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Copywrite Dieses Haus ist nicht sicher

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07.09.2014
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Dieses Haus ist nicht sicher

Das Scheppern folgt direkt auf das Schrillen der Türklingel. Ich schaue von meinen Vokabeln auf. Meiner Mutter ist das Küchenmesser aus der Hand gerutscht. Es liegt auf dem Fußboden, mit der Schneide nach oben.

Vorgestern ist ein neuer Mieter über uns eingezogen. Wir standen am Fenster, meine Mutter und ich, als der Umzugswagen mit dem Rad am Randstein entlangschrammte. „Da zieht ein Mann ein“, sagte meine Mutter, „ein Mann mit Schulden.“ Wir überlegten, welcher es sein könnte. „Der mit den roten Haaren, der ist es“, sagte sie. „Guck doch, der jetzt aus dem Auto aussteigt. Jetzt geht er ins Haus.“ Früher wollte ich auch das zweite Gesicht haben. Einmal hat meine Mutter nachts von Japan geträumt und von Rauch. Am nächsten Tag brachten sie Fukushima in allen Nachrichten.

Ich höre, wie meine Mutter die Kette vorlegt, bevor sie die Tür öffnet.
„Moin, moin!“, ruft er, und dass er Marco Schmidt heißt und frisch aus Köln hier hochgezogen ist. Ob wir am nächsten Tag für ein Stündchen zu einem Einstandssekt kommen wollen, auf gute Nachbarschaft. Meine Mutter sagt ja, okay und danke und noch etwas, was ich nicht verstehe, und dann schweigen sie. Vielleicht wartet er darauf, dass sie die Kette abnimmt. Schließlich sagt er: „Na, dann freu ich mich. Tschö, bis morgen!“
Als ich in den Flur komme, hören wir, wie er nebenan klingelt.
„Warum hast du ja gesagt?“, frage ich, aber sie macht „Psst“ und steht mit dem Ohr an der Tür. Man hört Frau Yildiz lachen und „Herzelig willkommen!“ sagen.
„Warum hast du ja gesagt?“, flüstere ich, während sie mich in die Küche zurückschiebt. „Gehen wir hin?“
„Ich denke nicht“, sagt sie.

Aber als ich am nächsten Tag aus der Schule komme, hat meine Mutter eine Bluse angezogen. Wir gehen spät los, damit schon welche da sind, wenn wir kommen.
Während ich ihr die Treppe hinauf folge, sehe ich, dass an ihrem Hinterkopf die Haare auseinanderfallen. Man müsste einen Kamm nehmen und einmal vorsichtig über die Haare gehen, das Nest in ihrer Frisur schließen. Bei jeder Stufe muss ich hinstarren.

Wir sind die Einzigen. „Das kapier ich nicht“, sagt er. „Die von gegenüber haben gesagt, sie wissen nicht, ob sie's schaffen. Aber sonst haben alle zugesagt.“
Meine Mutter betritt das Wohnzimmer, als ob sie von hinten geschoben wird. „Trinkst du denn schon Sekt, Mia?“, fragte er mich und zwinkert mir zu.
„Nein“, sage ich, „ich bin erst vierzehn.“
„Für Sie einen?“
Meine Mutter nickt zögernd und er nimmt die Flasche vom Tisch. Überall stehen kleine Schalen mit Krackern und Chips, auch auf den Umzugskartons. Die Möbel sind zum Teil schon aufgebaut, sie sehen neu aus und ich denke an den Lärm über unseren Köpfen die letzten Tage.
„Komisch, dass sonst keiner gekommen ist“, sagt er zu meiner Mutter. „Woran kann das liegen?“ Sie zuckt mit den Schultern.
Ich räuspere mich. „Vielleicht haben die gedacht: ‚Ach, mir wird das zu viel und es sind ja genug andere da.'“
Er schaut mich an. „Tja.“ Draußen klappern Schritte und er horcht auf, aber das Geräusch entfernt sich wieder. Dann macht er sich daran, den Draht vom Sektkorken aufzudrehen. Sein Handrücken ist mit Sommersprossen gesprenkelt. Als er den Korken umfasst, sieht meine Mutter hin, als wolle er etwas erwürgen. Am liebsten möchte ich wieder nach unten gehen und meine Hausaufgaben machen.
„Und für dich eine Cola?“, fragt er. Ich schaue zu meiner Mutter und nicke. Manchmal macht es klick bei ihr. Dann lächelt sie und redet mit den Leuten. Zum Beispiel beim Einkaufen oder beim Elternsprechtag. Aber jetzt macht es nicht klick und nach kurzer Zeit unterhält er sich nur mit mir, fragt nach der Schule und meinen Hobbys und ich sage, dass ich in die Achte gehe und viel lese. Ich sage nicht, dass ich gerne Hausaufgaben mache, das ist nicht normal für ein Mädchen in meinem Alter. Meine Mutter scannt den Raum aus den Augenwinkeln und schweigt. Also rede ich von Sunny, meinem Meerschweinchen. Ich erzähle ihm, wie ich mit Bauklötzen einen Irrgarten für Sunny baue und dass ich Gras für sie rupfe als Belohnung im Ziel. Er lacht. Ich könnte ihn fragen, warum er hierher gezogen ist, in diese Wohnung. Vielleicht hat er irgendwo eine Ex-Frau, mit leerem Gesicht und einem rothaarigen Baby im Arm. Ob er wohl Unterhalt zahlt?
Bei meiner Mutter hat es immer noch nicht klick gemacht. Sie trinkt kleine Schlucke von dem Sekt und schaut den Stuhl gegenüber an, als ob da einer sitzen würde. Meine Cola ist so süß, dass sich alles in meinem Mund zusammenzieht. Marco Schmidt lauscht schon wieder Richtung Tür und fährt sich durch die Haare. Dann lacht er auf.
„Ich hab' ein neues Spielzeug. Ist natürlich Killefitz. Sie kennen das Teil sicher aus der Werbung.“ Er zeigt auf ein weißes, rundes Plastikding auf dem Fußboden.
Wir haben keinen Fernseher und schütteln den Kopf.
„Was hören Sie denn für Musik?“, fragt er. „Sagen Sie mal was. Oder du, Mia, sag mal, hast du eine Lieblingsband?“ Ich will erst mit dem Kopf schütteln, aber dann nenne ich einen von den Namen, die bei uns durch die Klasse schwirren. Er spricht ganz deutlich: „Alexa: spiele was von Justin Bieber.“

Als ich bei meiner Mutter im Bauch war, hat sie mir immer Pippi Langstrumpf vorgelesen, und seit ich auf der Welt bin, lesen wir jeden Abend etwas von Astrid Lindgren. Mama sagt, das ist der schönste Teil des Tages.
Im Moment ist wieder „Wir Kinder aus Bullerbü“ dran. Sunny sitzt auf meinem Schoß und ich kraule sie unterm Kinn. Mama verliest sich heute ständig, überspringt Wörter, ganze Zeilen. Dann schlägt sie das Buch zu. „Ich hätte den Sekt nicht trinken sollen.“
„Aber wie die Alexa die Witze erzählt hat, das war gut“, sage ich.
„Nein“, sagt sie, „das war nicht gut.“

Sie öffnet die Tür, bevor ich aufschließen kann, drängt mich mit meiner Schultasche ins Wohnzimmer und legt den Finger an die Lippen. Ich weiche zurück, sie riecht nach Schweiß, beinahe muss ich würgen.
„Ganz leise sein“, flüstert sie.
„Wieso denn?“
„Dieses Gerät da oben. Das hat der nicht zum Spaß.“
„Alexa?“
„Pssst, nicht den Namen sagen. Das weckt es doch.“
„Mama, wir sind viel zu weit weg.“
„Das glaubst du. Das glaubst auch nur du.“
„Müssen wir jetzt immer flüstern?“
Wir zucken zusammen, als es oben poltert.

Vor dem Einschlafen denke ich an den Mann über uns, an seine sommersprossigen Hände, solange, bis ich wieder wach bin. Ich schiebe meine Bettdecke herunter und streife mein T-Shirt hoch bis unters Kinn. Seit Weihnachten wölbt sich etwas Festes unter meinen Brustwarzen, es wächst und manchmal fühlt es sich an wie eine Krankheit. Heute Nacht lege ich meine Hände über die kleinen Hügel und verberge sie vor ihm, vor dem Gerät, das für ihn alles aufnimmt, was in unserer Wohnung passiert. Ich weiß, dass ich lüge, jetzt in diesem Moment.

Aus unserer Wohnung dringen schleifende Geräusche. Ich stehe vor der Tür und lausche. Als ich den Schlüssel ins Schloß stecke, ruft meine Mutter, „Moment!“ Es rumpelt und als sie öffnet, steht da eine Leiter. Ihre Haare kleben auf der Stirn und sie atmet schwer. Aber sie lächelt.
„Fliegennetze“, flüstert sie und zeigt auf die Rolle am Boden. Sie hat begonnen, sie unter der Decke zu befestigen, mit Reißzwecken. „Gut, dass du da bist. Du kannst mir die Bahnen anreichen.“
Abends zündet sie Kerzen an. Sie zieht die Vorhänge zu und verbietet mir, Licht zu machen. Er soll nicht sehen, dass wir zu Hause sind.
„Du bist doch immer da“, sage ich. Selbst die Einkäufe lässt sie neuerdings kommen. Aber heute ist etwas mit ihr passiert und ich hoffe, es ist etwas Gutes.
„Komm, ich zeig dir was.“ Sie lacht geheimnisvoll. Über meinem Bett hängt ein Regenschirm, den sie von innen mit Alufolie beklebt hat. Ich traue mich nicht, zu ihr hinzuschauen. Vielleicht weiß sie, dass ich letzte Nacht an Marco Schmidt gedacht habe. Aber sie kichert schon wieder. Als sie abends vorliest, spiegelt sich das Kerzenlicht im Schirm und sie flüstert mit glänzenden Augen: „Ist das nicht romantisch? Jetzt ärgert er sich.“ Sie sieht aus wie ein Gespenst. Nein. Wie ein Engel.

Später bleibe ich eine Weile auf dem Rücken liegen. Wie ein Ufo hängt der Schirm über mir. Darüber tastet etwas, will zu mir durch. Ich stelle mich auf das Bett und versuche den Schirm beiseite zu ziehen, ihn mit dem Knauf am Regal hinter meinem Bett abzustützen. Vergeblich, er rutscht immer ab. Frustriert lege ich mich wieder auf den Rücken. Rutsche etwas tiefer, bis mein Unterleib unter dem Schirm hervorguckt und decke mich auf. Sofort pocht es zwischen meinen Beinen. Vielleicht hat er Alexa direkt über meinem Bett auf den Fußboden gestellt. Wenn ich an seine Hände denke, wird das Pochen stärker. Auch, wenn ich an seine Stimme denke. „Mia“, sagt er, „erzähl einen Witz.“
Da löst sich der Schirm und fällt mir mit dem Knauf ins Gesicht, auf den Knochen unter mein Auge. Ich schreie. Meine Mutter steht sofort im Zimmer. Ist sie gar nicht weggewesen? Als sie mich in den Arm nimmt, kann ich nicht mehr aufhören zu weinen und sie schwört immer wieder, dass sie mich beschützen wird.

In der Schule sitze ich neben Janina.
„Nee“, sagt sie, „meine Eltern sagen, son Mist kommt ihnen nicht ins Haus. Wir wollen uns ja nicht die Bude verwanzen.“
Timo beugt sich rüber: „Wir haben eins. Du musst mal zu der sagen: Alexa, Selbstzerstörung, mach das mal.“
„Wir haben ja gar keins, aber der, der über uns wohnt.“ Ich habe mir die Worte genau überlegt. „Meine Mutter meint, dass es vielleicht irgendwie schädlich ist.“
„Du meinst, wegen Strahlung und so?“ Timo schüttelt den Kopf. „Dann kannst du gleich einpacken. Überall sind Strahlen.“
„Meine Mutter meint mehr sowas wie, dass er uns damit abhören kann.“
Janina und Timo gucken sich an und mir wird ganz heiß.
„Ausschließen kann man das nicht,“ sagt Janina langsam, „aber man soll sich da nicht so reinsteigern. Meine Meinung. Ist ja ne Wand dazwischen.“
„Ruf doch mal ganz laut: Alexa, Selbstzerstörung!“ Timo grinst und zwinkert Janina zu.

Sie ist nicht da. Auch nicht im Bett. Es ist lange her, dass ich alleine in unserer Wohnung gewesen bin, eigentlich gar nicht mehr, seit meine Mutter die Rente bekommt. Im Topf schwimmen ein paar kalte Kartoffeln, aber ich habe sowieso keinen Appetit. Ich setze mich mit meinen Hausaufgaben direkt ans Fenster, stehe aber gleich wieder auf, um nochmal im Schlafzimmer nachzusehen. Vielleicht habe ich sie übersehen, sie ist so klein und schmal, meine Mutter, vielleicht hat sie sich die Decke über den Kopf gezogen und ist in einer Falte verborgen. Ihr Bett ist leer. Auf dem Nachttisch liegt alles durcheinander, Tabletten, eine Rolle Alufolie, Stifte, bekritzelte Zettel, die ich versuche zu entziffern. Bis Sunny in meinem Zimmer quiekt. Schnell laufe ich zu ihr, nehme sie aus dem Stall und drücke sie an mein Gesicht. In diesem Moment dreht sich der Schlüssel im Schloss.
„Wo warst du?“, schreie ich. Dann erst sehe ich, wie schwer sie trägt und wie heftig sie atmet. Sie lässt die Tüten fallen, legt den Finger an die Lippen und deutet nach oben.
„Ich habe noch mehr Fliegengitter besorgt. Und Alufolie“, flüstert sie, während sie sich auf den Stuhl fallen lässt. „Und ich hab dir ein Fischbrötchen mitgebracht.“
„Und du?“, sage ich. „Was hast du gegessen?“ Eine Mutter sollte mehr wiegen als die Tochter.
„Leise!“ Sie sticht mit dem Finger mehrmals heftig Richtung Decke.
„Mama, ich finde, wir sollten uns da nicht so reinsteigern. Meine Meinung.“
Sie lacht hart auf. Dann beugt sie sich vor. „Weißt du, was heute morgen passiert ist?“
„Was denn?“
„Auf einmal ging der Herd an. Einfach so.“
„Vielleicht haben wir ihn ja angelassen.“
Sie schüttelt langsam den Kopf. „Der Schalter hat sich gedreht. Vor meinen Augen.“
„Mama!“
„Aber das ist nicht das Schlimmste.“
„Was ist das Schlimmste?“, flüstere ich.
„Du bist zu jung, du unterscheidest noch gar nicht, was du selber denkst und was dir überspielt wird. Ich spüre das genau. Seine Gedanken sind pelzig und machen ein kratziges Gefühl in der Kehle.“
Ich schlucke krampfhaft. „Was denn für Gedanken?“
Sie schüttelt den Kopf. „Du schläfst heute Nacht bei mir.“
„Bei dir? Aber ...“
„Weißt du nicht mehr, was letzte Nacht passiert ist?“
„Was soll denn da passiert sein?“
Sie stutzt und spricht ganz langsam. „Mia, hast du das mit dem Schirm vergessen?“
„Schirm?“ Mir wird übel.
Sie schnappt nach Luft.
„Wie er heruntergefallen ist? Oder, besser gesagt, heruntergefallen worden ist.“
“Ach das! Natürlich weiß ich das noch. Heute hat mich doch jeder wegen meinem Auge gefragt.“ Ich habe gesagt, dass mir ein Buch aus dem Regal ins Gesicht gefallen ist. Ein dickes Buch von Astrid Lindgren.
Meine Mutter schüttelt den Kopf.
„Du hattest es vergessen. Er hat es gelöscht.“
„Nein, natürlich erinnere ich mich. Glaubst du mir etwa nicht?“ Ich schreie fast und wieder sticht sie nach oben mit ihrem Finger und macht ein böses Gesicht.
„Merkst du wie das kratzt?“ Sie greift sich an den Hals, ihre Augen, wie zwei dunkle Murmeln. War sie dabei, als ich nachts den Schirm weggeschoben habe?
„Ich meine nur, weil die Frau Nannsen damals gesagt hat, ich soll in meinem eigenen Bett schlafen. Um selbständiger zu werden.“
„Das ist doch jetzt eine völlig andere Situation.“ Auf einmal sieht sie ganz klein aus und ich schäme mich, weil ich weiß, dass sie vor der Nannsen Angst hatte. Aber sie wird mich in meinem Bett schlafen lassen.
Mama, nimmst du noch die Medizin? Nein, das frage ich nicht. Ich erzähle von dem Zettel, der unter der Hausordnung hängt. „Dieses Haus ist nicht sicher.“
Sie nickt: „Siehst du, da sind andere auch schon drauf gekommen. Mach dir keine Sorgen. Wir sind nicht allein. Es wird eine Austreibung stattfinden.“

Ich bin das stärkste Mädchen der Welt. Ich drücke lange auf den Klingelknopf, sehr lange. Als er öffnet, rufe ich: „Es ist aus, Marco Schmidt! Her mit Alexa!“ Er steht da, mit offenem Mund. Ich stoße ihn beiseite. Er versucht, Alexa zu aktivieren. Ihr Lichtring kreiselt und kreiselt. Ich schmeiße sie aus dem Fenster. „Nein!“, schreit Marco Schmidt, aber sie explodiert schon in der Luft. Das Gesicht meiner Mutter entspannt sich. Über meinem Bett ist die Zimmerdecke mit Alufolie beklebt. Ich liege auf dem Bettvorleger, die Hand zwischen den Beinen. Marco Schmidt hält mich ganz fest und schließt meine Finger mit Gewalt um Alexa. „Nimm sie“, sagt er und lacht. Ihr Lichtring kreist und ich stülpe mich um wie ein Handschuh. Meine Haut liegt innen, zuckend. Es ist das schönste Gefühl, dass ich jemals hatte.

Als es an der Tür klingelt, mache ich gerade Mathe. Ich bleibe sitzen, ohne mich zu bewegen und halte die Luft an. Es klingelt wieder. Schließlich schleiche ich zum Schlafzimmer.
„Mama, es hat geklingelt.“
Meine Mutter läuft seit gestern in Zeitlupe. Ihre Augen schauen an mir vorbei, ohne zu zwinkern. Jetzt dreht sie sich langsam weg.
Jemand ruft von draußen. Eine Frau. Ich schließe schnell die Schlafzimmertür und mache auf. Draußen steht Frau Yildiz.
„Hallo Mia. Ist deine Mutter da? Ich würde gern mal mit sie sprechen.“
Ich schüttele den Kopf.
„Meine Mutter ist nicht da. Kann ich ihr etwas ausrichten?“
„Was ist mit dein Auge passiert?“
„Ein Buch, aus dem Regal, ist blöd gefallen.“
„Oje. Pass auf, sag deine Mutter, ich hab jetzt schon dreimal die Treppe gemacht und sie hat in ihre Woche nichts gemacht. Das finde ich nicht in Ordnung.“ Sie zögert. „Oder ist sie krank?“
„Nein nein, alles gut. Ich mache die Treppe. Heute noch. Entschuldigung.“
Ich schließe die Tür vor ihrem Gesicht.

Während ich den Lappen über dem Eimer auswringe, kommt er die Treppe hinauf. Ich wringe und wringe. Seine Füße treten in mein Blickfeld und ich presse die letzten Tropfen aus dem Lappen.
„Na, du bist ja fleißig dabei. Und jetzt muss ich hier noch durchlaufen“, sagt er.
„Macht nichts“, murmele ich.
Er bleibt immer noch stehen. Also richte ich mich auf, werfe den Lappen auf den Boden und schiebe den Schrubber hinein.
„Mia“, sagt er, „warum hängst du da unten diese Zettel auf?“
„Was für Zettel?“
Er hält mir mein Papier vor die Nase. Ich sehe vorbei.
„Das war ich nicht.“
„Doch, warst du. Du bist gesehen worden. Gestern. Warum ist das Haus nicht sicher? Was meinst du damit?“
Ich nehme den Eimer und drehe mich weg.
„Mia!“
„Das war nur Spaß.“
Meine Hände zittern, als ich unsere Wohnungstür aufschließe.
„Sowas ist doch nicht lustig. Mia warte.“
Schnell drücke ich mich durch den Türspalt, obwohl das Wasser schwappt und der Schrubber hängen bleibt. Er soll das Fliegengitter nicht sehen. Dann bleibe ich mit klopfendem Herzen stehen und lausche, bis er die Treppe hinauf geht. Er hat meinen Namen noch einmal gerufen. Ich verwahre ihn für heute Nacht.

Sunny frisst gar nichts von meinem Gras. Stattdessen dreht sie sich um und beißt mich in den Finger. Dann versteckt sie sich. Ich suche sie überall, aber sogar ihr Stall ist weg.
„Mama, Sunny hat mich gebissen!“ Im Schlafzimmer riecht es nach Schweiß. Meine Mutter öffnet langsam die Augen. Ich schreie so lange, bis sie mich ansieht. Ihre Stimme klingt dumpf, als läge sie in einem dunklen Keller. „Hast du das immer noch mit Sunny? Ich dachte, die Zeiten wären vorbei.“ Ich krabble zu ihr ins Bett, dränge mich ganz dicht an ihren Rücken, an das bisschen Knochen, was sie ist, und berichte ihr genau, wie weh es getan hat.
„Mama, ich blute“, sage ich, „Mama, ich muss zum Arzt. Mama!“

 

Liebe @Chutney

Ich habe mich ein bisschen erschreckt, dass Du ausgerechnet "Der Gedankenleseapparat" gewählt hast. Für mich gibt es eine Phase, in der ich als Autorin einen Riesensprung gemacht habe, und das war direkt nach dem GLA. Deshalb habe ich ihn jetzt nicht nochmal gelesen; ich glaube, das würde ich gar nicht aushalten.

Früher wollte ich auch das zweite Gesicht haben. Einmal hat meine Mutter nachts von Japan geträumt und von Rauch. Am nächsten Tag brachten sie Fukushima in allen Nachrichten.

Umso schöner, dass Du eine so tolle Geschichte draus gemacht hast. Das hat mich wirklich erstaunt. Richtig, richtig ergreifend, empathisch, Du greifst auch genau das Thema auf, das ich eigentlich bearbeiten wollte, was mir aber nicht wirklich gelungen ist, nämlich den Co-Wahn.

Deshalb gefällt mir wohl das Ende auch so gut. Kurz frage ich mich, ob Mia die wirklich Kranke ist, aber dann weiß ich: Es ist ihre Mutter, aber das Zusammenleben macht Mia krank. Genau das wollte ich im GLA ja eigentlich auch zeigen. Dir ist das super gelungen.

Man müsste einen Kamm nehmen und einmal vorsichtig über die Haare gehen, das Nest in ihrer Frisur schließen. Bei jeder Stufe muss ich dahinstarren.

Ich finde es auch toll, solche Details aus der Ursprungsgeschichte wiederzufinden. Das fühlt sich richtig gut an. Ich wünschte, ständig würde jemand eine Geschichte von mir copywriten und es so viel besser machen als ich. :herz:

Obgleich ich ein kleines Bisschen böse war, dass Du ausgerechnet einen meiner Lieblings-Prots, den ich jemals erfunden habe, aus der Geschichte entfernt hast. :xxlmad: Aber Mia ist auch cool, und das hier ist ja offensichtlich nicht meine, sondern Deine Geschichte. Mannomann, momentan hätte ich Lust, all meine alten Geschichten hier zu überarbeiten. Nur leider keine Zeit.

Tja. Zeit, eine Reihe von Flusen (da findet sich leider noch einiges) aufzuheben, habe ich noch:

Schließlich sagt er: “Na, dann freu ich mich. Tschö, bis morgen!“
„Nein“, sage ich, “ich bin erst vierzehn.“
“Woran kann das liegen?“
“Ist das nicht romantisch? Jetzt ärgert er sich.“
„Mama, ich blute“, sage ich, “Mama, ich muss zum Arzt. Mama!“

Irgendwie ist Dir sehr häufig das öffnende Anführungszeichen, das in Deinem Fall ja ein Anführungszeichen unten sein soll (und meistens auch ist) nach oben gerutscht. Habe Dir hier alle Stellen rausgesucht, an denen ich es bemerkt habe.

Eng damit verwandt:

„Vielleicht haben die gedacht: 'Ach, mir wird das zu viel und es sind ja genug andere da.'“

Wenn Dein öffnendes Anführungszeichen ein Anführungszeichen unten ist, sollte auch das einfache öffnende Anführungszeichen unten sein. Das wäre meinem Auge zumindest sehr angenehm.

„Warum hast du ja gesagt?“, frage ich, aber sie macht „Psst“ und steht mit dem Ohr an der Tür. Man hört die Frau lachen und „Herzelig willkommen!“, sagen.

Hier zeigt sich auch eine gewisse Inkonsistenz in der Gestaltung der wörtlichen Rede. Die Mutter darf einfach "Psst" machen, ganz ohne Komma, die Nachbarin muss aber "Herzelig willkommen", sagen – warum dann mit Komma? Entscheide Dich für eine Variante, würde ich sagen. Tatsächlich wäre meiner Meinung nach ohne Komma die intuitivere Variante.

„Warum hast du ja gesagt?“, flüstere ich, während sie mich in die Küche zurückschiebt, „Gehen wir hin?“

Wenn der Redebegleitsatz eingeschoben wird, danach also ein Komma kommt und die wörtliche Rede fortgesetzt wird, dann tut man das, weil der Satz der wörtlichen Rede noch nicht vorbei war. War er aber. Deshalb würde ich es so schreiben (mit Punkt statt Komma):

„Warum hast du ja gesagt?“, flüstere ich, während sie mich in die Küche zurückschiebt. „Gehen wir hin?“

Sieht angenehmer aus, als nach einem Komma mit Großschreibung zu beginnen, findest Du nicht? Ich zumindest finde das.

Wir sind die Einzigen.

Soweit ich weiß, müsste "einzigen", wenn Du es nicht ganz besonders betonen möchtest, klein geschrieben werden (so wie auch die anderen oder die meisten).

„Die von Gegenüber haben gesagt, sie wissen nicht, ob sie's schaffen. Aber sonst haben alle zugesagt.“

"gegenüber" ist eine Präposition und wird klein geschrieben.

Vielleicht hat er irgendwo eine Ex-Frau, die mit leerem Gesicht und einem rothaarigen Baby im Arm vor dem Haus steht, dass sie mal gemeinsam gekauft haben.

Das finde ich einen krass erwachsenen Gedanken für eine Vierzehnjährige. Also, ich weiß nicht, wenn ich als Vierzehnjährige alleinstehende Männer getroffen habe, wäre mir nie in den Sinn gekommen, mir vorzustellen, dass die eine Frau mit ihrem Baby alleingelassen haben.

Ach ja, und natürlich "vor dem Haus, das" statt "vor dem Haus, dass". :p Same here:

Heute Nacht lege ich meine Hände über die kleinen Hügel und verberge sie vor ihm, vor dem Gerät, dass für ihn alles aufnimmt, was in unserer Wohnung passiert.

"das" statt "dass"

Ihre Haare kleben auf ihrer Stirn und sie atmet schwer.

n bisschen viel Possessivpronomen. Eins würde völlig reichen. Schließlich werden ihre Haare wohl kaum auf jemand anderes Stirn kleben, oder?

„Komm, ich zeig dir was.“, sie lacht geheimnisvoll.

Hier hast Du Dich auf halbem Weg erst dazu entschieden, dass Du "sie lacht geheimnisvoll" als Redebegleitsatz verwenden willst, oder? Das ist nämlich nichts Halbes und nichts Ganzes, so wie es da momentan steht.
Entweder: „Komm, ich zeig dir was.“ Sie lacht geheimnisvoll.
Oder: „Komm, ich zeig dir was“, sie lacht geheimnisvoll.
Also entweder Punkt oder Komma, aber auf keinen Fall beides direkt nacheinander. ;)

Sie sieht aus wie ein Gesp ... ein Engel.

Hier ist endlich mal eine Stelle, an der das Wor... abgebrochen wird und Du deshalb kein Leerzeichen vor den drei Punkten machst.

Timo beugt sich rüber.: „Wir haben eins. Du musst mal zu der sagen: Alexa: Selbstzerstörung, mach das mal.“

Also, erstmal natürlich kein Punkt vorm Doppelpunkt. Außerdem hast Du hier einfach in einem Gefüge drei Doppelpunkte. Das Wort "Alexa" ist sogar komplett von Doppelpunkten eingefasst. Das finde ich total unschön. Zumal Timo später "Alexa, Selbstzerstörung" sagt. Wenn Du das hier auch schon machst, ließe sich mindestens ein Doppelpunkt einsparen.

„Mama, ich finde, wir sollten uns da nicht so reinsteigern. Meine Meinung“ Sie lacht hart auf. Dann beugt sie sich vor.
„Weißt du, was heute morgen passiert ist?“

Nach Meine Meinung fehlt ein Punkt. Und danach wusste ich auch nicht mehr wirklich, wer spricht, weil ja erst Mia was sagt, dann tut die Mutter was, DANN kommt ein Zeilenumbruch und irgendjemand spricht. Da vorher die Mutter was getan hat, bin ich erst davon ausgegangen, dass Mia spricht (weil Zeilenumbruch = Sprecherwechsel). Da das aber (so wird mir einige Zeilen später klar) nicht der Fall ist, würde ich den Zeilenumbruch so machen:
Mia spricht.
Die Mutter tut was. Die Mutter spricht.
Mia spricht.
Und so weiter. Also Zeilenumbruch immer dann, wenn die handelnde und sprechende Person wechselt. Der Grundsatz "Zeilenumbruch am Sprecherwechsel" wird wohl häufig falsch verstanden. Zumindest sehe ich das hier öfters, dass jemand einen Zeilenumbruch bei jedem Wechsel des Sprechers/der Sprecherin in der wörtlichen Rede macht. In Büchern ist es aber so gestaltet, dass jede Person für Handlungen und Rede einen eigenen Absatz bekommt. Also würde die Mutter auf keinen Fall in einem Absatz handeln, in dem Mia spricht, und dann im nächsten Absatz erst selbst sprechen. Korrekter müsste der Spruch gehen: "In Dialogen Zeilenumbruch am Personenwechsel (Handlung und Sprache)."

Aber ....“

Nur drei Punkte. Niemals mehr!

„ Merkst du wie das kratzt?“

Leerzeichen weg vor "Merkst", Komma vor "wie".

Ich schließe die Tür vor ihrem Gesicht.
Als ich den Lappen über dem Eimer auswringe, kommt er die Treppe hinauf. Ich wringe und wringe.

Zwischen diesen beiden Zeilen geschieht ein Zeitsprung. Deshalb würde ich eine Leerzeile machen. Tust Du ja sonst an Zeitsprüngen ja auch.

„Mia“, sagt er , „warum hängst du da unten diese Zettel auf?“

Leerzeichen weg nach "er".

Ich dachte die Zeiten wären vorbei.

Komma vor "die".

Das war's auch schon. Mann, das war wirklich toll! Danke für diesen Copywrite.

Cheers,
Maria

 

Lieber @zigga ,

das ist eine sehr gut erzählte, spannende und authentische Geschichte.

Ich habe mich riesig gefreut über deinen Kommentar. Besonders darüber, dass du das Ganze, die Figurenzeichnung, als glaubhaft empfindest. Ich habe beruflich auch manchmal mit psychisch kranken Menschen und deren Kindern zu tun und insofern ist mir das Thema Psychose nicht ganz fremd. Dennoch hätte ich die Geschichte bestimmt schon dreimal abgebrochen, wenn nicht der Abgabetermin gestanden hätte, einfach, weil ich das irgendwie immer noch als anmaßend empfunden hätte, zu denken, ich könnte mich da wirklich reinversetzen und weil da letztlich ja doch das meiste ausgedacht ist.

Ich finde, du schreibst wahnsinnig gute Szenen. Ich kann mir alle Figuren bestens vorstellen: Mia, ihre Mutter, den Rothaarigen. Auch durch solche Details - ich weiß genau, was für ein Typ das ist, der so etwas macht.
Danke! :)

Als sie mich in den Arm nimmt, kann ich nicht mehr aufhören zu weinen und sie schwört immer wieder, dass sie mich beschützen wird. Ich bin so verwirrt.

Ja, sehr krass und gut. Ich will es nicht zu inflationär sagen, aber: authentisch.
Letzten Satz könntest du allerdings streichen.
Ja, das war bereits ein Wackelkandidat. Ist gestrichen.:)

„Du bist zu jung, du unterscheidest noch gar nicht, was du selber denkst und was dir überspielt wird. Ich spüre das genau. Seine Gedanken sind pelzig und machen ein kratziges Gefühl in der Kehle.“

Ja ja. So Zeug reden Schizophrene. Das ist beängstigend, traurig und ergreifend.
Manche von diesen Halluzinationen sind wirklich schlimm. Da habe ich ein bisschen geklaut, von jemandem, den ich vor langer Zeit kannte. Wird mir gerade erst klar, woher ich das habe.

Mann, das Mädchen tut einem aber auch leid. Sehr schwierig für Kinder, da irgendwie heraus zu kommen, wenn Eltern psychiatrisch erkrankt sind, weil es so schwierig messbar bzw. so schwer zu greifen ist.
Ja und die Grenze zur Normalität ist eben auch so fließend.

Nur das Ende hab ich nicht ganz verstanden: Wieso hängt Mia denn diesen Zettel auf? Oder wird sie auch paranoid? Das würde ich mir nicht wünschen. Das würde mich irgendwie hart deprimieren, ganz ernst. Hab ich was überlesen?
Chapeau!
Ich hoffe ja, dass das Ende ein bisschen klarer geworden ist. Dazu kommt jetzt noch das eingebildete Meerschweinchen. Ich sehe sie nicht als paranoid, auch wenn sie sicherlich in Gefahr ist psychisch krank zu werden. Sie versucht halt das Unmögliche. Um Hilfe rufen und den Schein wahren. Auch vor sich selbst.

Lieber @zigga, ich danke dir sehr, das war echt ermutigend. Und es hat mich auch sehr gerührt, wie du mit meiner Mia mitgefiebert hast.

Liebe Grüße von Chutney


Liebe @Novak,

Wie schön, dass du nochmal reingeguckt hast. Ich habe in der Anfangsszene bei dem Marco S. noch eine kleine Veränderung vorgenommen. Immerhin gibt es da jetzt eine Irritation, als Mia von dem Meerschweinchen anfängt. Man soll eigentlich nicht von Anfang an Verdacht schöpfen, nur hinterher soll es Sinn machen.
Aber vielleicht sollte ich auch noch aus dem Meerschwein einen Goldhamster machen.:lol:

Herzlichen Dank, liebe Novak, das war nochmal wichtig für mich.:)


Liebe @Fliege,

auch dir danke für deine Rückmeldung. Ich habe jetzt die Mutter zumindest stutzen lassen. Vielleicht mache ich es noch stärker. Aber dafür müsste ich sie dann schon ziemlich aus ihrer Trance holen. Hm, ich behalte das nochmal im Auge.

Herzliche Grüße nach Berlin!

 

Liebe @Chai,

vielen herzlichen Dank für die ganzen Gedanken, die du dir zu meiner Geschichte gemacht hast. Ich glaube, du erlebst die Mutter noch manipulativer, als ich sie im Kopf habe. Ich sehe sie eher als eine Verzweifelte, die gegen eine wahnhafte Bedrohung anstrampelt und ihre Tochter da mit reinzieht. Wenn man aber bedenkt, was sie damit bei Mia anrichtet, kann einen auch der Zorn packen. Den Gedanken, dass sie damit auch Elemente von der "Alexa-Bedrohung" hat, finde ich interessant.

Armer Marco Schmidt. Da kommt er mit den besten Absichten ins kühle Norddeutschland, und was erwartet ihn?
Das ist ja nett, dass mal eine mit dem armen Kerl mitfühlt.:D

Für mich verstärkt es nur nochmal, dass die Mutter eben nicht wirklich für Mia da sein kann (die wahrscheinlich nicht wirklich blutet, sondern sich nur eine Reaktion der Mutter erhofft.) Sie ist so pseudo-da, indem sie ihr erst Angst macht vor der Welt und ihr dann sagt, dass sie sie beschützen wird, sie also in Abhängigkeit hält.
Nein, für sie da sein kann sie wirklich nicht.

Wir zwei gegen den Rest der bösen Welt. Wir Kinder aus Bullerbü. Da, wo alles idyllisch ist und bleibt. Imme dieselben Bücher, immer dieselbe Idylle. Fast ein bisschen wie die Heimatfilme nach dem Krieg.
Ich denke, es gibt einen Grund, warum die Mutter diese Bücher so dringend braucht. Möglicherweise helfen sie ihr, psychisch einigermaßen stabil zu bleiben.
Das tut natürlich Mias Entwicklung nicht gut. Aber Mia stellt das nicht bewusst in Frage, da sie die Bedürfnisse ihrer Mutter spürt.

Die Mutter hat psychische Probleme, ja, ist "bisschen komisch", aber so völlig abzudrehen scheint sie erst nach dem Einzug des Nachbarn und der Bekanntschaft mit Alexa.
Ja, so habe ich mir das gedacht.

Ich denke, auch für sie ist Marco Schmidt so eine Art Dämon, wenn auch auf eine andere Art als für die Mutter.
"Dämon", hab das mal gegoogelt, ja das passt gut.

Eher, weil sie sich zu ihm - dem Verbotenen - hingezogen fühlt, und die erwachende Sexualität ist für Pubertierende ja eh immer schwierig, auch mit sogenannten normalen Müttern.
Genau.

Gott, jetzt hab ich aber viel geschwafelt. Aber spricht auf alle Fälle für den Text, dass mir so viel dazu einfällt.
Schön, dass du deine Einfälle hier lässt, liebe Chai.:)

Steht für mich auch für das Verhältnis zur Mutter. Nur, dass Mia hier das Meerschweinchen ist und die Belohnung ausbleibt.
Ich glaube, dass Mia ihr Leben sicherlich auch als einen Irrgarten empfindet. Dafür ist die Mutter auch die Ursache, aber ich halte die Mutter nicht für eine, die aus Machtgier handelt, sondern für eine Getriebene. Dennoch verstehe ich auch deine Lesart.

Hier habe ich lange gegrübelt und bin nicht drauf gekommen. Was wölbt sich denn da? Der Busen? Nee, der ist ja um die Brustwarze herum. Schwanger ist sie ja auch nicht - ich kapier's nicht ...
Naja, die Brustwarze kommt ja schon mit hoch, die bleibt ja nicht als Krater. Ach, jetzt verstehe ich, was du meinst. Ich meinte mit "unter" nicht Richtung Füße, sondern Richtung, äh, Rippen, also von vorne betrachtet: dahinter. Gott ist das schwierig. :confused: Ich lass es erstmal so, sonst ist noch keiner drüber gestolpert.

Liebe Chai, ich danke dir sehr, auch für die ganzen Stellen, die dir gefallen haben, es hat mich total gefreut, dass du mit der Geschichte etwas anfangen konntest.

Herzliche Grüße von Chutney


Liebe @Raindog ,

auch dir ganz herzlichen Dank. In deiner Geschichte "Wollmilch" hast du dich ja auch schon einmal mit einem ähnlichen Thema auseinandergesetzt. Ich freu mich riesig, dass du das hier gelungen findest.

Trotz der Tragik ist da auch so viel unterschwelliger Witz enthalten, ohne, dass du deine Protas lächerlich machst, und so viele feine Details, dass es sehr leicht ist, sich dieses Mietshaus und all seine Bewohner plastisch vorzustellen.
Dankeschön! Und danke für die ganzen Lieblingsstellen, die du zitiert hast.

Auch ein super Bild und bezeichnend natürlich für die Situation, deshalb meckere ich jetzt auch gar nicht rum, dass das Messer in Wirklichkeit auf der Seite liegt.
Es kann passieren, dass es auf dem Rücken landet und da wo ich herkomme, gab es den Aberglauben, dass dann der Hausherr erkrankt. Ich hatte es hier auch einfach als Omen gemeint.

Was ich auch klasse finde, dass Mia ihn die ganze Zeit, also auch in ihren Gedanken, immer beim vollen Namen Marco Schmidt nennt, also nicht Herr Schmidt oder Marco, als wäre Marco Schmidt mehr als ein normaler Name. Irgendwie ...
Irgendwie vielleicht ein Dämon, wie @Chai sagte. Danke für den Hinweis, das habe ich tatsächlich gar nicht so bewusst gemacht.

Hier wollte ich eigentlich motzen, von wegen ein Kopf, zwei Leute, geht doch gar nicht -, aber inzwischen denke ich, das ist Absicht von dir, weil es ja auch ein tolles Bild ist für die Symbiose zwischen den beiden.
Äh, auch keine Absicht, aber ich finde deine Erklärung prima.:shy:

Ich habe das mit dem Pseudomeerschwein auch erst nicht verstanden, am Ende deutet ja alles darauf hin, dass es nur eingebildet ist, aber vielleicht machst du es an einer früheren Stelle schon mal etwas deutlicher. Hier zum Beispiel denke ich noch, dass es Sunny gibt.
Man soll es ja auch erst ganz am Schluss verstehen, aber es soll natürlich im Nachhinein Sinn machen. Ich habe da jetzt in der M. Schmidt Besuchsszene eine kleine Irritation bei der Mutter eingebaut.

Hier überlege ich jetzt inzwischen, was das eingebildete Meeri für eine Funktion hat. Es taucht immer dann in Mias Kopf auf, wenn sie total überfordert ist, oder? Irgendwie so denke ich das jetzt.
Ja, so ähnlich dachte ich mir das. Ein Begleiter, auch weil sie so einsam ist.

Also, Mia ist schon klar, dass da ganz viel nicht stimmt mit ihrer Mum. Sie nimmt den Schweißgeruch wahr, die Verwahrlosung, fragt sich, ob sie ihre Medizin genommen hat, und versucht, alles Absonderliche vor den Hausbewohnern zu vertuschen. Sie würde sich gerne auflehnen gegen die Mutter, weil sie einiges selbst krass findet und weil sie ja schließlich auch ein Teenie ist, aber sie muss ihre Mutter stattdessen beschützen ...
Genau

Da ist oben noch von der "türkischen Familie" die Rede, dann kannst du sie auch gleich beim Namen nennen, finde ich, Mia kannte sie da doch auch schon.
Gute Idee, habe ich gemacht. Danke

Mias eigener Hilferuf, oder?
Ja.

Und mit einem Hilferuf gehst du raus, der hoffentlich auf irgendeine Weise erhört wird, denn Mia kriegt das alleine nicht hin!
Ganz tolle Copywrite-Geschichte, liebe Chutney

Und dir vielen Dank, @Raindog für den tollen Kommentar.

Liebe Grüße von Chutney:)

 

Moin, moin @Chutney ,
was für ein "Spaß", nee "Erlebnis" voll eher oder doch eher "Horror" - meine Gefühle laufen auch nach wiederholtem Lesen noch Achterbahn. Außerdem hast Du mich mit dieser Copyvariante zu Teddymarias "Gedankenleseapparat" gebracht, der war irgendwie an mir vorbei gegangen. Also Dankeschön. Ich hab mal ein paar Stellen herauskopiert, habe leider nicht geschafft alle Komms zu lesen, also sorry bei Dopplungen.

Es liegt auf dem Fußboden mit der Schneide nach oben.
oha, ein böses Omen

Früher wollte ich auch das zweite Gesicht haben
jetzt schaue ich nochmal nach den tags - nee, Alltag, also nix mit Grusel

„Moin, moin!“,
na, der hat sich aber schnell akklimatisiert

Tschö,
ja, genau das habe ich erwartet

Wir gehen spät los, damit schon welche da sind, wenn wir kommen.
grins, hat man früher irgendwie oft gemacht, war irgendwann mall mode, nette Erinnerung

Bei jeder Stufe muss ich dahinstarren.
ich stolpere jedes Mal über das "dahinstarren", persönlich gefiele mir ein daraufstarren oder ein wenig Möbel rücken besser

Draußen klappern Schritte und er horcht auf, aber das Geräusch entfernt sich wieder.
ja, doofe Situation, kennt man. Hast Du super dargestellt, ich kann die Typen alle sehen und bin dicht dabei
Nur der Übersichtlichkeit wegen würde ich nochmal nach Zeilenumbrüchen schauen, einige Gespräche sind so doll im Fließtext, andererseits, war ja lesbar

Als er den Korken umfasst, sieht meine Mutter hin, als wolle er etwas erwürgen.
Du führst mich gut dahin, das die Mutter echte Probleme hat, steigert sich wunderbar

das ist nicht normal für ein Mädchen in meinem Alter.
Und Mias will auf alle Fälle nicht auffallen, ganz normal sein, die Ärmste

Mamas Blick irrt zu mir und sie schüttelt ganz leicht den Kopf. I
Okay, die Sache mit dem Meerschwein habe ich in den Kommentaren gelesen. Sorry, da bin ich wohl einfach zu erdgebunden, ich habs trotz Deines Einschubes nicht kapiert, das sie es sich nur einbildet. Okay, nachher ist gar kein Stall da, aber davor drückt sie es sich an Gesicht? (ich hab ja dann ein Bild -mit Meerschwein?!) Aber macht nichts, es passt auch so

schaut den Stuhl gegenüber an, als ob da einer sitzt.
Irgendwie hakt der Satz bei mir. Grammatikalisch ist er bestimmt richtig, trotzdem ist es doch eher eine Erwartungshaltung also sitzen würde. Sorry, kann ich gerade nicht besser ausdrücken, aber wenn sonst niemand stolpert, schiebe ich es auf müden Kopf

Killefitz
niedlich, kannte ich noch nicht

„Nein“, sagt sie, „das war nicht gut.“
ah, hier kommt ihre Reaktion. ich hatte am Ende des Abschnitts davor irgendeine Reaktion von der Mutter oder Mia erwartet, ein Zurückweichen, abweisende Handbewegung, Ohren zuhalten, irgendeine Kleinigkeit.

„Ganz leise sein“, flüstert sie.
„Wieso denn?“
„Dieses Gerät da oben. Das hat der nicht zum Spaß.“
„Alexa?“
„Pssst, nicht den Namen sagen. Das weckt es doch.“
„Mama, wir sind viel zu weit weg.“
„Das glaubst du. Das glaubst auch nur du.“
„Müssen wir jetzt immer flüstern?“
Den Dialog finde ich super

Ich weiß, dass ich lüge, jetzt in diesem Moment.
okay, ich stehe auf der Leitung. sind das jetzt sexuelle Fantasien einer vierzehnjährigen? Echt, war das so?

Aus unsrer Wohnung
kleiner Umbaufehler

Sie sieht aus wie ein Gesp... ein Engel.
ich würde es wohl auch zu ende gedacht machen, ich glaube Gedanken sind zu schnell um mittendrin abzubrechen

Vielleicht habe ich sie übersehen, sie ist so klein und schmal, meine Mutter, vielleicht hat sie sich die Decke über den Kopf gezogen und ist in einer Falte verborgen.
mein absoluter Lieblingssatz, das sagt soviel

weil ich weiß, dass sie vor der Nannsen Angst hatte. Ich werde in meinem Bett schlafen.
Ja, das mit der "Sozialarbeiterin" und Angst verstehe ich, aber mir fehlt im zweiten Satz dann der Zusammenhang. Logisch würde ich entweder ein "deshalb" schlafe ich in meinem Bett, oder ein "trotzdem" schlafe ich bei Mama empfinden.

Mama, flüstere ich, nimmst du noch die Medizin? Nein, das frage ich nicht.
Du sagst eindeutig sie flüstert es und dann fragt sie es nicht. Also will sie flüstern, oder denkt es nur - mir verschwimmen an diesen Stellen meine Bilder, Du gast mich so nahe dran, da wird es einfach unscharf sag bitte nicht, ich muss eine Brille aufsetzten)

Ich erzähle von dem Zettel, der unter der Hausordnung hängt. „Dieses Haus ist nicht sicher.“
warum gibt sie es ihrer Mutter gegenüber nicht zu, das sie den Zettel aufgehängt hat, die wäre doch stolz auf Mia oder würde sich verstanden fühlen

Sunny frisst gar nichts von meinem Gras. Stattdessen dreht sie sich um und beißt mich in den Finger.
wie gesagt, für mich ist das Tier real, welchen Arzt muss ich jetzt aufsuchen?

„Mama, ich blute“, sage ich, „Mama, ich muss zum Arzt. Mama!“
Ja, ich lese es als Hilfeschrei. Aber da Du mir ja erklärst, das Meerschwein ist gar nicht da, müsste sich Mia ja dann selbst verletzten? Okay, ich lese nochmal ...

Aber ich mag Deine Geschichte sehr, sie ist fürchterlich dicht an der Realität, erschreckend nachfühlbar, wirklich gut geschrieben. Dankeschön!
beste Wünsch und ich freue mich sehr auf Sonntag
witch

 

Liebe @TeddyMaria ,

erstmal möchte ich mich noch einmal für deine Geschichte bedanken. Ich hatte tatsächlich ein kleines schlechtes Gewissen, diesen Text zu wählen, weil ich weiß, dass du damit nicht so ganz zufrieden warst. Aber die Grundstimmung deiner Geschichte, dass was sich da zwischen Mutter und Kind immer weiter zuzieht, das hatte mich gepackt, ich fühlte mich von den tollen Bildern und Beschreibungen inspiriert und ich hatte das Gefühl, was dazu sagen zu können. Dann kam die Alexa-Idee und dann war ich auf der Spur. Ich hatte vorher nochmal alles von dir gelesen und war beeindruckt von der schieren Vielfalt an Ideen und deinem Mut, immer wieder neue Wege zu gehen. Besonders der Text "An'ner Als" hat mich nochmal umgehauen, da hätte ich mich gar nicht rangetraut. Ich finde auch, dass du seit dem Gedankenleseapparat eine enorme Entwicklung gemacht hast und bin gespannt, wie es weitergeht bei dir.
Natürlich freu ich mich sehr, dass du meine Geschichte gelungen findest und danke dir für deine anerkennenden Worte:

Umso schöner, dass Du eine so tolle Geschichte draus gemacht hast. Das hat mich wirklich erstaunt. Richtig, richtig ergreifend, empathisch, Du greifst auch genau das Thema auf, das ich eigentlich bearbeiten wollte, was mir aber nicht wirklich gelungen ist, nämlich den Co-Wahn.
:herz:


Dann die Flusen, die ja schon eher ausgewachsene Wollmäuse sind ... :eek:
Vielen herzlichen Dank für die Arbeit, die du dir da (wieder) gemacht hast. Und einiges dabei, was ich eigentlich wissen müsste. :shy: Ich habe schon vor ein paar Tagen alles umgesetzt und deine Vorschläge jeweils übernommen. Bis auf zwei Stellen, wo ich noch schwanke.

Soweit ich weiß, müsste "einzigen", wenn Du es nicht ganz besonders betonen möchtest, klein geschrieben werden (so wie auch die anderen oder die meisten).
Ich möchte es ja besonders betonen. Ich glaube, dann kann man es auch groß schreiben.

Das finde ich einen krass erwachsenen Gedanken für eine Vierzehnjährige. Also, ich weiß nicht, wenn ich als Vierzehnjährige alleinstehende Männer getroffen habe, wäre mir nie in den Sinn gekommen, mir vorzustellen, dass die eine Frau mit ihrem Baby alleingelassen haben.
Das stimmt. Ich hatte dazu einen ganz schrägen Hintergedanken. Das die Frau mit dem Baby im Arm und dem leeren Blick ihre Mutter ist. Klar hat sie da keine bewusste Erinnerung, aber das das wie so ein Urbild in ihr drin liegt. Möglicherweise ist das auch zu unverbunden. Ursprünglich hatte ich die Mutter in der zweiten Szene sagen lassen. „Da zieht ein Mann ein", sagte meine Mutter, „ein Mann mit Schulden." statt den jetzigen Satz, der sich so ein bisschen entfernt auf Alexa bezieht: „Da zieht ein Mann ein“, sagte meine Mutter, „ein Mann, der ein Instrument spielt.“
Vielleicht wäre das Erste doch besser. Ich überlege nochmal.

Liebe @TeddyMaria, herzlichen Dank und liebe Grüße von Chutney. Ich freu mich schon auf dich am Sonntag und auf dich,

liebe @greenwitch!

Und immer gibt es noch etwas zu verbessern und zu feilen. Da waren viele gute Punkte bei und ich freue mich total, dass du den Text magst.

oha, ein böses Omen
ja, so war das gemeint.

„Moin, moin!“,

na, der hat sich aber schnell akklimatisiert
Ist ja das Erste, was man hier lernt und ich glaube, er findet das auch schick.;)

schaut den Stuhl gegenüber an, als ob da einer sitzt.

Irgendwie hakt der Satz bei mir. Grammatikalisch ist er bestimmt richtig, trotzdem ist es doch eher eine Erwartungshaltung also sitzen würde. Sorry, kann ich gerade nicht besser ausdrücken, aber wenn sonst niemand stolpert, schiebe ich es auf müden Kopf
Das habe ich geändert, @Friedrichard hatte das auch schon angemerkt. "Säße" ist mir zu korrekt, ich mache es jetzt mit "würde", wie du vorgeschlagen hast.

okay, ich stehe auf der Leitung. sind das jetzt sexuelle Fantasien einer vierzehnjährigen? Echt, war das so?
Behaupte ich hier jedenfalls.;)

Aus unsrer Wohnung

kleiner Umbaufehler
Warum? Sie steht draußen vor der Wohnungstür.

Sie sieht aus wie ein Gesp... ein Engel.

ich würde es wohl auch zu ende gedacht machen, ich glaube Gedanken sind zu schnell um mittendrin abzubrechen
Du hast natürlich recht, aber reiner stream of consciousness ist das ja sowieso nicht, es bleibt künstlich. Ich wollte zeigen, dass manche Gedanken eigentlich gar nicht erlaubt sind.

Ja, das mit der "Sozialarbeiterin" und Angst verstehe ich, aber mir fehlt im zweiten Satz dann der Zusammenhang. Logisch würde ich entweder ein "deshalb" schlafe ich in meinem Bett, oder ein "trotzdem" schlafe ich bei Mama empfinden.
Die Stelle habe ich jetzt etwas verändert. Hoffe es funktioniert besser so.

Du sagst eindeutig sie flüstert es und dann fragt sie es nicht. Also will sie flüstern, oder denkt es nur - mir verschwimmen an diesen Stellen meine Bilder, Du gast mich so nahe dran, da wird es einfach unscharf sag bitte nicht, ich muss eine Brille aufsetzten)
Ja, damit experimentiere ich in diesem Text, dass sie dem Leser so nah kommt, es erst flüstern will und es dann doch nicht tut. Ich versuche irgendwie den Denkprozess mit zu zeigen, auch wie sie sich kontrolliert. Bin mir auch nicht sicher, ob es wirklich funktioniert.

warum gibt sie es ihrer Mutter gegenüber nicht zu, das sie den Zettel aufgehängt hat, die wäre doch stolz auf Mia oder würde sich verstanden fühlen
Ich glaube, so richtig einschätzen kann sie nicht, wie die Mutter reagieren wird. Jedenfalls verhält Mia sich da durchaus auch irreal, tut etwas, wovon sie selber nicht genau weiß, warum sie das tut.

Ja, ich lese es als Hilfeschrei. Aber da Du mir ja erklärst, das Meerschwein ist gar nicht da, müsste sich Mia ja dann selbst verletzten? Okay, ich lese nochmal ...
Das Meerschweinchenthema muss ich jetzt mal ein paar Wochen ruhen lassen, glaube ich. Ich habe jetzt sogar den Hinweis, dass die Mutter am Anfang bei dem Besuch irritiert ist, als Mia davon erzählt, wieder entfernt, weil ich das Gefühl habe, dass das gar nichts bringt. Ich habe schon überlegt, es ganz aus dem Text rauszuoperieren. Ursprünglich sollte es real sein und dann sterben, weil ich dachte, ich will einen anspruchsvollen Text schreiben, da muss jetzt mal ein Tier sterben, aber dann hat es sich so entwickelt, dass es gar nicht real ist, dass es ein Gefährte für Mia ist. Das Blut am Ende ist demnach nicht real, ihr Schmerz schon.

Aber ich mag Deine Geschichte sehr, sie ist fürchterlich dicht an der Realität, erschreckend nachfühlbar, wirklich gut geschrieben. Dankeschön!

Und dir auch herzlichen Dank, liebe @greenwitch! Bis Sonntag, falls wir uns nicht vorher noch bei "Himmel und Erde" treffen. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich nochmal:

Ich habe jetzt sogar den Hinweis, dass die Mutter am Anfang bei dem Besuch irritiert ist, als Mia davon erzählt, wieder entfernt, weil ich das Gefühl habe, dass das gar nichts bringt.

Na ja, das war ja auch kein Hinweis. Also, ich hätte aus dem einen Satz nichts ableiten können. Ich mein, wer kann denn bitte aus: die Mutter guckt irritiert - auf Meerschwein nicht real schließen? Da erwartest Du echt zu viel vom Leser. Die Mutter ist eh komisch, wenn die jetzt mal komisch guckt, passt das eigentlich super ins Gesamtbild, da denkt sich kein Mensch was bei.

Ursprünglich sollte es real sein und dann sterben, weil ich dachte, ich will einen anspruchsvollen Text schreiben, da muss jetzt mal ein Tier sterben,

:lol:

Nachtrag: Vielleicht solltest Du Dich mal entscheiden, ob Du die Meerschweingeschichte dem Leser wirklich als Rätsel unterjubeln willst oder ob es zuviel Bedeutung hat, um es als das einzuführen, was es ist. Ich finde die Idee ja nett, dass es beißt am Ende, sozusagen ein Abschied von der Kindheit ist, der letzte Halt, den sie hat sich auch noch von ihr abwendet. Das ist ein starkes Bild, zu schade, um es so zu verklausulieren.

:herz: Fliege

 

Ach, jetzt verstehe ich, was du meinst. Ich meinte mit "unter" nicht Richtung Füße, sondern Richtung, äh, Rippen, also von vorne betrachtet: dahinter. Gott ist das schwierig. :confused: Ich lass es erstmal so, sonst ist noch keiner drüber gestolpert.
:idee: Nee, lass es mal so, liebe @Chutney, offenbar bin ich die einzige, die hier schwer von Begriff war. :bonk:

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Chutney,

ich habe bislang nur die Hühnerstory der Challenge von dir gelesen und fand sie gut, aber das Ding hier ist richtig stark.

Früher wollte ich auch das zweite Gesicht haben. Einmal hat meine Mutter nachts von Japan geträumt und von Rauch. Am nächsten Tag brachten sie Fukushima in allen Nachrichten.
Schönes Omen, das direkt Stimmung transportiert.

„Moin, moin!“, ruft er, und dass er Marco Schmidt heißt und frisch aus Köln hier hochgezogen ist.
Nee, ne köllsche Jung, der Marco, hat mich gleich im Sack. :thumbsup:

Während ich ihr die Treppe hinauf folge, sehe ich, dass an ihrem Hinterkopf die Haare auseinanderfallen. Man müsste einen Kamm nehmen und einmal vorsichtig über die Haare gehen, das Nest in ihrer Frisur schließen.
Die Fassade bröselt, genauso bezeichnend für den Rollentausch wie die Stelle, wo du schreibst, eine Mutter sollte mehr wiegen als das Kind.

Als er den Korken umfasst, sieht meine Mutter hin, als wolle er etwas erwürgen. Am liebsten möchte ich wieder nach unten gehen und meine Hausaufgaben machen.
Zeigt die Bredouille auf, in der Mia durch die Psychose ihrer Ma steckt und aus der sie fliehen möchte: zuviel Verantwortung und Enge für ein erwachendes Pubertierchen. Die Hausaufgaben sind für mich übrigens ein weiteres Symbol für Flucht in ein anderes, besseres Leben.

Manchmal macht es klick bei ihr. Dann lächelt sie und redet mit den Leuten. Zum Beispiel beim Einkaufen oder beim Elternsprechtag.
Ja wenn es den Schalter gäbe, wäre es für Mia erträglicher. Aber der müsste schon unsichtbar sein, damit niemand merkt, was los ist.

„Aber wie die Alexa die Witze erzählt hat, das war gut“, sage ich.
„Nein“, sagt sie, „das war nicht gut.
Oje, ich ahne was kommt.

„Alexa?“
„Pssst, nicht den Namen sagen. Das weckt es doch.“
Ahso, Bezug kapiert, geile Idee, Chutney.

Heute Nacht lege ich meine Hände über die kleinen Hügel und verberge sie vor ihm, vor dem Gerät, das für ihn alles aufnimmt, was in unserer Wohnung passiert. Ich weiß, dass ich lüge, jetzt in diesem Moment.
Eine von vielen Knallerstellen! Das sagt so viel aus über das Kind, das mit ihrer Rolle des stärkeren Organismus in der Symbiose, ihrer erwachenden Sexualität und einer möglichen eigenen Psychose jongliert. Echt krass! Auch das hier:
Wie ein Ufo hängt der Schirm über mir. Darüber tastet etwas, will zu mir durch. Ich stelle mich auf das Bett und versuche den Schirm beiseite zu ziehen, ihn mit dem Knauf am Regal hinter meinem Bett abzustützen. Vergeblich, er rutscht immer ab. Frustriert lege ich mich wieder auf den Rücken. Rutsche etwas tiefer, bis mein Unterleib unter dem Schirm hervorguckt und decke mich auf. Sofort pocht es zwischen meinen Beinen.
Gruselig die Vorstellung, dass die Mutter neben dem Bett steht und alles beobachtet. Das ist alles echt weird. Kein Wunder, dass das krank macht.

Er hat meinen Namen noch einmal gerufen. Ich verwahre ihn für heute Nacht.
Tja, wenn die Schmetterlinge einmal fliegen, sind sie nicht mehr einzufangen.

„Du bist zu jung, du unterscheidest noch gar nicht, was du selber denkst und was dir überspielt wird. Ich spüre das genau. Seine Gedanken sind pelzig und machen ein kratziges Gefühl in der Kehle.“
Auch das bezeichnend, ebenso der Herd, der sich von selbst anschaltet als offenkundiges Zeichen einer Manifestation. Mich wundert nicht, dass Mia das (fiktive?) Meerschwein als Ventil braucht, um den immensen Druck, unter dem sie steht, zu verteilen. Passend dazu die Zettel, die sie in der Hoffnung auf Hilfe als Flaschenpost im Haus verteilt. Schön auch, wie du damit spielst:
„Hast du das immer noch mit Sunny? Ich dachte, die Zeiten wären vorbei.“
Das ist geschickt, weil es durch die aufkeimende Auffälligkeit Mias die Mutter-Tochter-Symbiose verstärkt, Mia stärker zur Mutter zieht. Andererseits wächst der Druck und die Hilferufe werden lauter.

Für mich schimmert Marias Geschichte durch den Text, ist als Ursprung noch erkennbar. Dein Text funktioniert nicht nur als eigenständiges Werk, sondern übernimmt wichtige Eckdaten der Vorlage. MMn ein gelungenes Copywrite. Danke für den Text, sehr gerne gelesen.

Peace, linktofink

 

Liebe @Fliege,

schön, dass du dich nochmal gemeldet hast. Dieses Meerschweinchen ...

Die Mutter ist eh komisch, wenn die jetzt mal komisch guckt, passt das eigentlich super ins Gesamtbild, da denkt sich kein Mensch was bei.
Ja, genau das ist das Problem.:hmm:

Nachtrag: Vielleicht solltest Du Dich mal entscheiden, ob Du die Meerschweingeschichte dem Leser wirklich als Rätsel unterjubeln willst oder ob es zuviel Bedeutung hat, um es als das einzuführen, was es ist.
Das wäre natürlich auch eine Möglichkeit, es noch echter zu machen. Momentan überlege ich, ob man es nicht einfach so lassen kann, eben mit zwei Lesarten, bzw. der Irritation. Aber, wie gesagt, ich gucke mit ein bisschen Abstand nochmal drauf.

:)Ich wünsche dir noch eine großartige Zeit zwischen Wandern und Wortkrieger!

Liebe Grüße von Chutney


Liebe @Chai,
dir auch danke fürs nochmal melden. Ja, dann lass ich es so.;)
Herzliche Grüße!


Lieber @linktofink ,

ich habe bislang nur die Hühnerstory der Challenge von dir gelesen und fand sie gut, aber das Ding hier ist richtig stark.
dein Kommentar hat mich echt glücklich gemacht. Herzlichen Dank!

Nee, ne köllsche Jung, der Marco, hat mich gleich im Sack. :thumbsup:
:lol: Hach ja, schon fast wieder ein Jahr her, dass wir uns alle in Köln getroffen haben.

Gruselig die Vorstellung, dass die Mutter neben dem Bett steht und alles beobachtet. Das ist alles echt weird. Kein Wunder, dass das krank macht.
Ist auch eine Stelle, die ich in der Schwebe lassen will. Ob sie das wirklich tut, oder ob Mia das nur befürchtet.

Auch das bezeichnend, ebenso der Herd, der sich von selbst anschaltet als offenkundiges Zeichen einer Manifestation. Mich wundert nicht, dass Mia das (fiktive?) Meerschwein als Ventil braucht, um den immensen Druck, unter dem sie steht, zu verteilen. Passend dazu die Zettel, die sie in der Hoffnung auf Hilfe als Flaschenpost im Haus verteilt. Schön auch, wie du damit spielst:
Ja, eigentlich fiktiv, aber vielleicht kann das Fragezeichen auch bleiben. Die Flaschenpost ist ein tolles Bild.

Für mich schimmert Marias Geschichte durch den Text, ist als Ursprung noch erkennbar. Dein Text funktioniert nicht nur als eigenständiges Werk, sondern übernimmt wichtige Eckdaten der Vorlage. MMn ein gelungenes Copywrite.
Das freut mich auch sehr, deine Einschätzung, dass es als Copywrite funktioniert.

Lieber linktofink, was soll ich sagen, du hast ja alles gelobt, wie wunderbar! Du hast die Geschichte genauso interpretiert und empfunden, wie ich das gehofft hatte.

Herzlichen Dank und grüße mir das Rheinland!

Chutney

 

Hallo Chutney,

das Original von TeddyMaria fand ich auch schon sehr spannend zu lesen und nun freue ich mich auf deine Interpretation.


Das Scheppern folgt direkt auf das Schrillen der Türklingel. Ich schaue von meinen Vokabeln auf. Meiner Mutter ist das Küchenmesser aus der Hand gerutscht. Es liegt auf dem Fußboden mit der Schneide nach oben.
Auch beim zweiten Mal lesen fällt mir das gerutscht auf. Stimmiger fände ich gefallen, weil das Messer ja auch auf den Boden fällt. Rutschen bedeutet eher für mich, dass sie es aus Unachtsamkeit nicht richtig festgehalten hat und dann eher neben sich liegen hätte. Sie ist jedoch, wenn ich es richtig verstehe, erschrocken über das Schrillen, dann wäre gefallen stärker.

Bei jeder Stufe muss ich dahinstarren.
hinstarren reicht doch, man weiß ja, wohin sie sieht.


Die Möbel sind zum Teil schon aufgebaut, sie sehen neu aus und ich denke an den Lärm über unseren Köpfen die letzten Tage.
Der ist doch erst gestern mit dem Umzugswagen gekommen?

Manchmal macht es klick bei ihr. Dann lächelt sie und redet mit den Leuten. Zum Beispiel beim Einkaufen oder beim Elternsprechtag. Aber jetzt macht es nicht klick ...
Schön beschrieben.
Ich sage nicht, dass ich gerne Hausaufgaben mache, das ist nicht normal für ein Mädchen in meinem Alter. Meine Mutter scannt den Raum aus den Augenwinkeln und schweigt.
Das scannen mag mir hier nicht so gefallen, das passt für mich nicht zum Rest der Sprache.
Vielleicht beäugt?

Vielleicht hat er irgendwo eine Ex-Frau, die mit leerem Gesicht und einem rothaarigen Baby im Arm vor dem Haus steht, das sie mal gemeinsam gekauft haben.
Da höre ich zuviel erwachsene Gedanken raus, das leere Gesicht und das Haus, das sie gekauft haben.
Vielleicht kannst du das etwas kind/jugendgerechter formulieren?

Ich weiche zurück, sie riecht nach Schweiß, beinahe muss ich würgen.
Gutes Detail, was ihren Zustand beschreibt.

Sie sieht aus wie ein Gesp... ein Engel.
Verstehe ich nicht, dass du das Gespenst nicht ausschreibst. Sie sagt ja auch, dass sie widerlich nach Schweiß stinkt. Das würde für mich nur passen, wenn es wörtliche Rede wäre. Aber sie denkt es doch ... und beim Denken unterbricht man doch nicht ein Wort, das geht doch in einem Rutsch durchs Hirn? Jedenfalls bei mir. Nachsetzen könnte man vielleicht, dass sie noch denkt, dass sie sowas nicht denken sollte.
Janina und Timo gucken sich an und mir wird ganz heiß.
Ist das schon nach außen hin bekannt, dass die Mutter etwas anders tickt?

Im Topf schwimmen ein paar kalte Kartoffeln, aber ich habe sowieso keinen Appetit.
Die liegen noch im Wasser?


Ich setze mich mit meinen Hausaufgaben direkt ans Fenster, stehe aber gleich wieder auf, um nochmal im Schlafzimmer nachzusehen. Vielleicht habe ich sie übersehen, sie ist so klein und schmal, meine Mutter, vielleicht hat sie sich die Decke über den Kopf gezogen und ist in einer Falte verborgen.
Wie gut du die Mia mit ihren Ängsten und Irritierungen beschreibst, das ist toll.

Ihr Bett ist leer. Auf dem Nachttisch liegt alles durcheinander, Tabletten, eine Rolle Alufolie, Stifte, bekritzelte Zettel, die ich versuche zu entziffern.
Das Komma nach durcheinander finde ich schwierig, da danach die Aufzählungen kommen.
Ich würde dir einen Doppelpunkt oder ein Semikolon vorschlagen.

Sie schüttelt langsam den Kopf. „Der Schalter hat sich gedreht. Vor meinen Augen.“
„Mama!“
„Aber das ist nicht das Schlimmste.“
„Was ist das Schlimmste?“, flüstere ich.
„Du bist zu jung, du unterscheidest noch gar nicht, was du selber denkst und was dir überspielt wird. Ich spüre das genau. Seine Gedanken sind pelzig und machen ein kratziges Gefühl in der Kehle.“
O weia, die arme Mia. Wie soll sie denn mit so einer Mutter alleine klarkommen?

„Ich meine nur, weil die Frau Nannsen damals gesagt hat, ich soll in meinem eigenen Bett schlafen. Um selbständiger zu werden.“
Es gibt also eine Betreuung, wenn man auch nicht herauslesen kann, in welcher Form.
Wir sind nicht allein. Es wird eine Austreibung stattfinden.“
Das wird ja immer skuriller mit der Mutter.
Ich bin das stärkste Mädchen der Welt. Ich drücke lange auf den Klingelknopf, sehr lange. Als er öffnet, rufe ich: „Es ist aus, Marco Schmidt! Her mit Alexa!“ Er steht mit offenem Mund. Ich stoße ihn beiseite. Er versucht, Alexa zu aktivieren. Ihr Lichtring kreiselt und kreiselt. Ich schmeiße sie aus dem Fenster. „Nein!“, schreit Marco Schmidt, aber sie explodiert schon in der Luft. Das Gesicht meiner Mutter entspannt sich. Über meinem Bett ist die Zimmerdecke mit Alufolie beklebt. Ich liege auf dem Bettvorleger, die Hand zwischen den Beinen. Marco Schmidt hält mich ganz fest und schließt meine Finger mit Gewalt um Alexa. „Nimm sie“, sagt er und lacht. Ihr Lichtring kreist und ich stülpe mich um wie ein Handschuh. Meine Haut liegt innen, zuckend. Es ist das schönste Gefühl, dass ich jemals hatte.
Ein eindringlicher Abschnitt. Super geschrieben.

Wie oft putzen die eigentlich den Hausflur? Dreimal die Woche? In dem Haus möchte ich nicht wohnen müssen. :D

Er hat meinen Namen noch einmal gerufen. Ich verwahre ihn für heute Nacht.
:thumbsup:

„Hast du das immer noch mit Sunny? Ich dachte, die Zeiten wären vorbei.“
Oha, Sunny gibt es nicht. Ich interpretiere das als unerfüllten Wunsch von Mia, ein Tier haben zu wollen und aus irgendwelchen Gründen will das die Mutter nicht. Dann denkt sich das Mia und träumt davon.
Andere Mädchen reiten auf ihrem Steckenpferd herum und spielen damit, als wäre es echt, bei Mia ist es eben das Meerschweinchen.
Ich finde das fast ein wenig eins Zuviel draufgepackt auf die gesamte Geschichte, weil man ja auch denken könnte, Mia hat sie auch nicht alle.

edit:

greenwitch schrieb:
Du sagst eindeutig sie flüstert es und dann fragt sie es nicht. Also will sie flüstern, oder denkt es nur - mir verschwimmen an diesen Stellen meine Bilder, Du gast mich so nahe dran, da wird es einfach unscharf sag bitte nicht, ich muss eine Brille aufsetzten
Ich habe jetzt noch einige Kommentare nachgelesen und bei der Szene ging es mir genauso.

Hmm, das Ende gefällt mir nicht. Es wird der Geschichte nicht gerecht, finde ich. Du hast Mia so toll gezeichnet, ihre Ängste, ihr Innenleben, aber auch den Blick auf den Verfall ihrer Mutter, da kannst du meiner Ansicht nach nicht so aus der Geschichte rausgehen.

Man erfährt ja gar nichts aus dem familiären Umfeld, was der Vater für (k)eine Rolle hat, es gibt keine Verwandten oder Freunde, die auf die Zwei schauen. Alleinig die Frau Nannsen wird erwähnt, die vielleicht eine Sozialarbeiterin oder eine Psychologin sein könnte.

Ich könnte mir vorstellen, dass Mia sich als Ende überlegt, ob sie irgendwie von außen Hilfe holt, sich jemandem öffnen will, weil ihr der Zustand der Mutter über den Kopf wächst. Natürlich ist mir klar, dass ein Kind in dem Alter immer zu den Eltern stehen möchte, aber sie hat doch soviel Grips, dass sie auch Gedanken zulassen könnte, wie die Situation anders werden könnte. Ihr muss es ja Angst und Bange sein. So sehe ich Mia einfach nur noch mehr ins Chaos mit ihrer Mutter driften, bis es knallt.

Die Geschichte hat mich sehr berührt und du hast das Copy mit Bravour umgesetzt, vom Schluss eben abgesehen.

Liebe Grüße
bernadette

 

Liebe @bernadette ,

wie schön, von dir zu hören! Ich wollte mich gerade entspannt zurücklehnen, was meine Geschichte betrifft, aber du hast mich wieder nach vorne auf die Stuhlkante geholt. Bei einigen Punkten warst du jetzt das Zünglein auf der Waage, da habe ich was verändert, einige Tips habe ich gerne übernommen und bei anderem habe ich mehr Klarheit gewonnen. Danke für deinen guten Blick fürs Detail und dass du so mit meiner Mia mitgefiebert hast.

Auch beim zweiten Mal lesen fällt mir das gerutscht auf. Stimmiger fände ich gefallen, weil das Messer ja auch auf den Boden fällt. Rutschen bedeutet eher für mich, dass sie es aus Unachtsamkeit nicht richtig festgehalten hat und dann eher neben sich liegen hätte. Sie ist jedoch, wenn ich es richtig verstehe, erschrocken über das Schrillen, dann wäre gefallen stärker.
Du hast recht, dass "gefallen" eigentlich präziser wäre. Gerutscht klingt vielleicht auch eher nach nassen Händen, oder so. Trotzdem fällt es mir ganz schwer, den Ausdruck zu verändern. Ich glaube, es liegt daran, dass ich mit diesem ersten Abschnitt, auch in der Wortwahl eine Stimmung schaffen will, die auf das Thema der Geschichte hinweist. Der Fall des Messers ist ein Omen. Und für mich gerät mit dem Klingeln des neuen Nachbarn etwas "ins Rutschen", was schon vorher nicht wirklich stabil war. Der Mutter entgleitet ab da etwas, die Realität. Dieser Prozess und wie sich das auf Mia auswirkt, ist das Thema. Vielleicht ist das etwas weit hergeholt ist, aber das ist der Grund, weshalb ich das erstmal so lasse.

hinstarren reicht doch, man weiß ja, wohin sie sieht.
Stimmt, das habe ich verändert, danke!

Der ist doch erst gestern mit dem Umzugswagen gekommen?
Nein, vor drei Tagen. Die Einladung erfolgte zwei Tage nach dem Einzug und bezog sich auf den nächsten Tag.

Das scannen mag mir hier nicht so gefallen, das passt für mich nicht zum Rest der Sprache.
Vielleicht beäugt?
Hier überlege ich noch. Das Scannen trifft sehr gut das, was ich meine, da steckt was Systematisches, Absicherndes drin, aber richtig schön finde ich es auch nicht und es fällt sprachlich raus, ja. "Beäugen" wirkt irgendwie altmodisch auf mich. Vielleicht fällt mir noch was Besseres ein.

Da höre ich zuviel erwachsene Gedanken raus, das leere Gesicht und das Haus, das sie gekauft haben.
Vielleicht kannst du das etwas kind/jugendgerechter formulieren?
Das war nun echt ein darling, liebe bernadette, aber @TeddyMaria hat das auch schon kritisiert. Jetzt habe ich einen neuen Versuch gemacht:
Vielleicht hat er irgendwo eine Ex-Frau, mit leerem Gesicht und einem rothaarigen Baby im Arm. Ob er wohl Unterhalt zahlt?
Möglicherweise zeigt sich jetzt besser, woher sie diese Phantasie hat. Dass das Thema "Vater ist nicht anwesend, aber er muss eigentlich Unterhalt zahlen" ihr nicht fremd ist. Und auch die Mutter mit dem leeren Gesicht ist ihr nicht fremd.

Verstehe ich nicht, dass du das Gespenst nicht ausschreibst.
Okay, damit bist du auch nicht die Erste. Das habe ich auch verändert. Man soll da ja auch nicht so dran kleben bleiben. Jetzt heißt es:
Sie sieht aus wie ein Gespenst. Nein. Wie ein Engel.

Ist das schon nach außen hin bekannt, dass die Mutter etwas anders tickt?
Möglicherweise. Auch schon die Tatsache, dass sie sich von der Strahlung überwacht fühlt, macht sie ja merkwürdig.

Die liegen noch im Wasser?
Ja, die Mutter ist hier schon ziemlich zerfahren, schlecht organisiert.

Wie gut du die Mia mit ihren Ängsten und Irritierungen beschreibst, das ist toll.
Danke schön und überhaupt auch vielen Dank für deine vielen lobenden Anmerkungen, darüber freue ich mich sehr.

Das Komma nach durcheinander finde ich schwierig, da danach die Aufzählungen kommen.
Ich würde dir einen Doppelpunkt oder ein Semikolon vorschlagen.
Okay, ich nehme den Doppelpunkt.:)

Es gibt also eine Betreuung, wenn man auch nicht herauslesen kann, in welcher Form.
Meine Vorstellung ist, dass es mal eine gab, so etwas wie Familienhilfe, die dann aber wieder ausgesetzt wurde, als die Situation stabil schien, die Mutter den Alltag regeln konnte und Mia in der Schule keine Probleme zeigte.

Ein eindringlicher Abschnitt. Super geschrieben.
Danke!:herz:

Wie oft putzen die eigentlich den Hausflur? Dreimal die Woche? In dem Haus möchte ich nicht wohnen müssen. :D
Dreimal hat Frau Yildiz schon die Treppe in ihrer Woche geputzt und Mias Mutter, die in der darauffolgenden Woche dran gewesen wäre, nicht. Das nervt Frau Yildiz jetzt langsam.

Oha, Sunny gibt es nicht. Ich interpretiere das als unerfüllten Wunsch von Mia, ein Tier haben zu wollen und aus irgendwelchen Gründen will das die Mutter nicht. Dann denkt sich das Mia und träumt davon.
Andere Mädchen reiten auf ihrem Steckenpferd herum und spielen damit, als wäre es echt, bei Mia ist es eben das Meerschweinchen.
Ich finde das fast ein wenig eins Zuviel draufgepackt auf die gesamte Geschichte, weil man ja auch denken könnte, Mia hat sie auch nicht alle.
Mia hat einen Knacks, das sehe ich so. Wie auch nicht. Mit einer Mutter, die zumindest phasenweise kaum empathisch sein konnte, die selber labil ist, da ist Mia natürlich furchtbar bedürftig geblieben. Sich ein Tier als Begleiter auszudenken, und felsenfest darauf zu bestehen, dass es real ist, das tun Kinder gar nicht mal so selten. Meist sind sie dann jünger, es ist eine Phase. Mia kommt jetzt darauf zurück, als sie wirklich in Not gerät.

@greenwitch schrieb:

Du sagst eindeutig sie flüstert es und dann fragt sie es nicht. Also will sie flüstern, oder denkt es nur - mir verschwimmen an diesen Stellen meine Bilder, Du gast mich so nahe dran, da wird es einfach unscharf sag bitte nicht, ich muss eine Brille aufsetzten

Ich habe jetzt noch einige Kommentare nachgelesen und bei der Szene ging es mir genauso.
An einigen Stellen habe ich ein bisschen mit Ausdrucksformen experimentiert, aber ich denke jetzt, das Problem ist, dass ich das nicht konsequent genug getan habe. Sowas geht als Stilmittel nur durch, wenn man es ein paarmal wiederholt, genau wie mit dem Gesp... Insofern habe ich es jetzt geändert. Ich habe das "flüstere ich" einfach weggelassen. Danke!

Hmm, das Ende gefällt mir nicht. Es wird der Geschichte nicht gerecht, finde ich. Du hast Mia so toll gezeichnet, ihre Ängste, ihr Innenleben, aber auch den Blick auf den Verfall ihrer Mutter, da kannst du meiner Ansicht nach nicht so aus der Geschichte rausgehen.
Hm, eigentlich bin ich mit dem Ende momentan ganz zufrieden. Ich gehe an dem Punkt raus, wo die Umgebung so langsam mitbekommt, dass da was nicht stimmt und wo Mia anfängt um Hilfe zu schreien, ihre Mutter anzuschreien.

Man erfährt ja gar nichts aus dem familiären Umfeld, was der Vater für (k)eine Rolle hat, es gibt keine Verwandten oder Freunde, die auf die Zwei schauen. Alleinig die Frau Nannsen wird erwähnt, die vielleicht eine Sozialarbeiterin oder eine Psychologin sein könnte.
Ich sehe die beiden wirklich ziemlich alleine.


Ich könnte mir vorstellen, dass Mia sich als Ende überlegt, ob sie irgendwie von außen Hilfe holt, sich jemandem öffnen will, weil ihr der Zustand der Mutter über den Kopf wächst. Natürlich ist mir klar, dass ein Kind in dem Alter immer zu den Eltern stehen möchte, aber sie hat doch soviel Grips, dass sie auch Gedanken zulassen könnte, wie die Situation anders werden könnte. Ihr muss es ja Angst und Bange sein. So sehe ich Mia einfach nur noch mehr ins Chaos mit ihrer Mutter driften, bis es knallt.
Wenn in der Familie was nicht stimmt, sind Kinder meistens sehr vorsichtig und verschwiegen. Normalität vorzuspielen, anderen gegenüber, aber auch sich selbst gegenüber, hat da Priorität. Eine Psychose ist für ein Kind ganz schwer fassbar. Das Wissen darüber, wie ernst die Situation ist, und der Schmerz über die Verletzungen, die das für das Kind bedeutet, dringt dann an anderen Ecken heraus, über Symptome eben. Für mich ist Mia gleichzeitig dabei zu vertuschen und um Hilfe zu schreien, auf ihre Weise.
Ich hatte lange vor, noch zu beschreiben, wie eine Zwangsunterbringung nach Psych-KG abläuft und hatte mich dafür sogar ausführlich mit einem Freund unterhalten, der solche Unterbringungen mit durchführt, nachdem z.B die Nachbarn Alarm geschlagen haben. Aber für die Geschichte fand ich das nicht mehr so relevant. Es ging mir um diesen Kokon, in dem sich Mutter und Tochter befinden, was das Verhalten der Mutter bei diesem Mädchen in der Pubertät auslöst.

Die Geschichte hat mich sehr berührt und du hast das Copy mit Bravour umgesetzt, vom Schluss eben abgesehen.

Liebe bernadette, ich danke dir sehr, das hat mir viel gebracht. Einen schönen Sonntag dir und herzliche Grüße in den Süden

von Chutney

 

Liebe Chutney,

tolle Geschichte.

Hobbies
Plural: Hobbys

Bei meiner Mutter hat es immer noch nicht klick gemacht.
Spannnend, das mit dem "klick"

„Aber wie die Alexa die Witze erzählt hat, das war gut“, sage ich.
„Nein“, sagt sie, „das war nicht gut.“
Gefällt mir.

Aus unsrer Wohnung
unserer

Ich finde, du benutzt zu oft (20x) das m.E. unschöne "dass", wo es sich doch oft ersetzen lässt:

und ich hoffe, dass es etwas Gutes ist.
hoffe, es ist etwas Gutes.

Ich habe gesagt, dass mir ein Buch aus dem Regal ins Gesicht gefallen ist.
gesagt, mir sei ...

seit meine Mutter die Rente bekommt.
Aha, wohl keine Altersrente, denke ich.

Seine Gedanken sind pelzig und machen ein kratziges Gefühl in der Kehle.
Sehr schön!

Ich krabbel
Duden sagt: ich krabb[e]le

Die beginnende "Weiblichkeit" des Mädchen ... Hm, denke, die muss hier gar nicht sein. Es geht doch um die Stimmen, die Ahnungen der Mutter. Davon hätte es ruhig etwas mehr sein dürfen.
Hat der Mann z.B. tatsächlich Schulden usw.

Gerne gelesen.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Lieber @GoMusic ,
vielen Dank für deine Gedanken zu meinem Text, es gibt doch immer noch etwas zu feilen. Und ich freu mich sehr, dass er dir gefallen hat. (Oje, schon wieder ein "dass")

Plural: Hobbys
Ups, da bin ich wohl ins Englische gerutscht. Danke!

unserer
ist geändert.

Ich finde, du benutzt zu oft (20x) das m.E. unschöne "dass", wo es sich doch oft ersetzen lässt:
Da will ich mal drauf achten, guter Hinweis.

hoffe, es ist etwas Gutes.
Hier habe ich es so übernommen. Danke.

gesagt, mir sei ...
Und das war mir für ein junges Mädchen zu korrekt.

Aha, wohl keine Altersrente, denke ich.
Genau.

Sehr schön!
Danke für die Stellen die du lobend erwähnt hast. Das freut mich natürlich!:)

Duden sagt: ich krabb[e]le
ist geändert.

Die beginnende "Weiblichkeit" des Mädchen ... Hm, denke, die muss hier gar nicht sein. Es geht doch um die Stimmen, die Ahnungen der Mutter. Davon hätte es ruhig etwas mehr sein dürfen.
Hat der Mann z.B. tatsächlich Schulden usw.
Die Mutter ist nicht wirklich hellsichtig. Sensibel wahrscheinlich, aber im Wesentlichen entwickelt sie hier einen Verfolgungswahn. Es ging mir darum, wie Mia das verarbeitet, wie sie damit umgeht und welchen Film sie selber fährt, auch vor dem Hintergrund ihrer erwachenden Sexualität. Mit den Schulden, das habe ich nochmal verändert, vorher sagte sie "er spielt ein Instrument", das hätte man auf Alexa hindrehen können. Die Schulden wiederum auf Mias Idee, dass er vielleicht keinen Unterhalt zahlt. Nee, das Mystische ist mehr so deins. ;)

Gerne gelesen.
Super und nochmal danke! Ich wünsche dir noch einen schönen Abend, GoMusic!

Liebe Grüße von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Chutney.

Ich finde das einen ganz starken Text - und ein ausgezeichnetes Cover über TeddyMarias Geschichte.
So stelle ich mir copywrite vor, du greifst den Geist des Originals auf, verschiebst ein paar Requisiten und erzählst eine komplett eigenständige Geschichte. Wunderbar.

Es ist ja immer traurig, wenn in einer Gemeinschaft ein Part (psychisch) erkrankt und dann alle anderen zu Co-Abhängigen der Krankheit werden. In deinem (wie auch Teddys) Fall wird das Kind in eine Rolle gedrängt, die es als Kind noch gar nicht ausfüllen kann. Es täuscht vor, überspielt die Psychose der Mutter und muss gleichzeitig mit sich selber zurande kommen. Viele neue Eindrücke und die Veränderung des eigenen Körpers, lösen Verwirrung aus und treiben Mia an den Rand der gleichen pathologischen Erschöpfung, wie der Mutter. Soweit mal meine Lesart.

Es liegt auf dem Fußboden mit der Schneide nach oben.
Du hattest da früher ein Komma drin, und weist du was? Ich fand das tatsächlich gut, unterstreicht nämlich "das Omen".
Oder sogar mit Punkt: Es liegt auf dem Fußboden. Mit der Schneide nach oben.
Aber das ist sicher so ein Geschmacksdingens.

Früher wollte ich auch das zweite Gesicht haben.
Ja, weil es Mutter zu was besonderem machte, heute wirkt das auf Mia eher nur noch sonderlich. Beängstigend.

„Warum hast du ja gesagt?“, frage ich, aber sie macht „Psst“ und steht mit dem Ohr an der Tür. Man hört Frau Yildiz lachen und „Herzelig willkommen!“ sagen.
„Warum hast du ja gesagt?“, flüstere ich, während sie mich in die Küche zurückschiebt. „Gehen wir hin?“
„Ich denke nicht“, sagt sie.
Lebendig. Mag ich total. Da ist bei mir sofort Kopfkino. Herrlich.

Während ich ihr die Treppe hinauf folge, sehe ich, dass an ihrem Hinterkopf die Haare auseinanderfallen. Man müsste einen Kamm nehmen und einmal vorsichtig über die Haare gehen, das Nest in ihrer Frisur schließen. Bei jeder Stufe muss ich hinstarren.
Gut gewählte Detailschilderung, steigert die Beklemmung mit zunehmendem Lesen.

„Vielleicht haben die gedacht: ‚Ach, mir wird das zu viel und es sind ja genug andere da.'“
Wie Mia nach Mamas Schulterzucken da sofort die Initiative für Erklärungen übernimmt, sagt viel über das Verhältnis Mia/Mama aus. ;)

Ich sage nicht, dass ich gerne Hausaufgaben mache, das ist nicht normal für ein Mädchen in meinem Alter.
Und wieder ein Blick auf Mias Schutzpanzer.

Vielleicht hat er irgendwo eine Ex-Frau, mit leerem Gesicht und einem rothaarigen Baby im Arm. Ob er wohl Unterhalt zahlt?
Das hat bei mir erst Stirnrunzeln erzeugt, aber später nach dem Konsultieren der Kommentare hat's klick gemacht. Jetzt sehe ich das jedenfalls als Reflektion auf ihr eigenes junges Leben.

Sie kennen das Ding sicher aus der Werbung.“ Er zeigt auf ein weißes, rundes Plastikding auf dem Fußboden.
Ding/ding :D Vlt "Sie kennen das Teil ..."?

Ich will erst mit dem Kopf schütteln, aber dann nenne ich einen von den Namen, die bei uns durch die Klasse schwirren. Er spricht ganz deutlich: „Alexa: spiele was von Justin Bieber.“
Herrlich. Nur nichts preisgeben, einfach Mainstream in die Waagschale werfen. Passt. Mia, die Expertin der Täuschung. Das trifft mich zunehmend in der Magengrube.

„Aber wie die Alexa die Witze erzählt hat, das war gut“, sage ich.
„Nein“, sagt sie, „das war nicht gut.“
Klasse, schön subtil von "Himmel hoch jauchzend" zu "Tode betrübt". Ich sehe förmlich, wie Mias Mundwinkel nach unten wandern.

„Dieses Gerät da oben. Das hat der nicht zum Spaß.“
„Alexa?“
„Pssst, nicht den Namen sagen. Das weckt es doch.“
„Mama, wir sind viel zu weit weg.“
„Das glaubst du. Das glaubst auch nur du.“
„Müssen wir jetzt immer flüstern?“
Wir zucken zusammen, als es oben poltert.
Und ab jetzt gehts aber richtig los, mit Fliegennetzen und Alufolie und weiteren irrationalen Abwehrversuchen. Mia ist echt nicht zu beneiden.

Ich traue mich nicht, zu ihr hinzuschauen. Vielleicht weiß sie, dass ich letzte Nacht an Marco Schmidt gedacht habe.
Alufolie gegen Alexa. Aber wie wehre ich Mamas zweites Gesicht ab? Mia ist echt beschissen dran.

In der Schule sitze ich neben Janina.
„Nee“, sagt sie, „meine Eltern sagen, son Mist kommt ihnen nicht ins Haus. Wir wollen uns ja nicht die Bude verwanzen.“
Show, don't tell in Reinkultur. Gutes Beispiel, wie du hier dem Leser traust. Sehr schön!

Im Topf schwimmen ein paar kalte Kartoffeln, aber ich habe sowieso keinen Appetit.
Copywrite, he, he. :D

Eine Mutter sollte mehr wiegen als die Tochter.
Wie Fliege schon sagte, wow, ist die erwachsen. Oder muss es eben leider sein ...

„Mama, ich finde, wir sollten uns da nicht so reinsteigern. Meine Meinung.“
Nice try, zurück aus der (Schul-)Realität, gleich Gegensteuer zu geben.

„Ich meine nur, weil die Frau Nannsen damals gesagt hat, ich soll in meinem eigenen Bett schlafen. Um selbständiger zu werden.“
Huch, wo kommt Frau Nannsen her? Ok, Therapeutin, Sozialarbeiterin, whatever. Aber was heisst damals? Und anscheinend darf Mama jetzt wieder alleine die Mia "beschützen". Hier bin ich kurz mit meinen Gedanken abgedriftet, ob Frau Nannsen da nicht nochmal auftauchen sollte. Mia wegen.

Er steht mit offenem Mund [da].
Fehlt das da - oder war's gewollt?

Ich bin das stärkste Mädchen der Welt.
[...]
Es ist das schönste Gefühl, dass ich jemals hatte.
Cool. Genauso wirr laufen Träume ab, völlig irrationale Ereignisse lösen sich ab, Schlag auf Schlag, und erst wenn man aufwacht, bemerkt man den Nonsens. Das ausgelöste Gefühl aber, das bleibt, wabert lange nach ...

„Nein nein, alles gut. Ich mache die Treppe. Heute noch. Entschuldigung.“
Ich schließe die Tür vor ihrem Gesicht.
Ich sags ja, Co-Abhängigkeit ist scheisse. :pfeif:

Während ich den Lappen über dem Eimer auswringe, kommt er die Treppe hinauf. Ich wringe und wringe. Seine Füße treten in mein Blickfeld und ich presse die letzten Tropfen aus dem Lappen.
Schon wieder Kopfkino, ich mag es einfach.

„Na, du bist ja fleißig dabei. Und jetzt muss ich hier noch durchlaufen“, sagt er.
Sagt man das so?
Also "dabei", im Sinn von "bei der Arbeit"?

Er hält mir mein Papier vor die Nase. Ich sehe vorbei.
Damit machst du die Täterfrage klar. Mir gefällt das, weil ich ja aus Mias Sicht mitlese. Was Novak mit unzuverlässigem Erzählen aufdeckt, hat mir irgendwie gefallen, so quasi als Mias Verbündeter mehr zu wissen, als Herr Marco Schmidt oder Frau Yildiz oder eben, der Erzähler. Gut, vielleicht habe ich das auch nicht ganz kapiert mit dem unzuverlässigen Erzähler. Da muss ich wohl noch tiefer ins www eintauchen. Oder ihr klärt mich auf. :p

Er hat meinen Namen noch einmal gerufen. Ich verwahre ihn für heute Nacht.
Stark!

Und nun - das Ende, der letzte Absatz.
Ach menno, wie soll ich's sagen. Also, nach dem ersten Lesen hat's mich schon ein bisschen geärgert, Sunny nicht echt? Nur erfunden und doch so real? (Mein Freund Harvey) Ok, sacken lassen, Kommentare lesen und dann wiederkehren. So der Plan ...

:kaffee:

... Nachdem ich mir mich noch einmal in Mia hineingefühlt habe, das Heranreifen zur Frau, habe ich den letzten Abschnitt metaphorisch verstanden und komme zum Schluss, dass sie ihre erste Periode bekommt und damit auch Sunny aus ihrem Leben verschwindet. Und sie schreit, weil es der Moment ist, wo ein junges Mädchen ihre Mutter ganz dringend bei sich haben möchte. Zumindest stelle ich mir das hier so vor.

Liebe Chutney, ganz tolle Arbeit, fein austariert und gut überlegte Wortwahl.
Wieder mal ein sehr schöner Text von dir und ein gelungenes Copywrite obendrein.

Hat mir sehr gut gefallen.
Liebe Grüsse,
dot

 

Es liegt auf dem Fußboden mit der Schneide nach oben.
heißt es im Mutertext, worauf Du, lieber @dotslash anregst
Du hattest da früher ein Komma drin, und weist du was? Ich fand das tatsächlich gut, unterstreicht nämlich "das Omen".
Oder sogar mit Punkt: Es liegt auf dem Fußboden. Mit der Schneide nach oben.
Aber das ist sicher so ein Geschmacksdingens.

Warum ich mich melde?
Weil ich wohl - oder doch eher die Regeln - für das Verschwinden des Kommas verantwortlich bin. Nun gut, bei Kleist hätt' ich mich nicht gemeldet, denn der war eher Dramatiker denn Erzähler und seine Kommasetzung erfolgte quasi als Regieanweisung (kurios genug, bei den Theaterleuten, mit denen ich seit einiger Zeit zusammenarbeite, gilt das Komma immer noch als Regieanweisung). Aber der Gedanke Dots ist eine Anregung wert - dass ich alternativ einen Gedankenstrich vorschag zur Unterstreichung (die dt. Sprache ist schon seltsam und zugleich schrecklich) des Omens.

Alternativen sind immer gut, findet der

Friedel,
sofern sie ohne Gauleiter auskommen.

 

Lieber @dotslash ,
mein Sommerschnupfen geht zurück, es hat heute Nacht gewittert und ich kann wieder klar denken, jedenfalls klarer als gestern. Du kannst dir vorstellen, dass ich deinen Kommentar mit einem breiten, geschmeichelten Lächeln gelesen habe. Mein Text ist so bei dir angekommen, wie ich es mir gewünscht habe und ich freue mich riesig über die ganzen Details, die du wahrgenommen hast.
Ich hatte Glück mit @TeddyMaria , ihre Texte sind wirklich inspirierend. (Beim letzten Copywrite hatte ich auch Glück mit maria.merhaba, die ich immer noch vermisse, seufz)

In deinem (wie auch Teddys) Fall wird das Kind in eine Rolle gedrängt, die es als Kind noch gar nicht ausfüllen kann. Es täuscht vor, überspielt die Psychose der Mutter und muss gleichzeitig mit sich selber zurande kommen. Viele neue Eindrücke und die Veränderung des eigenen Körpers, lösen Verwirrung aus und treiben Mia an den Rand der gleichen pathologischen Erschöpfung, wie der Mutter. Soweit mal meine Lesart.
Ja, genauso habe ich es gemeint. Mir gefällt der Ausdruck "pathologische Erschöpfung", weil ich Mia als eine sehe, die sich die ganze Zeit furchtbar anstrengt.

Du hattest da früher ein Komma drin, und weist du was? Ich fand das tatsächlich gut, unterstreicht nämlich "das Omen".
Oder sogar mit Punkt: Es liegt auf dem Fußboden. Mit der Schneide nach oben.
Aber das ist sicher so ein Geschmacksdingens.
@Friedrichard
Danke euch beiden. Jetzt habe ich mich doch wieder für das Komma entschieden. Ich verstehe dich so, Friedl, dass es auch möglich ist. Der Gedankenstrich wäre mir zu betont und der Punkt würde diesen ersten Abschnitt noch abgehackter machen, als er ohnehin schon ist.


Ja, weil es Mutter zu was besonderem machte, heute wirkt das auf Mia eher nur noch sonderlich. Beängstigend.
Ja, ich versuche sie in einem Alter zu zeigen, wo sie zwar ungesund eng mit der Mutter verbunden ist, aber beginnt, sie in Frage zu stellen.

Wie Mia nach Mamas Schulterzucken da sofort die Initiative für Erklärungen übernimmt, sagt viel über das Verhältnis Mia/Mama aus. ;)
:)


Das hat bei mir erst Stirnrunzeln erzeugt, aber später nach dem Konsultieren der Kommentare hat's klick gemacht. Jetzt sehe ich das jedenfalls als Reflektion auf ihr eigenes junges Leben.
Ich bin mir mit der Stelle immer noch nicht ganz sicher. Sie ist so ein darling und wurde auch schon gelobt, ich glaube, bevor ich nochmal daran herumgedoktert habe, aber sie sollte ja auch eigentlich ohne Kommentare funktionieren. Ich behalte die mal im Auge.


Ding/ding :D Vlt "Sie kennen das Teil ..."?
Ups, habe ich so übernommen. Danke!


Herrlich. Nur nichts preisgeben, einfach Mainstream in die Waagschale werfen. Passt. Mia, die Expertin der Täuschung. Das trifft mich zunehmend in der Magengrube.
Hier noch einmal einen Dank an @Meuvind , der die ursprüngliche Fassung kritisierte, in der Mia den Namen einfach so nannte. Ich habe lange überlegt, welche Musik Mia wohl hören würde und glaube jetzt auch, dass die Stelle so am besten gelöst ist. Ich freu mich da besonders über deine Rückmeldung.

Klasse, schön subtil von "Himmel hoch jauchzend" zu "Tode betrübt". Ich sehe förmlich, wie Mias Mundwinkel nach unten wandern.
Ja, ab jetzt ist es nicht mehr lustig.


Show, don't tell in Reinkultur. Gutes Beispiel, wie du hier dem Leser traust. Sehr schön!
Dankeschön!

Copywrite, he, he. :D
Gut beobachtet!

Huch, wo kommt Frau Nannsen her? Ok, Therapeutin, Sozialarbeiterin, whatever. Aber was heisst damals? Und anscheinend darf Mama jetzt wieder alleine die Mia "beschützen". Hier bin ich kurz mit meinen Gedanken abgedriftet, ob Frau Nannsen da nicht nochmal auftauchen sollte. Mia wegen.
Du meinst rein inhaltlich, dass Mia jetzt gut eine Frau Nannsen brauchen könnte, oder? Ja, das stimmt, sie bräuchte dringend Hilfe von außen. Beide. (Ich habe zuerst gedacht, du meinst das auch formal, damit die Frau nicht als Thema nur einmal reingeworfen wird.)

Fehlt das da - oder war's gewollt?
Ich habe das nicht so bewußt gemacht, aber das hat ein bisschen was mit dem Traumhaften zu tun, glaube ich. Ohne "da" empfinde ich es irgendwie lyrischer, frage mich nicht warum. Ich habe es aber jetzt so geändert. "Er steht da, mit offenem Mund." Irgendwie gefällt mir das vom Rythmus her besser.


Cool. Genauso wirr laufen Träume ab, völlig irrationale Ereignisse lösen sich ab, Schlag auf Schlag, und erst wenn man aufwacht, bemerkt man den Nonsens. Das ausgelöste Gefühl aber, das bleibt, wabert lange nach ...
Ja, ich habe es mir sogar als eine Art Wachtraum/Phantasie kurz vor dem Einschlafen vorgestellt. Erst das, was ihre Mutter erfreuen würde, dann das, was sich in ihr selbst regt.

Sagt man das so?
Also "dabei", im Sinn von "bei der Arbeit"?
Doch, ich denke, das ist recht gängig.

Damit machst du die Täterfrage klar. Mir gefällt das, weil ich ja aus Mias Sicht mitlese. Was Novak mit unzuverlässigem Erzählen aufdeckt, hat mir irgendwie gefallen, so quasi als Mias Verbündeter mehr zu wissen, als Herr Marco Schmidt oder Frau Yildiz oder eben, der Erzähler. Gut, vielleicht habe ich das auch nicht ganz kapiert mit dem unzuverlässigen Erzähler. Da muss ich wohl noch tiefer ins www eintauchen. Oder ihr klärt mich auf. :p
So, wie ich es verstehe, ist es eher umgekehrt. Mia hat den Leser vorher in gewisser Weise getäuscht, indem sie die Tatsache vorenthalten hat, dass sie die Zettel geschrieben hat und ist damit als Erzählerin unzuverlässig. Du hast ja auch darauf hingewiesen wieviel sie täuscht und tarnt. Sie bildet sich ein Meerschweinchen ein und sie hängt Zettel auf. Das erfährt man als Leser eher durch Zufall.

Und nun - das Ende, der letzte Absatz.
Ach menno, wie soll ich's sagen. Also, nach dem ersten Lesen hat's mich schon ein bisschen geärgert, Sunny nicht echt? Nur erfunden und doch so real? (Mein Freund Harvey) Ok, sacken lassen, Kommentare lesen und dann wiederkehren. So der Plan ...
Seufz, es klingt so, als gehörst du doch zu denen, die vom Ende eher enttäuscht sind. Für mein Gefühl gehe ich an dem Punkt aus der Geschichte raus, wo Mia beginnt um Hilfe zu schreien. Ich habe an den letzten Tagen überlegt, ob es sich doch noch lohnen würde, die Geschichte auszuerzählen, also, mit Polizei und Einweisung der Mutter am Ende.


... Nachdem ich mir mich noch einmal in Mia hineingefühlt habe, das Heranreifen zur Frau, habe ich den letzten Abschnitt metaphorisch verstanden und komme zum Schluss, dass sie ihre erste Periode bekommt und damit auch Sunny aus ihrem Leben verschwindet. Und sie schreit, weil es der Moment ist, wo ein junges Mädchen ihre Mutter ganz dringend bei sich haben möchte. Zumindest stelle ich mir das hier so vor.
Das finde ich mal eine richtig interessante Hypothese. Und irgendwie gefällt sie mir auch, passt tatsächlich gut zum Thema der Geschichte, zur Pubertät.
Mein Gedanke war, dass Mia schreit, weil die ganze Situation sie so verletzt, dass sie um Hilfe schreit. Das Sunny verschwindet, hat was mit dem Spalt zu tun, der zwischen ihre und ihrer Mutter entstanden ist, dass sie erwachsener wird und dass sie sich zu dem Nachbarn hingezogen fühlt. "Mama, ich blute" hat auch was Kindliches. Für mich versucht sie der Mutter eine normale mütterliche Reaktion abzupressen. Und sie weiß, dass ein Arzt gebraucht wird, sie nimmt das auf sich, obwohl es ja vor allem die Mutter ist, die ihn braucht.
Ich bin unsicher, ob es gut oder schlecht ist, wenn es für ein Ende mehrere Deutungsmöglichkeiten gibt.


Liebe Chutney, ganz tolle Arbeit, fein austariert und gut überlegte Wortwahl.
Wieder mal ein sehr schöner Text von dir und ein gelungenes Copywrite obendrein.
Herzlichen Dank, Dot. Es war beglückend und anregend, mich mit deinen Gedanken auseinanderzusetzen. :herz:

Liebe Grüße von Chutney

 

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