Die Supermarktkasse
Robert zieht die Nase hoch.
Auf seinen Armen balanciert er seine Einkäufe. Das übliche: Brot, den Frischkäse den Jessica so mag, ein Päckchen Salami, Klopapier und zu guter letzt den Six-Pack Wasser.
Sein kleiner Finger wird irgendwie abgequetscht. Langsam fängt’s an weh zu tun. Er stellt das Wasser ab. Jetzt kann er sich auch die Nase abwischen. Am Ärmel natürlich. Die Frau in der Reihe neben ihm hat’s gesehen und wirft ihm einen vernichtenden Blick zu. Robert sieht schnell weg.
Mit dem Fuß schiebt er das Wasser vor. Endlich hat sich die Schlange wieder nach vorne bewegt. Er seufzt leise. Robert steht irgendwie immer da an, wo’s am längsten dauert.
An Kasse Drei tut sich was. Er lunzt rüber. Ja, da macht noch ne Kasse auf. Er bückt sich um nach dem Six-Pack zu greifen. Als er sich wieder aufrichtet stehen an der neuen Kasse mindestens genauso viele Leute an wie hier. Er seufzt wieder.
Vor ihm in der Schlange unterhalten sich zwei junge Mädels. Die eine is ziemlich dick, aber ihre Freundin ist echt hübsch. Sie trägt ne knallrote Brille, das gefällt Robert allerdings nich so gut.
Jessica hat auch ne Brille, aber die is braun. Oder schwarz? Robert muss nachdenken.
Auf alle Fälle is sie nich rot! Sieht ja aus wie ne Notruf-Säule!
Aber die sind ja eigentlich orange…
Es geht weiter. Er schiebt mit dem Fuß das Wasser wieder ein Stück nach vorn. Das hat er nämlich gleich wieder abgestellt, als er doch nicht an die andere Kasse ist. Sein kleiner Finger bubbert nämlich schon so komisch!
Er guckt ihn skeptisch an. Vielleicht is ja was gequetscht. Ja, sieht auch irgendwie dicker aus als die anderen Finger! Das muss er Jessica später mal zeigen. Die hat bestimmt irgend ne Salbe die da drauf muss. Irgendwas das nach Eukalyptus riecht.
Bonbons! Er sollte doch noch ne Packung Husten-Bonbons mitbringen! Jetzt is zu spät. Nochmal stellt er sich nicht an! Er steht schließlich schon mindestens zehn Minuten! Wenn nicht noch mehr!
Der Mann hinter ihm stößt zwischen zusammengebissenen Zähnen die Luft aus.
„Mann, mann, mann! Das dauert ja ewig! Ich hab heut noch was vor!“
Robert sieht ihn an. „Ja, ich steh hier auch schon ne viertel Stunde rum! Mindestens!“
Er nickt noch mal eifrig!
Der Mann guckt ihn mitfühlend an.
Robert dreht sich wieder um. Endlich kann er die Sachen aufs Band legen. Die Salami kullert davon und landet bei dem Einkauf von den zwei Mädels.
„Tschuldigung“
Robert fischt danach und sieht dabei, dass auf diesem Tisch neben dem Laufband Bonbons liegen. Was ein Glück!
Er sucht was mit Kräutern raus und legt es zu seinen Sachen dazu. Jetzt brauch er noch so ein Trenn-Dings. Oder besser zwei, weil der Mann hinter ihm seine Sachen auch schon auf’s Band legt. Is eigentlich noch gar kein Platz dafür!
Robert schiebt seine Sachen ein bisschen zusammen. Sonst wird am Ende noch was von dem Kerl bei ihm mit kassiert!
Seine Nase läuft schon wieder. Er hebt den Arm und will grade die Nase dran hängen als er nach rechts guckt. Die Frau von vorhin ist auch noch nicht durch, und guckt grimmig in seine Richtung. Schnell nimmt er den Arm runter und durchsucht seine Taschen nach nem Tempo.
Er findet keins. Aber er hat ja Klopapier gekauft. Mit dem Finger bohrt er ein Loch ins Plastik und fummelt ein bisschen Klopapier raus. Is gar nicht so einfach!
Die Dicke und die Notruf-Säule bezahlen grade. Er ist der nächste. Die Kassiererin schiebt die Sachen über’n Scanner.
„sechsachtunzwanzich“
„Wem issn das Wasser hier?“ fragt einer hinten in der Reihe.
Ups, das hatte er zur Seite gerückt als er nach der Salami gefischt hat. Damit er dran kommt, und so.
Er hastet nach hinten, grabscht nach dem Wasser und klemmt sich an der Plastikfolie wieder den kleinen Finger ein.
„Mann, mann, mann! Termine darf man keine ham wenn man hier einkauft!“
Das is wieder der Mann nach Robert. Aber diesmal sieht er Robert grimmig an.
„Jetzt sin’s achtdreiunvierzich“
„Mit Karte“
Die Kassiererin guckt auf einmal so böse. Robert fischt nach seiner EC-Karte und steckt sie in das Terminal. Er wartet kurz, dann muss er die Nummer eintippen.
„Nee, sie müssen erstma grün drücken!“
„Achso. Jetzt?“
„Ja, un jetzt die Nummer!“
Er tippt wieder, wartet kurz. Dann piepst es.
„Ziehnsediekarteraushierisihrzettelschönentachnoch“
Robert nimmt die Karte raus, schiebt eilig das Wasser mit dem Fuß weg und weicht aus. Der Kerl nach ihm bugsiert schnell seinen Einkaufswagen in die Kuhle.
Robert nimmt seine Einkäufe und packt sie in den Rucksack. Das Wasser trägt er jetzt mit der andern Hand. Wenn er zu Hause ist muss er Jessica unbedingt seinen kleinen Finger zeigen! Er begutachtet ihn kritisch während er raus geht. Ja, der ist bestimmt dicker als die anderen. Und irgendwie bubbert der so komisch.