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Die Schülerin der Weiblichen Magie
Man liebte und hasste sie, gleichermaßen. Man verehrte und verachtete sie, denn sie waren so schön, wie klug, so sanftmütig, wie grausam und so zart besaitet, wie verwegen.
Gegenüber dem kargen Neubau der Schule für das Erlernen kranker Tricks in magischen Talenten (kurz: Sekt im T), ragte ein schöner, alter Turm empor, der alle umstehenden Gebäude weit überragte und seine rote Kuppel strahlte prachtvoll bis in weite Ferne, wenn sie von den Strahlen der morgendlichen Sonne beschienen wurde. In den hohen Gemächern des Turmes wurden jene ausgebildet, denen so uneindeutige Gefühlsregungen zu Teil wurden.
Die Schülerinnen der Weiblichen Magie.
Marie war eine solche Schülerin und sie galt bei ihren Lehrmeistern als besonders begabt, da sie auf der weiten Reise von ihrem Heimatdorf zu ihrem neuen Wohn- und Ausbildungsort, nicht nur umsonst von einem Kutscher mitgenommen worden war, sondern noch zusätzlich von beinahe jedem Wirt auf der Strecke ihr Essen frei erhalten hatte und sie drittens sogar während eines Raubüberfalls verschont worden war.
Marie war mit Dreizehn auf die Schule der Weiblichen Magie gekommen und war nun bereits sechzehn Jahre alt, das Alter in dem es an der Schule interessant wurde, da man die mächtige Kunst der Verführung und der Erotik erlernte.
Die sanfte Turmglocke erscholl und sofort setzte ein Geräusch ein, wie wenn Millionen von Fliegen in kurzen Abständen gegen eine Glasscheibe fliegen. Etwa hundert zart beschuhte Füßchen trippelten nun durch das Schultor und die zahlreichen Wendeltreppen hinauf, die sich bis in die Spitze des Turmes hinaufzogen.
Marie folgte den jüngeren Schülerinnen mit dem gemäßigten Gang einer ausgewachsenen Gazelle, den man bereits im zweiten Jahr begann zu lernen.
Sie hatte lange, gelockte, rotbraune Haare, breite Hüften, einen beinahe perfekt runden Po und eine Vorderseite, deren doppelt geballte Magie nicht einmal die Hochmeister der Sekt im T hätten verbannen können.
Bedächtig nahm sie in der ersten Reihe des Klassenraumes Platz, zur großen Freude ihres Lehrers, der natürlich ein Mann war. Ihre rote Schuluniform stand ihr vortrefflich, ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie sich seit zwei Jahren keine größere hatte geben lassen. Das erfreute den Lehrer noch mehr.
Erste Lektion in der „Anleitung für Männer zur Ausbildung in der Weiblichen Magie“:
Reaktionen des Körpers auf visuelle Reize unter Kontrolle bringen.
Die erste Lektion des neuen Schuljahres begann. Es ging darum, selbst mit noch so großem Ausschnitt, die Augen des männlichen Gegenübers an die eigenen zu fesseln.
„Was soll’ n das bringe’?“, fragte aus der letzen Reihe ein Mädchen, mit schlicht enormem Busen.
Marie mochte dieses Mädchen nicht, da sie fand, dass ein hübsches Mädchen es den Männern nicht zu leicht machen sollte, und jene war bekannt dafür, dass sie eben dies tat.
Stumm hob sie ihren Arm und wurde aufgefordert zu sprechen.
„Es macht Männer nervös, wenn sie nicht dahin blicken können, wohin sie möchten und erst recht, wenn sie merken, dass wir es kontrollieren können.“
„Richtig, Marie, schlagen sie bitte ihr Buch auf Seite siebenundfünfzig auf.“
Als sie fertig gelesen hatten, erhielt jede der Schülerinnen einen Taschenspiegel mit filigran gearbeitetem Griff. Marie nahm ihn in die Hand, doch sie sah nichts weiter, als die Züge ihres eigenen Gesichts. Doch nach kurzer Zeit änderten sich diese, ihre Nase wurde breiter und länger, das Kinn wurde ebenfalls breiter, die Augenfarbe wechselte von braun zu blau und ihre Haare färbten sich dunkelblond. Zudem wuchs ihr ein Bart, der sowohl aus Kinn- als auch aus Backenbart bestand.
„Hallo.“, sagte ihr verändertes Spiegelbild. Dabei sah er ihr in die Augen. Als er „Ich heiße Balduin und bin ein Mann in einem Spiegel.“, sagte, war sein Blick bereits vier Handbreit nach unten gefallen.
„Guten Tag, Balduin.“, säuselte sie mit verliebter, rauchiger Stimme. Der Mann im Spiegel hob sofort den Kopf und sie hielt ihn mit ihren Augen gefangen, indem sie ihn mit der größtmöglichen Verzückung ansah, als hätte er gerade vor ihrem Angesicht die Welt von einem Tyrannen befreit, ein kleines Kind aus dem Rachen eines Löwen gerettet, eine Sintflut ins Meer zurück gedrängt und sich als der hervorragendste Liebhaber auf Erden herausgestellt.
Es wirkte, während sie die verschiedenen Fassetten ihrer aufgesetzten Bewunderung durchspielte, sprach sie mit ihm über das Wetter, seine Gefühle zu seiner Mutter, einen Ausschlag an ihrem linken Fuß und darüber, dass es ja so schade wäre, dass man, wenn man in einem Spiegel lebte, keine Kinder bekommen könnte. In all dieser Zeit, hatte er nicht ein einziges Mal seinen Blick von dem ihren getrennt und die Male, die er geblinzelt hatte, ließen sich an zwei Händen abzählen und als sie ihn aus ihrem Blick entließ, wandte er sich um und rieb sich die Augen.
Plötzlich verdunkelte sich das Zimmer und schwarzer Rauch umgab Marie und ihren Spiegel, so dass sie weder den Lehrer vor sich, noch ihre Mitschülerinnen neben sich überhaupt nur schemenhaft wahrnehmen konnte.
Einen Meter vor ihr ertönte die Stimme ihres Lehrers. „Ziehen sie sich aus. Es sei ihnen versichert, der Rauch ist vollkommen undurchsichtig.“ Letzteres war gelogen, zumindest in Bezug auf den Lehrer.
Doch Marie tat wir ihr geheißen. Sie wusste, dass die Nacktheit ihres Körpers, und sogar schon der Gedanke daran, eine ihrer mächtigsten Waffen war.
„Balduin…“ Balduin wandte sich um und fing an zu sabbern. Marie hielt den Spiegel etwas von sich fort und Balduins Lippen begannen stumme Laute zu formen und er stieß sich mehrfach den Kopf an der Scheibe des Spiegels. Wenige Sekunden gewährte sie Balduin diesen An- beziehungsweise Ausblick, bevor sie ihn erneut mit einer Stimme rief, die Balduin neben die schönsten und mächtigsten Götter der Welt erhob.
Balduin litt Höllenqualen, denn Marie, sah ihn nur an und da er es nicht ertrug ihren Blick einfach nur zu erwidern, fing er an zu erzählen, von zu Hause, seinen Geschwistern und seinem Meerschweinchen Benni, und irgendwann begann er von seinem ehrgeizigen Plan zu erzählen, ein Spiegelkönigreich aufzubauen, in dem er der König wäre. Als er dies sagte hob Marie aufmerksam den Kopf und in ihrem Blick lag nun eine Herausforderung, es schien nicht so, als ob sie glaubte, dass er dieses Ziel erreichen könnte. Balduin nahm die Herausforderung an und begann umso impulsiver zu schwärmen, doch Marie ließ ihn gar nicht erst in Fahrt kommen.
„Gib dir eine Ohrfeige.“, sagte sie.
„Was?“
„Gib dir eine Ohrfeige.“
Peng.
In der Pause gingen sie wieder hinunter vor den Turm. Es war zur Gewohnheit geworden, die neu erlernte Fähigkeit sofort an den Sektschülern auszuprobieren.
Wiederum verkannte das Mädchen aus der letzten Reihe den Zweck der Übung. Sie wandte den Blick ab und kratzte sich am Busen und die Augen des Sektlings sackten nach unten, so schnell wie ein Adler im Sturzflug. Seinen seltsamen Namen, der irgendwie gleichzeitig wie Nuscheln und Niesen klang, hatte er Marie einmal gesagt doch sie hatte ihn schnell vergessen.
Auch Marie strich sich sanft über den Busen und zupfte sich das Dekolletee zu Recht und ihr Opfer von einem Gegenüber fing an zu schniefen, das Gesicht zu verziehen, als müsse er ganz schrecklich dringend pinkeln und wild von einem Bein auf das andere zu treten, doch sein Blick trennte sich nicht für eine Sekunde von ihren Augen.
„Gib mir deinen linken Schuh.“, sagte sie und nun litt der Bursche wahre Qualen, denn er musste sich leicht vorbeugen, um sein angewinkeltes Bein zu erreichen, wobei sein Kopf nun direkt vor der Stelle des Begehrens seiner Augen hing, es ihm jedoch nicht gestattet war, seine Augen von den ihren zu nehmen. Mit einem freundlichen Lächeln nahm sie den Schuh entgegen und drückte dann dem armen Jungen einen zarten Kuss auf die Wange. Dann wandte sie sich um und durchschritt wieder das Tor des Turmes, da die Glocke geläutet hatte, während ihr Opfer auf einem Bein durch den Matsch davon hopste.
Die nächste Lektion, die sie von einer Frau erhielten, behandelte den Zauber der Berührung. Auf Seite hundertachtundzwanzig war beschrieben, wie sich ein Mann durch das Berühren an bestimmten Stellen oder durch Streicheln in einer gewissen Form, zu jedweder Gefühlslage stimulieren ließ. So würde zum Beispiel, wenn man über dem Herzen eines Mannes ein Kreuz zeichne, dieser in eine unmittelbare und herzzerreißende Traurigkeit verfallen, die nur der entsprechende Gegenzauber wieder aufzuheben vermochte.
Ein weiteres Mal bekam Marie einen Spiegel und nach einer Weile tauchte wiederum Balduin darin auf, der es kaum wagte sie anzusehen und als sie seinen Namen sprach merklich zusammenzuckte.
„Was ist?“, blaffte er. „Kann man denn nie seine Ruhe haben, vor euch Hexenpack?“
„Aber Balduin“, antwortete Marie sanft. „Ich habe dir doch gar nichts getan, mein Lieber. Ein König des Spiegelreiches wird sich doch nicht von einem dummen, kleinen Mädchen von seiner königlichen Würde abbringen lassen.“
Sogleich strahlte Balduin sie an. „Gewiss nicht.“
„Wenn ich sie nun bitten dürfte, die Scheibe des Spiegels zu berühren…“, sagte die Lehrerin mit strenger Stimme. Man sah ihr an, dass sie für den Umgang mit körperlichem Kontakt trainiert war, den ihr Körper schien einzig und allein aus Muskeln zu bestehen.
Marie mochte solche Frauen nicht, die ihren Körper stählten und quälten, selbst jene nicht, die pro Tag nicht mehr als ein Salatblatt zu sich nahmen. Ihrer Meinung nach widersprach das den Prinzipien der Weiblichkeit.
Sie tat, wie ihr geheißen und berührte mit der Spitze ihres linken Zeigefingers das Glas der Spiegelscheibe. Sogleich wurde sie gleichsam in den Spiegel hineingezogen und fand sich daraufhin einem kleinen Raum, in dem nichts weiter war, als eben ein kleiner Spiegel der an einem Nagel hing, ein lederner Sessel, direkt davor und an der gegenüberliegenden Seite eine Wand.
Dies war zweifellos der Raum gewesen, in dem sich Balduin die ganze Zeit während seiner Tortur aufgehalten hatte.
Marie fasste sich ein Herz und durchschritt die Tür. Das Zimmer, das sie daraufhin betrat, war in erster Linie unordentlich. Marie hasste Unordnung.
„Wie sieht’ s denn hier aus? Was ist das für ein Saustall?“
„Bin gleich da.“, ertönte es aus einem angrenzenden Raum. „Moment noch.“
„Ist jetzt egal, komm her, mach hin.“, rief sie so rüde sie irgend konnte.
Prompt erschien Balduin in der Tür. „Ja, was denn.?“
„Komm mal her, mein Lieber.“
Langsam schritt Marie ihm entgegen und berührte ihn sanft an der Brust.
Eben war sein Gesicht noch von freudiger Neugier und Aufregung durchzogen, doch nach ihrer Berührung, wurde es auf einen Schlag völlig leer und emotionslos. Dann verzog sich der Mund, wurde immer breiter, die Augen begannen zu flackern und zu immer engeren Schlitzen zu werden und dann brach das Unheil hervor.
Balduin war eine zarte Natur und Marie eine begabte Magierin, was zur Folge hatte, dass Balduin heulte, wie noch nie zuvor in seinem Leben.
Nachdem sie sich an dem Anblick eines heulenden Kerls satt gesehen hatte, erlöste sie ihn und ließ ihn stattdessen tiefste und ehrlichste Liebe zu ihr empfinden, was dazu führte, dass er puterrot wurde und begann, in Windeseile das Zimmer aufzuräumen.
Als er fertig war, trat er mit einem Blumenstrauß in der Hand vor sie und in seinen Augen war gleichzeitig soviel Schmerz und soviel Glück, dass Marie rot wurde und betreten zu Boden blickte. Ihr gefiel es, dass dieser junge Mann sie so sehr vergötterte.
Sanft drückte sie ihre Lippen auf die seinen und nahm dann mit einem Kniff in den Hals die Liebe aus seinen Augen, und als seine Augen dann wieder keck und dreist zu leuchten begannen, bereute sie es durchaus.
Marie spielte das Ganze Spektrum der Gefühle mit ihm durch, und als sie bei Wolllust angekommen waren, musste sie ihn mit einem Zauber aus dem dritten Jahr gegen die Wand schleudern und als selbst dies seinem schwer angeschlagenen Schädel den Fortpflanzungstrieb nicht nahm, ließ sie ihn erstarren und floh zurück in ihr Klassenzimmer.
Vor dem Turm, gab sie dem kleinen Jungen seinen Schuh zurück, worauf sich dieser ganz rührend bedankte. Es bestand ein stummes Einverständnis zwischen den Schülern der Sekt im T und den Schülerinnen der Weiblichen Magie, dass diese erstere quälen durften, wann immer es ihnen passte, solange sie ab und zu einen Jungen für seine Tapferkeit belohnten, wie es Marie in der letzten Pause getan hatte. Dann rief sie den Entzauberungslehrling mit dem Namen der nach Nuscheln und Niesen klang, zu sich, um ihn dafür zu bestrafen, dass er es so schamlos ausgenutzt hatte, dass sich das Mädchen aus der letzten Reihe ausnutzen ließ. Wiederum benutzte sie einen der gerade erlernten Zauber, die Angst. Der Junge schrie aus vollem Halse nach seiner „Mamiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii“ und rannte so schnell ihn seine dünnen Beine trugen.