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Die Stille im Sommer

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15.05.2002
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Die Stille im Sommer

Die ersten Schatten

Der Sommer in der kleinen Stadt am Rande des Waldes war heiß und träge, die Luft schwer von Blütenduft; Grillen summten. Jonas saß auf der alten Holzbank hinter dem Haus seiner Großmutter, die Beine angezogen, die Augen auf den Horizont gerichtet, wo die Sonne in orangefarbenen Streifen versank. Seine Hände umklammerten ein abgegriffenes Notizbuch, in dem er Zeichnungen und Gedanken festhielt – Dinge, die er niemandem zeigen konnte, am wenigsten seinen Eltern oder Lukas, seinem besten Freund.

Jonas war still, immer schon gewesen. Seine braunen Locken fielen ihm in die Stirn, und seine Augen, grün wie der Wald, verbargen ein Geheimnis, das er selbst kaum verstand. Er wusste, dass er anders war. Nicht wegen seiner Notizen oder seiner Vorliebe fürs Zeichnen, sondern wegen der Gefühle, die in ihm brodelten. Lukas. Lukas, mit seinem breiten Grinsen und den Sommersprossen, die wie Sterne über seine Nase tanzten. Lukas, der beim Fußballspielen lachte und Jonas’ Herz schneller schlagen ließ, ohne es zu ahnen.

Es hatte vor einer Weile angefangen, Jonas wusste es nicht genau. In der Schule, in der Umkleidekabine nach dem Sport, hatte er Lukas’ Lachen gehört, hatte gesehen, wie der Schweiß von seinem Körper perlte, und etwas in ihm hatte sich verändert. Ein Ziehen in der Brust, ein Gefühl, das ihn erwärmte. Er hatte weggeschaut, sich gesagt, es sei nichts, nur der Sommer, die Hitze. Aber tief drin wusste er, dass es mehr war. Er mochte Jungs – oder zumindest Lukas.

Jonas’ Eltern arbeiteten viel – Vater in der Fabrik, Mutter als Lehrerin – und so verbrachte er den Sommer bei der Großmutter, in ihrem alten Haus mit dem quietschenden Gartentor und dem Duft nach Lavendel. Sie war eine ruhige Frau, mit grauen Haaren und einem Lächeln, das Geschichten erzählte. Sie fragte nicht viel, doch ihre Augen sahen mehr, als Jonas lieb war. „Du bist ein Träumer, Jonas“, sagte sie oft, und er nickte, ohne zu antworten.

Die Tage am See

Die Tage zogen sich hin, ein endloser Reigen aus Hitze und Langeweile. Jonas und Lukas verbrachten viel Zeit zusammen, wie immer in den Ferien. Sie radelten zum See, der verborgen im Wald lag, ein Geheimnis, das nur sie kannten – oder so taten sie jedenfalls. Der See war klar und kühl, ein Gegensatz zur stickigen Luft. Sie zogen sich aus, sprangen ins Wasser, lachten und plantschten.

„Fang mich, wenn du kannst!“, rief Lukas, sein Körper glänzte im Sonnenlicht, als er davonschwamm. Jonas folgte, sein Herz raste, nicht nur vom Schwimmen. Er streckte die Hand aus, berührte Lukas’ Schulter, spürte die Wärme seiner Haut. Lukas drehte sich um, lachte, spritzte Wasser in Jonas’ Gesicht. „Du bist zu langsam, Jonas!“

Jonas lachte mit, doch innerlich brannte er. Er wollte mehr – wollte Lukas’ Hand halten, wollte ihm sagen, wie er fühlte. Aber die Angst war da, eine kalte Hand, die ihn zurückschob. Was, wenn Lukas ihn abwies? Was, wenn er es seinen Freunden erzählte, und die ganze Stadt es wusste? Jonas tauchte unter, das Wasser umhüllte ihn wie eine Umarmung, und für einen Moment vergaß er alles.

Am Ufer lagen sie im Gras, trockneten in der Sonne. Lukas redete von Mädchen in der Schule, von Anna, die ihm gefallen hatte. „Sie hat so schöne Augen“, sagte er, sein Grinsen breit. Jonas nickte, murmelte etwas Zustimmendes, doch seine Brust schmerzte. Er wollte sagen: Aber ich hab dich. Ich seh dich. Stattdessen schwieg er, zeichnete mit dem Finger Muster ins Gras. Ein Gesicht. Lippen.

Die Nachmittage am See wurden zu einer Routine, die Jonas liebte und fürchtete. Lukas erzählte von seinen Plänen für den Herbst, von der Schule, von Fußball. Jonas hörte zu, nickte, lachte an den richtigen Stellen, doch seine Gedanken wanderten. Er stellte sich vor, wie es wäre, Lukas’ Arm um seine Schulter zu spüren, nicht nur freundschaftlich, sondern zärtlich. Die Sehnsucht wuchs, ein stiller Sturm in ihm.

Eines Tages, als die Sonne hoch stand, lagen sie nebeneinander, die Haut warm von der Sonne. Lukas drehte sich zu Jonas, sein Gesicht nah. Die Augen klar. „Du bist mein bester Freund, weißt du das?“, sagte er, seine Stimme ernst. Jonas’ Herz setzte einen Schlag aus. Er nickte, unfähig zu sprechen, und für einen Moment dachte er, Lukas würde ihn küssen. Aber Lukas grinste nur, stand auf, sprang zurück ins Wasser. Kalte Tropfen trafen Jonas Beine. Ein Schaudern.

Die nahen Momente

Eines Abends, als die Sonne unterging, radelten Jonas und Lukas durch den Wald. Die Luft war kühler, der Sommer neigte sich dem Ende zu. Lukas hielt an, lehnte sein Rad an einen Baum. „Lass uns hier bleiben“, sagte er, setzte sich ins Moos. Jonas folgte, hockte sich neben ihn, ihre Schultern berührten sich fast. Das Herz von Jonas raste.

Lukas sah ihn an, sein Blick ernst. „Du bist in letzter Zeit so ruhig, Jonas. Ist alles okay?“ Seine Stimme war sanft, besorgt, und Jonas spürte ein Ziehen in der Brust. Er wollte es sagen, wollte die Worte herauslassen, die in ihm gefangen waren. Ich mag dich, Lukas. So sehr.

Aber die Angst war stärker. „Ja, alles gut“, murmelte er, starrte auf den Boden. Lukas legte eine Hand auf seine Schulter, die Berührung warm, elektrisierend. „Du kannst mir alles sagen, weißt du das?“

Jonas nickte, Tränen brannten in seinen Augen. Er wollte aufspringen, wegrennen, doch er blieb, genoss die Nähe. Lukas zog die Hand zurück, stand auf. „Komm, lass uns nach Hause.“ Sie radelten schweigend, die Stille schwer zwischen ihnen.

Zu Hause, auf der Bank hinter Großmutters Haus, weinte Jonas leise. Großmutter kam heraus, setzte sich neben ihn. „Was bedrückt dich, mein Junge?“, fragte sie, ihre Stimme weich.

Jonas zögerte, dann brach es aus ihm heraus – die Worte, die Gefühle, die Angst. „Ich mag Lukas“, flüsterte er. „Aber viel, viel mehr. Und ich hab Angst, dass er mich hasst, dass alle mich hassen.“

Großmutter umarmte ihn, ihre Arme warm. „Liebe ist so, Jonas“, sagte sie. „Die Welt ist groß. Mehr, als diese kleine Stadt. Eines Tages wirst du deinen Platz finden. Bei deinem Menschen.“ Sie saßen lange zusammen.

Ihre Worte trösteten, doch die Sehnsucht blieb. Die folgenden Tagen machten Lukas distanzierter, oder so fühlte es sich für Jonas an. Sie trafen sich weniger, Lukas verbrachte Zeit mit anderen Freunden, mit Anna. Jonas saß allein am See, zeichnete Lukas’ Gesicht, die Sehnsucht ein Ziehen, das nicht nachließ.

Der Sturm

Der Sommer endete mit einem Gewitter. Regen prasselte gegen die Scheiben, als Jonas in seinem Zimmer saß, das Notizbuch offen. Die Augen schmal. Er zeichnete Lukas, wieder und wieder, jede Linie voller Sehnsucht. Klopfen an der Tür – Lukas stand da, nass vom Regen, sein Grinsen schief. „Kann ich reinkommen?“

Jonas nickte, sein Herz raste. Lukas setzte sich aufs Bett, sah Jonas an. „Ich hab über dich nachgedacht“, sagte er, seine Stimme leise. „Über uns. Ich... ich mag dich auch, Jonas. Sehr.“

Jonas’ Augen weiteten sich, Tränen mischten sich mit Freude. Wirklich?, wollte er sagen, konnte es aber nicht.

Lukas nickte, nahm Jonas’ Hand. „Ich hatte auch Angst, aber... ich will es versuchen.“ Sie saßen da, Hände verschränkt, die Stille jetzt warm, erfüllt von Hoffnung. Jonas spürte, wie seine Sehnsucht zu etwas Besserem wurde, in diesem Moment, in Lukas’ Berührung gehüllt. Die Welt draußen stürmte, doch in ihrem Zimmer war Frieden.

Erste Schritte

Die folgenden Tage waren wie ein Traum. Jonas und Lukas trafen sich am See, im Wald, fern von den Blicken der Stadt. Sie hielten Händchen, küssten sich zögerlich, erkundeten ihre Gefühle. „Es fühlt sich richtig an“, flüsterte Lukas eines Abends, seine Lippen nah an Jonas’ Ohr. Atem kribbelte.

Jonas nickte, die Angst war noch da. Sie redeten lange, über ihre Ängste, über die Zukunft. „Was, wenn sie es herausfinden?“, fragte Jonas, seine Stimme zittrig, als sie im Schatten eines Baumes saßen, die Hände ineinander verschlungen.

Lukas zuckte die Schultern, sein Grinsen schief, aber warm. „Dann finden wir einen Weg. Hm?“ Seine Worte waren wie ein Versprechen, und Jonas hielt sich daran fest, wie an einem Anker in der brodelnden See seiner Ängste.

Großmutter wusste es, sah es in Jonas’ Augen, als er nach Hause kam, die Wangen gerötet, ein Lächeln auf den Lippen. „Sei vorsichtig, aber sei glücklich“, sagte sie, ihr Lächeln durchdringend, voller Verständnis. Sie erzählte ihm von ihrer Jugend, von einer Freundin, die sie einst geliebt hatte, heimlich, in einer Zeit, die noch zwingender war als diese. „Die Welt dreht sich weiter, Jonas“, sagte sie. „Und sie wird größer, wenn du sie lässt.“

Jonas nickte, die Worte seiner Großmutter waren wie ein Licht im Dunkeln. Doch die Nächte blieben drückend. Er lag wach, dachte an Lukas, an die Küsse am See, an die Angst, die immer noch abseits der Blicke lauerte. Was, wenn jemand sie sah? Was, wenn seine Eltern es erfuhren? Die Sehnsucht war stark, doch die Furcht ließ ihn nicht los.

Herausforderungen

Als die Schule nach den Ferien begann, wurde alles komplizierter. Jonas und Lukas saßen nebeneinander im Klassenzimmer, tauschten verstohlene Blicke, flüchtige Berührungen unter dem Tisch. Doch die Blicke der anderen waren da – neugierig, manchmal spöttisch. Tim hatte sie am See gesehen, wie ihre Hände sich berührten, wie Lukas Jonas’ Arm streifte. „Seid ihr zusammen?“, fragte er eines Tages in der Pause, seine Stimme laut, sein Grinsen höhnisch.

Jonas erstarrte, sein Herz hämmerte. Lukas’ Hand fand seine unter dem Tisch, drückte sie fest. „Lass uns in Ruhe“, sagte Lukas, seine Stimme fest, doch Jonas sah die Unsicherheit in seinen Augen. Tim lachte, zuckte die Schultern, doch das Flüstern begann. Jonas hörte es in den Fluren, spürte die Blicke, die auf ihm ruhten. „Schwul“, flüsterte jemand, und das Wort traf ihn wie ein Stich.

Zu Hause wurden die Fragen seiner Eltern lauter. „Warum verbringst du so viel Zeit mit Lukas?“, fragte seine Mutter eines Abends, ihre Augen suchend. „Freunde halt“, murmelte Jonas, doch ihr Blick war schwer, als wüsste sie es. Sein Vater war stiller, doch Jonas spürte seine Missbilligung, wenn er spät nach Hause kam, die Wangen gerötet von den Treffen mit Lukas.

Die Angst wuchs, doch die Liebe war stärker. Jonas und Lukas trafen sich weiter, vorsichtig, in versteckten Ecken des Waldes, am See, wenn die Dämmerung die Welt weich machte. „Wir schaffen das“, sagte Lukas eines Abends, seine Arme um Jonas, seine Stimme ein Flüstern gegen den Wind. „Egal, was sie sagen.“

Jonas nickte, doch die Selbstzweifel waren da, wie ein Schatten, der sich nicht vertreiben ließ. Er zeichnete weiter in seinem Notizbuch, Lukas’ Gesicht, seine Sommersprossen, seine Augen. Jede Linie war ein Liebesbrief, den er nie laut aussprechen konnte.

Hoffende Herzen

Am Beginn des Herbstes, als die Blätter fielen und die Luft kühl wurde, saßen Jonas und Lukas am See, die Sonne versank in einem Meer aus Rot und Gold. Sie hatten den Tag zusammen verbracht, hatten gelacht, sich geküsst, die Welt für einen Moment vergessen. Lukas nahm Jonas’ Hand, seine Finger warm und sicher. „Ich liebe dich“, flüsterte er, seine Augen glänzten im letzten Licht des Tages.

Jonas lächelte, Tränen in den Augen. Freude. „Ich dich auch“, sagte er, seine Stimme fest, als hätte er die Angst endlich überwunden. In diesem Moment, mit Lukas’ Hand in seiner, spürte Jonas, wie sein Herz endlich Frieden fand. Die Welt draußen mochte flüstern, die Blicke der Stadt mochten schwer sein, doch hier, am See, waren sie frei.

Sie saßen da, bis die Sterne am Himmel erschienen, ihre Hände verschränkt, ihre Herzen offen. Jonas wusste, dass der Weg vor ihnen nicht leicht sein würde. Die Stadt, die Schule, die Welt - all das wog schwer. Aber in diesem Augenblick, mit Lukas an seiner Seite, fühlte er sich stark genug, um weiterzugehen. Die Stille des Sommers war vorbei, doch die Liebe, die daraus geboren war, war ein Fluss, der sie beide trug – in eine Zukunft, die der sie zusammen sein würden. Ja.

 

Hallo Marcus,

Deine Geschichte hat mich sehr berührt. Sie ist fein gezeichnet, an vielen Stellen romantisch und poetisch, auch ein wenig melancholisch. Ich mag Deinen Schreibstil, nur hier und da wirkt er ein klein wenig abgehakt. Du schaffst Nähe zu Deinen Protagonisten und transportierst die Emotionen. Ich konnte mich sehr gut in den Prota hineinversetzen, die Angst war greifbar, ebenso die Unsicherheit. Das Happy End fand ich toll, wie sie die Ängste Stück für Stück überwinden und sich der Herausforderung stellen.

Hier ein paar Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

bei Großmutter

Da fehlt irgendwie etwas. Vielleicht eher bei der Großmutter oder bei seiner Großmutter.

Jonas lachte mit, doch innerlich brannte es. Sein Herz.

Das klingt etwas abgehackt. Vielleicht ... doch innerlich brannte er ... doch innerlich fühlte er sich schwer ...

Jonas tauchte unter, das Wasser umhüllte ihn wie eine Umarmung, und für einen Moment vergaß er alles. Rauschen.

Das Wort stört den Lesefluss. Ich würde es streichen.

Die Nachmittage am See wurden zu einer Routine, die Jonas liebte und fürchtete.

Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Du beschreibst das sehr anschaulich, die innere Zerissenheit, die Selbstzweifel.

Großmutter umarmte ihn, ihre Arme warm. „Liebe ist so, Jonas“, sagte sie. „Die Welt ist mehr, als diese kleine Stadt. Eines Tages wirst du deinen Platz finden.“ Sie saßen lange so.

Wortwiederholung. Vielleicht am Ende. ... Sie saßen lange beeinander ...
Die Großmutter finde ich übrigens toll, wie sie zu ihm hält und wie einfühlsam und sanft sie ist.

Die folgenden Tagen machten Lukas distanzierter, oder so fühlte es sich für Jonas an. Sie trafen sich weniger, Lukas verbrachte Zeit mit anderen Freunden, mit Anna. Jonas saß allein am See, zeichnete Lukas’ Gesicht, die Sehnsucht ein Ziehen, das nicht nachließ.

Das klingt ein bisschen seltsam. Vielleicht: In den folgenden Tagen war Lukas distanzierter, zumindest fühlte es sich für Jonas so an.

Jonas nickte, sein Herz raste. Lukas setzte sich aufs Bett, sah Jonas an. „Ich hab über dich nachgedacht“, sagte er, seine Stimme leise. „Über uns. Ich... ich mag dich auch, Jonas. Sehr.“

Sehr mutig. Ein toller Moment.

Sie saßen da, Hände verschränkt, die Stille jetzt warm, erfüllt von Hoffnung.

Kann Stille warm sein?

der Anfang von nun.

Das würde ich streichen. Macht irgendwie keinen Sinn.

„Es fühlt sich richtig an“, flüsterte Lukas eines Abends, seine Lippen nah an Jonas’ Ohr. Atem kribbelte.

Das würde ich streichen oder einen richtigen Satz draus machen. Mir ist aufgefallen, dass Du das an mehreren Stellen so machst. Da kommt ein Satz. Und dann ein einziges Wort hintendran. Das braucht es nicht, stört eher den Lesefluss. Und man versteht auch ohne das nachgeschobene Wort, was Du ausdrücken möchtest.

Jonas nickte, die Angst war noch da, doch die, ja, Liebe war stärker.

Das ja würde ich streichen.

Sie erzählte ihm von ihrer Jugend, von einer Freundin, die sie einst geliebt hatte, heimlich, in einer Zeit, die noch enger war als diese.

Enger klingt nicht passend. Vielleicht komplizierter.

Jonas nickte, die Worte seiner Großmutter waren wie ein Licht im Dunkeln. Doch die Nächte blieben schwer. Er lag wach, dachte an Lukas, an die Küsse am See, an die Angst, die immer noch abseits der Blicke lauerte. Was, wenn jemand sie sah? Was, wenn seine Eltern es erfuhren? Die Sehnsucht war stark, doch die Angst ließ ihn nicht los.

Können Nächte schwer sein? Vielleicht: ... doch nachts lag er wach ...

Die Angst wuchs, doch die Liebe war stärker. Warm. Jonas und Lukas trafen sich weiter, vorsichtig, in versteckten Ecken des Waldes, am See, wenn die Dämmerung die Welt weich machte. „Wir schaffen das“, sagte Lukas eines Abends, seine Arme um Jonas, seine Stimme ein Flüstern gegen den Wind. „Egal, was sie sagen.“

Auch hier wieder ein einzelnes Wort. Würde ich streichen.
Sehr mutig die beiden. Ich finde es toll, dass sie sich eine Chance geben, trotz der Angst.

Jonas nickte, doch die Selbstzweifel waren da, wie ein Schatten, der sich nicht vertreiben ließ. Er zeichnete weiter in seinem Notizbuch, Lukas’ Gesicht, seine Sommersprossen, seine Augen. Jede Linie war ein Liebesbrief, den er nie laut aussprechen konnte.

Hier spüre ich sehr deutlich, wie er innerlich zerrissen ist und leidet und er hat mein vollstes Mitgefühl. Schade, dass er in dem Moment die Beziehung noch nicht genießen kann, wo er sich doch so lange danach gesehnt hat.

Jonas lächelte, Tränen in den Augen. Freude. „Ich dich auch“, sagte er, seine Stimme fest, als hätte er die Angst endlich überwunden. In diesem Moment, mit Lukas’ Hand in seiner, spürte Jonas, wie sein Herz endlich Frieden fand. Die Welt draußen mochte flüstern, die Blicke der Stadt mochten schwer sein, doch hier, am See, waren sie frei.

Ein super emotionaler und schöner Moment. Hat mir sehr gut gefallen.

Ganz liebe Grüße
Silvi

 
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Ich habe an der Geschichte etwas herumgedoktort und und denke, dass sie nun etwas flüssiger zu lesen ist. Danke dir Silvi für deine Kritik. Schön, dass dir mein kleines Werk gefallen hat.

 
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Hallo Marcus,

deine Geschichte hat mir wirklich gut gefallen. Sehr emotional.

Hier einige Anmerkungen.

Die Stille im Sommer
Du hast da einige Leerzeilen zu viel nach dem Titel.

Generell hast du oft Leerzeilen zu viel, machst oft neue Absätze, wo es keine gibt. Absätze nur, wenn Zeit oder Perspektive wechselt.

die Luft schwer von Blütenduft und dem Summen der Grillen.
Ja, Luft schwer vom Duft. Kann man sich gut vorstellen. Aber auch schwer von einem Summen?

Jonas war still, immer schon gewesen. Seine braunen Locken fielen ihm in die Stirn, und seine Augen, grün wie der Wald, verbargen ein Geheimnis, das er selbst kaum verstand.
Die Locken erscheinen hier so nebenbei, dazugetextet, ohne weitere Bedeutung. Könnte weg; das mit den Augen finde ich sehr schön.

Lukas, mit seinem breiten Grinsen und den Sommersprossen, die wie Sterne über seine Nase tanzten.
Hier hingegen hast du das Aussehen komplett gut verpackt.

In der Schule, in der Umkleidekabine nach dem Sport, hatte er Lukas’ Lachen gehört, hatte gesehen, wie das Wasser von seinem Körper perlte, und etwas in ihm hatte sich verändert.
Perlt da tatsächlich Wasser (noch vom Duschen) oder eher Schweiß (vom Schwitzen)?

Es hatte vor ein paar Monaten angefangen, oder vielleicht schon früher, Jonas wusste es nicht genau. In der Schule, in der Umkleidekabine nach dem Sport, hatte er Lukas’ Lachen gehört, hatte gesehen, wie das Wasser von seinem Körper perlte, und etwas in ihm hatte sich verändert. Ein Ziehen in der Brust, ein Gefühl, das ihn erwärmte. Er hatte weggeschaut, sich gesagt, es sei nichts, nur der Sommer, die Hitze.
Es ist in der Erzählzeit aktuell Sommer, hier kommt ein Rückblick von vor ein paar Monaten. Wie kann er es da auf die Hitze schieben? Wie lang ist der Sommer?

„Die Welt ist groß. Mehr, als diese kleine Stadt. Eines Tages wirst du deinen Platz finden.“
Eigentlich eine schöne, gutgemeinte Aussage. Aber man kann es so deuten, dass sein Platz in einer anderen Stadt sein wird/muss. Das kann die Oma sicher nicht gemeint haben.

Jonas und Lukas trafen sich heimlich, am See, im Wald, fern von den Blicken der Stadt. Sie hielten Händchen, küssten sich zögerlich, erkundeten ihre Gefühle.
Warum treffen sie sich plötzlich heimlich, nicht so "offen" wir vorher? Gerade das könnte ja auffallen.
Oder willst du sagen, dass sie heimlich Händchen halten?

im Klassenzimmer, tauschten verstohlene Blicke, flüchtige Berührungen unter dem Tisch. Doch die Blicke der anderen waren da – neugierig, manchmal spöttisch. Tim, ein Junge aus ihrer Klasse,
Geschehen spielt im Klassenzimmer – Tim wird als ein Junge aus der Klasse vorgestellt. Das sollte eigentlich klar sein. Nur erwähnenswert, wenn er eben kein Klassenkamerad ist.

Vielleicht kannst du mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Schönen Abend und liebe Grüße,
GoMusic

Edit: Der Titel gefällt mir

 

Hallo GoMusic,
dein Rat war wertvoll und habe die Geschichte um Kleinigkeiten angepasst und angereichert.

 

Hallo @Marcus,

etwas, was heute nicht mehr alltäglich ist: Stimmung, Poesie, Gefühle; Du beschreibst sehr gut diese Ängste vor seinen eigenen Gefühlen, vor dem Geschwätz der anderen und doch ist da so viel Lebensfreude und -lust in Deinem Text. Und dann schreibst Du flüssig und leichtfüßig, ohne dass ich irgendwo nachhaken musste, um zu verstehen. Gerne gelesen und danke für´s veröffentlichen.
Beste Grüße
Detlev

 

Hallo Marcus,
mir ist das zu klischeehaft. Zu vorhersehbar. Da müssen mehr Ecken und Kanten rein. Ist ja ein richtiger Wohlfühltext. Wie ´ne abgeschlossene Geschichte in einer bunten Zeitung. Vielleicht auch Sexualität rein. So was richtig hinzukriegen, ist aber total schwer. Kennst Du "Teleny" von von Oscar Wilde? Kann man vielleicht gar nicht vergleichen. Ist ja fast ein Porno. Oder nicht nur fast. Aber ebenfalls die Geschichte von einem Coming Out.
Wie gesagt, das hier plätschert mir zu sehr dahin.
Gruß Frieda

 

Hallo Marcus,

Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Sie ist zwar tatsächlich ein wenig klischeehaft, aber auch einfühlsam und berührend geschrieben.
Zudem mochte ich deinen angenehm zu lesenden Schreibstil.
Danke fürs teilen.

Gruß rodja

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Marcus,

ich wollte deinen Text schon vor Tagen kommentieren, weil er in meinen Augen ein schönes Beispiel dafür ist, wie weit man kommt, wenn eine Story ein solides Gerüst hat. Ich weiss nicht, ob du Schreibratgeber gelesen hast oder nicht – jedenfalls entspricht der Aufbau deiner Story "dem Lehrbuch": Sympathischer Held, klarer Konflikt, klare Antagonisten, Krise, Wendepunkt, Happy End.

Und siehe da: Sie kommt gut an, die Story, ist leicht zu lesen, die Bilder prägen sich ein. Das mit den Bildern, die sich einprägen, der berühmte Film, der vor dem inneren Auge abläuft, das ist meiner Meinung nach das wichtigste Argument dafür, klassische Erzählmittel immer zumindest irgendwo zu bedienen. Mir ist nämlich aufgefallen, dass sich auch "simple" Texte schnell tief einprägen, wenn sie gut aufgebaut sind, wohingegen experimentellere Texte zumindest bei mir oft keinen bleibenden, sinnlichen Eindruck machen. Ich denke, dass liegt daran, dass die Identifikation mit dem Protagonisten erschwert wird, wenn man ihn nicht durch soundso viele kritische Ereignisse samt entsprechende Gefühlen begleitet.

In meinen Augen hast du hier also einen Text vorgelegt, der eine runde Geschichte erzählt, die einen mitnimmt. Damit ist, so finde ich, eine super Grundlage gelegt, um sich nun daran zu machen, das noch sehr offensichtliche Gerüst der Story so gut zu verkleiden, dass es auch geübteren Lesern nicht mehr so deutlich ins Auge springt. Das würde daraus einen wirklich guten Text machen.

Lass mich das erklären. Wie auch @Frieda Kreuz anmerkt, kommt der Text trotz der guten Ansätze kaum über gewisse Stereotype hinaus. Aber wie gesagt: Ich denke nicht, dass das am Aufbau des Textes liegt, sondern daran, dass du nicht clever genug verkleidest, täuschst, in die Irre führst, kurz: trickst, um versierte Leser zu überraschen und ihnen etwas Neues, Frisches vorzusetzen.

In der jetzigen Form ist das für mich ein Text für Kinder/junge Teenager, die noch sehr klare Elemente und Aussagen in Texten brauchen und mit Dingen wie Metaphern, Allegorien, Symbolen etc. überfordert sind. Wenn du für diese Altersgruppe schreiben wolltest – beispielsweise, um einen Schulbuchtext zu schaffen –, dann kann er eigentlich so bleiben. Aber wenn er sich an ältere, erwachsene Leser richten soll, kommt jetzt vielleicht erst die richtige Textarbeit.

Es ist im Grunde wie bei der Malerei: Du hast die Skizzierung, den Grundriss inklusive einiger grober Schattenwürfe angelegt, aber jetzt müssen die Farbschichten darüber, müssen Kontraste und Kontrapunkte geschaffen werden usw., sodass man am Ende vor einem Bild steht, dessen Grundaufbau trägt, ohne dass man ihn noch direkt wahrnimmt.

Damit das gelingt, musst du deinem Stoff vertrauen und beginnen ihn loszulassen. Die Figuren und Szenen müssen dir erst einmal ein Stück weit davonlaufen dürfen, sodass sie beginnen, ein Eigenleben zu entwickeln. Dann würde auch der Text mehr Spannung und Dynamik bekommen, mehr Leben.

Beispielsweise der Konflikt mit dem Mitschüler – so eine Szene muss sich auswachsen, muss richtig unangenehm werden für die beiden und für den Leser. Das gelingt durch scharf beobachtete, lebensnahe Details, Zuspitzung, punktgenaue Sprache usw.

Ich glaube auch, dass der Text eigentlich deutlich länger sein sollte, denn wenn er so gut kurz bleibt, kommst du um eine sehr direkte Aus- und Ansprache von Dingen nicht herum. Das ist gerade bei romantischen Stoffen immer gefährlich, weil es dann sehr schnell kitschig klingt.

Ein weiterer Punkt: Ich würde mir überlegen, einige dieser Elemente abzuändern – ebenfalls, um der Klischeefalle zu entgehen:

- Sommer, See, Wald
- Junge, der (vermeintlich) Mädchen und Fußball mag
- Bulli in der Schule
- Abweisende Eltern, aber zugewandte Großmutter
- Der Stille, der den Quirligen anhimmelt
- U. dgl. mehr

Das kennt man alles, das ist erwartbar, wie ja auch schon rückgemeldet wurde. Stell dir aber jetzt mal vor, dass du diese Dinge quasi oberflächlich abänderst und die Perspektive wechselst:

Lukas, der Quirlige, verliebt sich nun in Jonas, den stillen Jungen, der sich nur für Technik und Naturwissenschaften interessiert. Das kollidiert mit seinem Selbstbild, weil in seiner Welt (Fußballverein etc.) Schwulsein negativ kodiert ist. Er fragt Jonas alibimässig, ob der ihm Nachhilfe gibt, doch auch wenn er sich das immer vornimmt, so traut er sich bei diesen Stunden nie, etwas zu sagen. Während dieser Stunden wird dem Leser dann auch klar, warum ihm Jonas gefällt: Er geht im Wissen auf, betrachtet die Welt aus ganz anderer Augen als Lukas und dessen Kumpel, hat einen ganz eigenen Humor. Irgendwann traut sich Lukas dann doch so halb und lädt Jonas auf die Kirmes ein oder was auch immer. Schaff hier irgendein Setting, mit dem du gut symbolisch spielen kannst, weil für beide Charaktere was dabei ist. Letztlich kommen sie doch zusammen, aber Lukas fürchtet die Reaktion seines Vaters. Aber unerwartet für den Leser nimmt der ihn zur Seite und verrät ihm, dass er selbst bi ist, seinem Sohn also keine Vorwürfe macht.

Das wäre mal ein willkürliches Beispiel aus dem Stehgreif, bei dem in meinen Augen dieselben Kernelemente, dieselbe Grundstruktur vorkommen würden. Aber an der Oberfläche sind die Dinge anders als gewohnt und, so denke ich, überraschender. So hast du dann die Qualität deines jetzigen Textes erhalten (Identifikation mit dem Helden, klarer Aufbau, Wendepunkt ...), aber in einer Form, die den Leser zu überraschen vermag.

Und weil auch du als Autor dich eher auf Neuland, also stereotypfreie Szenen einlassen müsstest, würdest du gar nicht umhin kommen, kreativ(er) zu werden. Du müsstest Situationen und Wortwechsel ganz neu erfinden, weil es weniger bewusste oder unbewusste Vorlagen dafür in deinem kulturellen Gedächtnis gäbe. Das würde dem Text sehr gut tun. Im Zweifel darf man beim Schreiben nie seinem ersten Einfall vertrauen, nie das Naheliegende wählen, zumindest nicht, ohne kritisch darauf zu gucken und sich zu fragen: Ist das nun ein frisches oder ein zwingendes, alternativloses Element oder beides?

Ich hoffe, mein Kommentar hilft dir weiter. Wie hier üblich und weil es manchmal in Vergessenheit gerät: Das sind alles rein subjektive Eindrücke und Ausdrücke ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sprich meine persönliche Sicht auf die Dinge, die niemand teilen muss ;-)

Freundliche Grüsse

Henry

 

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