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Thema des Monats Dietmar auf Reisen

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19.01.2004
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Dietmar auf Reisen

*gewidmet allen Dietmaren dieser Welt. Möget ihr trotzdem Spaß im Leben haben...


Das Weltall.
Unendliche Weiten.
Und noch viel unendlichere Leere.
Leer? Na ja, nicht ganz...

„Eine Millionen Zweihundertachttausend Dreihundertdreiundfünfzig... ... ...eine Millionen Zweihundertachttausend Dreihundertvierundfünfzig... ... ...eine Millionen Zweihundert-“
„Halt, den kannst du nicht mitzählen!“
„Wieso nicht?“ Null stellte seine primäre Gesichtsmotorik auf „ärgerlich“. Er hasste es, wenn ihn Eins beim Asteroidenzählen unterbrach.
„Nun,... weil das gerade kein echter Asteroid war, sondern....“
„Sondern was?“
„Sondern... eine Kokosnuss! Genau!“
„Sah mir aber verdächtig nach einem Eisen-Nickel-Asteroiden der Klasse 4 aus. Und überhaupt: Das ist totaler Quatsch! Wie sollte denn eine Kokosnuss bis hierher kommen?“
„Mit Fantasie?“, fragte Eins unschuldig wie ein kleines Kind.
„Wessen?“, grunzte Null zurück. „Unsere etwa?“
„Vielleicht?“
„So ein Schmarren! Wir sind ein Dietmar*. Hast du schon jemals gehört, dass es Dietmare mit Fantasie gibt? Nein! Also, halt dein Mikro! Lass mich einfach weiter zu Tode gelangweilt sein und nerv nicht!“
Null programmierte Dietmars Gesichtsmotorik kurzerhand auf „grummelig“ und ruderte ein wenig mit den Teleskopschlaucharmen, um sich auf den Bauch zu drehen – wie er es immer nach einem Streit mit Eins tat, auch wenn es ein mehr als unsinniges Manöver war, was er selbst nur zu gut wusste. Eins wurde er auf diese Art sowieso nicht los und der Weltraum sah eh in alle Richtungen gleich aus: ein sehr sehr düsteres Kamin-Schwarz, besprenkelt mit Abermillionen kleiner weißer Pünktchen; als ob der Gott für Schuppenflechte sich kurz übers Universum gebeugt hätte, um sich mal wieder ordentlich die Mähne zu bürsten.
Im Gegensatz zu Eins glaubte Null an keinen Gott oder irgendein anderes höheres Wesen. Unbedingter Atheismus war einer der wenigen Vorzüge, die sich aus der Bekanntschaft mit dem eigenen Schöpfer ergaben, wie Null fand. Aber in diesen Genuss war Eins nicht gekommen.
„Werde ich wohl auch nicht aller Voraussicht nach.“
„Du sollst nicht in meinen Gedanken lesen!“
„’tschuldigung.“
Mit Schaudern erinnerte sich Null an die kurze Zeit auf der Erde zurück. Und an die große Kanone.
„Ja ja, die große, böse Kanone...“
„Sei ruhig! Du warst schließlich nicht dabei!“
Was für ein wahnwitziges Unternehmen sich die Menschen damals ausgedacht hatten: Den nächstbesten Singular-Stern am Himmel anvisiert „und ab ging die Lucie“, wie es so schön hieß. Nur dass sie nicht irgendeine Lucie ins All geschossen hatten, sondern jede Menge arme, unschuldige Dietmare.
Und er war einer davon gewesen.
„Nun blas nicht solche Trübsal, Null. Du hast ja noch mich.“
„Na suuuper.“ Null rollte mit den Kameraaugen. „Da zähle ich doch lieber wieder Asteroiden. Und eins... ... ....zwei...“
„Ach, langweile dich doch alleine!“, schnaubte Eins. „Ich übe inzwischen unsere Begrüßungsrede.“

Eigentlich fand Null Asteroidenzählen gar nicht so langweilig, wie er oft behauptete. Ganz im Gegenteil: Er fand es sogar ziemlich spannend.
Das war immerhin etwas. Für jemanden, der über 5000 Jahre nichts weiter zutun gehabt hatte, als blöde Sterne und Galaxien zu zählen – wobei er damit nach zweieinhalb Monaten das erste Mal fertig gewesen war und dann einfach wieder von vorn begonnen hatte –, war so ein kleines Asteroiden- oder Kometenfeld zwischendurch ein echtes Abenteuer. Außerdem ergab es ein guten Vorwand, sich nicht mit Eins unterhalten zu müssen. Null mochte Eins nicht besonders.
Nein, falsch!
Über das Stadium des Nichtmögens war er seit knapp 875 Jahren hinaus. Er befand sich jetzt gerade in der mittleren Phase von „Hass“.
Ja, man konnte sagen, dass Null sein jüngeres, anderes Ich hasste. Anfangs war die Zweisamkeit noch ganz witzig gewesen, wie er sich erinnerte. Aber er hatte Eins nun schon seit fast 500 Jahren nicht mehr reinlegen oder so richtig ärgern können. Was blieb, war dieses ständige, infantile und äußerst nervtötende Gelaber von der Seite, ohne auch nur die geringste Möglichkeit es auf „lautlos“ zu stellen oder ganz abzuschalten. Da war doch so ein bisschen Asteroidenzählen eine echte Wohltat. Sollte Eins ruhig seine Begrüßun-
„Moment mal! WAS ÜBST DU?“
„Unsere Begrüßungsrede an die Volteronen.“
„Unsere Was an Wen?“
„Volteronen! Wir fangen seit fast 200 Jahren ihre Radiofrequenzen auf. Das musst du doch wissen!?“
„Nein, muss ich nicht. Woher denn?“
„Na, aus den Sensorenlogbüchern.“
Null kramte kurz in seinen Erinnerungsspeichermodulen rum.
„Ich find da nix. Wo ist denn die Eintragung?“
„Such unter Dateivermerk: Kappa-Delta-14 / Zielplanet / Sonstiges“

„Komisch.“, brummte Null einige Zeit später, nachdem er sich alle Aufzeichnungen der letzten 196 Jahre mehrfach angesehen hatte. „Das ist echt an mir vorbeigegangen.“
„Hättest du dich mit mir unterhalten, dann wüsstest du’s jetzt“, maulte Eins. „Aber naaein, der Herr zählt ja lieber seine Sterne und Asteroide.“
„Hättest ja mal’nen Ton sagen können!“
„Pah!“
„Und wann landen wir?“
„Nun, der Eintritt in die Atmosphäre ist in... Zehn... Neun... Acht…“
Die kleinen aber überraschend leistungsstarken Steuerdüsen an Dietmars Backbordseite übertönten den Rest des Countdowns.

„Warum hast du das gemacht?“, kreischte Eins.
„Was denn?“ Null gab sich unwissend und simulierte ein vergnügtes Pfeifen über die internen Lautsprecher.
„Das eben natürlich! Wir sind einfach an der Atmosphäre abgeprallt-“
„Och, waren doch nur 5 Grad Abweichung vom idealen Eintrittskurs. Konnte ja keiner ahnen- “
„Was heißt hier „ahnen“? Das war Absicht! Hab genau gehört, wie du’s schnell berechnet hast! Dabei waren wir über 5000 Jahre unterwegs, nur um-“
„Falsch! Ich war über 5000 Jahre unterwegs. Du bist erst irgendwo bei 2800 zugestiegen.“
„A-Aber ich hatte mir bereits einen wunderbaren Mix aus klassischen SciFi-Zitaten als Begrüßungsrede zurecht gelegt: Bürger von Volteron. Ich komme in Frieden und guter Absicht. Und: Bringt mich zu eurem Anführer! Als Alternative hätte ich noch gehabt: Ein kleiner Schritt für einen Dietmar, aber ein-
„Jetzt werd nicht albern!“
„Du machst hier solche Mätzchen und nennst mich albern?“, echauffierte sich Eins. „ Falls du’s vergessen hast: Es war unser Auftrag, Kontakt mit anderen Rassen-“
„Du kannst ihnen ja noch schnell ne Postkarte runterwerfen oder Email schreiben!“
Die Servomotoren des Androidenmundes formten einen Halbmond, während er immer weiter hinaus ins planetenlose Nichts torkelte.
„Hör auf, so bescheuert zu grinsen! So gut war der Witz nicht. Außerdem hast du gerade unsere gesamte Mission platzen lassen!“
„Ach, es findet sich bestimmt irgendwo noch ein anderer bewohnter Planet.“
„Wo denn?“
„Irgendwo da draußen eben. Vielleicht schon im nächsten Sonnensystem.“
„Pah! Das hast du doch nur gemacht, weil ich mich seit über 1000 Jahren darauf freue, endlich dieses blöde Vakuum zu verlassen und-“
„Ach, Quatsch! Bild dir bloß nichts ein.“, versetzte Null und programmierte schnell ein Unschuldsmiene. „... Oh, guck mal. Da vorn ist wieder ein kleines Asteroidenfeld! ...Und eins... ... ...zwei... ... ...drei...“
„Null?“
„Ja!? Was ist denn noch?“
„Manchmal habe ich echt das Gefühl, dass du mich hasst.“
„… vier… … …fünf…“


*Dietmar = DIplomatisch Eternal-Tmesitischer Android-Raumfahrer

 

Hallo Hagen,

da ist ja gar nichts zu korrigieren! Solltest Du etwa eine Rechtschreibkorrektur benutzen? :susp:

Thematisch hat mir die Geschichte gut gefallen. Der Dialog ist schön ausgearbeitet und die Pointe sitzt. Dass der/die Androiden "Dietmar" heißen ist für meinen Geschmack etwas zu viel, aber OK, so schlimm dann auch nicht.
Was mich noch interessieren würde: Woher kommt jetzt eigentlich Eins genau? Oder hast Du das mit Absicht im Dunkeln gelassen?

Grüße,
Naut

 
Zuletzt bearbeitet:

Woher kommt jetzt eigentlich Eins genau?
Och, du... keine Ahnung :) vielleicht ein Asteroidenschaden an der Zentralrecheneinheit.

Dass der/die Androiden "Dietmar" heißen ist für meinen Geschmack etwas zu viel
Aber da hol ich doch noch die besten Gags raus :D

Danke für Speis, Lob und Gesang ( Hmm, da war jetzt was zuviel, aber was? :hmm: )

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Hagen!

Ändlich mal ein Teckst one Rächtschraibfeler. Wi machst du das blos?

Aber zur Geschichte selber: Gut gemacht! Kann man echt nicht meckern. :thumbsup:
Auch wenn der Inhalt ein bisschen zu flach ist, um groß darüber zu diskutieren. Gelangweilter Diplomatensatellit mit Schizophrenieschaden fliegt durchs All, hat dauernd eine naive Nervensäge im Ohr, mit der er ständig im Streit liegt. Schließlich boykottiert er sogar seine eigene Mission, um der Nervensäge eins auszuwischen.
Aber irgendwie zieht die Pointe. Kein Wort zu viel und keins zu wenig. Nicht schlecht. :)

Was ich aber genau wie Naut vermisst habe, ist eine Erklärung, wie Eins entstanden ist. Könnte ja sein, dass Null ihn aus Langeweile erschaffen hat... oder so. :hmm:

Und dass Null einen Planeten, der direkt vor ihnen liegt, erst im letzten Moment sieht, will sich mir auch nicht so richtig erschließen. Da findest du bestimmt eine andere Lösung. *AufmunterndaufdeineSchulterklopf*

Die Erklärung, was ein Dietmar ist, sollte eigentlich gleich am Anfang geliefert werden. Sonst sitzt mir die bescheuerte Bezeichnung die ganze Zeit über im Hinterkopf. Du kannst ja beim ersten "Dietmar" ein Sternchen hinten und bei der Erklärung eines vorne anfügen, damit der Leser weiß, dass er nur nach unten scrollen muss. Ist jedenfalls allgemein üblich im Literaturbetrieb ;)

Ciao, Megabjörnie

 

Was ist Eternal-Tmestismus?

Moin Hagen,

Ja, witzige Geschichte. Nette Idee, knuffiger Dialog, tolle Pointe und eine Spur wohldosierter Sinnlosigkeit. Nicht übel.
Lediglich der Name Dietmar ist wirklich unter aller Kanone. Nein, es ist ein schöner Name, aber wirkt in diesem Kontext einfach unsagbar albern. Hättest du nicht nötig eigentlich.

Lass mich einfach weiter zu Tode gelangweilt sein und nerv nicht!
"Here I am. Brain with the size of a planet..."
Unsere Begrüßungsrede an die Volteronen.
Vogonen heißen die. Vogonen :D

 

@gnoebel:
Hagen hat die Volteronen schon in einer anderen "Thema des Monats"-Geschichte als Randfiguren auftauchen lassen. Kleiner Running Gag, sagt man dazu. Glaube ich... :hmm:

 

Hi Hagen

Na, da hab ich ma wieder ne Geschichte gefunden die mir gefällt, *g*.
Ganz schön hinterfotzig die Null.

Und ein schizophrener Dietmar - gröl.

Wer kommt schon 5000 Jahre ohne eigenen Schaden aus :rotfl:

weiter so.
finster

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi gnoe, meg und fin

Bin gerstern nicht mehr an die Tastatur rangekommen, weil ich nach dem Lob gnoebels erstmal drei Stunden unter der Zimmerdecke lang geschwebt bin :D

@megabjörnie

Ändlich mal ein Teckst one Rächtschraibfeler. Wi machst du das blos?
Tja, waren doch noch 2 drin, wovon ich einen gleich rausmache.

Könnte ja sein, dass Null ihn aus Langeweile erschaffen hat... oder so.
Könnte sein, ja...

Und dass Null einen Planeten, der direkt vor ihnen liegt, erst im letzten Moment sieht, will sich mir auch nicht so richtig erschließen. Da findest du bestimmt eine andere Lösung.
Dieses Plothole hab ich auch gesehen. Aber irgendwie fällt mir nischt ein, womit ich's stopfen könnte.

"Dietmar" ein Sternchen hinten
Wusste doch, dass ich noch was vergessen hab :hmm:

@gnoebel
:bounce:*überfreu* :bounce: :susp: Ich hoffe, du lobst mich hier nicht nur aus irgendwelchen falschen Pflicht- oder Schuldgefühlen heraus...

wirkt in diesem Kontext einfach unsagbar albern.
Solange wir herumalbern, können wir noch nicht tot sein! :D

"Here I am. Brain with the size of a planet..."
Ach, an den Anhalter hab ich da gar nicht weiter gedacht ...

Vogonen heißen die. Vogonen
Siehe:
megabjörnie schrieb:
Kleiner Running Gag, sagt man dazu.
...oder auch "autorial Einfallslosigkeit" genannt :D

@finster

Na, da hab ich ma wieder ne Geschichte gefunden die mir gefällt
Na, da hab ich ma wieder ne GEschichte geschrieben, die dem finster geffällt. Dann is ja alles gut :D
Ne, im Ernst: Danke für das Lob.

Wer kommt schon 5000 Jahre ohne eigenen Schaden aus
Eben!


Euch allen drei sei an dieser Stelle herzlichst gedankt. Schön wenn man sein Publikum nicht verfehlt.


Gruß mit Ruß
Hagen



[Nachtrag:]

"Eternal-tmesitisch":

eternal - lat. "ewig"
Tmesis - griech. "Trennung von eigentlich zusammenhängenden Wörtern im Satzgefüge"
Fand, dass passte... irgendwie...n bischen...?

 

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