Die Traumfrau
Die Traumfrau
Ich war wieder solo, hatte Frühschicht und dachte gerade an Sex.
Meine letzte Fahrt war angebrochen und so steuerte ich meine U-Bahn langsam, froh gestimmt auf den Feierabend, in den Bahnhof. Mein Blick streifte am Bahnsteig entlang und blieb an einer Schönheit in einem weißen Minikleid haften.
„Wau, was für eine Frau“, dachte ich. Sie war groß, vielleicht 1.75 – 1.80 m und ihre langen braunen Haare bedeckten das weiße Kleid, das sich eng an einem vollkommenen Körper schmiegte. Als ich die U-Bahn abschloss und zu meinem Auto gehen wollte, ertönte meine innere Stimme: „Geh über den Bahnhof! Vielleicht ist sie noch da und wer weiß, wann du wieder einmal solch ein Rasseweib siehst!“ So wurden automatisch meine Schritte gelenkt und da stand sie - wunderschön. Ich konnte meine Augen nicht von ihr lassen und als sich unsere Blicke trafen, kam ich mir wie ein Schuljunge vor, der mit einem rot werdenden Gesicht sein Traumidol anstierte. Da mich ihre grünen Augen musterten, versuchte ich einen coolen Gang einlegend auf sie zuzugehen…und…nein, ich traute mich nicht, sie anzusprechen. So ging ich, mich maßlos über mich ärgernd, doch vorbei und meine Gedanken kreisten um diese Frau, die garantiert jeden Mann haben konnte.
In diesem Moment meiner tiefsten Finsternis sah ich mich chancenlos und zuckte fast zusammen, als ihre weiche melancholische Stimme in gebrochenem Deutsch zu mir sprach:
„Weißt du, wo man hier schön einkaufen kann?“,
Tausend Gedanken sausten durch meinem Kopf, mein Herz begann vor Freude zu hüpfen und abrupt stehen bleibend, mich langsam ihr zuwendend, antwortete ich ihr: „Klar, da vorne ist eine Karte, da kann ich dir die Einkaufszentren zeigen und wenn du willst, auch, wie du hinkommst.“
„Hast du etwas zu schreiben?“
„Im Auto, wenn du mitkommen willst?“
Auf dem Weg dorthin waren alle Zweifel an mir wie weggeblasen und mein Gehirn begann fieberhaft zu arbeiten, wie ich diese Frau anbaggern könnte.
„Mm, wenn du willst, fahre ich dich hin, habe gerade Feierabend.“
„Nein, nein, ich fahr doch nicht mit jedem mit…“
„Dann gebe mir wenigstens deine Telefonnummer, dann könnten wir uns mal treffen? Hier hast du meine.“
„ Gut, ich will mir überlegen“, sprach sie und wollte davon gehen.
„Schade! Da war ich vielleicht zu direkt. Die sehe ich nicht wieder“, dachte ich enttäuscht und startete mein Auto mit einem letzten aufsaugenden Blick in den Rückspiegel. Doch was war das? Sie drehte um und kehrte zurück.
„Jetzt nur nichts falsch machen!“ Bewusst lässig öffnete ich die Tür, ließ sie einsteigen und fuhr los.
Im Auto unterhielten wir uns sehr locker. So erfuhr ich, dass sie hier eine Schule besucht, um Deutsch zu lernen. Sie wohnt bei einer Gastfamilie und in zwei Wochen fliegt sie wieder zurück nach Moskau, um weiter zu studieren- „Europäisches Recht“ – noch zwei Jahre.
„Oh je“, dachte ich sichtlich beeindruckt und runzelte die Stirn.
„Was machst du denn noch so?“, fragte sie mich.
„Na, bei der Hitze fahre ich baden. Hier gibt es eine Menge Seen und Morgen habe ich frei, da werde ich schwimmen gehen.“ Tja viel mehr konnte ich schon nicht sagen, da waren wir am Ziel.
Wir verabschiedeten uns und ich fuhr irgendwie frustriert nach Hause.
Meine Katzen begrüßten mich freudig, bekamen ihr Fressen, dann duschen, umziehen und danach setzte ich mich hin und dachte an die Superfrau. Ich ärgerte mich auch maßlos, dass ich nicht schlagfertiger war. „So ein Mist!“. Dann sah ich mich in meiner Wohnung um, die eigentlich total verwohnt war. Die Möbel fielen auch bald auseinander. Ne, ich hatte nichts zu bieten, war ja froh, dass ich so über die Runden kam. Ich ging ins Bad, wusch mein Gesicht, schaute in den Spiegel, fand mich auch gar nicht so übel, mit den kurzen blonden Haaren, gut durchtrainierten Körper dank Fitness-Club, aber so eine Frau …? So ging ich zu meinem Sofa zurück, machte mich auf meinem Lieblingsplatz breit und versuchte auf andere Gedanken zu kommen.
Klingelte da nicht das Telefon? „Bestimmt mein Kumpel, Axel“, dachte ich so bei mir, nahm mein Handy und meldete mich.
„Ich bade auch gern.“, sprach sie. „Willst du mich mitnehmen?“
So eine Frage, das was meine Chance.
Am nächsten Tag stand ich schon früh auf, um das Auto zu waschen. Man, was man nicht alles so macht, um Eindruck zu schinden. Dann zog ich mich um, ein schönes Rasierwasser auf die Haut gebracht, in die Haare etwas Gel, ein rascher Blick in den Spiegel und auf ging es. Dieses „Weib“ ließ mich nicht los und ich würde alles versuchen, um sie zu erobern.
Als ich sie abholte, war ich ganz locker. Ich war ich. Entweder es klappte oder nicht.
Sie sah einfach toll aus in einem engen langen Rock, Bauch frei und ein kleines Top erregten mich maßlos und automatisch musste ich schlucken. Ihre nette Art und Umgangsform zogen mich sofort in ihrem Bann und in meinem Bauch begannen tausend Schmetterlinge zu flattern und so fragte ich mich: „Wer erobert eigentlich wen?“.
Am Strand kam ich mir unwahrscheinlich stolz vor, weil alle auf meine schöne Begleiterin blickten. Als ich sie dann mit Sonnenmilch einrieb und ihre zarte Haut auf meinen Händen spürte, war ich drauf und dran, mich in sie zu verlieben. Abends setzte ich sie treu und brav bei ihrer Gastfamilie ab, ein kleines Küsschen auf die Wange und wir verabredeten uns für den nächsten Tag.
Diese Nacht schlief ich überglücklich ein und träumte von meiner Traumfrau.
Mein zweiter freier Tag war angebrochen. Heute wollte ich ihr Berlin zeigen. Da sie vormittags die Schule besuchte, hatte ich Zeit, meine Wohnung in Schuss zu bringen. So bezog ich auch die Betten mit meiner Lieblings-Bettwäsche, legte ein paar Kondome zu recht… man weiß ja nie… und mit meinem Werk zufrieden, pfiff ich gutgelaunt vor mich hin. Sogar meine Katzen wunderten sich und verzogen sich auf ihre Lieblingsschlafplätze.
Es war ein wunderschöner Nachmittag. Ich machte mit ihr eine Stadtrundfahrt, war auf dem Fernsehturm, am Brandenburger Tor und … und… und.
„Kommst Du noch mit zu mir?“, fragte ich hoffnungsvoll.
„Nein“, sagte sie.
„Na, dann wünsche ich dir eine gute Nacht“, sagte ich und ließ mir nicht anmerken, wie enttäuscht ich eigentlich war. Trotzdem zog ich sie zärtlich heran und versuchte sie zu küssen. Erst zickte sie ein bisschen, aber dann spürte ich… – es war verrückt. Dieser Kuss war so feurig und gekonnt, zog mich total an und ließ alles in meinem Körper beben.
Enttäuscht, dass es nur ein Kuss war, saß ich später auf meinem Sessel und grübelte vor mich hin. Da war doch noch irgendwo ein Bier. So goss ich mir ein Glas ein, um meinen Ärger herunter zu spülen. War ich zu dreist? Nein,… bei meinen bisherigen Frauen lief alles viel schneller.
Das Telefon klingelte.
„Tino?“
„Ja, hallo Victoria.“
„Tino, ich will dich, jetzt, sofort!“
Was für eine Frau. Total aufgeregt, die Hände um den Telefonhörer klammernd überlegte ich…nur nichts falsch machen…ich begehrte sie so sehr, aber Frauen, gerade diese musste man anders anfassen.
„Mm, jetzt ist es schlecht“, antwortete ich und war gespannt, ob ich mit dieser Antwort richtig lag.
Stille. Ich glaubte, dass war sie nicht gewohnt, dass einer nicht gleich wollte.
„Tino, komm, lass uns treffen, sofort!“
Betont lässig antwortete ich: „Na gut, aber bis nach Spandau fahre ich nicht, komm du mir entgegen, am Alex, ja.“
„Gut…, bis in einer halben Stunde.“
Schnell zog ich mich um und fuhr zum Alex. Victoria sah wieder wie eine Puppe aus.
„Lass uns zu dir fahren“, sprach sie und so wurde es auch gemacht.
Wenn einer sagt, russische Frauen haben kein Feuer, dann lügt er. War das eine Nacht. Ein Erlebnis, das ich bisher nie kennen gelernt hatte. Ich war total glücklich und als sie dann die restlichen Tage zu mir zog, war ich fest davon überzeugt, dass sie mich lieben würde.
So schenkte ich ihr am nächsten Tag drei rote Rosen und schrieb:
Die erste Rose ist fürs Kennen lernen, die zweite Rose für das Wiedersehen und die dritte Rose sagt: „Ich liebe dich“.
Sie war total gerührt, umarmte und küsste mich
Die Zeit verging wie im Fluge. Jede freie Minute verbrachten wir zusammen. Sie kochte für mich, machte sauber. Leider hatte sie eine Katzenallergie und schimpfte ständig, dass überall das „Fell“ war. Es waren wundervolle Nächte, die wir verbrachten. Sie wusste genau, was ich wollte und ich versuchte auch alle ihre geheimen Wünsche zu erkennen und zu erfüllen.
Dann musste sie zurück nach Moskau. Wir telefonierten sehr oft und ich sollte ihre Mutter kennen lernen. Ein gemeinsamer Urlaub in Ägypten.
Urlaub, das nächste Problem - Geld, aber zum Glück hatte ich ein bisschen gespart.
So konnte der Traumurlaub kommen und es wurde ein Traumurlaub. Trotz Aufpasser „Mutter“ verbrachten wir eine wundervolle Zeit, die leider viel zu kurz war, denn, wenn man verliebt ist, scheint sie zu fliegen. Ich fühlte mich so stolz mit dieser wunderschönen Frau an meiner Seite und genoss jeden Augenblick unseres Zusammenseins.
Eine Einladung brauchte sie, um nach Deutschland zu kommen. So viele Stunden, warten und nochmals warten. Was für eine Bürokratie. Ich wurde von einer Stelle zu anderen geschoben. Am liebsten hätte ich alles hingeschmissen, aber meine Gefühle und Liebe waren inzwischen so stark, dass mir alles egal war und ich auch alles machen würde, um Victoria wieder zu sehen.
Dann sparte ich, um ihr Geld für das Flugticket zu schicken, obwohl meine Eltern Bedenken hatten.
Sie sagten: „Warum willst du Geld schicken und nicht hier ein Ticket kaufen, das hier viel billiger ist.“
Ich hörte nicht auf sie, sondern hatte nur einen Gedanken: „Victoria“
Meine Katzen gab ich wegen ihrer Katzenallergie in gute Hände, renovierte meine Wohnung, kaufte neue Möbel und Blumen. Alles sollte perfekt und gemütlich sein.
Heute sollte sie ankommen. Ich war schon ganz aufgeregt und hatte extra die Schicht getauscht, so dass wir den ganzen Nachmittag gemeinsam verbringen konnten.
Schön ausgeschlafen, frisch geduscht war ich gerade dabei, mich anzuziehen, als mein Handy klingelte.
„Hallo Tino, hier Victoria, habe das Flugzeug verpasst, muss über Köln fliegen, komme erst
am Abend an.“
Ich schluckte, welch eine Enttäuschung, wieso Flugzeug verpasst? Na ja, dachte ich, in Russland ist alles möglich. So gammelte ich den Tag dahin, Stunden, die ich mit Victoria zusammen sein wollte, Stunden des Wartens und des Grübelns. So schritt die Zeit dahin und
dann stand ich am Flugplatz, mit roten Rosen als Begrüßung in meinen Händen zum Gate starrend…
Ihr Anblick ließ alles vergessen. Endlich war Sie bei mir. Ich war so glücklich, mein Herz hüpfte vor Freude und meine Liebe war grenzenlos. Sie schmiegte sich an mich, wir küssten uns und in diesem Moment hätte ich die ganze Welt umarmt.
Stolz zeigte ich ihr meine Wohnung.
„Na ja, ist jetzt besser, kann man wohnen“, sprach sie, ließ die Sachen fallen und kam auf mich zu.
Ich stand da und sah sie nur an. Beim Kommen warf sie ihre langen Haare nach hinten, zog den Reißverschluss ihres Kleides auf, streifte es ab, nahm meine Hände und zog mich ins Schlafzimmer. Das „russische Feuer“ hatte mich wieder in seinen Bann gezogen.
Zwei Monate würde sie bleiben, zwei 2 Monate des noch besseren kennen lernen und ich nahm mir vor, ihr nach dieser Zeit einen Heiratsantrag zu machen.
Sie besuchte ihre Schule und ich fuhr mit meiner U-Bahn durch Berlin. Es war wie in einer glücklichen harmonischen Ehe. Wir liebten uns oft, ich stellte sie meinen Freunden und Familie vor und sie verstand es, alle um den Finger zu wickeln. Wir überlegten, wie das Visum verlängert werden konnte und unternahmen in der kurzen gemeinsamen Zeit sehr viel.
So verging ein Monat.
Eines Abends erzählte sie mir, dass ihre Mutter krank geworden sei und sie unbedingt zurück fahren müsste.
„Aber deine Schwester ist doch da“, sprach ich. “Wir haben eh nur noch eine kurze Zeit, aber wenn es dir so wichtig ist, buchen wir den Rückflug um und ich bringe dich zum Flugplatz.“
„Nein, nein, ist schon gut, Tino.“
Ich freute mich auf den Feierabend, denn heute wollte ich ihr einen Heiratsantrag machen. Mit einem wunderschönen Blumenstrauß für Victoria rannte ich die vielen Treppen zu meiner Wohnung im letzten Stock hoch, klingelte und stellte mich in Position.
Nichts. Ich wurde unruhig, suchte meinen Wohnungsschlüssel, schloss auf, ging in die Wohnung und rief: „Victoria. Kein Mensch da ?“
Ich lief in die Stube, sah zum Tisch. Da lag ein Brief. Mit zitternden Händen legte ich die Blumen zur Seite, nahm den Brief und las:
Lieber Tino,
Mutter ist krank, bin nach Hause geflogen.
Rufe dich an, in Liebe Victoria.
Ein dicker Kuss glänzte auf dem Papier als Abschluss.
„Warum hat sie mich denn nicht angerufen, ich hätte sie doch zum Flugplatz gebracht?
Und so überstürzt.“ Ich verstand die Welt nicht mehr, nahm mein Handy und versuchte sie anzurufen. Stille, dann: „The number, you are …., der übliche Spruch.
Traurig stellte ich die Blumen in die Vase, traurig darüber, dass sie so fluchtartig weggefahren war. In meinem Schmerz rief ich meinen Kumpel Axel an.
„Das ist aber untypisch“, war sein Wortlaut. „So schnell bekommt man keinen Flug nach Moskau. Das ist alles sehr misteriös, die kranke Mutter…, wenn sie mal nicht einen Andern hat“.
Ja, das war mein Kumpel, anstatt mich zu trösten, verunsicherte er mich noch.
Krampfhaft überlegte ich, was ich falsch gemacht haben könnte.
In der Nacht fand ich keinen Schlaf, ihr Duft durchströmte das Schlafzimmer und ließ mir keine Ruhe.
Den ganzen nächsten Tag versuchte ich sie anzurufen. Dann tröstete ich mich damit, dass vielleicht ihr Akku leer sein könnte.
Heute war Sonntag. Ich hatte frei. Wie schön hätten wir am Strand liegen können. So saß ich lustlos da und nahm mir meine Post vor. War dass eine hohe Telefonrechnung. Ich hatte doch Vicki immer die billigen Vorwahlnummern gegeben. Da ich eh nichts weiter vorhatte, ließ ich mir im Net die Einzelnachweise ausdrucken, neugierig, ob sie das mit den Vorwahlnummern verstanden hatte.
Ich stutzte: Was war das für eine Nummer, eine Handy-Nr.?
Neugierig griff ich zum Hörer und rief diese Nummer an.
Eine Männerstimme.
Total erschrocken, doch dann gefasst sprach ich ihn an.
“Hallo, ich bin Tino. Sag, ich habe deine Nummer von Victoria, kennst du sie?“
„Klar, sie liegt oben in der Badewanne, kann ich etwas ausrichten!“
Fast wäre mir der Hörer aus der Hand gefallen. Meine Hände zitterten. Ich war in diesem Moment sprachlos. Vor wegen kranke Mutter. Einen Anderen hatte sie.
Doch ich fasste mich und sprach: „Nein, du brauchst ihr nichts ausrichten, aber wenn du einen Moment Zeit hast, wäre es mir sehr wichtig mit dir zu reden.“
„Na, dann leg man los“, erwiderte er.
Ich versuchte ihm in Kürze klar zu machen, das Victoria meine Freundin ist bzw. war, das sie
bei mir jetzt fast 2 Monate gelebt hatte, dann die Mutter krank wurde und dass sie plötzlich abgereist sei, erzählte ihm vom Abschiedsbrief und … und…
Schweigen, schlucken am Telefon, dann:
„Du, ich bin fix und fertig. Ich kenne Victoria schon ein Jahr und habe extra mit meiner Freundin wegen ihr Schluss gemacht. Wir wollten jetzt im Oktober in Urlaub nach Ägypten fahren. Da soll ich ihre Mutter kennen lernen (Irgendwie kam mir das bekannt vor).
Meinen Eltern habe ich sie auch schon vorgestellt. Das kann doch alles nicht wahr sein.
Das musste ich erst einmal verdauen. Lass uns später noch einmal reden. Ich schreib mir deine Nummer auf. Ich werde Victoria mal auf dem Zahn fühlen, mal sehen, was sie mir erzählt. Bis später dann.“
Fix und fertig starrte ich das Telefon an. Welch ein Schock. Was war geschehen, ich konnte es nicht fassen. Warum gerade ich? Hatte sie sich nur ein Sprungbrett gesucht? Erst einen kleinen U-Bahn-Fahrer und dann schläft man sich hoch. Aber die Liebe war doch echt, oder? Oder war ich blind, blind vor Liebe. So lange Zeit kannten wir uns, waren zusammen in Urlaub.
Ein Doppelleben hatte sie geführt, mit noch einem Kerl. Ich konnte es nicht fassen. Total verzweifelt suchte ich nach etwas Trinkbaren, setzte mich in eine Ecke und wusste nicht, ob ich wütend oder traurig war, jedenfalls war ich sehr verletzt.
Am nächsten Tag suchte ich einen Arzt auf und ließ mich krankschreiben. In meiner Verfassung konnte ich nicht U-Bahn fahren. Tagelang war ich wie im Trance, es tat so weh.
Die Liebe verwandelte sich in Wut, Hass, dann wieder Liebe. Die gemeinsame Zeit erlebte ich in Gedanken noch einmal, fasste nachts neben mich, um sie an mich zu ziehen, aber da war nichts. Nur mein schluchzen war zu hören. Mein ganzes Leben war aus der Bahn geworfen…, meine Katzen weg…, ich war so allein…
Dann irgendwann fasste ich den Entschluss und räumte alles, was mich an Victoria erinnerte weg, machte „klar Schiff “. Danach saß ich wieder wie ein Häufchen Unglück in einer Ecke.
In solchen Situationen erinnert man sich wieder an seine Eltern und seine Freunde. Alle versuchten mich zu trösten und mein Freund Axel …hatte ja gleich so ein ungutes Gefühl und sagte mir, das es noch viele hübsche Frauen gab, die auf uns warten und ich sollte mir nicht solche Gedanken machen.
An einem Nachmittag klingelte das Telefon – Er…
Er hatte mit Victoria gesprochen, sie gefragt, wo sie vorher war, ob es andere Männer gab.
Sie versicherte ihm, dass es zwar Andere gegeben hatte, aber nur er ihre große Liebe sei. Auch Sebastian hatte sich in Victoria verliebt und wollte sein Leben mit ihr teilen.
Es war ihm egal, was vorher war, er rief mich nur an, um mir das zu sagen.
Ja, so ist halt das Leben, Sebastian ein Grafiker, hatte ein Haus, viel Geld und sah gut aus.
Klar, dass eine Frau wie Victoria, dass gefiel. Also wie es aussah, war ich doch nur ein Sprungbrett für sie und ich hatte mir eingebildet, dass sie mich wirklich lieben würde.
An diesem Tag brach noch einmal eine Welt für mich zusammen, aber ich wusste, irgendwann verblasst alter Schmerz und es würde wieder Tage geben, wo das Herz für eine neue Liebe frei ist.
Regina Kaute 10/05