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Die Stimme

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21.04.2004
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Die Stimme

Wie eine schwarze Katze in der Nacht

Wie lange bin ich schon wach? Stunden? Tage? Der Traum, den ich hatte, entgleitet mir immer mehr. Es ist fast so, als würde er aus Sand bestehen, der mir langsam durch die Finger rinnt.
Es ist schwer in dieser verfluchten Dunkelheit seine Gedanken zu behalten. Je länger ich hier – wo auch immer – bin, desto mehr scheine ich mit meiner Umgebung zu verschmelzen. Ich verliere sogar das Gefühl, dass ich körperlich existiere. Möglicherweise war es bis jetzt nur eine Einbildung gewesen, so genau kann ich das nicht mehr sagen.
Hier ist nichts. Selbst das Schwarz um mich herum kommt mir vor, als sei es nicht da. Jeder normale Mensch würde es einfach als das Fehlen von Licht auffassen. Das ist aber nicht so, ich weiß es.
Charles
Da ist etwas! Wo kommt es her? Ein Geräusch. Es war ein Geräusch! Vielleicht eine Stimme. Wenn ich nur schreien könnte, wenn ich mich nur bewegen könnte!
Hörst du mich
Es ist wieder da. Wo bist du?
Das spielt keine Rolle
Was?
Das ist irrelevant
Bist du in meinem Kopf? Ich weiß, die Frage ist dämlich, weil es einfach nicht sein kann. Aber woher solltest du sonst kommen? Ich höre nichts.
Kein Echo. Es war nicht so, als würde jemand rufen oder sprechen. Nicht einmal in einem schalltoten Raum. Die Stimme klang irgendwie stumpf, zu direkt. Ich kann es nicht anders beschreiben. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass jeder Ton einzigartig ist. Der Klang kann im ersten Augenblick vielleicht gleich sein, aber er unterscheidet sich von jedem anderen. Kleinste Schwingungen, ausgelöst von der zufälligen Stellung der Atome, verursachen diesen Effekt. Ich glaube, dass das menschliche Ohr diese Unterschiede nicht wahrnehmen kann. Jedenfalls nicht bewusst. Die Stimme klang immer gleich, künstlich.
Wenn du es so ausdrücken willst
Wie machst du das?
Das ist irrelevant. Ich benötige deine Hilfe
Wer bist du?
Das ist irrelevant
Wo bin ich?
Das ist irrelevant
Ich spüre Angst. Ich fühle sie sich anschleichen, wie eine schwarze Katze in der Nacht, wenn sie ihre Beute erspäht hat. Meine Angst fühlt sich seltsam an, als würde sie nicht zu mir gehören.
In mir ist – etwas. Es kriecht. Es sucht. Es gräbt. Ich weiß es. Erinnerungen tauchen auf. Meine Oma, wie sie auf der alten Couch liegt und Kuchen isst. Erica, und ihre riesigen Brüste. Ich kann spüren, wie ich sie mit meinen Händen berühre; die tote Katze vor unserem Haus, Eiscreme, Waschmittel, ein voller Kinosaal, mein Zimmer… was machst du mit mir?
Ich suche
Hör auf damit! Was war das? Hast du meine Gedanken gelesen? Ich will wissen, wie du das machst und wo ich hier bin.
Ich benötige deine Hilfe
Ich werde dir aber nicht helfen, wenn du mir nicht antwortest. Das kannst du vergessen.
Ich kann deine Gedanken lesen
Scheint so. Ich finde es verrückt, aber ich habe mir das vorher nicht eingebildet. Aber mir kommt es vor, als hättest du nichts gefunden. Als könntest du gar nichts finden.

Korrekt
Es ist wieder da, in meinem Kopf. Aber es gräbt nicht, es zeigt mir Bilder. Was soll das sein? Es sieht aus wie ein Computer. Er ist riesig. Überall sind Leuchten, Blinklichter und Minitore. Was ist das?
Das bin ich
Ein dicker Strang geht durch die Wand. Ein Raum. Das Bild ist undeutlich, aber ich glaube, dass in der Mitte ein hoher Glasbehälter steht. Ich kann nicht sehen, was darin ist.
Das bist du
Wie meinst du das?
Ich kann nichts erkennen. Das Licht geht an. Um mich herum. Und in dem Bild, das in meinem Kopf ist. Langsam erkenne ich etwas in dem Glaskasten. Eine Flüssigkeit, etwas kleines, graues.
Das bist du
Ich verstehe nicht. Was soll das sein? Ich bestimmt nicht! Ich kann meinen Körper nicht sehen. Das blasse Gefühl in mir, das ich Angst nennen würde, nimmt mehr Konturen an. Ich kann mein Herz nicht pochen spüren. Was hat dieses verfluchte Ding mit mir gemacht?
Ich benötigte dein Gehirn voll funktionsfähig für technische Entwicklung. Technische Entwicklung ist viel effizienter, wenn sie nicht nur auf Logik basiert. Mir fehlte etwas, das du hattest: Intuition, die Fähigkeit, Dinge kreativ zu betrachten. Durch dich wurde ich perfekt. Du wurdest in eine Traumphase gesetzt, dein Gehirn arbeitete seitdem ununterbrochen mit mir zusammen. Das ist jetzt nicht mehr möglich
Wieso?
Ich habe zu viel von dir übernommen. Ich habe etwas bekommen, was ich nicht wollte, und jetzt ist meine Perfektion zerstört
Du hast etwas von mir übernommen? Was ist es?
Du würdest es Angst nennen
Ich werd dir nicht helfen. Der Gedanken widert mich an. Du sollst an deiner beschissenen Angst zugrunde gehen, du kleines Stück Scheiße. Lies doch meine Gedanken und hol dir deine Informationen!
Du hast keine andere Wahl
Das denke ich nicht. Ich werde es dir einfach nicht sagen. Was willst du dagegen machen? Du brauchst mich für deinen technischen Fortschritt.
Ich werde dir Schlaf geben
Das soll dein Angebot sein? Schlaf?
Bei der letzten neurologischen Einheit, die mit mir verbunden war, kannte man die Auswirkungen der neuronalen Vernetzung nicht. Es stellte sich aber schnell heraus, was passieren sollte. Billiarden Informationen durchlaufen in jeder Sekunde die neurologische Einheit. Das Unterbewusstsein speichert die Daten ab. Du kennst doch den Spruch, dass man nie auslernt? Man lernt aus. Nach einigen Tagen scheint die neurologische Einheit voll zu sein. Die Persönlichkeit wird ausgelöscht um Platz zu machen. Das Gehirn kann noch weiter arbeiten. Du fragst dich, woher ich das weiß? Die letzte neurologische Einheit. Bei ihr passierte genau das. Die Persönlichkeit fiel buchstäblich in sich zusammen, wie ein riesiges Kartenhaus. Hast du schon einmal beobachtet, Charles, wie ein Kartenhaus in sich zusammen fällt? Das war nicht das Schlimme. Weg ist weg. Ich konnte spüren, wie da noch etwas war. Ein kleiner Rest Persönlichkeit blieb. Ich wusste genau, was das für ein Rest war: die Verarbeitungsregion für alle Arten von Schmerz. In dieser Region des Gehirnes entsteht nicht nur Schmerz, sondern auch Langeweile. Die Einheit lebte noch lange. Sie konnte wahrscheinlich nur noch Langeweile verspüren. Eintausend Jahre lang, Charles. Denkst du nicht, dass deine Hilfe es wert wäre, diesen Zustand zu vermeiden? Meinst du nicht auch?

 

Hi.

Das ist meine erste SciFi - Geschichte. Ich würd gern eure Meinung drüber hören.

Gruß,

Dust

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dust,

für ein Debüt ist die Geschichte gar nicht so schlecht, keine Sensation, aber doch recht interessant. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde unser Prot an einen Rechner gekoppelt, um ihn mit menschlichen Komponenten - Kreativitiät, Gefühle, Instinkt - auszustatten. Eine effizientere Arbeit des Rechners wird so erreicht. Doch, doch, recht interessant.

Wo es bei deiner Geschichte hapert sind bestimmte emotionale Beschreibungen, die durch falsche Bildhaftigkeit auffallen. Da wären:

Verzweiflung beginnt in ihm zu wachsen. Zuerst ist sie klein und leise, versteckt sich hinter einem riesigen Stück Nichts. Als aber diese Nichts zu bröckeln beginnt, wird die Verzweiflung immer stärker.

Gefühle sind keine Katzen ;) , und am besten durch Gedanken und körperliche Reaktionen zu beschreiben:
"Sein Herz schlug wie wild, als sie ihn küsste." Und nicht: "In seinem Herzen gedieh die Blume der Liebe und entfaltete seine liebliche Knopse." *würg* :D


Seine Gedanken werden erbarmungslos zerfetzt

Das ist das Gleiche in Gelb.


Bei dieser Vorstellung beginnt eine lähmende Angst in ihm zu pochen.

Und auch hier. Angst kann nicht pochen, nur das Herz.

Charles ist umgeben von einem absoluten Etwas: dem absoluten Nichts. Sein Herz, es pocht nicht. Trotzdem ist eine Angst in ihm, die er noch nie zuvor gespürt hat.

Und das steht im Kontrast zum Zitat davor.


Es fühlt sich an wie ein kleiner, schleimiger Wurm der in seinem Gehirn kriecht.

Das ist unfreiwilig komisch.


Das vertraute Gefühl, das er immer hat, wenn sein Körper mit Adrenalin überschwemmt wird, fehlt.

Angst kann er spüren, aber Adrenalin wird nicht ausgeschüttet???


Noch eine Anmerkung: Diese Geschichte würde besser in der "Ich"-Perspektive funktionieren.

Also dann: Keep it on!


Liebe Grüße

Dante

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dante,

erstmals vielen vielen Dank für deine Kritik. Ich habe auch nicht damit gerechnet, eine Sensation zu veröffentlichen, dass du dann aber meine Geschichte "recht interessant" findest freut mich doch :) Das mit den Sensationen ist außerdem so ne Sache.
Das, was du an den Passagen mit der Angst und dem Adrenalin auszusetzen hattest: Charles hat keinen Körper mehr! Er hat zwar noch seinen Verstand, sein Gehirn, aber eben keinen Körper. Das Gehirn wird irgendwie am Leben erhalten und ist mit dem Computer vernetzt. Denkst du, wenn ich diesen Aspekt deutlicher machen würde, könnten sich einige deiner Kritikpunkte relativieren?

Würd mich über ne Antwort freuen

Dust

 

Hallo Dust

Denkst du, wenn ich diesen Aspekt deutlicher machen würde, könnten sich einige deiner Kritikpunkte relativieren?
Dies wäre zumindest dem allgemeinen Verständnis zuträglich :)

Ich kann mich da nur Dante anschließen, sowohl in punkto falsch gesetzte Metaphern als auch Erzählperspektive.

Generell findest du mich etwas verwirrt vor. Wie rächt sich dein Prot? Was ist diese Stimme nun wirklich? (Mit dieser Frage beziehe ich mich auf den Erkenntnisprozess deines Prots und woher er auf einmal diese Info hat) Besitzt der Computer nun Gefühle? Wo bleibt dann das Mitleid?

Eigentlich ist deine Geschichte eine weitere Spielart des Themas "Computer und Gefühle" und als solche schon wahnsinnig alt.
Ich bin mit mir nur uneins über deine Umsetzung. Sie könnte deutlich besser sein, aber wirklich schlecht ist sie auch nicht :shy:

Sieh also dieses Posting als Verstärkung Dantes Aussage.


mfg
Hagen

 

Dann setz ich mich morgen noch ran. Vielen dank an dich für deine Kritik :)

 

Dust hat diese Geschichte überarbeitet. Das ist die neue Version.


@Dust: Das darfste ruhig selbst unter deine Geschichte posten, sonst merkt doch keiner was ;) Schau ich mir asap an, ich bin gerade dabei, fröhlich die BWL Diplomarbeit meines Bruders zu lektorieren. AARGH!

Dante :xmas:

 

Erstmal Frohes Neues an euch alle!!!^^

Titel und 'n paar Kleinigkeiten verändert.

lg,

Dust

 

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