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Die Türglocke schrillte

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26.09.2001
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Die Türglocke schrillte

Die Türglocke schrillte auf eine Art die einem sämtliche Knochen im Leib spüren läßt und Janets erster Gedanke war, sich einfach so lange ein Kissen über den Kopf zu ziehen bis es vorübergehen würde. Als sie ihre Augen öffnete, brannte das Licht der Stehlampe in ihren Augen und die Uhr zeigte kurz nach drei Uhr morgens. Sie hatte nicht vorgehabt einzuschlafen und nur langsam kamen ihre Erinnerungen in den brummenden Kopf zurück Ihr Mitbewohner war vor einer ganzen Weile schon gegangen um noch etwas Dust zu besorgen und beim Warten mußte sie eingenickt sein. In der Konfusion an der realen Welt um diese Uhrzeit, brannten ihre Augen, ihre Gedanken wirbelten im Kreis und alles in ihr schrie nach einer Kapsel. Vielleicht hatte er auch nur den Schlüssel vergessen und ihre ersehnte Menge Dust wartete schon vor der Tür!
Sie wälzte sich ächzend von der Couch, stellte mit bloßen Füßen fest daß der Boden eine gelegentliche Reinigung durchaus vertragen könnte und wühlte in dem Wäscheberg auf dem Sessel nach einem halbwegs sauberen T-Shirt, bis sie tatsächlich ein weisses, sauberes hervorzog und überstreifte.
Abermals klingelte es.
„ Is ja gut!“ murmelte Janet genervt, ging zur Tür, legte die Kette vor und zog sie einen Spalt breit auf um nach draußen sehen zu können.
„ Oh Shit!“ fluchte sie, knallte die Tür zu, löste die Kette und öffnete sie dann ganz.
Robin lehnte am Türrahmen, schwer atmend, eine kleine rote Pfütze zu seinen Füßen und mit schon teilweise geronnenen Blut im verschmierten Gesicht.
„Was.......?“ mehr fiel Janet in ihrer derzeitigen Verfassung nicht ein.
„ Hi“ sagte er mit dem mißglückten Versuch eines Lächelns „ Ist nicht so schlimm wie´s aussieht. Kann ich kurz euer Bad benutze? Ich denke ich sehe für die offene Strasse nicht gut genug aus.“
Das waren genau die Ereignisse, die Janet diese Stadt so sympathisch machten wie Darmgrippe. Wortlos nahm sie Robin beim Arm und führte ihn stützend in das kleine Badezimmer, wo sie ihn erstmal unter die Dusche setzte und die Blutkrusten abwusch.
Seine Kleidung war nicht mehr zu gebrauchen, aber zum Glück lag genug herum was in etwa paßte.
Nach dem abtrocknen und in eine Decke packen, versorgte Janet die Platzwunden in seinem Gesicht, die das viele Blut verursacht hatten.
„ Was ist passiert?“ fragte sie und schraubte das Fläschchen mit dem Desinfekt auf.
„ Ich bin moderne Kunst geworden!“ sagte er ein Lachen unterdrückend, denn jede heftige Bewegung verursachte noch einiges an Schmerzen.
„ So viel schöner ist dein Gesicht auch nicht geworden!“ meinte Janet während sie ein Wattepad mit dem Desinfektionsmittel tränkte. Als sie die erste Wunde auf seiner Stirn damit berührte, zuckte er und biß die Zähne zusammen.
„ Viel besser“ fuhr er fort „ Ich war eben mit der M-Bahn auf dem Heimweg, der Wagen war komplett leer, wie um diese Zeit nicht ungewöhnlich, als zwei Typen zustiegen. Der eine klein, mit zerknittertem Gesicht und einer Sonnenbrille....“ Robin stöhnte „ Eine Sonnenbrille kurz nach Mitternacht! Vollidiot! Der andere war groß, dünn und hatte ein Gesicht wie der Tod persönlich, agbezehrt und blaß. Obwohl der ganze verdammte Wagen leer ist, setzten sie sich exakt mir gegenüber und beginnen mich anzustarren. Es waren nur noch drei Stationen und in zehn Minuten wäre alles ausgestanden. Aber dann quatscht mich der große Bleiche an ob ich einen Moment Zeit für ihn erübrigen könnte, er wäre ein Aktionskünstler und möchte hier in diesem Zug seine Performance starten um ein Mahnmal zu errichten oder so. Ich frage entspannt was er denn vorhat, als die Sonnenbrille neben ihm aufspringt, mich von meinem Sitz hochzieht und mir eine in die Magengrube verpaßt daß ich wie vom Blitz getroffen auf den Boden sinke! Das Bleichgesicht kniet sich neben mich und ich erinnere mich nur noch an etwas wie Kunst von Menschen, aus dem Menschen, für die Menschen....
Er könne niemanden verletzen, darum wäre er auf die Mithilfe seines Kollegen angewiesen, da ich etwas hätte was er dazu unbedingt benötigen würde. Bevor ich ihm sagen kann, daß ich absolut nichts bei mir habe was ihm auch nur im Entferntesten etwas nützen könnte, hat diese kleine Ratte angefangen mich zu treten und in ins Gesicht zu schlagen daß ich dachte ich überlebs nicht!“
Er hielt kurz inne und atmete tief durch.
„ Dann hat der Große erst seine langen Finger und dann die ganze Hand in mein Blut getaucht und hat begonnen damit zu malen! Ein Fenster, einen Sitz, einen Haltegriff und die Tür zum nächsten Abteil hat er mit Mustern verziert und Blutstropfen durch den ganzen Wagen gespritzt. Wäre ich nicht schon am Boden gewesen, spätestens jetzt wäre es soweit gewesen. Ich sehe meine Haltestelle vorbeiziehen und schließe die Augen um zu sterben oder was auch immer. Jedebfalls als ich sie wieder öffne, steht der Zug an der Endstation und von den beiden ist keine Spur mehr zu sehen, nur ihr Nachlaß, mein inneres an allen Wänden im Abteil!“
„ Wenn ich alles verbinde bleibt von deinem Kopf nichts mehr über“ meinte Janet mit prüfendem Blick.
„ Laß gut sein“ sagte Robin abwehrend „ Ich wollte nur nicht so durch die Gegend laufen und da eure Wohnung in der Nähe war......“ Er sah sie entschuldigend an.
„ Schon in Ordnungt“ sagte Janet und packte die ungeöffneten Verbände wieder weg.
„ Bist du eigentlich alleine?“ Er sah sich suchend um.
„ Der Spinner ist Einkaufen“ antwortete sie lächelnd. Eine Kapsel Dust könnte sie im Moment gut gebrauchen um den schweren Kopf, den sie nach ihrem plötzlichen Erwachen hatte, etwas zu besänftigen. Hoffentlich dauerte es nicht mehr lange. Nicht das ihr Robin nicht leid getan hätte, aber ihre Konzentration war ohnehin nicht vorhanden und der Gedanke in den Nebel zu verschwinden war das einzige, das wie ein rotes Neonschild in ihrem Hirn blinkte und summte. Und obwohl Janet sich daraufhin am liebsten die Zunge abgebissen hätte, fragte sie:
„ Du hast nicht Zufällig eine Kapsel dabei?“
„ Tut mir leid.....“ antwortete er verneinend.
Etwas peinlich berührt von ihrem eigenen unsensiblen Verhalten, stand sie rasch auf. „Möchtest du irgendetwas?“ fragte sie um vor sich selbst wenigstens wieder ein bißchen Respekt zu bekommen. Er wuchtete sich in eine sitzende Stellung.
„ Nein Danke. Ich möchte eigentlich nur mehr nach Hause und endlich schlafen.“
Sie half ihm auf die Beine und er stand wieder einigermaßen sicher. In der Tür verabschiedete Robin sich, küßte Janet auf die Wange und machte sich auf den Weg.
Er würde laufen.
Die M-Bahn zog ihn irgendwie überhaupt nicht an.
Als sich die Tür schloß, lehnte Janet sich dagegen und schloß die Augen. Schlaf konnte sie sowieso vergessen, hoffentlich dauerte es nicht mehr lange bis sie endlich Dust bekommen würde. Vorsorglich setzte sie schon mal den Dualtrichter zusammen und bereitete eine Kapselhülle vor.
Dann wartete Janet.


 

Hi + Welcome!

Also die Geschichte hat was! Und Kunst kann manchmal ganz schön krank sein. Gute Geschichte, ehrlich!

Sodele!

Poncher

 

Ich kann mich den anderen Kommentaren einfach nur anschließen; irgendwie hat die Geschichte was. ;)

Grizze
stephy

 

... Leider findet die ( sehr gut aufgebaute! ) Spannung keinen wirklichen Höhepunkt, obwohl man quasi drauf hin fiebert. Zu schnell kommt die Peripetie ...

Sincerely yours, Marcus

 

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