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Die linke Socke

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04.01.2004
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Die linke Socke

Das Quietschen der Schranktür und ein greller Sonnenstrahl rissen die linke blaue Socke unsanft aus dem Schlaf.
"Hoffentlich wählt mein Herr mich aus!" Besorgt betrachtete sie das verblasste eingestickte 'L'. "Ich bin schließlich etwas Besonderes!"
"Wenn schon, dann WIR!", erwiderte ihr Partner, bei dem ein 'R' eingestickt war. "Er wird uns nur zusammen anziehen!"
"Frieden auf Erden!", riefen die schwarzen Socken.
Die weißen Tennissocken pflegten wie üblich ihr arrogantes Schweigen. Ihr Herr und Gebieter warf ein einzelnes rosa Söckchen in den Schrank, die Tür quietschte und sie lagen wieder im Dunkeln.
"Wo ist denn dein Gegenstück?", fragten die Schwarzen.
"Wenn ich das nur wüsste!", schniefte das rosa Söckchen.
"Ach du armes Geschöpf!", flöteten die Schwarzen. "Aber wie heißt es so schön: Selig sind die Einsamen, denn sie werden vereint werden. Wir beten für dich!"
"Religion ist doch nur Opium fürs Volk!", regte die Linke sich auf. "Wir sind Opfer der kapitalistischen Ausbeutung. Unser Arbeitgeber ist zu geizig um Sicherheitsmaßnahmen gegen das Waschmaschinenmonster einzusetzen! Längst gibt es hübsche Klammern, die uns während der Wäsche zusammenhalten."
Das rosa Söckchen weinte noch lauter.
"Du erschreckst sie mit deinen Revoluzzerreden nur noch mehr!", zischte der rechte blaue Socken. In tröstlichem Tonfall wandte er sich an das Söckchen: "Wenn er dich in den Schrank legt, besteht noch Hoffnung."
Endlich hörte das Schniefen auf. "Meinst du wirklich?"
"Klar doch, er hofft, das andere rosa Söckchen noch zu finden, sonst hätte er dich

 

Hallo Tamara,

deine Geschichte gefällt mir. Am Anfang wirkt die Geschichte etwas gekünstelt, als wolltest du den Leser dazu bringen ganz schnell zu kapieren, dass die Socken da denken und genau die (hohlen) Stammtischgespräche führen, wie er selber.

"Religion ist doch nur Opium fürs Volk!", regte die Linke sich auf. "Wir sind Opfer der kapitalistischen Ausbeutung.
Der Satz wirkt so, als gehöre er nicht zur Geschichte. Die Linke verhält sich nachher auch ganz anders...nicht mehr so selbstbewusst wie noch an der Stelle.

Ab dem ersten Drittel aber fängt die Geschichte an sich zu entwickeln und wird flüssiger, weniger künstlich und weniger abgehackt.

Aussage:
Wenn ich die Geschichte richtig interpretiere, dann gehts scheinbar um die Wahl 2005? Ist der Penner das (dumme?) Volk, das Ehepaar diejenigen, die eine andere Partei (FDP, Grüne etc.) gewählt haben (oder nicht wählen gegangen sind)? Würde auf jeden Fall irgendwie passen. Interessante Art so das Thema der Wahl aufzugreifen. Falls das nicht der Fall sein soll verstehe ich nicht warum die Socken nur über Politik reden - denn am Stammtisch spricht man auch über Frauen oder Fussball.

Grüße
Sinepp

 

Hallo Sinepp,
danke fürs Lesen und Kritisieren, freut mich, dass es dir gefällt!
An konkrete politische Ereignisse habe ich nicht gedacht, aber wenn es für dich passt, finde ich das in Ordnung.
Es stimmt, das der erste Teil anders ist als der Rest. Nun, die Umgebung ist ja auch ungewohnt.
liebe Grüße
tamara

 

Hi tamara,

anfangs dachte ich: O nein, nochmal so eine KG im Grundschulaufsatzstil ;).
Dinge menscheln zu lassen ist immer ein vabanque - dir ist es für meinen Geschmack stellenweise gut gelungen, so dass ich mich auch amüsierte, teilweise aber fand ich die Handlung etwas althergebracht von den Ideen (Mülleimer, Penner).
So bin ich etwas zwiegespalten, aber Tendenz eher zum Gefallen :).
Im Übrigen ist dein Titel für mich ein richtiges Schimpfwort, hast du das in diesem Bewusstsein gewählt?

Lieber Gruß
bernadette

 

Hi bernadette,
ein Grundschulaufsatz ist das für mich nicht. Erstaunlich, wie verschieden die Assoziationen sind! Wenn die althergebrachten Ideen das Einzige sind, was dir nicht gefällt, bin ich zufrieden! Für mich sind das einfach deutliche Bilder.
Der Titel ist mehrdeutig, man kann "link" auch als "gemein" verstehen. Das ist mir klar, meinte ich aber nicht, sondern eher links = rot. Aber die rechte Socke muss ja die gleiche Farbe haben! ;)
internette Grüße
tamara

 

hallo tamara,
hinter all der niedlichkeit verbirgt sich ja eigentlich eine harte wahrheit (auch wenn ich es besser gefunden hätte, wären die socken im eimer geblieben ;"es wird immer dunkler", wie grausam eigentlich).
eine schöne geschichte, die mir gefallen hat. nette idee, nett umgesetzt, aber zu beginn stört die häufige "socken"nennung doch etwas (aber anders geht es wohl nicht)

es bleibt zu sagen: zu zweit geht es sich immer besser durchs leben (außer mit der frau des herren, undankbares weib ;) )

einen ganz lieben gruß...
morti

 

Hallo morti,
freut mich, dass es wenigstens Dir gefällt! Danke!
ganz lieben Gruß
tamara

 

Hallo tamara,

mir hat´s gefallen. Die Vielfalt der Socken, mit all ihren Gedanken und Einstellungen fand ich sehr amüsant. Interessant auch der sehr begrenzte Horizont - da geht es uns Menschen wohl ähnlich.

endlich hörte ihr jemand zu, auch wenn die politische Einstellung der Braunen ihr suspekt waren
Ach nein. Bis zu diesem Satz fand ich die subtilen Anspielungen (die linke Socke, die blauen die nach Freiheit streben, das Amen der Schwarzen) toll. Dies er Satz ist mir zu direkt. Außerdem: Wieso Plural?

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hallo Juschi,
freut mich, dass es dir auf gefallen hat! Ja, einen begrenzten Horizont haben wir wohl alle. Vielleicht hätte ich den Braunen noch einen Satz in den (nicht vorhanden) Mund legen sollen, der ihre politische Einstellung angedeutet hätte. Dann wäre es nciht so plump gewesen. Ich habe jetzt erst einmal gekürzt in: "auch wenn es die Braunen waren." Es heißt "die Braunen", weil es zwei sind.
Danke fürs Lesen und Kritisieren
lieben Gruß
tamara

 

Es heißt "die Braunen", weil es zwei sind.
Dennoch muss es heißen "auch wenn die politische Einstellung der Braunen ihr suspekt war", oder?

Liebe Grüße,
Juschi

 

@Juschi:
Ach das meintest du! Manchmal habe ich echt :bonk: !
Danke noch einmal
tamara

 

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