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Die Nutte und der König

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21.04.2004
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Die Nutte und der König

Dichter Nebel erfüllt die nassen und kalten Straßen der Stadt. Gullydeckel geben diesen Nebel ab, der aus tausenden Fäkalien stammt, die unter diesen Straßen ihren Weg zur Kläranlage angetreten sind. Leise pfeift ein Lufthauch und verteilt den Dampf überallhin.

Gestalten flitzen herum, vermummt in schwarzen Kleidern und schwarzen Schuhen. Sie sind fast unsichtbar, nur kurz stören sie die Harmonie des Partikelschauspiels. Es sind hunderte, vielleicht sogar tausende, genau kann man es nicht sagen. Sie steuern alle wie ein riesiger Vogelschwarm in eine Richtung, jeder bewaffnet mit Hass und Rache. Ihre Augen sind das einzige, das man in der Nacht noch sehen kann. Sie glühen vor Zorn und Verzweiflung. Jedem, der sie alle beobachtet, fällt eines auf: sie sind auf der Jagd. Fleischfressende kleine Vögel die hungrig nach Verderben und Blut sind. Die große Frage ist nur, wo sie ihre Beute reißen werden. Kein Geräusch ist von ihnen wahrzunehmen, nur der Wind pfeift seine eisige Melodie, ganz so wie auch davor, als sie noch nicht die Dunkelheit gebar.

Das Auge folgt ihnen, um Ecken, durch Häuserschluchten, Unterführungen, an Autos und Menschen vorbei. Immer noch ist nicht ersichtlich wohin der Schwarm der Mörder steuert. Nur das Auge sieht sie. Wenn es genau aufpasst. Und dann bleiben sie stehen. Vor den vielen Gestalten ist ein Mann zu sehen, der Behangen ist mit Gold und Diamanten, wie ein König. Er hat seine Hose heruntergelassen und eine jämmerliche, ausgedörrte, hässliche Gestalt steht vor diesem Menschen, den Kopf langsam vor und zurück bewegend. Es ist grausam mit anzusehen, wie die zerstörte und gebückte Gestalt sich des Geldes wegen erniedrigt. Währen die vielen Drogen und Männer in ihrem Leben nicht, hätte sie es niemals geschafft, sich und ihren kleinen Sohn am Leben zu halten.

Alle die dunklen Gestalten haben sich jetzt vor dem dreckigen König aufgestellt und beobachten ihn. Er merkt nichts, nur das kniende Etwas sieht was vor sich geht. Sie steht auf, reißt panisch die Augen auf, fängt an zu schreien und fällt hin. Der Kreis schließt sich um den König, der wild fluchend versucht, die kleine Nutte zu schlagen. Doch er kommt nicht so weit. Noch während er im Begriff ist seine Hand zu heben, hört die Zeit auf zu fließen. Wie in einer künstlichen Szene aus Stein und Wachs steht alles Leben still.

Sie fallen über den König her, zerfetzten seine Kleider und fressen seine Haut, bis nur noch ein mageres Skelett übrig bleibt. Man sieht des Königs Eingeweide. Das Herz schlägt nicht, es ist erstarrt. Eine der Gestalten packt es sich und reißt es aus der Rippenhöhle heraus, als habe es schon zu lange in seinem dicken Nest gepumpt und dort zu viel Leid und Schmerz verursacht. Sie wirft das Herz auf den schmutzigen Boden und quetscht es mit ihrem Schuh durch die Öffnung eines jener Gullydeckel.

Die Gestalten lösen sich in einem ekelerregenden Dunst auf und die Zeit nimmt wieder ihren Lauf. Der König ist nicht gefressen! Doch, die Hand zur Hälfte hebend, fällt er wie ein toter Sack zu Boden und bleibt dort liegen bis er zu dem Skelett wird, welches das Auge vorher wahrnahm.

Die Nutte steht wieder auf, sieht sich um, merkt was passierte und fängt an, die Leiche zu schänden. Wie eine Hyäne steht sie über ihm, reißt alles das Glitzert und Funkelt vom gefallenen König weg, blickt sich verstohlen um und steht, gestützt von kranken, dünnen Beinen, auf. Sie schlägt jetzt in blinder Wut auf ihn ein, bis die Beine das traurige Schauspiel nicht mehr mitmachen und läuft dann so schnell es geht auf ihren krakeligen Stelzen davon.

 

Wow!

Da ist Dir eine atmosphärisch äußerst dichte Kurzgeschichte gelungen. Es ist als blicke man ständig durch die Augen der kleinen Mördergestalten, die durch den Nebel wie todbringende Schatten schlüpfen, um am Ende ihr zwielichtes Dasein abzulegen und der Prostituierten zu helfen.
Auch wenn ich den Begriff Nutte in dieser Geschichte nicht so passend fand hat mir der Rest doch sehr gut gefallen. Deine Art zu schreiben bannt einen.

 

@Runfried: vielen vielen Dank für das Lob :D
Was hättest du anstatt Nutte gewählt?

 

Hi Dust!
Wie ich gerade sehen musste hast du die Geschichte umbenannt... War "Der Nuttengott" nicht mehr in Ordnung? Warum nicht? Ich fand es schon passend. Besser als Die Nutte und er König...
Aber das ist deine Sache.
Vor allem gefiel mir hier die poetisch gegliederte Sprache, die trotzdem klar war.
Die "Nutte" als Wort und Bild finde ich hier auch absolut passend, weil es selbst ein sehr hartes Wort ist und die Geschichte ins "rechte" Licht rückt.
Sehr gut gelungene Auseinandersetzung mit dem Thema Prostitution (Gedanken/Gefühle von Prostituierten & Freiern) und der Darstellung in einer Art und Weise, die es auch leserlich für unter 18jährige macht!

LG

Kai

 

Hallo Junkie,

erstmal ein großes Dankeschön dafür, dass du dir meine Geschichte durchgelesen hast und natürlich auch für die positive Resonanz :D

Wie ich gerade sehen musste hast du die Geschichte umbenannt... War "Der Nuttengott" nicht mehr in Ordnung? Warum nicht? Ich fand es schon passend. Besser als Die Nutte und er König...

Ich glaube, da verwechselst du meine Geschichte mit einer anderen... Ich habe sie, seitdem sie im Februar geschrieben wurde, nicht mehr umbenannt, und das war lange bevor ich KG überhaupt kannte. Seit meinem ersten Posten hier hab ich das Ding nicht mehr angerührt (wird auch so bleiben, denke ich). Vielleicht sollte ich sie in "Der Nuttengott" umbenennen, hmm, überleg, mal sehen. Aber wenn du meinst, den Titel hätte es schon einmal gegeben, dann sollte ich das am besten weglassen.

Nochmals: vielen Dank

 

Oh.. hmm... okay...also ich war der Meinung, als ich sie ausdruckte, letzte Woche, hieß sie noch "Der Nuttengott"... vielleicht hab ich mich auch irgendwo verlesen... andererseits gibts hier auf dem Forum keinerlei Geschichte, die so heißt... hab schon gesucht!

~Kai~

 

Du hast meine Geschichte ausgedruckt? Zum selberlesen?
Ich muss mir das mit dem Nuttengott wie gesagt durch den Kopf gehen lassen. Danke für die Suche, Junkie (aka Kai)

Gruß,

Dust

 

ja, zum Selberlesen *g* ich mag das nich so gern, wenn man hier vorm PC sitzt und liest, das macht die Augen einfach nur müde... ;)

mfg

~Kai~

 
Zuletzt bearbeitet:

ja, zum Selberlesen *g* ich mag das nich so gern, wenn man hier vorm PC sitzt und liest, das macht die Augen einfach nur müde
Welche Bildwiederholfrq. hast du eingestellt?

Geht mir auch so, da ich aber leider keinen eigene Drucker besitze, muss ich eben auf meinen Bildschirm zurückgreifen und die KGs von KG.DE dort lesen (oder auf meinem PDA, hmm, gute Idee, das sollte ich mal tun).

Gruß

Dust

 

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