Was ist neu

Die Mahlzeit

Mitglied
Beitritt
07.01.2005
Beiträge
3

Die Mahlzeit

Freitag Abend, schöne Zeit. Endlich ist es wieder so weit. Feierabend. Während der Woche wurde ordentlich geschafft. So manches wurde geregelt, so einiges in die Wege geleitet. Aber nun ist es Zeit, sich die wohlverdienten Brötchen schmecken zu lassen. Mit Butter, wenn es geht.

So ungefähr durfte Otto Birkenhauer an diesen für ihn so verhängnisvollen Freitag Abend gedacht haben. Er war sechsundfünfzig, schwäbischer Landsmann und hatte durchaus ein Herz für Tiere. Ein einfacher Mann, der seine Pflicht schon seit Jahren in dem Amt für Lebensmittelkontrolle tat, und als solcher sein eigenes Schicksal nicht vorsehen konnte. Denn er war, wie gesagt, ein einfacher Mann und kein Gott.
So beeilte er sich nach Kräften seine Bahn zu erwischen. Er polterte die Treppe zum Bahnsteig hoch, durchbrach mit Unbehagen die Reihen lärmender Schulkinder und ließ sich , von so vielen Sportivitäten keuchend, auf seinen angestammten Platz im Wagon nieder. Die Linie Sechs brachte ihn zuverlässig in ein ansehnlich begrüntes Stadtteil, wo er in einem Reihenhaus eine Zweizimmerwohnung bezog. Zufrieden vor sich hin brummend ging er Heim, dem Wochenende entgegen. Leider war die Woche nicht das einzige, was an den Tag ein Ende finden sollte.

Im Treppenhaus vernahm Herr Birkenhauer etwas, was ihm ein ehrlich gemeintes, wonniges „Mmmmm“ entlockte. Es war der Geruch einer außergewöhnlichen Mahlzeit. Köstlich, deftig und delikat zugleich, schwebte dieser Duft im Raum und machte Appetit auf mehr. Auf viel mehr. Er war fast greifbar und so lecker, dass man sich am liebsten sofort eine dicke Scheibe davon abgeschnitten und auf dem Teller gelegt hätte. Mit ölig glänzenden Augen stieg Otto die Treppe hinauf. Es war ein langer Weg bis in den dritten Stock. Als er in der Mitte des Aufstiegs angelangt war, spürte er einen schmerzhaften Stich in der linken Brusthälfte. Das war sein Herz, das ihn wieder mal ermahnte.
Vor seiner Haustür verstärkte sich der Geruch zusehends. Es schien, als würde das köstliche Versprechen, das er im Treppenhaus vernahm, unmittelbar ihm gelten und gleich eingelöst werden. Frohen Mutes durchschritt Herr Birkenhauer die Pforte.
Die Wohnung selbst überraschte ihn mit einer ungewöhnlich angespannter Stille. Aber vollkommen still war es doch nicht. Undeutlich und leise, fast an der Grenze der des menschlichen Gehörs, konnte man einige unappetitliche Laute ausmachen. Etwas wie schmatzen und irgendwelche Geräusche, die meistens die Verdauung begleiten. Otto wurde auf einmal kalt ums Herz. Dann erschien Caroline, seine Cousine zweiten Grades, im Flur. Sie lebten zusammen in der Wohnung, aber ihre nicht immer eindeutige Beziehung ist hierbei von keinerlei Bedeutung . Sie war fürchterlich blass und mit einer Suppenkelle bewaffnet. Ihr Kinn zitterte.
„ Meine Güte, Caro, wie siehst du denn aus? Was ist geschehen?“, fragte Otto und dämpfte dabei unfreiwillig seine Stimme, wie man es für gewöhnlich angesichts eines großen Unglücks tut.„ Ich... ich kann nicht“, schluchzte sie, „ es ist so...widerlich, so...“ Sie begann wieder zu schluchzen und Otto tätschelte tröstend ihre Schulter. „Es wird schon wieder, ich kümmere mich darum. Nun hör` doch auf zu weinen, ist ja gut. Wo liegt denn das Problem?“Wortlos deutete sie mit der Suppenkelle in Richtung Wohnzimmer.
An der Türschwelle zum Wohnzimmer blieb Otto Birkenhauer wie angewurzelt stehen. Der Anblick, der sich ihn da bot, war in der Tat nur schwer verdaulich. Das ganze Zimmer war von einer Horde kleiner, hässlicher Wichte bevölkert. Man sah flache, breite Köpfe, gelbe Schlitzaugen, dicke, faltige Bäuche und spindeldünne Ärmchen und Beinchen mit jeweils drei Fingern, die mit Saugnäpfen versehen waren. Die Kniegelenke der kleinen Scheusale zeigten nach Hinten, wie bei den Heuschrecken, was deren Bewegungen etwas groteskes und höchst unanständiges verlieh. Dieser Eindruck wurde durch die riesigen Genitalien der Wesen, die man, egal wie man sich auch bemühte, nicht übersehen konnte, noch verstärkt. Einige der Wichte krabbelten eidechsenartig an den Wänden und an der Decke herum, aber der größte Teil von ihnen hat sich um die Sitzecke versammelt. Sie rissen daraus Brocken, und fraßen sie auf. Daneben lagen die Reste des Journaltischchens, der schon aufgezehrt wurde.
Obwohl er vor Entsetzen ganz starr wurde, brachte Herr Birkenhauer so viel Mut auf, um sich zu räuspern. Sein Verstand und seine Sitzecke standen auf dem Spiel, so zwang er sich, wie ein Mann, Maßnahmen zu ergreifen. Und das blieb nicht ohne Folgen. Ein größeres Männchen watschelte auf ihn zu, nahm Haltung an und brach in einem Schwall fiepender und grunzender Geräusche aus. Anschließend machte er eine Bewegung, die vermutlich so etwas wie eine Verbeugung sein sollte und begab sich wieder zu der Sitzecke zurück, zufrieden, wie jemand der getan hätte, was sich gehört. Otto rührte sich nicht von der Stelle, diese abartige Höflichkeit hat ihn vollständig vernichtet. Ein leiser, hysterischer Aufschrei ertönte hinter seinem Rücken. Das war Caroline, die über seine Schulter in das Zimmer lugte, und die Szene mit angesehen hat. Ihr Gefühlsausbruch blieb von den Wichten auch nicht unbeachtet. Eines der Weibchen lief an der Wand entlang zu ihr und berührte mit ihren Saugnäpfen Carolines Wange in einer Geste wahren Mitgefühls. Das war zu vie für die arme Frau. Sie wich entsetzt zurück, rutschte aber dabei unglücklich auf einem Vorleger aus. Sie stürzte und stand nicht mehr auf. Abwesend betrachtete Otto, wie sich um ihren Kopf rasch eine Blutlache bildete. Als ihn klar wurde, was geschehen war, rannte er weg, so schnell es ging. Er sehnte sich nach einem stillen Ort, wo er wieder er selbst sein konnte und wo kein absurdes Grauen jemals Zutritt erhalten würde. Dort angekommen, verriegelte er die Tür und drehte den Wasserhahn auf, um sich zu erfrischen . Doch aus dem Hahn kam kein Wasser, sondern eine zähe Flüssigkeit, die am meisten dem Käse ähnelte. Doch er bemerkte das in seiner Aufregung nicht und rieb sich damit ein. Die Flüssigkeit verklebte sein Gesicht, er konnte nicht mehr atmen. Panik ergriff ihn, er brach die Tür auf und fiel hinaus in den Flur.
Das letzte was er fühlte, waren weiche Lippen, die zärtlich sein Ohr anknabberten

 
Zuletzt bearbeitet:

Mahlzeit!
Also dann.
Der Einstieg ist allgemein und Du erzählst nur Sachen, die jeder weiß. Außerdem hast Du es unpersönlich und passiv formuliert: lauter "man" und "wurde". Das macht nicht neugierig.

"So ungefähr durfte "...
Dürfte.

" an diesen für ihn so verhängnisvollen"
an diesem.
Du willst hier Spannung aufbauen, indem Du von "verhängnisvoll" redest, ohne konkret zu werden. So funktioniert das aber nicht. Das ist zu diffus. Der Leser muss schon vor etwas konkretem Angst haben. Klassisches Beispiel, immer wieder genommen:
a) "Ich rannte, keuchte, aber der Verfolger kam immer näher. Seine Schritte wurden immer lauter. Ich stolperte."
b) "Es sollte ein verhängnisvoller Tag werden."
Was ist spannender?

"und hatte durchaus ein Herz für Tiere."
durchaus ist ein Füllwort. Genau wie eigentlich oder wie gesagt:
"Denn er war, wie gesagt, ein einfacher Mann und kein Gott."
Wenn Du es schon gesagt hast, wieso sagst Du es nochmal? Hast Du Angst, der Leser hat es nicht mitbekommen? Dann bau ein sprachliches Mittel ein, um es zu betonen. "Wie gesagt" benutzt man in der Umgangssprache. In einer Geschichte würde ich es vermeiden. Manch ein Leser fühlt sich sogar unterfordert. Er denkt "hey, ich habs kapiert lieber Autor, du brauchst es nicht zu wiederholen."

"Er polterte die Treppe zum Bahnsteig hoch, durchbrach mit Unbehagen die Reihen lärmender Schulkinder"
Der erste Teil ist gut, aber das Unbehagen behagt mir nicht. Show, don't tell! Zum Beispiel so:
"Er polterte die Treppe zum Bahnsteig hoch, durchbrach Reihen lärmender Schulkinder und rief dabei: 'Tschuldigung, schuldigung, Ent... schuldigung!'"

"auf seinen angestammten Platz im Wagon nieder."
auf seinem angestammten Platz im Waggon
(glaube übrigens nicht, dass immer derselbe Platz frei ist)

"Die Linie Sechs brachte ihn zuverlässig in ein ansehnlich begrüntes Stadtteil, wo er in einem Reihenhaus eine Zweizimmerwohnung bezog."
Die Linie Sechs statt Die Straßenbahn finde ich gut.
Aber "zuverlässig" ist überflüssig. "Beziehen" ist hier falsch, denn das bedeutet "einziehen". Du meinst vermutlich "bezogen hatte". Richtig wäre auch "bewohnte".

Kleine Zwischenbemerkung: Bis hierher steht in Deiner Geschichte absolut nichts interessantes, geschweige denn etwas seltsames.

"Leider war die Woche nicht das einzige, was an den Tag ein Ende finden sollte."
Noch so eine Andeutung, und zwar eher aus der Kategorie "flacher Kalauer".

"vernahm" ... "Geruch"
Geräusche vernimmt man, Gerüche nimmt man wahr.

"...dass man sich am liebsten sofort eine dicke Scheibe davon abgeschnitten und auf dem Teller gelegt hätte"
Von dem Geruch, das ist gut. Aber besser "er" statt "man".

"Die Wohnung selbst überraschte ihn mit einer ungewöhnlich angespannter Stille"
"selbst" ist überflüssig. Der Rest ist grammatikalisch falsch und außerdem eine schwache Beschreibung. Lieber so:
"Es war still. Herr Birkenhauer sah sich nervös um. Irgendwas stimmte nicht."

"was deren Bewegungen etwas groteskes und höchst unanständiges verlieh."
Das unanständige passt Dir hier gut in den Kram, eine gute Beschreibung ist es aber nicht.

"Dieser Eindruck wurde durch die riesigen Genitalien der Wesen, die man, egal wie man sich auch bemühte, nicht übersehen konnte, noch verstärkt."
Wieder ein "man", ein "wurde", alles in einem Schachtelsatz ... warum nicht einfach:
Herr Birkenhauer fand, dass die Wesen nur aus Beinen und Genitalien bestanden.

"Daneben lagen die Reste des Journaltischchens, der schon aufgezehrt wurde."
Meine Güte, schonmal was von Plusquamperfekt gehört? Vorvergangenheit! ...verzehrt worden war. Aufgezehrt ist das falsche Wort, würde ich sagen.

"Sein Verstand und seine Sitzecke standen auf dem Spiel"
Sehr gut.

"diese abartige Höflichkeit hat ihn vollständig vernichtet"
"abartig", "vernichtet" ... passt nicht. hatte statt hat. Vielleicht so:
"diese unerwartete Höflichkeit hatte ihn schockiert." Aber genau genommen wird das schon dadurch klar, dass er wie vom Donner gerührt stehen bleibt. Keine weitere Erklärung erforderlich.

"Ein leiser, hysterischer Aufschrei"
Widerspruch in sich.

"Sie stürzte und stand nicht mehr auf"
Naja. So schnell bricht man sich nicht den Schädel.
Das "unglücklich" im Satz davor ist überflüssig.

"Als ihn klar wurde,"
Als ihm klar wurde

"Dort angekommen, verriegelte er die Tür und drehte den Wasserhahn auf, um sich zu erfrischen."
Ja wo isser denn jetzt? Auf dem Klo? Hm.

"die am meisten dem Käse ähnelte."
dem? also einem bestimmten? Welchem denn?

"Doch er bemerkte das in seiner Aufregung nicht"
Unglaubhaft

Zeit für ein Fazit. Du bemühst Dich um einen lockeren, ironischen Tonfall, und erzählst von der Begegnung mit sonderbaren Geschöpfen.

Leider ist der Text nicht durchgehend witzig und außerdem sprachlich holprig. Ferner ist das Geschehen einfach unplausibel, und es beginnt auch viel zu spät. Die ganze erste Hälfte ist belanglos (kannst Du komplett weglassen), der Rest dafür an den Haaren herbei gezogen: Die Wesen haben große Schwänze und essen alles auf, keiner weiß, wo sie her kamen, die Cousine stirbt einfach, dann kommt Käse aus dem Wasserhahn ... nein, das wirkt alles völlig beliebig und nicht durchdacht. Es wirkt hingeklatscht.

Der Titel ist allgemein, nichts sagend und weckt keine Neugier. Im Nachhinein ist er wenigstens doppeldeutig, aber der Titel sollte schon vor dem Lesen interessant sein, nicht erst hinterher.

Bitte verbessere die zahlreichen Grammatikfehler, die ich nur exemplarisch angemerkt habe. Du scheinst vor allem mit den Fällen Dativ und Akkusativ (wem/wen) sowie den Zeitformen (hat/hatte sowie Plusquamperfekt) auf Kriegsfuß zu stehen. Für sowas gibt's den Duden.

Uwe
:cool:

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom