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Die Rettung eines Katers und der Sieg über seinen Entführer
Als Jimmy verschwand, schauten sie zunächst an seinen Lieblingsplätzen nach ihm: Dem Blumenbeet mit den Goldglöckchen, dem Stück Wiese unter der Kastanie und unter dem Familienwagen. Sie schauten auch unter den anderen Fahrzeugen in der Umgebung, aber Jimmy blieb verschwunden.
Zwei Tage später konnte man sie dabei beobachten, wie sie Din-A-4 Zettel in der Nachbarschaft verteilten, schwarzweiß bedruckt mit einem Bild des Katers und einer detaillierten Beschreibung.
Sie warteten einige Tage vor dem Telefon und beschlossen schließlich, Robert müsse auch ohne Kater irgendwie weiter leben. Am Montag, sechs Tage, nachdem der Kater verschwunden war, brachte Roberts Vater seinen Sohn wieder zur Schule.
Simon beruhigte sich auf einen Schlag. Hatte er mich am Freitag aus Verzweifelung schon wieder geschlagen, war er jetzt wieder so freundlich, wie in dem Moment, als ich ihm Jimmy gebracht hatte.
Robert sah schrecklich aus. Er war bleich und saß recht regungslos auf seinem Stuhl, die Arme im Dreieck auf den Tisch gestützt und mit den Händen das zerzauste Haar still vor sich hinraufend.
Ich war darüber erschrocken, wie sehr ich ihm geschadet hatte. Keiner wusste, warum er so an dem Kater hing. Selbst ich nicht und ich war Roberts bester Freund. In der großen Pause blieb Robert sitzen. Das tat er sonst nie, das tat keiner. Es dauerte auch nur einige Momente, bis alle anderen Kinder aus dem Klassenzimmer gestürmt waren, um draußen herumzutoben.
In der Pause blieb nie jemand drinnen.
Ich schämte und zierte mich vor Robert, doch überwand mich schließlich.
„Sie haben Jimmy gefangen genommen!“, sagte ich leise vor mich her.
Robert drehte sich zögerlich und steif um.
„Wo ist er?“, wollte Robert wissen.
„Das darf ich dir nicht sagen.“, antwortete ich.
„Geht es ihm gut?“, fragte er in meine Antwort herein.
„Ich denke schon.“, gab ich zurück. „Hör zu, sie lassen ihn sofort frei, wenn du tust, was sie wollen!“
Robert heulte auf: „Nun sag schon was, es ist mir egal. Ich will Jimmy wiederhaben!“
Ich schluckte. „Sie wollen sich deine Schwester ausleihen!“, sagte ich.
„Sie wollen sich meine Schwester ausleihen?“, fragte Robert, seine Augen waren plötzlich weit aufgerissen.
„Ja, sie sagen, sie lassen Jimmy sofort frei, wenn du ihnen Anne für ein paar Stunden ausleihst.
„Wozu?“, wollte Robert wissen.
„Ich weiß nicht.“, log ich.
„Willst du es machen?“
„Robert nickte. Dabei fielen einige Tränentropfen von seinen Wangen auf seine Jeans. Er gab ein ziemlich erbärmliches Bild für einen Elfjährigen ab.
Jimmy schnurrte, als ich ihn über sein weiches Fell streichelte. Am Anfang hatte er sich unwohl gefühlt, hatte sich in einem Anflug von plötzlicher Verzweifelung aus meinem Arm befreien wollen. Aber er war zu wichtig, um ihn aufzugeben. Ich hatte mich mit aller Kraft an ihm festgehalten und er hatte gefaucht, bis ihm die Luft wegblieb und er sich beruhigte.
Jetzt schien es ihm auf meinem Arm zu gefallen. Wir saßen auf einer Bank beim Spielplatz und warteten auf Robert und seine vier Jahre jüngere Schwester. Sie war neu auf unserer Schule.
Ich war oft bei Robert zu Besuch gewesen und hatte all die Vorbereitungen für Annes Einschulung miterlebt. Sie hatten ihr eine große Schultüte gekauft und fast bis oben hin mit Karamellbonbons gefüllt denn die aß sie am liebsten. Es waren so viele Karamellbonbons, das sie nicht alle essen konnte und uns welche abgab. Sie ist ein kleiner Engel - habe ich Simon erzählt.
Von weitem sah ich Anne kommen. Sie lief einige Schritte voraus, Robert ging hinterher. Sie war auch als erstes bei mir.
„Och, da ist Jimmy ja!“, rief sie, kam heran und streichelte den Kater mit ihren unbeholfenen, kleinen Fingern: „Wo hast du den denn her?“
Ich überlegte einige Sekunden, wo man einen entlaufenen Kater her haben könnte. „Gefunden“, antwortete ich. „Wo war er denn? Wir haben ihn doch überall gesucht!“.
Einen Moment später kam Robert angerannt, nahm mir den Kater aus den Händen und hob ihn über den Kopf, dass die Katerbeine herunterhingen: „Ei, wen haben wir denn da? Ist das nicht mein großer, armer, starker, verträumter Kater. Ja, Jimmy, bist du das?“ Es schien mir nicht so, als genieße der Kater diese Begrüßung. Jimmy schaute Robert unbeteiligt bis entsetzt aus seinen Kateraugen an.
„Danke, dass du mir meinen fetten, kleinen Jimmy wiedergebracht hast!“, sagte Robert zu mir gewandt.
„Pass gut auf meine Schwester auf, sie muss zum Abendessen wieder zu Hause sein, sonst bekommt sie Ärger. Sie darf nicht länger als bis sieben Uhr bei Freundinnen bleiben!“
„Wo ist sie eigentlich?“, wollte ich wissen. Anne war verschwunden.
Robert wandte seine Aufmerksamkeit kurz von Jimmy ab, hielt dessen Kopf wie bei einem Baby, das ein Bäuerchen gemacht hat, über der Schulter und den Körper an der Brust. Seine Augen wanderten eine Sekunde über den Spielplatz, dann deutete er mit Gesicht und Nase zu Anne, die durch die Luft flog.
„Dort schaukelt sie!“, sagte er. „Also ich bringe jetzt meinen großen nach Hause - neh, wir beide gehen jetzt nach Hause mein kleiner! Denk daran, dass sie um sieben Uhr wieder zu Hause sein muss!“
„In Ordnung, wahrscheinlich bringe ich sie auch schon früher wieder zurück.“, beschwichtigte ich ihn.
„Um so besser. Bis dann!“
„Bis dann!“
Ich schaute Anne eine Weile beim Schaukeln zu. Sie rief und bat mich sie anzuschubsen. Ich war früher gerne geschaukelt. Wenn man schaukelt, vergisst man alles um sich herum. Manchmal ist das nötig. Es gibt nur noch einen selbst und die Schwerkraft, die man überwinden will.
Als sie genug vom Schaukeln hatte, bat ich sie mit mir zu kommen. Sie wollte aber noch auf dem Spielplatz bleiben. Ich handelte mit ihr aus, dass ich ein bisschen mit ihr Wippe und wir dann losgehen.
Ich war viel zu schwer für sie. Ich kam nicht von der Erde los, musste mich selbst mit meinen Beinen stemmen. So sehr ich mich auch abmühte, Anne etwas durch die Luft zu wirbeln, ließ sich keine Schwerelosigkeit beschwören, wie ich sie vom Schaukeln kannte.
Ich sah mich von außen, meine Glieder wurden mächtig und ich wurde zu einem zotteligen Gorilla.
Ich sah die Welt über mich lachen, wie ich die Wippe auf und nieder stelzte. Schließlich stemmte ich nach oben und bat Anne abzusteigen.
Einige Kinder spielten Räuber und Gendarm. Zwei kleine Jungen hatten sich dabei so in den Kampf um einen Stock verbissen, dass sie schließlich heulend zu zwei Frauen liefen, die sich auf der Bank unterhielten. Wir ließen sie zurück.
Anne und ich gingen in den nahe gelegenen Wald. Es war später Nachmittag und die Sonne spielte mit den Wolken, so dass es abwechselnd dumpf und sonnig wurde. Sie lief immerzu voraus und kam bald wieder zurück, um mich nach einem Merkmal – ob Blatt oder Frucht – einer Pflanze zu befragen. Dabei fühlte ich mich, als sei sie die kleine Schwester, die ich mir immer gewünscht hatte und ich ihr großer Bruder. So war ich stolz, dass sie mich mit ihren Fragen löcherte, obwohl ich mich mit Pflanzen kaum auskannte und nur wenige ihrer Fragen beantworten konnte.
An der Lichtung mit dem kleinen Holzhäuschen warteten sie schon. Ich konnte von weitem ihre Silhouette sehen, wie sie den Rauch ihrer Zigaretten in die Luft bliesen und den Müll traten und kickten, der im Häuschen und drum herum verstreut lag.
Simon rügte mich, eine viertel Stunde nach der vereinbarten Zeit gekommen zu sein und seine beiden Kumpels, Andi und Sebastian, grunzten zustimmend. Ich entschuldigte mich vielmals und Simon sagte, er verzichte darauf mich zu verprügeln, wenn ab jetzt alles glatt laufe. Dann zog er betont langsam an seiner Marlboro und blies eine riesige Rauchwolke in meine Richtung. Anne nutzte diesen Augenblick, zog mich am Ärmel und flüsterte in mein gesenktes Ohr: „Lass uns weitergehen, die sind doch doof!“.
Ich schüttelte nur mit dem Kopf, war ihr ein schlechter großer Bruder. „Lass die kleine hier, geh in die Müllhütte und warte, bis wir dich holen!“, befahl Simon.
Welcher Geruch in der Holzhütte, die ursprünglich wohl einmal als Regenschutz für Wanderer gebaut worden war, vorherrschte, kann ich nicht beschreiben. Alle Gerüche mischten sich zu einem beißenden, beigen, der süßlich durch mein vorgehaltenes T-Shirt stach.
Ich musste daran denken, was sie wohl mit Anne machten. In dem Häuschen standen leere und zerschlagene Flaschen, die ihres Nutzens entleerten Plastikkleider der verschiedensten Kunstprodukte, fauliges Obst und noch tausend anderer Dinge, in einer bunten Collage vermischt, die weder Auge noch Nase begreifen konnte. Und Anne – mir wurde schlecht.
Ich fragte mich, wie Menschen so egoistisch und zerstörerisch sein konnten.
Das war mein Gedanke, als es vor allem bitter, zugleich aber süß und sauer in mir aufstieg.
Ich versuchte den Reiz zu unterdrücken, doch da quoll es schon aus mir heraus, in eine Ecke der Holzhütte. Und noch einige Male überkam es mich, bis ich mich ganz ausgekotzt hatte.
Sobald ich meinen Mund von dem ekelhaften Zeug befreit hatte, lief ich einige Schritte aus der Hütte, in der ich es nicht mehr aushielt.
Es war still um mich herum, nur einige Vögel zwitscherten ihr Lied. Meine Augen suchten nach Anne, aber die Bäume drohten mir von allen Seiten. Ich spuckte den letzten Rest Kotze aus und legte mich weit genug von der Hütte, um den überdrüssigen Gestank nicht mehr riechen zu müssen, ins feuchte Laub. Schließlich war mir verdammt schlecht.
Die Bäume schüttelten ihre Wipfel im Wind. Zwei schwarze Schatten von Vögeln zankten sich dort oben.
Von weit her, wehte das Geschrei eines Mädchens an meine Ohren.
Ich machte die Augen zu und zwang mich dazu etwas zu denken, um mich davon abzulenken, dass mir so unglaublich schlecht war. Ich dachte daran, wie es mit Simon angefangen hatte.
Irgendwann schob sich eine Hundeschnauze zwischen die sorglosen Tage meiner vor–Simon-Zeit. Die Dogge hörte auf den Namen Emma und gehörte Simon. Er machte sich einen Spaß daraus sie nicht zurückzurufen, sondern mich auf etwas Geld zu erpressen, dass ich zufällig bei mir trug, als er bemerkte, welch panische Angst ich vor ihr hatte.
Simon peinigte mich fortan fast täglich. Nach einiger Zeit brauchte er den Hund nicht mehr, die bloße Erinnerung an ihn, machte mich zu Simons willenlosem Sklaven.
Dann wurde ihm das bloße Abkassieren langweilig und verblasste zu einer Nebenbeschäftigung. Er entdeckte seinen Spaß daran mich zu erniedrigen, zu schlagen, zu bespucken, auf immer neue Arten zu quälen und „den Hund mit mir spielen zu lassen“, wie er es höhnisch nannte.
Bei dem Gedanken an all das, stieg Wut in mir auf. Ich stand auf und suchte den Waldboden ab. Schließlich erspähte ich auf dem Blätterboden, zwischen zwei Stöcken einen Handgroßen Stein, der mir geeignet schien, ihn Simon über den Kopf zu ziehen. Ich wog ihn in der Hand ab und war mir bald euphorisch Simon mit meiner Waffe niederzustrecken. Ich versteckte mich hinter einem Blätterhaufen, zwischen einigen Bäumen, zwei dutzend Schritte vom Waldweg entfernt.
Dort verschnaufte ich eine lange Zeit und wunderte mich, dass Simon und seine Freunde noch immer nicht fertig waren.
Mit der Zeit verflog mein Unwohlsein, so dass ich bald einen Konkreten Plan fasste, wie ich Simon überraschen wollte.
Dazu ging ich zurück in die Holzhütte und stellte mich seitlich neben den Eingang auf die Bank, die linke Hand auf eine Art Türrahmen gestützt und mit der rechten bereit Simon den Kopf einzuschlagen.
Wenn der Junge mich suchte, schien es mir unausweichlich, dass er auf seine lässige Art seinen Kopf in die Holzhütte stecken würde, um sich von meiner Abwesenheit zu vergewissern. Dann würde ich ihn niederschlagen und ihn in dem ganzen Dreck liegenlassen, mich nach Hause machen und hoffen, dass es mit ihm ein für alle Mal aus war.
Doch bald zitterte meine Hand unter dem Gewicht des Steins und ich verlor meinen Mut. Ich setzte mich meiner Kotze gegenüber hin, die immer noch von der Wand auf die Bank tropfte und von der Bank auf den Boden.
Dort saß ich still, bis Sebastian seinen Kopf in die Hütte steckte. „Ich bringe dir das Mädchen zurück.“, sagte er in seiner undeutlichen, hervorgewürgten Stimme.
„Danke.“, sagte ich mit einer ungewollten Ironie, die er aber wohl sowieso nicht verstand.
Sein Kopf verschwand und er führte mir Annes Händchen in die Hütte, das ich schnell ergriff. Anne aber befreite sich geschickt aus meinem Griff und rannte davon.
Ich war kaum aus der Hütte gestürzt, da zerrte sie Sebastian schon wieder zu mir zurück. „Ich muss jetzt gehen, du musst schon auf sie aufpassen!“, sagte er und versuchte sein dummes Gesicht mit einem belehrenden Grinsen zu belegen.
Anne war ganz rot und weiß und hatte ein verzerrtes, nasses, verweintes Gesicht mit tränenschimmernden Augen. Ihre Kleider waren dreckig und sandig. Ihre Haare waren zerzaust und mit Blättern und Sand vermischt. Ich nahm sie fest an der Hand, so dass sie nicht mehr ausreißen konnte. Bevor wir aus dem Wald kamen, tupfte ich ihr die Augen mit einem Taschentuch ab und als sie nicht aufhörte zu schluchzen, zwang ich sie, sich mit mir hinzusetzen, damit sie sich beruhigte.
So saßen wir eine lange Zeit und als sie sich nicht beruhigen wollte, fing ich an, ihr über ihre blonden Haare zu streicheln. Bald gab sie ihren anfänglichen Trotz auf und weinte sich an meiner Schulter aus.
Ich hatte noch nie in meinem Leben jemanden ernsthaft getröstet. Hatte immer nur daneben gestanden, einige hilflose Worte des Mitleids gestammelt und den anderen beim Trösten zugeguckt.
Ich lernte schnell, tröstete immer sicherer, war mein Streicheln am Anfang noch so zaghaft, dass ich ihre Haare kaum berührte und mich dazu zwingen musste, meine Hand nicht im nächsten Moment wegzuziehen, umarmte und streichelte ich bald berechnend.
So hatte ich dem kleinen Mädchen schließlich die letzte Träne getrocknet und das letzte Blatt aus ihrem Haar gestreichelt.
Hand in Hand gingen wir durch die Stadt, bis wir zu ihrem Haus kamen.
Ich drückte die Klingel und mein Herz raste, wie wild. Zu meiner Erleichterung öffnete mir Robert die Tür, der mir freudestrahlend berichtete, dass Jimmy schon wieder eine halbe Dose gefressen habe und er sich mit ihm einen Schmusemarathon von eineinhalb Stunden geleistet habe.
Ich antwortete ihm, seine Schwester habe sich dreckig gemacht. Er sagte darum könne er sich jetzt nicht kümmern, weil er mit Jimmy schon genug zu tun habe, aber seine Eltern würden so etwas gar nicht gerne sehen.
Ich fragte ihn, ob seine Eltern da seien. Er schüttelte den Kopf und sagte, sein Vater würde wohl bald von der Arbeit kommen und die Mutter sei damit beschäftigt Jimmys Steckbriefe wieder abzuhängen.
Ich versprach ihm, mich um Anne zu kümmern und er bedankte sich bei mir. Ich ging mit ihr nach oben ins Bad, fragte sie, wo ihre Sachen lägen. Wir holten ihren Schlafanzug aus dem Schrank und ich nahm noch ein frisches Handtuch mit.
Als ich sie im Bad auszog, wurde mir erst klar, was ich ihr angetan hatte. Besonders die Beine und Arme, bis hoch zu den Schultern, waren mit blauen Flecken und einigen Schürfwunden übersät.
Ich tat mein bestes sie sauber zu waschen und Annes dreckige Kleidung mischte ich so unter die andere im Wäschepuff.
Nur Annes blutige Unterhose schmiss ich weg – spülte sie, da mir die Alternativen zu unsicher erschienen, die Toilette herunter.
Anne schrie vor Schmerz, als ich ihre verdreckten Schürfwunden sauber wusch. Doch alles Waschen konnte sie nicht von den Schürfwunden selbst und ihren blauen Flecken befreien.
Schließlich trocknete ich sie vorsichtig ab und zog ihr den Schlafanzug über. Dann setzte ich mich auf die Kante der Badewanne und betrachtete sie beim Zähneputzen und ihrer Toilette.
Als ich ihr die Bettdecke aufschüttelte, das barfüßige Püppchen zudeckte und ihr zum Abschied über das Haar strich, während ich: „Schlaf gut.“, flüsterte, fühlte ich mich ganz wie ihr großer Bruder.
Ich machte das Licht aus und die Tür zu, nahm die Treppe nach unten. Dort verabschiedete ich mich von Robert, der Jimmy streichelte und dabei „Die Simpsons“ guckte.
Robert bedankte sich noch einmal dafür, dass ich ihm seinen Kater wiedergebracht hatte und verabschiedete sich gleich mit mehreren der üblichen Phrasen von mir.
Das verschlug mir die Sprache und ich schlüpfte schnell aus der Tür, als er Anstalten machte, mich doch noch in ein Gespräch zu verwickeln.
Zwischen Haus und Straße kam mir Roberts Mutter entgegen. Sie strahlte mich an und bedankte sich vielmals, dass ich Roberts Familie so tatkräftig beim Verteilen der schwarzweißen Din-A4 Steckbriefe geholfen hatte, die sie jetzt unter dem Arm trug.
„Wo hast du Jimmy eigentlich gefunden?“, wollte sie noch wissen. „Ich habe ihn gar nicht gefunden, der ist Schulfreunden von mir zugelaufen!“, sagte ich fast trotzig.
„Vielen Dank, noch mal.“, sagte sie. „Komm doch morgen mal vorbei, dann gehen wir zusammen Eisessen und feiern Jimmys Wiederkehr! Es ist wirklich grandios, dass du ihn gefunden hast! Du weißt ja, wie viel Robert der alte Kater bedeutet!“, sagte sie.
„Ja.“, antwortete ich und verschwand durch das hölzerne Gartentürchen.
„Ach.“, sagte Roberts Mutter. „Und richte deiner Mutter einen schönen Gruß aus und sag ihr, dass sie einen tollen Sohn hat, der sich aufopferungsvoll für seinen besten Freund eingesetzt hat!“
Da war sie wieder, diese Übelkeit, doch diesmal brachte ich es fertig, den Kotzreiz zu unterdrücken. Ich richtete meiner Mutter nichts aus und ließ mir, sobald ich zu Hause war, ein heißes Bad ein. Ich lehnte mich zurück und feierte meinen Sieg über Simon, der mich jetzt nie mehr verprügeln würde, wenn er Wort hielt.