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Die linke Socke
Das Quietschen der Schranktür und ein greller Sonnenstrahl rissen die linke blaue Socke unsanft aus dem Schlaf.
"Hoffentlich wählt mein Herr mich aus!" Besorgt betrachtete sie das verblasste eingestickte 'L'. "Ich bin schließlich etwas Besonderes!"
"Wenn schon, dann WIR!", erwiderte ihr Partner, bei dem ein 'R' eingestickt war. "Er wird uns nur zusammen anziehen!"
"Frieden auf Erden!", riefen die schwarzen Socken.
Die weißen Tennissocken pflegten wie üblich ihr arrogantes Schweigen. Ihr Herr und Gebieter warf ein einzelnes rosa Söckchen in den Schrank, die Tür quietschte und sie lagen wieder im Dunkeln.
"Wo ist denn dein Gegenstück?", fragten die Schwarzen.
"Wenn ich das nur wüsste!", schniefte das rosa Söckchen.
"Ach du armes Geschöpf!", flöteten die Schwarzen. "Aber wie heißt es so schön: Selig sind die Einsamen, denn sie werden vereint werden. Wir beten für dich!"
"Religion ist doch nur Opium fürs Volk!", regte die Linke sich auf. "Wir sind Opfer der kapitalistischen Ausbeutung. Unser Arbeitgeber ist zu geizig um Sicherheitsmaßnahmen gegen das Waschmaschinenmonster einzusetzen! Längst gibt es hübsche Klammern, die uns während der Wäsche zusammenhalten."
Das rosa Söckchen weinte noch lauter.
"Du erschreckst sie mit deinen Revoluzzerreden nur noch mehr!", zischte der rechte blaue Socken. In tröstlichem Tonfall wandte er sich an das Söckchen: "Wenn er dich in den Schrank legt, besteht noch Hoffnung."
Endlich hörte das Schniefen auf. "Meinst du wirklich?"
"Klar doch, er hofft, das andere rosa Söckchen noch zu finden, sonst hätte er dich