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Diese eine Nacht

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24.06.2001
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Diese eine Nacht

Laute Musik dröhnte aus Daniels Walkman, als er aus der U-Bahn ausstieg. Das künstliche Licht der Deckenlampen stach ihm in die tränenblinden Augen. Dieses Mal war sein Entschluss entgültig. Es war mittlerweile zwei Uhr Nachts, genau heute vor einer Woche hatte er seinen Job verloren, weil die Firma, in der er Arbeitete, Personal einsparen musste. Und eben hatte ganz unerwartet, obwohl er sie doch gerade in dieser schwierigen Zeit so sehr brauchte, seine Freundin mit ihm Schluss gemacht. „Ich liebe einen Anderen“ hat sie gesagt, diese Worte waren in sein Gehirn gepflanzt, immer und immer wieder hörte er ihre Stimme, wie sie ihm das Geheimnis eröffnete. Erneut füllten sich seine Augen mit Tränen, doch er wischte sie nicht weg. Jetzt reichte es, er hatte sich schon mehrmals entschlossen, sich das Leben zu nehmen, doch jedes Mal hatte er sich kurz vorher eines Besseren besonnen. Entweder war seine Freundin daran schuld, oder ein Anruf seines Chefs, der ihm das Gefühl gab, gut in seiner Arbeit zu sein. Doch das hatte er nun alles verloren. Wenn er in dieser Nacht daran dachte, was sein Ableben für Auswirkungen haben könnte, fielen ihm nur positive Dinge ein. Vielen Leuten würde es besser gehen, wenn es ihn nicht mehr gäbe, viele seiner Freunde hätten es leichter ohne ihn, da sie nicht mehr mit seinen Stimmungsschwankungen leben müssten, außerdem würden sie nicht laufend von ihm um Geld angepumpt werden. Jemand, der ernsthaft um ihn trauern würde fiel Daniel beim besten willen nicht ein. Seit sein Vater tot war hatte sich seine Mutter dem Suff ergeben, ihr ist alles egal, so lange sie morgens noch mindestens eine volle Flasche Wodka im Kühlschrank findet. Kinder hatte er mit seinen 22 Jahren keine und andere Verwandte interessierten sich sicherlich auch nicht so sehr für ihn, dass sie ernsthaft traurig sein würden. Der Gedanke, dass niemand auch nur eine Träne um ihn vergaß, stimmte Daniel noch melancholischer. Plötzlich stieß er mit einer Frau zusammen. Sie war ziemlich ungepflegt, etwa in seinem Alter, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger, und hätte nicht schlecht ausgesehen, wenn ihre Haare gewaschen und ihre Klamotten sauber gewesen wären. „Pass doch auf“ fuhr er sie an, während er sich die Kopfhörer seines Walkmans von den Ohren riss. In fünf Minuten würde es ihn nicht mehr geben, da konnte er seinen Gefühlen jetzt nochmal freien Lauf lassen. „Geh wieder in das Loch, aus dem du herausgekrochen bist“ fluchte er lautstark. Das Mädchen, das sich bereits ein paar Schritte von ihm entfernt hatte, ging auf ihn zu. „Wie redest du mit mir ?“ fragte sie in einem sehr wütenden Tonfall. „Ich lasse nicht zu, dass du kleiner Stinker so mit mir redest. Guck dich doch an, wie du aussiehst, schickste Nobelklamotten, Goldkettchen um den Hals, du bist sicher so ein Sohn reicher Eltern, der jetzt von irgend welchen Geschäftsparties kommt und keine Ahnung von den richtigen Problemen hat.“ In Daniels Gehirn machte es Klick. Er wusste, er sollte das Straßenmädel in Ruhe lassen und seines Weges gehen, doch irgendwie ging es ihm gegen den Strich, dass er als der reiche Kerl ohne Probleme hingestellt werden sollte. „Es tut mir leid, ihnen die Nacht versauen zu müssen“ erwiederte er also in ironischem Ton, „doch ich bin gerade unterwegs um mir das Leben zu nehmen.“ Das Mädchen starrte auf seine Augen, die vermutlich noch immer rot vor Tränen waren. „Scheiße“ flüsterte sie daraufhin. „Ich auch“.

Sie saßen gemeinsam auf einer Bank direkt an einer dicht befahrenen Straße, auf der auch um diese Zeit noch die Hölle los war. „Ich lebe seit zwei Jahren auf der Straße“ erzählte das Mädchen. „Mit 17 bin ich von Zuhause abgehauen, weil ich die Spießigkeit nicht mehr ertragen konnte. Der Freund meiner Mutter, der erst seit kurzem bei uns wohnte, hat sich mir gegenüber immer als Vater aufgespielt, obwohl ich ihn einfach nur gehasst habe. Da bin ich einfach weg.“ Daniel nickte. Auch er hatte sich zu Hause immer unwohl gefühlt, mit 18 Jahren war er schließlich ausgezogen, weil sich seine Familie nur um seinen Vater gekümmert hatte, der zu diesem Zeitpunkt bereits von seiner Krebserkrankung wusste. Daniel war immer eifersüchtiger auf seinen Vater geworden, der es verstand, jede Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das schlimmste waren die Schuldgefühle, die Daniel damals hatte. Er wollte seinem kranken Vater doch keine Aufmerksamkeit stehlen, doch er konnte auch nichts dagegen tun, dass er fast wahnsinnig wurde, wenn alle sich nur um den alten Mann scharrten, während er allein im Abseits stand. Daniel riss sich aus seinen Gedanken, sah das Mädchen an und fragte es : „Und warum willst du dich umbringen ?“ Er erschrak, wie unsensibel seine Frage geklungen hatte, doch sie senkte ihren Kopf und antwortete abgeklärt : „Weil ich von allen nur mitgeschleppt werde, niemandem etwas bringe. Ich würde ja gerne ein richtiges Leben anfangen, doch dazu braucht man Geld, und das ist das, wovon ich am wenigsten habe. Also habe ich den Ausweg gewählt, der für alle am unkompliziertesten ist.“ „Wie wolltest du es machen ?“ fragte Daniel. „Ich wollte mir ne Überdosis Heroin verpassen.“ meinte das Mädchen. „Ich meine, ich hätte auch warten können, bis ich irgendwann an diesem Scheißzeug langsam zu Grunde gehe, doch so war es einfach unkomplizierter, für mich und auch für andere.“ Sie fummelte umständlich eine Zigarette aus ihrer linken Manteltasche, doch ihr Feuerzeug war bereits zu schwach, um gegen den leichten Wind anzukommen. Daniel zog sein Feuerzeug aus seiner Hosentasche und reichte es ihr. „Danke“ murmelte sie und zündete sich die Zigarette an. „Weißt du, das wir ziemlich viel gemeinsam haben ? Als du eben in mich reingerannt bist und diese dummen Sprüche gebracht hast, habe ich dich voll gehasst. Aber inzwischen fühle ich mich dir gegenüber irgendwie verbunden. Ich meine, du weißt, was es heißt, richtig in der Scheiße zu sitzen.“ Daniel nickte. „Mir hat es auch gut getan, mal über alles zu reden. Irgendwelche Ansprechpartner habe ich nicht. In meiner Familie würde es niemanden interessieren, seit Daddys Tod haben alle den Ganztagsjob, meine Säufermutter zu bedauern. Und meine Freunde würden es nicht ernst nehmen.“ „Ich habe schon versucht, mit irgendwem drüber zu reden, doch auf der Straße sind alle zu sehr mit ihrem eigenen Scheiß beschäftigt um sich groß um Andere zu kümmern.“ Daniel sah hoch in den Himmel. Er konnte keinen einzigen Stern ausfindig machen. „Wie heißt du eigentlich ?“ fragte er das Mädchen. „Cindy“ antwortete sie daraufhin, „und du ?“ „Daniel“ erwiederte er. „Ist das nicht verrückt ? Wir sitzen hier unter den Lichtern der Großstadt, an uns rauschen die Autos vorbei, wir erzählen uns unsere tiefsten Empfindungen und wissen nicht einmal unsere Namen.“ Cindy musste grinsen. Sie sah Daniel an und auch er lächelte.

Irgendwann verschwand das Lächeln aus Daniels Gesicht. „Und jetzt ?“ fragte er die immer noch grinsende Cindy. Sofort wurde auch sie wieder ernst. „Tja, wollen wir ?“ fragte sie zurück und sah ihm dabei in die Augen. „Eigentlich könnten wir...“ meinte Daniel. „Ja, wir könnten...“ meinte auch Cindy. „Aber wir könnten auch erst noch etwas umherziehen, ich meine, die Nacht ist noch lang. Wäre doch schade, wenn wir sie nicht nutzen würden.“ Daniel kratze sich am Kopf. „Ich finde, das ist ne gute Idee. Quasi noch mal alle Feinheiten des Lebens auskosten, wie ?“ Er grinste schon wieder. „Hast du Geld ?“ fragte Cindy erwartungsvoll. Daniel holte seine Geldbörse raus, öffnete sie und zog zwei Hundertmarkscheine hinaus. „Meine Ex hat mir eben noch alles zurückgezahlt, was sie sich im Laufe der dreieinhalb Jahre, die wir zusammen waren, von mir geliehen hat. Ich bin also quasi flüssig.“ Cindy sprang auf. „Dann los“ rief sie.

Nachdem sie fünf Minuten lang die Straße entlang gegangen waren, kamen sie zu einer Bushaltestelle, an der auch gerade ein Bus hielt. „Wie ein Angebot“ meinte Daniel. „Wär doch schade, wenn wir den davon fahren lassen würden.“ Cindy nickte, also sprangen beide durch die offene Tür. „Hey, Meister, zwei Fahrscheine bitte“ schleuderte Daniel dem Busfahrer entgegen und legte einen Hundertmarkschein vor ihn. „Tut mir leid, so große Scheine kann ich nicht wechseln“ brummte der Mann. Er schien ziemlich gelangweilt und müde, naja, verständlich, schließlich war es die letzte Fahrt für heute Nacht. „Ist okay, Meister, dann fahren wir eben mal gratis mit“ Daniel grinste den Fahrer an. Jetzt kam Leben in den Mann. „Bursche, so nicht.“ erwiederte er. „Entweder du zahlst mit nem kleineren Schein, oder du und dein Mädel steigt wieder aus. „Ach, meinen sie ?“ fragte Daniel provozierend. Der Busfahrer verdrehte die Augen nach oben. „Ja, das meine ich. Also, was ist nun ?“ fragte er gereizt. Daniel griff in seine Hosentasche, zog ein Messer hinaus, klappte es auf und hielt es dem Busfahrer entgegen. „Fahren sie“ sagte er mit einer Stimme, die keinerlei Widerspruch duldete. „Hey, okay, okay...“ stammelte er, “ist ja gut, ich mach ja schon”. Er klemmte sich hinter das Steuer und fuhr los. Von einigen Plätzen des Busses hörte Daniel Gemurmel : „Unverschämtheit... gemeingefährlich... sollte die Polizei rufen...“ „Wenn ihr das macht, seit ihr sofort dran“ rief Daniel in den hinteren Teil des Busses. Sofort verstummten die leisen Stimmen. Cindy grinste ihn an und legte eine Hand auf seinen Arm. „Soll ich hier anhalten ?“ fragte der Busfahrer eingeschüchtert. Vor ihnen lag eine Geschäftsstraße, die meisten Läden hatten zwar bereits geschlossen, doch ein paar Leute befanden sich noch auf den Straßen. Daniel nickte gnädig. „Ist okay. Hier steigen wir aus.“ Der Busfahrer wischte sich ein paar einzelne Schweißtropfen vom Gesicht und stoppte seinen Bus. Die Türen gingen auf. Daniel und Cindy verließen den Bus. Direkt hinter den Beiden schlossen sich die Türen wieder, der Bus fuhr sofort an. „Nicht sehr kontaktfreudig, der Gute“ sagte Cindy, als der Bus mit ziemlich hoher Geschwindigkeit in die nächste Kurve ging.

Beschwingt gingen die Beiden die noch immer hell erleutete Straße entlang. Die Neonlichter der vielen verschiedenen Geschäfte, Spielhallen und Clubs leuchteten ihren den Weg. Diese Lichter hatte Daniel schon immer geliebt, eine der postiven Seiten der Großstadt. „Ist es nicht wunderbar, alle Probleme hinter sich zu lassen ?“ fragte er Cindy. Diese stimmte sofort zu. „Ich habe das Gefühl, dies ist die Nacht meines Lebens“ meinte sie. „Alles kann einem egal sein, weil man weiß, nach dieser Nach ist es sowieso vorbei. Man kann machen was man will, muss sich keine Gedanken um eventuelle Folgen machen. Das Gefühl ist toll.“ „Hey, du gerätst ja richtig ins Schwärmen.“ Daniel lachte. „Aber recht hast du schon. Also : Lass uns machen was wir wollen. Mach nen Vorschlag.“ Cindy deutete auf eine Kneipe, die noch immer geöffnet hatte. „Wieso gehen wir nicht erstmal was trinken ?“ „Einverstanden“ erklärte Daniel und steuerte auf die offene Tür zu, aus der ein Schwall laute Dance-Musik kam. Drinnen angekommen ließen sich beide erstmal auf einen Barhocker fallen. Der Barkeeper kam auf sie zu und guckte sie fragend an. „Zwei Bier“ bestellte Daniel. „Ich hoffe, das war okay“ meinte er und wandte sich Cindy zu. „Klar, geht in Ordnung.“ antwortete diese. „Warte mal kurz, ich muss mal kurz auf’s Klo und mir nen neuen Druck setzen, soviel Stoff hab ich grad noch bei mir. Der reicht dann für den Rest der Nacht.“ „In Ordnung, ich warte hier“ sagte Daniel. Cindy stand auf und ging. Daniels Blick schweifte umher. Die Kneipe war recht gemütlich, Zeichnungen und alte „Coca-Cola“-Werbetafeln zierten die Wände, ein paar Tische, an denen man sitzen konnte, standen hinter Daniel. An einem Tisch saß ein Mann, der mit glasigen Augen in sein halb gefülltes Bierglas starrte. Er sah unrasiert aus, dass er Probleme hatte sah man ihm drei Meilen gegen den Wind an. Daniel zögerte kurz, dann stand er auf und setzte sich zu dem komischen Kauz. „Hey, Kollege, was ist los ?“ fragte er, während er dem Mann auf den Rücken klopfte. Dieser reagierte jedoch nicht. „Warum mache ich das hier ?“ fragte Daniel sich. „Ich kenne den Kerl doch gar nicht, er ist mindestens 20 Jahre älter als ich und ich hab verdammt noch mal selber genug Probleme, wieso setze ich mich zu diesem Spinner und versuche, ihm zu helfen ?“ Doch alldies sprach er nicht aus. Statt dessen sagte er : „Komm, ich sehe, dass du Probleme hast. Ich stecke selber in der Scheiße, du kannst mir ruhig erzählen, was mit dir los ist.“ Der Mann drehte seinen Kopf in Daniels Richtung. Sein starrer Blick blieb in Daniels Gesicht hängen. „Meine Tochter...“ stotterte er dann, „sie ist weg. Wollte sie heute von der Schule abholen, doch sie war nicht da. Irgend ein Schwein...“ er verstummte. Daniel verstand. Er legte seine rechte Hand in die des Mannes. „Ich weiß, das klingt jetzt blöd, aber, Mann, gib die Hoffnung niemals auf. Du hast keine Gewissheit, was mit ihr los ist. Vielleicht ist sie nur zu einer Freundin...“ „Das würde sie nie tun. Sie hat sowas noch nie getan. Sie ist erst dreizehn...“ Der Mann schüttelte Daniels Hand ab, doch Daniel ließ sich nicht beirren, erneut nahm er die Hand des Fremden. „So lange du nicht definitiv weißt, was los ist, darfst du nicht verzagen. Geh nach Hause, leg dich ins Bett und hoffe, dass du morgen bereits schlauer bist. Und, um Himmels willen, mach jetzt bloß keine Dummheiten“. Den letzten Satz fügte er hinzu, als er sah, wie der Mann bei Daniels Vorschlägen den Kopf schüttelte. „Stell dir vor, deiner Tochter geht es gut. Sie kommt morgen Abend nach Hause und du bist nicht mehr da. Du musst einfach durchhalten.“ Der Mann senkte seinen Kopf. „Hast recht...“ murmelte er dann. „Werd’ nach Hause gehen und schlafen.“ Daniel drückte die Hand des Fremden ein letztes Mal. „Verlier nicht die Kraft“ sagte er, als der Mann aufstand, einen Zwanzig-Mark-Schein auf den Tisch warf und die Kneipe verließ. Daniel fiel in seinen Stuhl zurück. Plötzlich fühlte er zwei Hände an seinem Hals. Er drehte sich um. Hinter ihm stand Cindy, die scheinbar das Meiste mit angehört hatte. „Habe ich mich richtig verhalten ?“ fragte Daniel sie. Cindy nickte. Obwohl sie sich eben offensichtlich eine ziemlich große Dosis der Droge gespritzt hatte, schien sie noch relativ klar im Kopf zu sein. „Zwei Jahre Übung“ murmelte es in seinem Kopf. Dann stand er auf und ging wieder an die Bar, an der die zwei Biergläser bereits bereitstanden.

Nach etwa zwanzig Minuten wahren Cindy und Daniel wieder auf der Straße. „So, jetzt lassen wir aber die Sau richtig raus“ meinte Daniel. Cindy sah ihn an. „Weißt du, was ich gerne vor dem Ende nochmal machen würde ?“ fragte sie. Daniel schüttelte den Kopf. „Ich würde so gern noch einmal schwimmen gehen.“ „Wo ist das Problem ?“ fragte Daniel. „Die Nacht ist angenehm warm und wir haben alle Zeit der Welt. Lass uns zu einem kleinen See am Rande der Stadt fahren.“ Cindy guckte zweifelnd. „Aber wie kommen wir dahin ?“ Daniel begann zu lachen. Er zeigte auf die parkenden Autos am Straßenrand. „Nehmen wir doch eins von denen“ meinte er. „Die Auswahl ist doch groß genug.“ Cindy stimmte in sein Lachen mit ein. „Du hast recht“, sagte sie. „Und wenn der Besitzer morgen kommt und den Verlust bemerkt – Was will er machen ? Zwei Leichen verklagen ?“ Daniel sah nach links und rechts. Ein paar Menschen waren zwar auf der Straße, aber niemand befand sich in unmittelbarer Nähe. Er holte erneut sein Messer aus der Tasche und begann, am Schloss eines roten Kleinwagens herumzufummeln. „Warum nehmen wir so ne kleine Kiste ?“ maulte Cindy. „Win haben doch nix zu verlieren. Warum darf es nicht ein Mercedes oder sowas sein ?“ „Wenn du die Alarmanlage bei solchen Luxuskarossen ausstellen kannst, bitte.“ Murmelte Daniel. „Das ist so schon schwer genug für mich. Cindy drehte sich um. Plötzlich stand genau hinter ihr ein Mann mit dunkelblauer Jacke. „Was wird denn das, wenn es fertig ist, wenn man mal fragen darf“ sagte er in vorwurfsvollem Ton. Daniel ließ von dem Auto ab und drehte sich um. „Ist das nicht deutlich ?“ fragte er provozierend, während er dem Mann in die Augen starrte. „Tja, leider schon, deshalb kommt ihr jetzt mit.“ Schnell zog der Mann seine Geldbörse aus der Tasche und hielt Daniel seinen Polizeiausweis unter die Nase. „Scheiße, ein Zivilbulle“ rief Daniel. Er schnappte sich Cindys Arm begann zu rennen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Cindy hinter ihm hergewetzt kam, dicht gefolgt von dem Polizisten. Daniel bog in eine kleine Seitenstraße ab, Cindy folgte ihm. Nach kurzer Zeit bog Daniel wieder ab, in eine noch dunklere, kleinere Seitenstraße. Seine beiden Verfolger blieben ihm dicht auf den Versen. Plötzlich sah Daniel eine Mauer vor sich. Er war in eine Sackgasse gelaufen. Abrupt blieb er stehen. Kurz darauf spürte er, wie Cindy in seinen Rücken knallte. Sie hatte es wohl nicht geschafft, rechtzeitig abzubremsen. Gemeinsam drehten sie sich um und standen dem Polizisten gegenüber. Dieser hatte inzwischen seine Dienstwaffe gezogen. Er war sichtlich außer Atem, sein Gesicht war rot angelaufen und in seinen Haaren glänzte Schweiß. „So, ihr Komiker, ihr werdet mir jetzt folgen, sonst wird das sehr unangenehm für euch“ keuchte er. Daniel trat mit voller Wucht gegen die Mauer. „Scheiße“ brüllte er, doch da fühlte er schon, wie der Polizist eine Hand auf seinen Arm legte. „Jetzt oder nie“ zuckte es durch Daniels Kopf. Blitzschnell fuhr er herum und verpasste dem Polizisten einen Tritt in seine Hoden. Schlagartig ließ dieser die Waffe sinken, doch zuvor hatte sich bereits ein Schuss gelöst, der direkt in Daniels Bein ging. Bestürzt sah Daniel an sich herunter. Sein linkes Hosenbein begann, sich dunkelrot zu färben. Nun ging auch er zu Boden. Geistesgegenwärtig stürzte sich Cindy auf die Waffe, die einen Moment lang keiner der beiden Männer beachtet hatte. Sie richtete die Mündung der kleinen, schwarzen Pistole auf den Polizisten. „Drück ab“ stöhnte Daniel unter Schmerzen. Allerhand Gedanken schossen Cindy durch den Kopf. Konnte sie wirklich einen Menschen töten ? Sie entschied sich für nein. Doch damit ihr Gegner nicht einfach wieder aufstand, hielt sie die Waffe auf ihn gerichtet. „Daniel, ich kann das nicht“ stammelte sie. „Warum sollten wir ihn töten ? Er kann uns doch gar nichts mehr anhaben. Wir haben doch eh beschlossen...“ Ihre Stimme versagte. „Wer redet von Töten ?“ antwortete Daniel. An seiner Stimme konnte man erkennen, das er sich entsetzlich quälte und dringend einen Arzt gebraucht hätte. „Du sollst ihn ins Bein schießen, damit er erstmal nicht hier wegkann und wir erledigen können, was wir diese Nacht noch erledigen wollten.“ Cindy überlegte. Diesen Vorschlag hielt sie für sinnvoll. Sie senkte die Pistole etwas, die Mündung war nun direkt auf sein Bein gerichtet. „Nein...“ hörte Cindy aus der Richtung des Polizistes, doch sie gab sich einen Ruck und drückte ab. Doch sie hatte nicht mit dem Druck gerechnet, der entstand, wenn diese Waffe eine Kugel abfeuerte. Sie hatte noch niemals geschossen, daher konnte sie es nicht beeinflussen, als die Waffe nach Oben gerissen wurde und die Kugel direkt durch seine Stirn glitt und seine Schädeldecke zerfetzte. Gehirnmasse, vermischt mit sehr viel Blut, spritzte auf Cindys Hose. Sie stieß einen hysterischen Schrei aus und warf die Waffe gegen die Mauer. Daniel zuckte zusammen. „Hast du sie entsichert ?“ fragte er mit seltsam hoher Stimme. Cindy schüttelte den Kopf. Die beiden hatten Glück gehabt, es hatte sich kein Schuss gelöst. „Das darf nicht sein...“ stotterte Cindy. Ihr Blick fiel auf die im Licht der Straßenlaterne dampfende Leiche. „Schwamm drüber“ meinte Daniel. „Cindy, reiß dich bitte zusammen und hilf mir. Ich hab schon ewig viel Blut verloren und mir wird gleich schwarz vor den Augen. Du musst mir die Wunde irgendwie verbinden.“ Cindy versuchte, sich zusammenzureißen. Sie riss ihren Blick vom toten Körper vor ihr los und ging auf Daniel zu. „Womit ?“ fragte sie fast lautlos. Daniel zog ein blaues Halstuch aus seiner zweiten Manteltasche. „Hier, nimm das.“ Cindy hob sein Bein an und wollte das Halstuch um die dunkelrote Stelle an Daniels Jeans wickeln. „Unter der Hose, Mensch“ rief dieser. Er war deutlich genervt. Cindy ließ also sein Bein wieder sinken und versuchte, die Jeans hochzurollen. Daniel ächzte. Es musste ihm sehr weh tun. Endlich hatte Cindy die Wunde freigelegt. Kein schöner Anblick. Noch immer trat etwas Blut aus ihr aus, das Fleisch um den Knochen herum war zerfetzt und die Kugel ragte etwas hinaus. Cindy wickelte das Halstuch um die Wunde und presste ihre Hand darauf. Daniel schrie auf. „Ich versuche, irgendwie die Blutung zu stoppen“ erwiederte Cindy daraufhin agressiv. Nachdem sie etwa fünf Minuten lang so dagesessen hatten meinte Daniel : „Okay, ich denke es ist gut jetzt. Hilfst du mir aufstehen ?“ Cindy packte Daniels Hände und zog ihn hoch. „Du darfst das Bein nicht belasten“ meinte sie. „Stütz dich auf mir ab.“ Daniel tat wie ihm geheißen und gemeinsam wankten sie aus der dunklen Straße. Cindy bemühte sich krampfhaft, die Leiche nicht nochmal anzusehen. Es gelang ihr.

Inzwischen war es zwanzig Minuten nach vier. Die beiden hatten sich in einer öffentlichen Toilette die ärgsten Blutspuren von der Kleidung gewaschen, damit sie nicht ganz so auffallen. Die Blutung von Daniels Wunde hatte aufgehört, doch wenn er sein Bein zu sehr belastete, wurden doch noch ein paar Tropfen hinausgepresst. Die Schmerzen waren fast unerträglich. Gut, dass er sie nicht mehr lange erdulden musste. Die Beiden saßen in einer fast leeren McDonald’s-Filliale, die die ganze Nacht geöffnet hatte. Aus den Lautsprechern an der Decke quoll leise das neue Lied von Janet Jackson. Vor Daniel und Cindy lagen die Verpackungen von drei Big Macs, vier Cheeseburger, zwei 20er-Chicken-McNuggets und ettlichen Pommestüten. „So viel habe ich seit Jahren nicht mehr gegessen“ ächzte Cindy. „Tja, irgendwie mussten wir doch etwas von der Kohle noch verbraten. Wäre doch ne Schande, soviel Geld mit ins Grab zu nehmen“ erwiederte Daniel. Sein Gesicht war noch immer schmerzverzerrt. „Du Armer, tut es dir sehr weh ?“ fragte Cindy mitfühlend. „Ja, aber das ist okay“ antwortete Daniel. „Lange muss ich es ja nicht mehr durchhalten.“ Er sah auf die große Uhr an der Wand. „Tja, fünf Uhr. Ich schätze, das war unsere Henkersmahlzeit, oder ?“ Cindy nickte, doch plötzlich veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. „Psst, sei mal still“ ermahnte sie Daniel. Mit ihrem Kopf deutete sie auf die zwei Männer, die am Tisch neben ihnen saßen. „...hab ne Neue für das Video aufgetrieben. Blutjung, erst dreizehn. Ruht sich von der ersten Schicht gerade auf dem Rücksitz meines Wagens aus. Man muss diesen Schulmädchen nur genügend spritzen, dann sind sie schön gefühgig. Diese hier ist sogar richtig geil geworden, hat mich vor der Kamera nahezu angemacht. Naja, dafür hab ich sie auch ordentlich durchlöchert.“ „Meinst du, die kann nochmal ?“ fragte der andere Mann seinen Kollegen. „Ob die nochmal kann ? Klar kann die, und wenn nicht wird sie halt gezwungen. Einmal reicht nicht, dafür mach ich mir nicht die Mühe, sie extra von der Schule abzuholen und dabei aufzupassen, dass keiner wa spitzkriegt.“ „Hast du denn schon nen Abnehmer für die Tapes ?“ meldete sich wieder der Zweite zu Wort. In Daniels Ohren sauste es. Immer wieder hallte die Stimme des Mannes, den er in der ersten Kneipe diese Nacht getroffen hatte durch seinen Kopf : „Dreizehn... erst dreizehn...“. Konnten an einem Tag zeitgleich zwei dreizehnjährige Mädchen verschwinden ? Selbst in so einer großen Stadt wie dieser war es unwahrscheinlich. Die beiden Männer standen auf. „Hinterher“ zischte Daniel zu Cindy. „Ja, aber... kannst du denn ?“ fragte diese ? Daniel beantwortete diese Frage, indem er aufsprang, sofort aber zitternd zu Boden ging. Doch er konnte diese beiden Männer nicht einfach so gehen lassen. Das erste Mal in seinem Leben hatte er die Chance, etwas echt gutes zu tun. Also kroch er auf allen Vieren über den dreckigen Boden zur Tür. Cindy kam hinter ihm her und öffnete die Tür. Daniel hatte sich mit der rechten Seite seines Körpers halb aufgerichtet, lediglich sein linkes Bein zog er wie ein nutzloses Anhängsel hinter sich her. „Ich glaube echt, ohne das Scheißbein wäre ich schneller“ murmelte er auch tatsächlich. Als sie die Straße betraten, sahen sie, wie die beiden Männer gerade in ein Auto einstiegen. „Was jetzt ?“ fragte Cindy. Daniel, der seine Lippen vor Schmerz aufeinander gepresst hatte, deutete mit seinem Kopf in die Richtung eines Cabriolets. Der Besitzer stand vor einem Zigarettenautomat etwa zehn Meter weiter und schien sich zu ärgern, scheinbar hatte der Automat sein Geld einbehalten. Der Schlüssel steckte noch immer im Auto. „Unsere Chance“ flüsterte Cindy. Daniel nickte verkrampft. So schnell sie konnten, versuchten die beiden, das Auto zu erreichen. Cindy sprang auf den Fahrersitz und ließ den Motor an. Der Mann am Automat drehte sich um. „Halt“ brüllte er und begann, zu seinem Auto zu rennen. Doch in diesem Moment war es auch Daniel gelungen, in das Auto zu gelangen. Cindy trat aufs Gaspedal und das Auto machte einen Satz nach vorne. Im Rückspiegel erkannte sie, wie der Mann, der sein Auto scheinbar bereits erreicht und festgehalten hatte, am Boden lag. Er blickte seinem Auto hinterher und stieß drohende Schreie aus. Cindy wandte ihren Blick wieder auf die Straße. Sie war bisher nur einmal gefahren, dementsprechend dauerte es etwas, bis sie die Kontrolle über den Wagen hatte, doch gemessen daran, dass sie noch immer einen Rest Drogen im Körper hatte und auch wahrhaftig keine Profi-Autofahrerin war, schaffte sie es ziemlich schnell. „Fahr nicht so dicht auf, sonst kriegen die spitz, dass sie verfolgt werden“ sagte Daniel. Seine Wunde war scheinbar wieder aufgegangen, denn auf dem Boden des Autos hatten sich bereits einige rote Flecken angesammelt. Daniel krallte seine Fingernägel in den Sitz. Cindy trat auf die Bremse. Daniel machte einen kleinen Satz nach vorne. „Au, verdammt“ schrie er. „Fahr bitte halbwegs vorsichtig, ich habe Schmerzen, siehst du das nicht ?“ Cindy umfasste das Lenkrad härter. Das Auto vor ihnen blinkte nach links. Auch Cindy schaltete den Blinker ein. Die Männer fuhren von der Hauptverkehrsstraße ab und bogen in eine Wohngegend ein. „Du kommst schon wieder so nah ran, pass doch auf“ murmelte Daniel. Es klang weit weniger energisch als letztes Mal. Offenbar verlor er langsam die Kraft. Cindy verringerte ihr Tempo erneut. Auch diese Wohngegend durchquerten die Männer, ohne anzuhalten. „Wo wollen die wohl hin ?“ überlegte Cindy laut. „Wir sind fast am Stadtrand.“ Als der Wagen nicht in die nächste Wohngegend abbog, sondern die Straße zum Wald nahm, ächzte Daniel : „Die wollen dahin, wo wir heute auch schon hinwollten. Zum See nämlich.“ Vor Cindy tauchte ein großes Schild auf : „Wanderweg zum Maschsee“. „Ist das hier ein Wanderweg ?“ fragte sie Daniel. Der schüttelte den Kopf. „Quatsch, der Wanderweg ist der Kleine da hinten. Das ist der normale Weg für Leute, die mit dem Auto anreisen.“ „Ist das nicht ziemlich auffällig, wenn wir auf diesem engen Weg immer hinter den Kerlen herfahren ?“ Daniel schlug mit einer Hand gegen die Windschutzscheibe.“Das ist ja genau das, was ich sage. Halt an, verdammt, dann sehen wir es.“ Cindy stoppte den Wagen. Beide starrten angstvoll den Wagen vor ihnen an, doch dieser ließ sich nicht beirren und fuhr immer weiter durch den langsam dichter werdenden Wald. „Der scheint uns gar nicht bemerkt zu haben“ murmelte Cindy. Daniel atmete aus. „Gott sei dank.“ Er wischte sich ein paar Tropfen kalten Schweiß von der Stirn. „Warte ein paar Minuten, dann können wir weiterfahren.“ Cindy schaltete den Motor aus. Schweigend saßen sich die beiden die nächsten Minuten gegenüber. „Meinst du, ich kann jetzt weiterfahren ?“ unterbrach Cindy die Stille nach ca. 3 Minuten. Daniel nickte stumm. Er hatte die Augen geschlossen. Seine Wunde hatte inzwischen wieder aufgehört zu bluten, was nichts daran änderte, dass Daniel bereits sehr schwach war. Cindy startete den Wagen und fuhr langsam die Straße an. Noch war es dunkel, also waren die Lichter des Autos alles Licht, was sie hatten. Vorher konnten sie noch im Licht des anderen Wagens fahren, das war jetzt nicht mehr drin. Konzentriert kniff Cindy die Augen zusammen. Daniel hatte Seine wieder geöffnet. Ohne zu blinzeln starrte er in den Himmel, es waren ja doch einige wenige Sterne zu erkennen. „Da !“ schrie Cindy plötzlich auf und riss Daniel aus seinen Gedanken.

Vor ihnen lag eine Art Ferienhaus, ziemlich abgelegen, doch es sah recht neu aus, nicht verfallen oder so. „Nobel, nobel“ murmelte Cindy. „Hier haben die also ihr fragwürdiges Filmstudio...“ „Wir müssen da rein“ meinte Daniel. „Aber... du kannst nicht...“ antwortete Cindy. „Ich muss.“ erwiederte Daniel. „Dies ist meine letzte Chance auf eine gute Tat, ich gehe jetzt und nutze sie.“ Er öffnete die Wagentür, trat mit seinem gesunden, rechten Bein auf den Waldboden und zog das verwundedete linke Bein nach. Cindy sah, wie viel Mühe es ihn kostete. Außerdem zog er eine dünne Blutspur hinter sich her, das hieß, er verlor schon wieder Blut. Doch dennoch war er recht schnell. Es schien so, als würde er Kräfte entwickeln, die in seiner Situation schlicht unmöglich waren. Schnell kletterte auch Cindy aus dem Wagen, doch Daniel hatte bereits die Tür erreicht. Er drückte die Klinke herab. Die Tür war unverschlossen. „Die Schweine waren so geil, dass sie ganz vergessen haben, abzuschließen“ dachte er. Die Tür öffnete sich, Daniel hatte freie Sicht auf das ganze Zimmer, in dem er stand. Vor sich sah er einen Mann, der eine Kamera vor seinem Auge trug, und den anderen Kerl, der sich mit einem jungen Mädchen auf dem Boden wälzte. Sie war bereits halb nackt, doch ihre Hose hatte sie zum Glück noch an. Mit ihren glasigen Augen und geweiteten Pupillen starrte sie Daniel an. Die beiden Männer taten das selbe. Dann schien irgend etwas in sie zu fahren. Zeitgleich stürzten beide Kerle sich auf Daniel, zerrten ihn in eine Ecke und verpassten ihm einen derartig starken Schlag ins Gesicht, dass er sofort zu Boden ging. Daniel schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, befand sich das Gesicht des Kameramannes vor ihm. „Oh, was ist denn los ?“ fragte dieser und deutete auf Daniels Bein. „Hast du dich da etwa verletzt ? Das muss doch weh tun. Wäre doch schade, wenn dir... zum Beispiel jemand versehentlich da reintreten würde, oder ?“ Mit diesen Worten rammte er mit voller Wucht seinen Stiefel in Daniels Wunde. Dieser war zu schwach zum Schreien, doch seine Augen verdrehten sich nach oben und aus seinem Mund kam ein gequetschter Laut. „Wolltest hier den Robin Hood spielen, oder ?“ Das war der andere Mann. „Den Rächer des Waldes. Aber das läuft nicht, Kleiner.“ Mit diesen Worten hob er ein großes Klappmesser an, welches er Daniel ruckartig in den Bauch rammte. Daniel öffnete den Mund und ein Schwall Blut ergoss sich auf seine Brust. Auch aus dem Bauch trat jede Menge rote Flüssigkeit aus. Daniels Augen waren verschlossen. Er versuchte, sie zu öffnen, doch er kriegte es einfach nicht hin. Endlich konnte er unter wahnsinniger Anstrengung ein Augenlid nach oben ziehen. Alles war entsetzlich unscharf. Doch endlich erkannte Daniel, dass hinter seinen beiden Angreifern Cindy stand. Die beiden waren so beschäftigt mit Daniel gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatten, wie Cindy durch die Tür gekommen war und sich die Axt geschnappt hatte, die in einer Ecke stand. Lediglich das Mädchen hatte sie bei der ganzen Aktion teilnahmslos beobachtet. Nun stand Cindy hinter den beiden Männern. Die Axt hielt sie fest umklammert. Mit aller Kraft hob sie das schwere Werkzeug über ihren Kopf und ließ es in den Rücken des Kameramannes sausen. Dieser öffnete den Mund, verdrehte die Augen und ging direkt neben Daniel zu Boden. Sein Kollege stand mit weit aufgerissenen Augen daneben. Auch Cindy starrte ihn erschrocken an und konnte sich nicht bewegen. Fast zeitgleich griffen die beiden jedoch nach der Axt. Vier Hände griffen sich den Holzstiel und begannen, daran zu reißen. Der Mann hatte mehr Kraft als Cindy, das merkte sie, doch so schnell ließ sie sich nicht besiegen. Cindy ließ von der Axt ab, doch im gleichen Moment stürtze sie sich auf den Mann und begann, ihn zu beißen. Er schrie, taumelte nach hinten und stolperte schließlich über seine eigenen Füße. Nun lag er am Boden, Cindy kniete über ihm und schlug ihre Zähne in sein Fleisch. Andauernd spürte sie, wie sich sein Blut und sein Fleisch auf ihrer Zunge breit machten, doch das störte sie nicht. Endlich schien er außer Gefecht gesetzt. Cindy ließ ab und ging zu der Axt. Langsam zog sie sie aus dem Rücken des Mannes. Sie drehte sich um. Vor ihr stand ihr Gegner. Sein Körper war blutüberströmt, doch er stand. Verdammt, der war härter als Cindy gedacht hatte. Doch als sie die Axt in seinen Brustkorb schlug, ging auch er endgültig zu Boden.

Cindy sah sich um. Ihr Blick blieb an dem Mädchen hängen. Ihren Augen nach zu urteilen befand sie sich ganz weit weg. Sie starrte Cindy an, regte sich aber nicht. Was musste die Kleine in dieser Nacht alles mit sich machen lassen ? Cindy fühlte tiefes Mitleid für das Mädchen. Ihr Blick schweifte weiter. „Daniel“ kreischte sie und stürtze zu der zugerichteten Gestalt an der Wand. Sie kniete sich zu ihm. „Daniel, sag was“ flüsterte sie, doch Daniels Augen blieben geschlossen. Eine Träne lief über Cindys Wange. Sie fiel zu Boden und hinterließ einen dunklen Fleck auf dem Boden. „Scheiße“ murmelte sie. „Scheiße, scheiße. Aber falls es dich tröstet, ich finde, du bist ein Held.“ Mit diesen Worten warf sie ihren Körper über die blutige Leiche des Freundes. Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Brust und begann, hemmungslos zu schluchzen. Als sie sich wieder etwas beruhigt hatte, setzte sie sich auf. Sie küsste Daniel auf den Mund und führte ihre Lippen dann direkt an sein linkes Ohr. „Danke für diese Nacht“ flüsterte sie. Dann stand sie auf. Sie nahm das Mädchen an der Hand, flüsterte „Komm“, und verließ mit ihr das Haus. Als sie an die frische Luft traten, dämmerte es bereits. Cindy blickte die Straße entlang. Ein Polizeiwagen mit Blaulicht kam ihr entgegen. Sie ließ das Mädchen los, gab ihr einen Klaps auf den Rücken und meinte : „Los, lauf zu dem Blaulicht. Die werden sich um dich kümmern.“ Das Mädchen lief los. Cindy hingegen ging in die andere Richtung. Einmal drehte sie sich noch um. Sie sah, wie der Polizeiwagen stehen blieb, als er das Mädchen sah, das in der Mitte der Straße auf ihn zulief. Cindy blieb stehen und drehte sich wieder nach vorne. Dabei realisierte sie, dass sie auf einer Brücke stand. Das Geländer neben ihr war nicht sehr hoch. Sie ging an den Rand der Brücke und sah hinunter. Dort ging es ziemlich weit abwärts. Wie in Trance begann sie, auf das Geländer zu steigen. Es war sehr breit, deshalb konnte man bequem darauf stehen. Ihr Vorderkörper war der Straße zugewandt. Viele Gedanken zuckten durch ihren Kopf. Sollte sie sich jetzt wirklich das Leben nehmen ? Sie hatte es mit Daniel so besprochen. Daniel war tot. Warum sollte sie leben ? Doch, hatte sie in dieser Nacht wirklich soviel getan, dass sie es verdient hatte, zu sterben ? Sie hatte ein dreizehnjähriges Mädchen gerettet und zwei Kinderschänder um die Ecke gebracht. Doch, was war mit dem Polizisten ? Und ihre Drogensucht – Die würde sie auch nicht so schnell loswerden. „Was soll ich nur tun ?“ flüsterte sie in die Nacht. Sie war ratlos. Plötzlich wurde sie von einer lauten Stimme aus ihren Gedanken gerissen. „Kommen sie sofort da runter, oder ich schieße. Hiermit sind sie festgenommen, wegen dem Verdacht auf Herstellung und Vertrieb von Kinderpornographie.“ Cindy sah dem Polizisten in die Augen. Neben ihm stand das kleine Mädchen, das stumm auf sie deutete. Sie sagte nicht, dass Cindy ihr etwas getan hatte, sie sagte aber auch nicht das Gegenteil. Sie stand nur stumm da und zeigte mit dem Finger auf Cindy. „Na wird’s bald ?“ rief der Polizist. Da fasste Cindy einen Entschluss. Sie schloss die Augen und ließ sich nach hinten fallen. Ihr Körper stürzte durch die kühle Morgenluft nach unten und schlug letztendlich auf. Das Wasser, das aus dieser Höhe hart wie Stahl war brach ihr zuerst alle Knochen, danach ging sie unter.

 

Grundsätzlich eine nicht üble Geschichte, aber warum muss heutzutage fast jede Geschichte Kinderpornographie beinhalten?!?
Vielleicht bin ich da etwas zu mäkelig, weil ich mich selber an so ein Thema nicht herantraue, so widerlich erscheint es mir.

 

Hallo, erstma!

dass er Probleme hatte sah man ihm drei Meilen gegen den Wind an.

Das hört sich für mich etwas komisch an.


„Kommen sie sofort da runter, oder ich schieße.

Was wollte der Polizist damit erreichen? Wenn er geschossen hätte, wäre sie sowieso heruntergefallen. Oder, sehe ich das etwa falsch? ;)

 

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