Die Rosenknospe
„Mein Kind, wieso widersetzt du dich unserer Entscheidung?“, verlangte ihre Mutter von Dania zu erfahren. „Er ist ein guter Mann und es ist eine Ehre für uns, dass er um deine Hand angehalten hat.“
Die Rede war von Lord Agor, der vor 3 Tagen um Danias Hand anhielt. Er war wirklich kein böser Mensch. Er behandelte seine Diener immer gut, wies niemanden von seiner Tür und war zu jedem Menschen nett. Außerdem war er schön und unermesslich reich. Jede Frau währe Glücklich, ihn ihren Mann nennen zu können.
Und doch.
Sie wollte nicht seine Frau werden. Dania war die einzige, die sich Lord Agor nicht zum Manne wünschte. Und ihre Eltern hätten ihre Beweggründe nie verstanden.
Dania verstand sich ja auch nicht. Bei dem Gedanken, dass sie Lord Agors Braut werden sollte, schrie ihr Herz laut nein.
Er war Dania immer ein sehr guter Freund und enger Vertrauter. Sie ritten beide sehr oft aus und er hatte seinen Dienern aufgetragen, die wundervollsten Blumen zusuchen und ihr zu bringen. Aber etwas in ihr hinderte sie einfach seinen Antrag anzunehmen.
Ohne ihren Eltern eine Begründung zu nennen verließ Dania das Haus und ging in ihren Blumengarten. Die Sonne ließ die Blüten der Blumen in ihrer vollen Schönheit erstrahlen, so dass sie für jeden vorbeikommenden Händler ein schöner Anblick waren. Und diese Schönheit war vor allem Lord Agor zu verdanken. Es bekümmerte sie ihrem liebsten Freund auf seinem Antrag ein Nein antworten zu müssen. Aber sie konnte ihn einfach nicht heiraten.
Mit trauriger Mine ging sie zum Brunnen, lies einen Eimer hinunter und holte mit ihm klares Wasser zum gießen ihres Blumengartens hinauf.
Ein fahrender Händler, kam an ihrem Garten vorbei, er hielt vor ihrem Tor und betrachtete sich die Arten- und Farbvielfalt mit staunendem Gesicht. Dania lächelte ihn kurz an und begann dann ihre Blumen zu gießen.
„Junge Dame“, sprach der Händler sie an, als die Sprachlosigkeit nachließ. Würdet ihr mir eine eurer wundervollen Blumen verkaufen?“
Dania ließ den Eimer vorsichtig auf den Boden sinken, um keine ihrer Blumen zu verletzen. „Gewiss doch, mein Herr“, antwortete sie dem Händler lächelnd. Es freute sie, wenn sich andere an ihren Blumen erfreuten. „Welche wollt ihr haben?“
Er deutete auf eine Rose in der Mitte ihres Blumengartens. „Diese Rose dort.“
Dania schüttelte traurig den Kopf. Die Rose hatte nur eine Knospe und war ein grüner Tupfer in dieser Farbigen Schönheit. „Es tut mir leid, sie enttäuschen zu müssen“, sagte Dania. „Aber diese Pflanze ist die einzige, die ich nicht verkaufen kann.“ Sie sah in sein trauriges Gesicht und begründete: „Diese Rose hat mir meine Großmutter geschenkt, die vor einigen Jahren verstarb. Sie sagte an ihrem Totenbett zu mir: ‚Wenn diese Rose blüht, wird dir großes Glück zu teil’.“
Der Händler zeigte sich einsichtig. „Da muss Ihnen die Roße ja sehr wichtig sein. So will ich nur die zwei wundervollen Blumen, zwischen denen ihr Eimer steht.“
Danias Blick erhellte sich. Sie sah auf den Eimer und die zwei Blumen. Es waren eine Lilie und eine Blume dessen Namen sie nicht kannte. Lord Agor hatte sie aus einem fernen Land mitgebracht.
„Wie ihr wollt, mein Herr“, verbeugte sich Dania, grub die Wurzeln der Pflanzen aus und setzte sie in zwei Tongefäße. Dann gab sie die Pflanzen dem Händler und er richte ihr dafür einen Beutel mit 500 Goldmünzen und ein kleines Beutelchen mit Samen. Er sagte, es seien Samen von wundervollen Blumen, die perfekt in ihren Blumengarten passen würden.
Sie beschloss die Pflanzen einen anderen Tag zu pflanzen und beendete ihre Arbeit des Gießens. Dania stellte den Eimer wieder an den Brunnen und ging dann zur Mitte ihres Gartens. Sie ließ sich vor ihrer Rose nieder. Sanft schloss Dania ihre Hände wie zum Gebet um die Knospe der Pflanze und schloss die Augen. „Bitte zeig mir den Mann, den ich heiraten soll“, bat sie verzweifelnd. Aber sie wusste, dass sich ihre Bitte nicht erfüllen würde und ging mit traurigem Blick in ihr Haus, um ihren Eltern die Goldmünzen zu geben.
Es war ein schöner Sommertag. Die Sonne war gerade dabei im Osten aufzugehen. Osten, die Richtung war es, in die die Ritter der schwarzen Lilie - ihr Wappen trug das Abbild einer schwarzen Lilie - galoppierten. Sie waren gerade auf den Weg in die Schlacht und alles, das unter die Hufe ihrer Pferde kam wurde zerstört. Weder Mensch noch Tier, wischen dir Ritter. Doch als vor ihnen einer der schönsten Gärten lag, den sie je gesehen hatten, waren fast alle am überlegen, ob sie nicht lieber doch ausweichen sollten, um den schönen Garten zu verschonen. Doch das würde ihr Kommandant nicht gutheißen, der mit seinem Ross ohne einen Funken Reue, durch den Garten ritt. Unter den Hufen seines Pferdes wurden einige der Pflanzen zerstört. Die Ritter folgten ihm und unter den Hufen ihrer Rappen fand der herrliche Garten sein Ende.
Nur einer der Ritter konnte das Bild der zerstörten Schönheit nicht ertragen. Er stoppte sein Pferd vor dem Garten und ging langsam mit gesenkter Mine durch die einstige Blumenpracht, die zerstört vor ihm lag. dabei schenkte er einer Pflanze, besonderes Interesse.
Es war eine Rose, die umgeknickt auf dem Boden lag. Nur eine Knospe war an der Pflanze und diese Knospe wollte; nein, er musste sie haben. Etwas in ihm zwang ihn dazu sich hinzuknien und die Rosenknospe abzuschneiden. Und diesem Drang gab er mit seinem Schwert nach.
Sein Name war Seljo. Und nachdem er die Rosenknospe abgeschnitten hatte, ging er wieder zu seinem Pferd und machte die Knospe am Sattel seines Rappen fest. Dann stieg er wieder auf den Rücken des Tieres und hetzte seinen Kameraden nach. Aber er umritt den Garten.
Er konnte sie zwar nicht einholen, aber als er das Schlachtfeld erreichte war die Schlacht noch im vollen Gange. Seine Kameraden schlugen sich alle tapfer aber dennoch war der Feind in der Überzahl. Nur ein Wunder hätte die Schlacht noch zu ihren Gunsten entscheiden können. Und dieses Wunder schien er zu sein.
Seljo trieb seinen Rappen in das Kampfgetümmel. Der Junge Ritter glaubte nicht daran, dass er seinen Kameraden eine große Hilfe werden könnte. So unerfahren wie er war. Dies war seine erste Schlacht aber als er seinem ersten Gegner begegnete, einem kräftigen und erfahren wirkenden Kämpfer, konnte er es kaum glauben, wie leicht es ihm gelang, den Schlägen des älteren Parade zu leisten und ihm dann mit einem gekonnten Schwerthieb vom Pferd zu stoßen.
Er rammte dem Kämpfer das Schwert in die Brust. Ihnen wurde aufgetragen keine Gefangen zu machen. Dann kam auch schon der nächste Gegner und auch diesmal siegte Seljo.
Und sein Können bleib nicht unbemerkt.
Dania wurde an diesem Morgen von donnernden Hufen geweckt.
Erschrocken richtete sie sich im Bett auf. Angst machte sich in ihr breit. Sie war sich sicher, dass dies die Ritter der der schwarzen Lilie waren. Und die Hufe der Tiere waren so verdammt nah. So schrecklich nah. Sie zitterte.
Dania wartete in ihrem Bett geduldig, bis sie sicher war, das die Ritter der schwarzen Lilie auch sicher wieder weg waren und stand auf. Sie ging mit klopfendem Herzen zur Tür.
Plötzlich wieherte ein Pferd. Sie erschrak, während der Reiter davon galoppierte. Zitternd öffnete sie die Tür und späte in ihren Garten.
Vor ihrem Haus breitete sich eine Traurigkeit aus, die einst ihr wundervoller Blumengarten war.
Tränen füllten sich in Danias Augen. Sie rannte in ihren Garten. Ihr Blick richtete sich gen Osten, wo in der Ferne noch einer der Ritter der Schwarzen Lilie ritt. Das Haus, in dem sie und ihre Eltern lebten wurde sonst immer erschont, aber jetzt stand sie vor einem Elend, das die Ritter angerichtet hatten.
Dania stürzte zu ihrem Liebsten Schatz. Sie hoffte, wenigstens ihre Rose hätten die Ritter verschont. Aber mit enttäuschen stellte sie fest, dass die Knospe fehlte.
Ihre salzigen Tränen tränkten den Boden.
Seljo stieg vom Rücken seines Pferdes und betrachtete sich das Schlachtfeld, auf denen tausende von mutigen Kriegern ihr ende fanden. Diejenigen ihrer Gegner, denen die Flucht nicht gelungen war, lagen blutüberströmt am Boden. Auch ihre Seite hatte Verluste, aber die waren nicht so tragisch.
„Seljo“, rief eine strenge Stimme. Er folgte dem Rufen seines Namens und sah in die Nacht hinein. Am Morgen hatten sie die Schlacht begonnen um am Abend gewonnen. „Wir scheinen ein Naturtalent aufgenommen zu haben“, rief sein Kommandant. Er hatte einiges abbekommen. Sah aber trotzdem noch ganz munter aus. Seljo war da ganz das Gegenteil. Er hatte keine Schramme, aber war todmüde.
Seljo zuckte mit den Schultern. Dann fragt er: „Ist es denn möglich, dass ich mich zu Bett legen kann?“
„Aber sicher mein Junge“, rief sein Kommandant. „Ruh dich aus, Junge und freu dich morgen auf eine Feier zu deinen Ehren.“ Seljo konnte zwar nicht verstehen, wieso ihm die Siegesfeier gelten sollte, aber er war zu kraftlos Fragen zu stellen. Er machte die Rosenknospe von seinem Sattel ab und begab sich in eine Unterkunft, die für ihn fertig gemacht worden war. Die Rose stellte er in eine Schüssel, die er mit Wasser aus seiner Trinkflasche gefüllt hatte und begab sich dann zu Bett.
Seljos Schlaf war ruhig und ein schöner Traum kam zu ihm. Ein Traum von einem wunderschönen Mädchen, in einem Mehr von Blumen. Ihre Haare waren so golden wie die Sonne, ihre Augen so grün wie das Meer und ihre Schönheit, die der Blumen um ihr herum gleich. Dann erwachte er.
Der Traum war vorbei, aber nicht die Sehnsucht, die er in ihm geweckt hatte. Und die brannte tief in seinem Inneren.
Wieso verzehrte er sich nach dem Mädchen. Es war doch nur ein Traum. Er sah auf die Rose und eine Lust ergriff ihn, den Menschen zu treffen, der sie gepflanzt hatte. Und ihm zu zeigen, wie schön, die Blüte war, die sich in dieser Nacht geöffnet hatte. Vielleicht wusste ja, er, ob und wo es dieses Mädchen gab.
Seljo packte seine Sachen und sattelte sein Pferd. Die Rosenblüte, die ihm am Vortag als Knospe hatte das Glück gebracht, machte er wieder an seinem Sattelfest und machte sich daran, das Heer zu verlassen. Doch er wurde von seinem Kommandanten gestoppt.
„Wohin so früh, Junge“, verlangte er zu erfahren.
„Seid mir nicht böse, aber ich bin auf der Suche nach einem Traum“, antwortete Seljo ihm.
Sein Kommandant lächelte. „Es fällt mir schwer einem so begabten Schwertkämpfer Lebwohl zu sagen, aber es wird mir nichts anderes übrig bleiben. So wünsch ich euch Traumfänger alles Gute.“
Seljo verabschiedete sich von ihm und begab sich auf die Suche nach seinem Glück. Und diese Suche dauerte nicht all zu lang, bis er das schönste Mädchen erblickte, dass seine Augen je erblickt hatten.
Lord Agor eilte sofort, nach erhalt von Danias Nachricht zu ihr, um sie zu trösten. Und als er zu ihrem Haus kam, begrüßte er sie mit einem erschreckten Gesicht. Sie stürzte auch sofort in seine Arme und er tröstete sie.
„Dania, komm mit mir in mein Schloss“, bat er sie. „Um mein Schloss haben die Ritter der Schwarzen Lilie Verbot zu reiten und wir können deinen Garten wieder aufbauen.“
Dania sah ihn an. Vielleicht war es wirklich das Beste, sie würde Lord Agors braut werden. Doch als sie ihm, ein Ja als Antwort geben wollte ertönte das Wiehern eines Pferdes.
Sie sah sich erschreckt um und entdeckte einen Ritter der Schwarzen Lilie. Dania beschloss ihrer Wut freien lauf zu lassen und machte sich daran auf ihn zuzugehen. Doch als er seinen Helm absetzte und auf die Erde schmiss, hielt sie inne.
Vor ihr stand ein junger Mann, dessen wundervolles Gesicht sie bezauberte. Seine kurzen braunen Haare wehten im Wind und seine rehbraunen Augen sahen sie fasziniert an.
Er stieg vom Pferd und machte irgendetwas von seinem Sattel ab. Dann ging er zu ihr und kniete vor ihr nieder. „Eure Schönheit übertrifft selbst den wundervollen Traum, der mich zu Euch führte“, sagte er zu ihr. Er hielt seine Hände zu ihr und öffnete sie. In ihnen befand sich eine wundervolle rote Rosenblüte. „Diese Blüte stahl ich Euch als Knospe und möchte sie nun zurück geben.
Wenn diese Rose blüht, wird dir großes Glück zu teil, ging es ihr durch den Kopf und es erschien ihr, als Hätte ihre tote Großmuter, ihre Bitte erhört. Dann stellte sie ihm die Frage: „Wollt ihr, Ritter, mich zur Frau nehmen?“
Als Dania ihm die Frage stellte, ob er sie heiraten wollte, bekam er aus Sprachlosigkeit keine Antwort heraus. Aber nachdem er ihr half ihren Garten wieder herzurichten antwortete er ihr mit Ja.
Und während die Tage vorübergingen und sich einige der Blumen erholt hatten zog er um den Garten einen hölzernen Zaun. Es würde seine einstigen Kameraden nicht daran hindern können, aber vielleicht würden sie den Garten ja doch nicht wieder zerstören.
Und dann kam der Tag, an dem er seinen einstigen Kameraden wieder begegnete. Er stellte sich ihnen tapfer entgegen und versperrte ihnen mit seinem Körper den Weg. Eine kleine Barrikade. Dania sah ängstlich auf ihren Geliebten.
Doch kurz vor ihm stoppte der Kommandant sein Herr.
„Bitte verschont diesen Garten“, bat Seljo.
„Junger Krieger“, sagte der Kommandant und nahm seinen Helm ab. „Wenn ihr uns und unseren Pferden etwas Wasser gebt würden wir gern darauf anstoßen, dass ihr es geschafft habt eure Traum zu finden.“ Er lächelte in Danias Richtung.
Seljo tat ihm den Gefallen und seitdem brachten ihnen die Ritter immer, wenn sie an ihrem Haus vorbei kamen Pflanzen und Samen mit. Und der Garten erblühte wieder und wurde schöner und schöner. Er wurde sogar noch prächtiger, als vor der Zerstörung durch die Schwarzen Ritter.