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Die Monster unter dem Bett

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25.08.2007
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Die Monster unter dem Bett

Die Monster unter dem Bett kennen keine Gnade. Für NIEMANDEN, den sie auserwählt haben. Es sei denn ...

Als er noch klein war, war er fest davon überzeugt, dass unter seinem Bett Monster hausten. Er hatte keine Ahnung, um wen oder was es sich bei diesen Monstern handelte, er konnte sich nicht einmal eine genaue Vorstellung von ihrem Aussehen machen – aber er war sich ihrer Existenz absolut sicher. Und er wusste, dass sie die fürchterlichsten Dinge mit ihm anstellen würden, war es erst einmal dunkel in seinem Zimmer geworden. Also weigerte er sich ganz einfach, es in seinem Zimmer dunkel werden zu lassen und löschte er nie das Licht vor dem Einschlafen. Mami und Papi fanden dies recht amüsant, und seine Begründung für dieses Verhalten fast noch amüsanter – allerdings nicht sonderlich lange. Doch weder Drohungen noch Versprechungen noch Besuche beim „Onkel Doktor“, wie seine Eltern diese Person nannten, konnten etwas an dem Umstand ändern, dass „Vatis Großer“ brüllte und weinte und schrie wie am Spieß, wenn er dazu gezwungen wurde, verdammt noch mal endlich verdammt noch mal das verdammte Licht auszumachen. Und schweiß- und uringebadet bald wieder erwachte, wenn er es denn geschafft hatte, einzuschlafen ...

Im Laufe der Jahre wurde ihm immer wieder vor Augen gehalten, dass die Monster, diese bösartigen Ungeheuer, keine Einbildung sein konnten. Oh nein – dafür waren sie viel zu real, dafür hatten sie zu sehr konkrete Gestalt angenommen: Sie waren lebende Leichen auf Crack, die im Rausch aus Spaß einen Menschen mit Buschmessern aufschlitzten, um ihm anschließend Batteriesäure in seine Wunden zu kippen. Eltern, die ihren Säugling in den Backofen schoben und auf 200 Grad stellten, weil sie sich von dem Balg belästigt fühlten. Soldaten, die schwangere Frauen vergewaltigten und ihnen danach ihre Föten aus dem Leib schnitten, um diese wie Trophäen zu präsentieren. Vollstrecker, die Delinquenten verstümmelten, weil sie gegen irgendwelche Gebote verstoßen hatten. Delinquenten, die die Vollstrecker waren.

Schlug er die Zeitung auf, erschienen sie ihm. Sah er fern, erschienen sie ihm. Hörte er Radio, erschienen sie ihm. Las er Magazine, erschienen sie ihm. Sie waren überall. ALLGEGENWÄRTIG.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie endlich unter seinem Bett hervorkriechen würden. Er wusste es ...

Er hatte einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich gebracht. Während die Rolltreppe ihn hinunter in den U-Bahn-Schacht beförderte, dachte er an nichts Besonderes. Er fühlte sich müde und abgespannt. Als er am Bahnsteig stand und den Zug herannahen sah, hörte er plötzlich einen Schrei. Sekundenbruchteile später vernahm er etwas an sich vorbei hetzen und auf das Gleis springen ...

Der Schock. Das Fassungslosigkeit. Die Verwirrung. Die Gesichter. Der ANBLICK. All das zog wie ein Film in Zeitlupe an ihm vorbei. Er hatte verstanden.
Es war soweit.

Als er aus der Kneipe ging, war es sehr spät geworden. Er war betrunken. Zuhause angekommen, brachte er den Schlüssel im dritten Anlauf im Türschloss unter; er drehte ihn nach rechts und verschaffte sich geräuschvoll Zutritt zu seiner Wohnung. Kaum dass er im Flur stand, ging das Licht an. Dann sah er seine Frau vor sich.
„Schatz, wo warst du denn so lange?“, hörte er sie mit einer Stimme fragen, die das Unbehagen, das komische Gefühl, das sie in den vergangenen Stunden verspürt hatte, zum Ausdruck brachte.
Ohne eine Antwort zu geben, zog er an ihr vorbei und wankte in die Küche. An der Spüle stützte er sich ab. Seine Frau war ihm nachgegangen und stand jetzt direkt hinter ihm.
„Schatz, ich ...“
„Wo ist die Kleine?“, unterbrach er sie.
„Die Kleine? Sie schläft. Warum ...“
Er öffnete eine Schublade, nahm ein großes Messer heraus und drehte sich um. Für einen kurzen Moment blickte er in ein verwundertes, erstauntes Gesicht, dann rammte er seiner Frau die Klinge in den Bauch. Er konnte das warme Blut an seiner Hand spüren, dann zog er das Messer heraus, um sofort wieder zuzustechen. Diesmal in den Hals, genau in die Schlagader ...

Als er fertig war, öffnete er mit der linken Hand, in der rechten das Messer haltend, so leise und vorsichtig es noch ging, die Türe zum Kinderzimmer.
Tatsächlich, da war sie. Sein Engelchen schlief tief und fest; süß und unschuldig lag sie vor ihm. So sacht wie ihm möglich näherte er sich ihrem Bettchen; als er die Kante erreicht hatte, nahm er das Messer in beide Hände, riss es über seinen Kopf nach oben und rammte es anschließend mit voller Wucht in den kleinen Körper.
Beim ersten Hieb vernahm er noch ein dumpfes Geräusch. Ab dem zweiten nichts mehr ...

Er stand auf dem Balkon, die blutverschmierten Hände über der Brüstung gefaltet, und starrte in die Welt aus Beton, die sich vor seinen Augen in ihrer ganzen Hässlichkeit feilbot. Der Mond tauchte alles in ein milchiges, ja, fast romantisches Licht, doch ihn konnte das nicht täuschen. Eine abgetakelte, alte, bösartige Hure konnte auch soviel Make-up tragen wie sie wollte, an ihrer Person, an ihrem Selbst änderte das gar nichts. Es konnte nur übertünchen.
Er wartete.

Und dann hörte er die Stimme hinter sich. Sie flüsterte seinen Namen.
ENDLICH.
Die Stimme wiederholte seinen Namen, dann fuhr sie leise, fast beschwörend fort: „Du bist jetzt einer von uns. Für immer und ewig!“
ENDLICH!!!
Er drehte sich nicht um. Dazu bestand kein Anlass. Nicht der geringste. Er lächelte den Beton vor seinen Augen an. Jetzt kam er ihm tatsächlich romantisch vor. Beinahe verführerisch ...
In ein paar Stunden, dachte er schließlich, würde ein neuer Tag anbrechen. Würden die Monster, die Ungeheuer wieder Tausende, Abertausende, Millionen von Menschen heimsuchen; so, wie sie in dieser Nacht noch Unzählige heimsuchen würden.
Ihn nicht mehr. Nie wieder.
Für alle Zeiten würde er nun gut in seinem Bett schlafen können. Tief, ruhig und lange.
Nie mehr auf einer Matratze, auf dem Boden.

Er konnte es kaum erwarten, seiner Frau die freudige Botschaft kund zu tun ...

 

Hallo Hardcore13,

Ich fand deine Geschichte wahrlich nicht schlecht, mir gefällt dein Stil sehr und ich hab das Stück gerne gelesen.
Zum Inhalt: Ich habe es noch nicht ganz hundertprozentig verstanden, vielleicht hilfst du mir auf die Sprünge? Es geht meiner Ansicht nach und so wie ich das verstehe wohl um einen Schizo oder einen ähnlichen Geisteskranken... Oder Multiple-Persönlichkeit, wobei sein anderes Ich seine Familie abschlachtet?

Zuerst dachte ich ja bei dem Titel "Monster Unter Dem Bett" ja, ein gewisses Forenmitglied alias Hollywoodfan hätte sich nach seinem zweiten Rauswurf hier wieder eingeloggt, um seine nächste Kinder-Pupser-Geschichte zu veröffentlichen, aber dann wurde ich durch deinen erwachsenen und sehr ausgereiften Stil doch positiv überrascht.

Also, auch wenn ich´s nicht ganz verstehe, aber ich hab´s wirklich gerne gelesen.

Gruß
Bantam

P.S.: Noch eine Anmerkung: Ich halte es für weitaus besser, seinen Protagonisten auch einen Namen zu geben. Du bist jetzt nicht der neuste Trendsetter, weil du darauf verzichtest. ;)

 

Hallo,

Also weigerte er sich ganz einfach, es in seinem Zimmer dunkel werden zu lassen und löschte er nie das Licht vor dem Einschlafen.
Und deshalb löschte er nie oder: , indem er nie. … löschte
Beides nicht sonderlich schön. Würde hier umformulieren.

Mami und Papi fanden dies recht amüsant, und seine Begründung für dieses Verhalten fast noch amüsanter
Ich verstehe das Komma nicht. Sowohl Subjekt als auch Prädikat bleiben doch gleich.

verdammt noch mal endlich verdammt noch mal das verdammte Licht auszumachen.
Ach, herrje. Dann schläft er halt bei Licht. Wen hat er denn da als Eltern? Die Mussolinis?

Sie waren lebende Leichen auf Crack, die im Rausch aus Spaß einen Menschen mit Buschmessern aufschlitzten, um ihm anschließend Batteriesäure in seine Wunden zu kippen. Eltern, die ihren Säugling in den Backofen schoben und auf 200 Grad stellten, weil sie sich von dem Balg belästigt fühlten. Soldaten, die schwangere Frauen vergewaltigten und ihnen danach ihre Föten aus dem Leib schnitten, um diese wie Trophäen zu präsentieren. Vollstrecker, die Delinquenten verstümmelten, weil sie gegen irgendwelche Gebote verstoßen hatten. Delinquenten, die die Vollstrecker waren.
Eine einzige dieser Geschichten erzählerisch „erlebt“ wäre viel eindrucksvoller als eine effektheischende Aufzählung.

Der ANBLICK
Ist jetzt das dritte Mal, glaube ich. Ist schon arg bildzeitungsmäßig, finde ich, dieses Schreien im Erzähltext. Als nächstes könnte man auch die „wichtigen“ Sätze dick schreiben, damit ein eiliger Leser nur diese lesen müsste, um eine Zusammenfassung der Geschichte zu bekommen.

Ja, „if you can’t beat them, join them“-Variante eines bekannten Horror-Topos, der Nachtangst. Ganz solide gemacht vom Aufbau her. Dadurch dass du so stark in der Zeit springst, steckst dir halt den Rahmen selbst ein wenig niedrig. Denn wenn da einfach eine Frau und eine Tochter plötzlich auftauchen, dann kann man auch nicht mit denen mitfühlen oder gott-weiß-was. Die sind halt da und er sticht sie ab. Okay.
Ich finde den Gedanken dieser Variation ein wenig verschenkt in der Geschichte, denn die Geschichte tut nicht viel mehr diese Variation durchzuspielen, Horror oder Grusel tauchen da bei mir nicht auf. Dazu ist alles viel zu indirekt und distanziert.

Gruß
Quinn

 

Hallo HC13,

enter freely and of your own will, wie es in Dracula so schön heißt. :baddevil:

Stilistisch hat mir dein Einstand gefallen, es gibt keine Stelle, die zum konzentrationslosen Überfliegen animiert. Abschließend war ich dann allerdings auch froh, dass du dich kurz gefasst hast. Inhaltlich ist das hier nämlich eine wenig spritzige Variante des "Die Stimmen in meinem Kopf"-Themas, das finde ich vor allem dann immer öde, wenn sich der Schocker bereits in der Bluttat erschöpft.

Vielleicht könntest du' ein bisschen aufpeppen, indem du die Monster unter den Betten Wirklichkeit werden lässt? Sie wollten sich gerade das Blach schnappen, als der Prot es aufschlitzt. Jetzt brauchen sie Ersatz und nehmen stattdessen ihn mit. So werden seine schlimmsten Alpträume wahr. Also, nur so zum Beispiel.

Grüße
Jan-Christoph

 

Hallo Hardcore13, und herzlich willkommen hier.

Deine Geschichte ist wirklich sehr ordentlich geschrieben, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich sie verstanden habe (was nicht gegen sie spricht :)). Dein Protagonist fürchtet sich als Kind vor Monstern unterm Bett (das passiert ja den meisten von uns), und später erkennt er seine Kindheitsalpträume in den alltäglichen Grausamkeiten der Welt wieder. Das treibt ihn in den Wahnsinn, und eines Tages bringt er seine Frau und seine kleine Tochter um. Er scheint zu glauben, dass er sich von den Monstern nur dadurch befreien kann, dass er selbst zu einem wird. Und vermutlich handelt es sich bei ihm um eine gespaltene Persönlichkeit, denn am Ende denkt er daran, seiner Frau davon zu erzählen, wie glücklich er jetzt ist...
Soweit richtig wiedergegeben?
Jedenfalls liest es sich sehr gut. Inhaltlich gewinnt es vielleicht keinen Originalitätspreis, aber darauf kommt es ja auch nicht an :)

Grüße von Perdita

 

Hi Perdita,

freut mich, dass dir die Story getaugt hat. Was deine Interpretation betrifft: An dieser habe ich, um's mal so auszudrücken, nichts auszusetzen ;-)
Auf einen Originalitätspreis lege ich es auch nicht an (wenngleich ich freilich nicht plump kopieren und plagiieren will). Mir geht es darum, meine Gedanken, Ideen etc. so zu Papier zu bringen, dass ich mich mit dem Ergebnis identifizieren und dazu stehen kann.

Auch an die anderen einen schönen Dank fürs Lesen und die Kommentare, ob positiv oder nicht so positiv.

 

Hallo!

Das erinnert mich an eine Diskussion, die ich neulich mit einem Bekannten hatte. Dazu muss man wissen, dass besagter erst vor kurzem zum Christentum konvertiert ist, und Stein und Bein die These vertritt, dass Menschen nur töten können, wenn sie von Dämonen terrorisiert werden. Ich bin zwar der Meinung, dass es sich eher um einen Urinstinkt handeln muss, aber nun gut. Jedem seine Meinung. Wenn ich aber nun Deine Geschichte so lese... Könnte es sein, dass mein christlicher Traumtänzer nun doch recht hat? Oh man, ich kann nicht mehr ruhig schlafen:D! Ich bin am Ende! Und was sagt der Verfasser dazu?

Aber mal ganz abgesehen davon, wollte ich noch sagen, dass mir die Geschichte gefallen hat:D. Ich mag kurze und knappe Sachen. Also, dass war ein schöner Einstieg heute. Mal sehen, was sich als nächstes zu lesen lohnt. Deinen Stoff habe ich mir gern reingezogen!

Oh Gott, bin ich noch müde...

Gruß
Satyricon

 

Hi Satyricon,

danke für deinen Kommentar. Was deine dich nun so umtreibende Frage betrifft: Ich persönlich glaube, dass (zumindest fast) jeder zum Töten fähig ist, zumindest unter bestimmten Umständen. Dämonen im Sinne von Wahnvorstellungen, Persönlichkeitsspaltungen etc. sind dazu bei den Meisten nicht notwendig, wie die Realität zeigt. Andererseits könnte man Gründe wie Habgier, Wut, Eifersucht und was es sonst noch alles gibt freilich ebenso als eine Art von "Dämonen" titulieren ... Da ließe sich lange darüber diskutieren, und ich kann mir gut vorstellen, dass dein Gespräch darüber mit deinem Bekannten recht intensiv war.
Interessant finde ich allerdings, dass dieser Bekannte als bekennender Christ einen solchen Standpunkt vertritt. So wie du es beschreibst und ich es verstehe, leugnet er damit nämlich jegliche Eigenverantwortung des Menschen für die Handlung des Tötens und damit auch, dass es sich dabei um eine Sünde handelt - was dem christlichen Glauben (siehe alleine schon die Zehn Gebote) elementar widerspricht.
Soviel in Kürze dazu von meiner Warte - hoffe, du kannst jetzt wieder besser schlafen ;)

 

Hallo!

Du hast Recht. Das Gespräch verlief tatsächlich intensiv, aber mein Kollege scheint mir nicht mehr ganz auf der Höhe zu sein. So ist seine Definition von Evolution folgende: Nur ein Wesen (egal ob Planz, Tier, oder Mensch) welches in seinen Bewusstsein selbst bestimmen kann sich zu verändern, wird diese Entwicklung auch vollziehen. Ob ein T-Rex wohl Lust auf ein paar längere Arme gehabt hätte:confused:... Na ja, ich habe so das Gefühl, dass er immer mehr zu einem degenerierten ... wird. Ist auch egal, der Kerl war schon immer ein Heuchler. Huch! Nun rede ich schon über meinen Privatmist hier:sealed:.

Gruß
Satyricon

P.S. Ich werde jetzt :read:. Bis dann.

 

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