psychologe, der in einer Nervenanstalt in Frankfurt arbeitet, wird des Mordes verdächtigt. Der Mann hat anscheinend ein Motiv und kein Alibi. Ein Brief, dem der Verdächtige einem Freund zugesandt hatte, trug letzten Endes endgültig zu seiner Verhaftung bei. Der Mann hat wahrscheinlich einen seiner Patienten erstochen."
"Die neusten Erkenntnisse im Fall des Psychologen, der wegen Mordes in Untersuchungshaft sitzt, lassen Zweifel aufkommen, was seine Täterschaft betrifft. Der Mann gilt jedoch als unzurechnungsfähig und scheint an Schizophrenie erkrankt zu sein."
"Der Mann wurde in einem Gerichtsverfahren freigesprochen."
II
Ich erkundigte mich nach dem Mann, der mir den bizarren Brief geschrieben hatte. Neben dem was in der Zeitung stand, erfuhr ich, dass er sich nun in einer Anstalt befand.
Ich hielt ihn für den Mörder und war über das Urteil des Richters sehr erzürnt. Seine Einlieferung in die Anstalt beschrieb man mir ungefähr so:
Er soll fürchterlich geschrien haben und immer wieder ging er auf das Personal los. Er schmiss Gegenstände und schlug auf alles ein, was irgendwie seinen Weg kreuzte. Seine Hände waren schon blutig und auch seine Knie waren aufgeschlagen.
Ich mutmaßte richtig, dass Splitter in allen Bereichen seines Körpers zu Verletzungen geführt hatten. Denn man sagte mir, das Blut floss reichlich.
Man steckte ihn in ein separates Zimmer, in dem er kein Schaden mehr anrichten konnte. Nach einer Weile schien er sich zu beruhigen, allerdings hatte er auch schon einiges an Betäubungsmitteln erhalten. Eine Zwangsjacke zogen sie ihm erst nach diesem Vorfall an, denn er hatte zuvor einen gewöhnlichen Eindruck vermittelt und stellte den Brief als ein Missgeschick dar. Später fanden sie den Zettel und nun wussten sie von seinen Absichten.
Ich war überrascht, als ich diese Neuigkeiten erfuhr. Aus diesem Grund und weil mir die Vorfälle keine Ruhe ließen, sollte mich diese Angelegenheit auch noch für einige Zeit beschäftigen. Gegen meine Neugierde konnte ich nichts machen, so sehr ich sie auch zu besiegen versuchte. Schließlich wollte ich mehr wissen und einen persönlichen Eindruck von ihm gewinnen.
Nach einiger Zeit schien eine Befragung des Mannes möglich, doch immer wieder sagte man mir ab und verschob den Termin und und tat so, als würde es die Presse nichts angehen.
So erforschte ich seine Vergangenheit und wollte prüfen, wie viele Fälle von Wahnsinn in seiner Familie bekannt gewesen waren. Ich traf immer wieder auf Hindernisse und am Ende hatte ich gar nichts, bis auf Teile seines Stammbaumes.
Von der Nervenklinik erhielt ich diesbezüglich auch keine Informationen. Es muss eine halbe Ewigkeit gewesen sein, als man mir endlich zusagte und so machte ich mich auf den Weg.
Nur unter Protest und mit dem Unterschreiben einer Einverständniserklärung konnte ich mit meiner Arbeit beginnen. Ich war schon etwas aufgeregt und zu meiner Verwunderung fand ich dann auch noch einen entspannten Mann vor. Man hatte ihm die Haare geschnitten und auf seine Hygiene geachtet, wie sehr das sein Äußeres beeinflusste, vermag ich nicht zu sagen. Ich stellte mich ihm erst einmal vor und er entschuldigte sich bei mir für die unangenehmen Umstände.
Das Treffen fand in einer Art Saal statt, in dem sich auch noch andere Patienten aufhielten. Es war wohl ein Gemeinschaftsraum und so beschloss ich mit ihm etwas abseits das Interview vorzunehmen. Ich wollte von ihm die Geschichte von Anfang an hören und er fing mir in einer unglaublichen Gelassenheit an die Ereignisse zu schildern. Er erzählte mir davon wie er Drogen konsumierte und von dem Tag, als er das erste mal mit dem Patienten Bekanntschaft gemacht hatte.
Bis hier hin bewegte mich die Geschichte noch nicht sehr und ich fing an mich zu langweilen. Doch dann begann er detailliert zu schildern, wie die Wut auf den Patienten wuchs und noch immer strahlte er völlige Ruhe aus. Auf die Frage, ob er ihn noch immer hasse, reagierte er erbost. So machte mir mein Gegenüber verständlich, dass er es nicht mag unterbrochen zu werden. Außerdem meinte er ohne irgendein Anzeichen von Entsetzen, dass dieser sowieso schon bereits tot sei und das nicht mehr von Interesse. In mir stieg die Anspannung, denn er regte sich nicht.
Ich versuchte jegliche Form von körperlichen Reaktionen zu unterdrücken in dem ich an etwas Angenehmes dachte. Es gelang mir natürlich nur bedingt. Nun wollte er detaillierter werden und bat mich aber das Aufnahmegerät auszuschalten, was ich daraufhin tat. Er hätte mich erwartet und ich sei dazu verdammt, die volle Wahrheit zu kennen. Ich versuchte locker zu bleiben und entsann mich, dass er mir nichts anhaben könnte. Ein Wesen des Bösen hätte von ihm Besitz ergriffen, so schlau wie kein Sterblicher es vermag. Ich blieb ernst, doch er fing an zu lachen und verhöhnte mich. Ich würde so etwas doch nicht glauben, meinte er anscheinend zynisch. Ich dachte mich nun in Sicherheit von keinem schrecklichen Geheimnis zu wissen, doch da änderte sich seine Mimik und mit leiser und gedämpfter Stimme sagte er: "Du bist der Nächste, der des Todes ist."
Sein Blick wurde leer und starr und ich floh von Panik ergriffen und rannte zum Personal, um zu berichten, was geschehen war. Doch man tat es ab als Krankheit seines Geistes und schon bald, da wuchs der Hass auf ihn und die Ärzteschaft.
Ich sagte mir dennoch, sie würden ihn nie entlassen und noch immer hielt ich ihn für den wahren Täter. Doch diese Versuche mich zu beruhigen brachten nichts, denn immer wieder plagten mich Alpträume. Einmal erwachte ich aus einem und da liefen mehrere Spinnen über meine Bettdecke und das Kopfkissen. Ich brauche hier wohl nicht zu erwähnen, dass ich mich vor diesen Wesen fürchtete. So echt war diese Halluzination, dass ich vor dem Angst hatte, was der Verstand beziehungsweise das Unterbewusstsein in Stande ist zu produzieren. Ich hatte Angst den Verstand zu verlieren und gerade dieses Bedenken schien mich dem Schrecken nur näher zu bringen. Es ist sicherlich auch nachvollziehbar, dass ich voller Furcht war vor dem, der mir drohte mich meines Lebens zu berauben. Die Zeit verging und ich weiß nicht wieso, doch es gab Tage an denen schmeckte das Essen nicht und ich fühlte mich leblos.
Der Schmerz auf meiner Brust drohte mich fast zu erdrücken. Die Zeit schien endlos lang und gar nichts bereitete mir Freude. Erst nach ein paar Monaten hob sich allmählich wieder mein Gemütszustand und ich meinte das Schlimmste überstanden zu haben, doch es kam wie es kommen musste und ein bloßer Schrecken durchzuckte meinen Körper und lähmte mich innerlich völlig, als ich es erfuhr.
Sie hatten ihn entlassen, sofort rief ich die Klinik an und beschwerte mich, doch sie meinten nur, er sei genesen. Ab nun war mein Hass grenzenlos.
Ich war den ganzen Tag über erregt und aß kaum noch, denn das Essen hatte so gut wie keinen Geschmack. Ich lebte in fortwährender Anspannung und war nicht mehr in der Lage mich zu beruhigen. Ich existierte in ständiger Erwartungshaltung des Todes und des bloßen Grauens. Er würde hier herkommen, dessen war ich mir sicher. Es folgten Nächte ohne Schlaf und an anderen fiel ich einfach ins Koma.
Ich nahm keine Schlaftabletten, weil ich Bedenken hatte, er könnte diese Schwäche ausnutzen. Ich kündigte freiwillig bei meinem Arbeitgeber und hatte endgültig keine sozialen Kontakte mehr, denn an ein geordnetes Leben war einfach nicht zu denken. Da beschloss ich die Initiative zu ergreifen und mich über sein Leben zu erkundigen.
Ich würde mich ihm stellen und ohne Angst ein weiteres mal gegenüber treten.
Er wohnte ebenfalls in einer Wohnung und auch er hauste alleine.
Noch war ich unentschlossen, doch am Ende war das Verlangen größer, meinen Zustand mit der mir einzig richtig erscheinenden Option zu beenden. Schon auf dem Weg zu seiner Wohnung war ich wie weggetreten und als ich nach wiederholtem Erfragen des Weges vor seinem Wohnhaus stand; da war es nur noch die Furcht und das Adrenalin - das meine Körper in Unmengen produzierte - was ich vernahm.
Heroisch drückte ich die Klingel, nur ein schriller Ton erklang. Er ließ mich rein, ohne nach meiner Identität zu fragen. Mit einem beklemmenden Gefühl ging ich die Treppe hoch, die zu seiner Wohnung führte.
Zu meiner Verwunderung öffnete er sofort die Tür beim betreten des Flures.
Ich erschrak natürlich und dennoch versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen.
Er stand einfach so da und schien keine Anzeichen körperlicher Schwäche oder von Verwahrlosung aufzuweisen. Er wirkte gelassen und begrüßte mich freundlich.
Ich atmete durch und dachte mich nun in Sicherheit. Ich war so froh, dass alles nur eine Wahnidee meines eignen Verstandes gewesen war. Mein Herzschlag beruhigte sich und ich fühlte mich als neuer Mensch, dem noch einmal die Freude am Leben geschenkt wurde. Er bat mich herein zu kommen und sich mit ihm zu unterhalten.
Diese Bitte wollte ich ihm natürlich nicht abschlagen. Ich setzte mich in sein Wohnzimmer und er ging in die Küche um Kaffee zu holen. Es dauerte mir alles etwas lang und so beschloss ich nach ihm zu schauen; doch wie ich ihn da stehen sah, stieg die Erinnerung und der Hass in mir empor. Im Zorn nahm ich das Messer auf dem Tisch und rammte es ihm von hinten arglistig in seinen Leib. Er sank zu Boden und flehte um Gnade, doch da stach ich erneut zu und sein Leben erlosch.