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Dorian

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01.09.2005
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Dorian

Weltstadt München. Viel habe ich bisher nicht davon gesehen. Aber wenn sie mich nehmen, werde ich mich ohnehin daran gewöhnen müssen, in die tollsten Städte zu reisen und lediglich den Flughafen und irgendein teures Hotel besichtigen zu dürfen. Grundsätzlich gilt: Der Beruf des Beraters ist kein nine-to-five Job. Das stand in den FAQs. In irgendeinem BWLer-Forum fand ich eine Übersetzung: Zwölf- bis Vierzehn-Stunden-Tag, Wochenendarbeit ist eher Regel als Ausnahme. Dann kam meistens ein Hinweis darauf, dass dementsprechend aber auch die Bezahlung ausfalle, und dann ein zwinkernder Smiley ;-) .
Vor dem im Sonnenlicht flimmernden Glastempel bleibe ich einen Moment stehen und sehe mir die giftgrünen Buchstaben an, die ich bisher nur von der Homepage und der im krankhaft seriösen Geschäftsbriefstil verfassten Einladung zum Recruiting Day kannte. Dorian Management Consulting. In Boston gegründet, mittlerweile in der Welt zu Hause. In der Lobby tummeln sich ungefähr dreißig Leute zwischen fünfundzwanzig und nicht allzu viel älter, alle im dunklen Anzug, ein Ölfleck, der darauf wartet, einen weiteren Tropfen zu assimilieren. Ein Glatzkopf um die fünfzig im azurblauen Dreiteiler schießt an mir vorbei, schlägt mir auf die Schulter, so dass ich zusammenzucke, und schreit mir lachend ins Gesicht: „Auf auf, junger Freund, beißt Ihnen schon keiner den Kopf ab. Wer nicht kämpft, kann nur verlieren!“
Er ist ein Gentleman, hält mir die Tür auf und ermutigt mich mit einem emotionslosen Geschäftslächeln, ihm ins Innere zu folgen. Mich der Prüfung zu stellen. Bin ich wirklich einer der Besten? Bin ich wirtschaftlich verwertbar? Oder gesellschaftlicher Ausschuss? Will ich das wissen? Warum bin ich überhaupt noch mal hier?
Ich betrete die Halle und meine Schuhe machen Geräusche auf dem Marmorboden. Klack-Klack, Klack-Klack. Ich kann nicht aufhören, mich darauf zu konzentrieren, nachdem ich zwanzig Jahre lang Turnschuhe getragen habe. Der Glatzkopf legt seine Hand auf meinen Rücken und führt mich an die High Potentials heran, deren Blicke sich abschätzend von meinen Schuhen über meine Krawatte zu meinem Gesicht hocharbeiten. Zwei Frauen sind dabei. Eine zieht eine Augenbraue hoch, als sie mich sieht, die andere schenkt mir ein ehrliches Lächeln, ein „Wenn es sich irgendwie mal ergeben sollte können wir gerne zusammen Sex haben“ –Lächeln.
Die Herren der Schöpfung haben ihre Rücken durchgestreckt, die Brust raus, die Hände halten Gläser mit Wasser und Orangensaft oder sind auf dem Rücken verschränkt. Niemand hat sie in den Taschen. Erschrocken reiße ich meine aus der Hose und hoffe gegen besseres Wissen, dass es keiner mitbekommen hat. Die Augenbrauenhochzieherin lacht auf, so wie Sonja Hellmann in der achten Klasse aufgelacht hat, als ich im Sportunterricht beim Hundert-Meter-Lauf gleich beim Start über meine Schnürsenkel gestolpert bin. Der Glatzkopf knufft mich noch mal in die Seite und verschwindet dann in einem Fahrstuhl, der so eingerichtet ist, dass er mit Sofa und Sessel als Wohnzimmer verwendet werden könnte.
„Sind Sie Herr Thienelt?“
Neben mir steht eine wunderschöne Frau, deren blaue Augen mich unter einer schwarzen Designer-Hornbrille intelligent anfunkeln.
„Äh, ja, ja. Also Herr Thienelt, genau, das bin ich.“
Die Augenbrauenhochzieherin flüstert dem Typen, der bei ihr steht, etwas zu, das klingt wie „Um Gottes Willen“. Die Designerbrille macht eine Notiz auf ihrem Block und sagt: „Dann sind wir jetzt vollzählig. Es dauert noch ein bisschen, bis es losgeht. Nehmen Sie sich was zu trinken und lernen Sie einige Ihrer eventuellen Kolleginnen und Kollegen kennen.“
Sie lächelt noch einmal etwas breiter und verschwindet wieder hinter ihrem Tresen am Empfang.
Wie sympathisch sie das Wort „Mitbewerber“ umschifft hat. Eventuelle Kollegen. Aber bei Dorian sucht man ja auch Karrierewillige, die souverän genug sind, ohne Ellbogen auszukommen. Jedenfalls stand das so auf der Bewerber-Website. Ich fixiere für einen Moment die Augenbrauenhochzieherin und frage mich, wie die Chancen einer Armee stehen, die im Krieg mit Platzpatronen schießt. Das Mädchen mit dem Sex-Angebots-Lächeln findet wieder meinen Blick. Ich lächle zurück, nehme mir einen Orangensaft und beschließe, mich mit einem Flirt von meinem flauen Magen abzulenken.
Weit komme ich nicht. Michael Friedmann stellt sich mir in den Weg und streckt mir seine Hand entgegen. Die andere fährt vorsichtig durch das mafiös zurück gegelte Haar.
„Klaus Powert“, stellt Friedmann sich vor.
Ich nehme die Hand, sage „Mark Thienelt“ und schiele über Friedmanns Schulter in Richtung Sex-Lächeln. Sie zuckt mit den Schultern.
„Ja ...“, sage ich auf der Suche nach einem Wort, mit dem ich Friedmann durch die Blume sagen kann, dass ich mich eigentlich mit jemand anderem unterhalten möchte.
„Ich weiß, was du sagen willst.“
Erwischt.
„Ich meine, ich hör’s nicht zum ersten Mal.“
Armes Würstchen.
„Ich seh’ aus wie“, er hält sich ein Nasenloch zu und macht mit dem anderen ein Sauggeräusch, „die alte Schneenase.“
„Jetzt wo du’s sagst.“ Ich nicke.
„Harvard?“
„Was?“
„Hast du `n MBA in Harvard gemacht? Harvard Business School? Könnte ich drauf wetten. So was seh’ ich den Leuten immer an.“
„Nein.“
Enttäuscht nehme ich zur Kenntnis, wie Sex-Lächeln sich einem strohblonden Muskelpaket mit beginnender Glatze zuwendet.
„Ich hab’ ganz ordinär in Deutschland studiert. In Bielefeld.“
Friedmann pfeift anerkennend.
„Da ist die BWL doch so extrem mathelastig? Aber deshalb ja auch recht anerkannt, also abgesehen von der Scheiß-Stadt-“
„Ich bin kein Wiwi.“
„Aaaaahh ... Exot. Cool. Ich ja auch. Naturwissenschaftler? Physiker, oder? Könnte ich drauf wetten.“
Klaus-Michael, wenn du jemals eine Pferderennbahn betrittst, wirst du sie nackt wie Gott dich schuf wieder verlassen.
„Ich habe Philosophie und Kunstgeschichte studiert.“
„So siehst du auch aus“, höre ich Augenbrauenhochzieherin flüstern. Friedmann macht ein überraschtes Gesicht, so als würde sich gerade ein Einlauf kühl durch seine Därme spülen.
„So’n Exot! Ein richtiger, echter Exot! Geisteswissenschaftler! Das ist cool. Manche sagen, diese ‚Wir nehmen alle Fachrichtungen solange der Abschluss super ist’ –Politik der größeren Unternehmensberatungen sei Quatsch, aber die haben keine Ahnung. Geisteswissenschaftler können so viel ... die können immer so gut ...“
„Labern?“
„Zum Beispiel finden Sie fast immer die richtigen Worte, ja.“
Friedmann beugt sich konspirativ zu mir rüber und flüstert: „Mach’ dich bei den Affen hier bloß nicht klein mit deinem Abschluss. Wenn du Schwäche zeigst, fressen sie dich auf. Das hier ist ’n Haifischbecken. Schlimmer als Haie. Kalmare. Hab’ ich mal im Discovery-Channel gesehen. Die haben kleine Krallen in den Saugnäpfen an ihren Fangarmen. Damit umwickeln sie alles, was sich im Wasser bewegt, und dann ... SLASH!“
Die Gespräche verstummen für eine Sekunde. Friedmann schielt mit weit aufgerissenen Augen von links nach rechts. Als er weiterredet, hat er seine Stimme wieder gedämpft. Seine Augen schreien weiter.
„Dann schwimmen zerfetzte Fleischstücke im Wasser und die stopfen sie sich dann in den Schnabel. Mann, Freude schöner Götterfunken, so ’n Quatsch, die Natur ist ein Monster!“
Er streicht sich mit Mittel- und Zeigefinger über die Lippen. In Gedanken scheint er an einer Zigarette zu ziehen.
„Nervös?“, frage ich.
„Merkt man das?“
„Bisschen schon.“
„Dabei ist das nicht mal mein erster Recruiting Day. Eigentlich sollte ich entspannt sein, weil ich ja mehr oder weniger weiß, was auf mich zukommt. Wie sieht’s bei dir aus? Warum bist du überhaupt hier? Gutes Examen ist ja klar, aber als Geisteswissenschaftler musst du doch mit irgendwas Besonderem punkten können?“
„Ich hab’ den Mathe-Leistungskurs mit eins abgeschlossen und vor dem Studium ’ne Ausbildung als Bankkaufmann gemacht. Ein Semester weniger als Regelstudienzeit gebraucht, zwischendurch Stipendium für ein Halbjahrespraktikum im Guggenheim-Museum ...“
„Wow, du bist also ’n richtig toller Stecher ganz ohne BWL?“
Ich lächle. „Yep. Ich bin der Geilste.“
Friedmann lacht.
„Philosophie und Kunstgeschichte ... Warum hast du davor die Ausbildung gemacht?“
„Für meine Eltern.“
Der Mund Friedmanns wird zu einem dünnen Schlitz und er nickt ein durch und durch ehrliches Nicken. Er weiß genau, wovon ich rede.
„Wie war’s?“
„Zum Kotzen. Da war mal ein Rentner, der fing am Schalter vor mir an zu heulen, weil halt Ebbe auf dem Konto war.“
„Ein Monster.“
„Was?“
„Die Welt.“
„Oh.“ Ich nicke. „Ja. Was hast du studiert?“
„Jura. Ich wollte schon mit sechzehn Anwalt werden. Damals habe ich Rage against the machine gehört und davon geträumt, vor Gericht für die Rechte von ausgebeuteten mexikanischen Kleinbauern zu streiten.“
Friedmann zuckt mit den Schultern.
„Und jetzt bin ich hier. Man wird halt älter. Ich kiffe auch nicht mehr so viel.“
Designerbrille kommt auf ihren Stöckelschuhen angeklackert, säuselt durch ihre blendend weißen Zähne ein paar Namen, Stockwerke und weitere Namen, die auf Schildern an Büros in den Stockwerken zu finden sind.
„Jetzt geht’s los.“ Friedmann reibt sich die Hände. „Die Stunde der Wahrheit. Schon wieder. Ich glaub’, wenn’s diesmal nicht klappt, schlage ich mir die Unternehmensberatungen erst mal aus dem Kopf. Was machst du, wenn du nicht genommen wirst?“
Ich trinke meinen Orangensaft in einem Zug leer, um Zeit für eine Antwort zu gewinnen. Wenn ich nicht genommen werde? Steht das überhaupt zur Debatte? Nach dem Leuchten in den Augen meines Vaters, als er hörte, dass ich nach vier qualvollen Jahren eines ziellosen Verlegenheitsstudiums wieder zur Vernunft gekommen war und nun versuchte, in der freien Wirtschaft Fuß zu fassen, diesem Wunderland mit den teuren Firmenwagen und den dunkelblauen Krawatten, gestreift immer von links unten nach rechts oben, so dass der Betrachter sich unterbewusst an die Kurve einer erfolgreichen Aktie erinnert fühlt? Seinem Stolz auf den verlorenen Sohn, der als Unternehmensberater-Aspirant zurückgekehrt war aus der brotlosen Unterwelt der Kinnbart tragenden Literaturcafé-Besetzer? Seinem Lächeln, als ich ihm von Dorian erzählte, diesem Moment des Glücks, in dem er tatsächlich den Krebs vergessen zu haben schien, der seit sechs Monaten seine Eingeweide in einen Haufen Matsch verwandelt?
Ich zucke mit den Schultern.
„Ich hab’ noch ’n paar Bewerbungen in die Richtung laufen“, sage ich. „Natürlich auch schon ’n Arsch voll Absagen kassiert. Nächste Woche bin ich zum Vorstellungsgespräch bei ... in Köln. Die Deutschen. Hermann Fender Strategy Consultants.“
„Da war ich auch schon“, sagt Friedmann. „Nett. Auch aufgeblasen, aber das gehört ja dazu. Insgesamt nicht ganz so künstlich“, er beugt sich zu mir rüber und flüstert wieder, „wie hier.“
„Was machst du bei einer Absage?“, frage ich.
Jetzt zucken Friedmanns Schultern. Dann grinst er.
„Ich hätte Bock, mal wieder richtig einen zu rauchen. Eimer oder so. Das man das Gefühl hat, die Lungen würden platzen.“
Er sieht an mir vorbei ins Leere.
„Vielleicht mach ich ’n Trip, um mal den Kopf frei zu bekommen. Mexiko wär’ schön.“
Designerbrille kommt wieder angeklackert und diesmal steht mein Name auf ihrem Block. Ich verabrede mich mit Friedmann für später auf ein vom Ausgang unserer Vorstellungsgespräche unabhängiges Bier.
Im Fahrstuhl gehe ich noch einmal die BWL-Grundbegriffe und die Fallstudien samt möglicher Lösungen durch, die ich für die heutigen Tag gelernt habe. Die mir die Zeit genommen haben, an meinem Horrorcomic weiterzuarbeiten. Kosten-Nutzen. Break-Even-Analyse. Aktiva und Passiva einer Bilanz. Kreditoren. Investoren.

„Ihr Klient, ein Supermarkt, verzeichnet fallende Gewinne trotz steigenden Umsatzes. Woran liegt das?“
Ich atme tief durch und sage: „Wenn wir von der einfachen Grundformel ausgehen, dass Gewinn gleich Umsatz minus Kosten ist, lässt sich zunächst vermuten, dass das Problem in zu hohen Kosten liegt. Hier wären dann die Kosten im Einzelnen, aufgelistet zum Beispiel nach fixen und variablen und dann weiter ins Detail gehend, zu untersuchen.“
Ein ernstes Gesicht und zustimmendes Nicken auf der anderen Seite des Schreibtischs. Ich glaube, bisher mache ich mich ganz gut.

 

irgendwo zwischen

nine-to-five Job.
FAQs.
BWLer-Forum Smiley ;-) .
Strategy Consultants
Homepage
Recruiting Day
Management Consulting.
in der Lobby
assimilieren, aber:
Er führt mich an die High Potentials heran,
schwarzen Designer-Hornbrille.
Die Augenbrauenhochzieherin flüstert:
Bewerber-Website.
in Richtung Sex-Lächeln.
MBA in Harvard
Harvard Business School
BWL: extrem mathelastig
Ich bin kein Wiwi.
Exot. Cool. Ich ja auch
„Labern?“
"Wenn du Schwäche zeigst, fressen sie dich auf. Das hier ist’n Haifischbecken. Schlimmer als Haie. Kalmare. Hab’ ich mal im Discovery-Channel gesehen. Die haben kleine Krallen in den Saugnäpfen an ihren Fangarmen. Damit umwickeln sie alles, was sich im Wasser bewegt, und dann ... SLASH!“
Mein erster Recruiting Day
Yep. Ich bin der Geilste

und:

„Nervös?“, frage ich.
„Merkt man das?“
„Bisschen schon.“

scheint sich irgendwo eine geschichte zu verstecken. allein, ich finde sie nicht.

dann aber dieser wirklich schöne satz:

Ich verabrede mich mit Friedmann für später auf ein vom Ausgang unserer Vorstellungsgespräche unabhängiges Bier.

davon hätte ich gern mehr gehört. vielleicht bin ich aber auch nur zu streng.

 

Moin Jungs,

Sundance:

scheint sich irgendwo eine geschichte zu verstecken.

Das täuscht :D .

Das Vokabular, über das du dich zu beschweren scheinst, die vielen Anglizismen ... Die gehören angesichts des Themas in die Geschichte.

vielleicht bin ich aber auch nur zu streng.

Who knows :) ?

Brösel:

den Smiley würde ich mir noch mal überlegen,

Wenn da öfter drüber gemeckert wird, schmeiß ich ihn raus. Ich fand nur die Idee soooo cool ...

aber ich weiß nicht, ob ich sie richtig verstanden habe;

Powert sagt hier zum zweiten Mal "Könnt' ich drauf wetten" und liegt wieder total falsch, Nackedei ist man unterwegs, wenn man schließlich nichts anderes mehr als die Klamotten am Leib zu verwetten hatte.

Hat mir gefallen.

:anstoss:

Danke, dass ihr meine Story gelesen und kommentiert habt!

Grüße,

Jan-Christoph

 

Hallo,
ich wollte auch mal was zur Geschichte sagen, also bleibt keine Zeit zu verlieren und ich fange gleich an.

Originalität/Innovativität
Ich fand das Thema gut gewählt und auch nicht abgedroschen. Etwas gänzlich Neues zu erschaffen, ist ja wohl kaum möglich, aber ich fand es ganz originell gemacht.

Charaktere
Deinen etwas verschüchterten Jobsucher konnte ich mir gut vorstellen und auch den Herrn, der ihn die ganze Zeit "zulabert", und der von einem Fettnäpfchen ins nächste läuft. Das du die anderen Charaktere nur nach einem bestimmten Merkmal "benannt" hast, fand ich ganz passend. Dann muss ich mir nicht unbedingt unzählige Namen merken, bei denen ich mich in der Mitte des Textes schon frage, wer noch einmal wer war.
Auch die Verzweiflung deines HCs kommt ganz gut rüber. Ich hab ihn mir in seinen Sorgen gut vorstellen können.

Handlung
Es passiert zwar nicht wahnsinnig viel, aber ich denke, dass deine Geschichte auch von etwas anderem zehrt. Es ist mir nicht negativ aufgefallen, dass eigentlich nicht allzu viel passiert.

Beschreibungen/Sprache/Formulierungen
Eigentlich routiniert und gut gemacht. Ich denke, dass ich meine Meinung dann aber eher in die Atmosphäre- Wertung einfließen lasse.
Allerdings muss ich sagen, dass mir deine Sprache besonders aufgrund der Satzkomposition gefallen hat (was den Rest nicht schmälern soll).
Beispiele:

In Boston gegründet, mittlerweile in der Welt zu Hause.
„So’n Exot! Ein richtiger, echter Exot! Geisteswissenschaftler! Das ist cool. Manche sagen, diese ‚Wir nehmen alle Fachrichtungen solange der Abschluss super ist’ –Politik der größeren Unternehmensberatungen sei Quatsch, aber die haben keine Ahnung. Geisteswissenschaftler können so viel ... die können immer so gut ...“
„Labern?“
„Zum Beispiel finden Sie fast immer die richtigen Worte, ja.“
Nach dem Leuchten in den Augen meines Vaters, als er hörte, dass ich nach vier qualvollen Jahren eines ziellosen Verlegenheitsstudiums wieder zur Vernunft gekommen war und nun versuchte, in der freien Wirtschaft Fuß zu fassen, diesem Wunderland mit den teuren Firmenwagen und den dunkelblauen Krawatten, gestreift immer von links unten nach rechts oben, so dass der Betrachter sich unterbewusst an die Kurve einer erfolgreichen Aktie erinnert fühlt? Seinem Stolz auf den verlorenen Sohn, der als Unternehmensberater-Aspirant zurückgekehrt war aus der brotlosen Unterwelt der Kinnbart tragenden Literaturcafé-Besetzer?

Süffigkeit
Mich hat eigentlich nichts gestört. Die Geschichte lief eigentlich gut runter.

Atmosphäre (Mixwertung)
Diese aalglatte Atmosphäre, in der man sich nur lächerlich macht, kommt eigentlich ganz gut rüber.

Spannungsaufbau
Da die Beantwortung der Frage, ob er nun genommen wird, nicht gegeben ist, ist das mit dieser Einsetzung recht schwierig. Ich hätte es schon noch gerne gewusst, aber ich gebe auch gerne zu, dass ich keine offenen Enden mag.

Verständlichkeit
Die Einordnung dieser Business-Language fällt mir immer etwas schwer, aber ich glaube, dass es in diesem Fall nicht unbedingt nötig war, alles zu verstehen.

Dialoge
Auch wenn mir der Dialog mit Friedmann fast einen Tick zu lang war, fand ich ihn eigentlich spannend geschrieben und fast schon etwas "witzig".

Bonus/ Malus
-

Gesamteindruck:
Mir hat deine Geschichte gut gefallen. Ich kann mir richtig vorstellen, dass so etwas im realen Leben bei solchen Bewerbungen dauernd passiert.

"Fehlerliste":

Er ist ein Gentleman, hält mir die Tür auf und ermutigt mich mit einem emotionslosen Geschäftslächeln, ihm ins Innere zu folgen. Mich der Prüfung zu stellen. Bin ich wirklich einer der Besten? Bin ich wirtschaftlich verwertbar? Oder gesellschaftlicher Ausschuss? Will ich das wissen? Warum bin ich überhaupt noch mal hier?
War er schon einmal da?

„Wenn es sich irgendwie mal ergeben sollte können wir gerne zusammen Sex haben“ –Lächeln.
...ergeben sollte, können...

Gruß,
vom Ritter

 

Hallo Ritter,

Vielen Dank für deine umfangreiche und dann auch noch nahezu ausschließlich positive Kritik! Hat mich sehr gefreut!

Es passiert zwar nicht wahnsinnig viel, aber ich denke, dass deine Geschichte auch von etwas anderem zehrt.

Das hoffe ich doch ... :shy:

Süffigkeit

:lol: Gut im Abgang? :lol:

War er schon einmal da?

Nee, aber das passiert beim Prot im Kopf und dementsprechend ist es glaube ich ganz o.k., dieses umgangssprachliche "noch mal" stehen zu lassen.

Wie gesagt, herzlichen Dank für die Mühe, ich glaube, so habe ich mir noch nie den Arsch aufgerissen, um das Positive an einer Geschichte herauszuarbeiten. Werde mich bessern ...

Grüße,

Jan-Christoph

 

Hi Proof,

Die mir die Zeit genommen haben, an meinem Horrorcomic weiterzuarbeiten. Kosten-Nutzen.
Dorian Gray in der Wirtschaftswelt.
und
Nach dem Leuchten in den Augen meines Vaters,
sind sehr aufschlußreiche Aussagen.
Deshalb: Anders als Sundance finde ich sehr viel Geschichte in dem Text.

Höchsterfreulich ist auch die Ausführung, die für mich nichts zu meckern läßt.
Wären alle Autoren so gründlich mit ihren KG's, würde man x-Stunden sparen, um formale Verbesserungsvorschläge zu machen.

Mir hat deine Geschichte ohne Einschränkung gefallen. In dieser Krawattenwelt ist soviel Show und der Friedmann-Typ glänzt dann nicht nur mit seinem Schopf künstlich.
Die Prots sind herrlich gezeichnet, diese Geschichte macht einfach Spaß, auch wenn man dem Prot wieder einmal wie auch in einer anderen Geschichte am liebsten in sein Hinterteil treten würde und bei diesem hier sagen:
Scheiß auf Papa und mach dein Comic fertig, es ist doch dein Leben.

Schade, dass du soviel in Horror gepostet hast, das ist einfach nicht mein Revier.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hi Bernadette,

Mir hat deine Geschichte ohne Einschränkung gefallen.

Juhu :bounce: !

Schade, dass du soviel in Horror gepostet hast, das ist einfach nicht mein Revier.

Schade, dass du keinen Horror magst :( . Geschichten wie die vorliegende, aus dem Leben, dem Hier und Jetzt, sind für mich in den letzten Jahren immer wichtiger geworden und in meinen Regalen droht das Verhältnis von phantastischer Unterhaltungsliteratur zu "richtigen" ( :sleep: ) Büchern langsam zu Gunsten der letzteren umzukippen.

Aber wo immer diese Entwicklung hingehen mag, ich liebe nach wie vor den Geruch von Kettensägenfett am Morgen ... und ich denke, das wird auch so bleiben.


Vielen Dank für's Lesen und deinen Kommentar!

Grüße,

Jan-Christoph

 

Hallo Proof,

deine Geschichten werden langsam aber sicher für mich zur Pflichtlektüre. Intressante Geschichte, gut geschrieben, beweist ein feine Beobachtungsgabe und eine angemessene Ironie in der Beschreibung der Abläufe und der einzelnen Personen. Die Dialoge sind sehr treffen umgesetzt.

Der Schluss ja, da bin ich mir mal nicht so sicher, er gefällt mir, und er gefällt mir auch irgendwie nicht.

Er gefällt mir, weil ich offene und fantasieanregende Schlüsse grundsätzlich mag.
Er gefällt mir nicht, weil ich das Gefühl habe, dass er in diesem Fall doch einen Tick zu abrupt kommt, und tatsächlich wie ein Abbruch und nicht wie ein offenes Ende zum weiterspinnen wirkt.

Alles in allem aber ein ziemlich guter Text.

Grüße von Rick

 

Moin Rick,

beweist ein feine Beobachtungsgabe

Kennst du den Beobachter aus den Marvel-Comics?

wie ein Abbruch

Tatsächlich ging die Geschichte in meinem Kopf zunächst noch über das Gespräch hinaus und endete mit folgender Situation: Sex-Lächeln, Friedmann und Erzähler treffen sich draußen und gehen zusammen einen trinken.

Friedmann komplett aufgelöst, weil er's nicht geschafft hat. Hätte sich mit der Charakterkonzeption nicht vertragen, wie sie sich beim Schreiben herauskristallisiert hat. Es wird ja angedeutet, dass ihm der ganze Unternehmensberatungszirkus sowieso auf die Nüsse geht und er gerade dabei ist, den lebendig begrabenen Revoluzzer seiner verlorenen Jugend zu exhumieren.

Sex-Lächeln: Tja, was hätte ich mit der machen sollen :confused: ? Außer "lächelt nett" erfahren wir ja nicht viel über sie.

Und zum Ich-Erzähler ist bis zum Interview eigentlich alles gesagt. Ob er den Job kriegt oder nicht ist irrelevant für das, was diese Geschichte über ihn zu erzählen hat.

Alles in allem aber ein ziemlich guter Text.

Vielen Dank!

JC

 
Zuletzt bearbeitet:

Weit komme ich nicht. Michael Friedmann stellt sich mir in den Weg und streckt mir seine Hand entgegen. Die andere fährt vorsichtig durch das mafiös zurück gegelte Haar.
"Klaus Powert", stellt Friedmann sich vor.
:thumbsup:
"Hast du `n MBA in Harvard gemacht?
was ist das?
"Ich hab' ganz ordinär in Deutschland studiert. In Bielefeld."
wilst du mich verarschen? :dozey:
Klaus-Michael, wenn du jemals eine Pferderennbahn betrittst, wirst du sie nackt wie Gott dich schuf wieder verlassen.
zwar im Kontext sehr guter Satz, aber bisher wurde der zweite Name nicht erwähnt ;)

Hi Proof,

du ahnst es sicher schon: Das Ende hat mir nicht gefallen. ;)

Na ja, ok, aber diesmal hatte es einen anderen Grund: Ich wollte weiterlesen! Wirklich gut geschrieben und inhaltlich auch ziemlich gut! Die Anglizismen nerven etwas, sind aber wohl beabsichtigt.
Sorry, das war eine schlechter Kommentar, aber die Geschichte hat mir einfach gut gefallen.

Tserk!
Keine Fehler gefunden.

P.S: Hast du meine letzte PN beantwortet? Da scheint irgendwas komisch zu sein, dass ich deine PNs nie bekomme :confused:

 

Hallo Tserk,

was ist das?

Master of Business Administration.

wilst du mich verarschen?

Wieso :confused: ?

zwar im Kontext sehr guter Satz, aber bisher wurde der zweite Name nicht erwähnt

Klaus Powert, Michael Friedmann ;) .

Sorry, das war eine schlechter Kommentar, aber die Geschichte hat mir einfach gut gefallen.

Häh :D ? Danke ... oder?

Diese teilweise unverhofften Abbrüche meiner Geschichten hängen auch damit zusammen, dass ich gerne Feedback haben möchte und bei mehr als zwölf Seiten fällt man bei einem Großteil der Leser hier automatisch durch's Raster. Was ja auch ganz normal ist, ich lese auch nicht so gerne am Rechner und dauernd ausdrucken geht irgendwann ins Geld ...

Ich hatte schon bei einigen Erzählungen das Gefühl, dass sie danach schreien, zu einem "kleinen" Roman von vielleicht hundert bis zweihundert Seiten ausgearbeitet zu werden (Ja, wer nicht so gut mit Großkotzerei umgehen kann, sollte hier aufhören zu lesen). Wäre ja auch irgendwann mal der nächste logische Schritt. Aber ich hab' Angst davor, viel Arbeit zu investieren und dann womöglich keinen Verlag zu finden, zu schreiben und hinterher interessiert's kein Schwein, 'n Buch ist ja doch schwerer an den Mann zu bringen als eine Kurzgeschichte.

Und bis ich diese Angst überwunden habe, schreibe ich acht- bis zehnseitige Kurzgeschichten, die RUMMS! plötzlich einfach aufhören.

Vielen Dank für deinen Kommentar!

Grüße

Jan-Christoph

PS:

Hast du meine letzte PN beantwortet?

Wenn deine letzte die von vor ca. drei Wochen war, ja, schon zweimal. Irgendwas läuft da scheinbar wirklich nicht rund ...

 

Moin Proof!

Mal ganz unter uns, deine Alltags-Geschichten gefallen mir mittlerweile fast besser als deine abgedrehten Horrorfiktionen. Es fiel mir zwar schwer zu akzeptieren, dass ausgerechnet der Friedmann-Lookalike solch vernünftige Ansichten hat, aber der oberflächliche Ersteindruck ist ja mehr oder weniger das eigentliche Thema deiner Kg.

Was mir ebenfalls spanisch vorkam: Alle Beteiligten befinden sich ja im selben Zimmer. Dann fällt es mir schwer, zu akzeptieren, dass die Bewerber dermaßen zwanglos Smalltalk halten und derat unverblümt Kritik äußern. Ein, zwei Sätze zur Klarstellung würden schon ausreichen.

Fazit: Balsam für die Seele jedes Hartz 4 Empfängers! :dozey:

PS:

Eine zieht eine Augenbraue hoch, als sie mich sieht, die andere schenkt mir ein ehrliches Lächeln, ein „Wenn es sich irgendwie mal ergeben sollte können wir gerne zusammen Sex haben“ –Lächeln.

Wie genau sieht dieses Lächeln denn aus? Interessiert mich, ganz ehrlich ...

 

Hallo Marvin,

deine Alltags-Geschichten gefallen mir mittlerweile fast besser als deine abgedrehten Horrorfiktionen.

So redet nur jemand, der mein neuestes Meisterwerk Frau Blöbaum und die Wolkenkinder (Arbeitstitel Schuldig in der Gewalt des Vaginawolfs) noch nicht kennt.

Alle Beteiligten befinden sich ja im selben Zimmer.

Nein, in einer Halle. Mit diesem Wort werden gemeinhin Räumlichkeiten assoziiert (behaupte ich einfach mal), die groß genug sind, dass man nicht jedes Wort von jedem Sprecher automatisch mitkriegt.

Balsam für die Seele jedes Hartz 4 Empfängers!

War nicht meine Absicht! Politische Intention = 0, auch wenn ich mir natürlich darüber im Klaren bin, dass der Text so gelesen werden kann.

Wie genau sieht dieses Lächeln denn aus?

Oh Mann, wäre das hier 'ne Zeltdisco, hättest du mir jetzt aber 'ne Steilvorlage für einen fiesen Witz auf deine Kosten gegeben :D .

Nee, wie soll das schon aussehen? So: :naughty:

Vielen Dank für deinen Kommentar!


Jan-Christoph

 

Nachtrag 01

das mit der Halle ist mir anscheinend entgangen, betone es für Idioten wie mich einfach etwas deutlicher, z.B. "Alle Anwesenden befanden sich in einer riesengroßen Halle" :idee:

Zitat:
Wie genau sieht dieses Lächeln denn aus?

Oh Mann, wäre das hier 'ne Zeltdisco, hättest du mir jetzt aber 'ne Steilvorlage für einen fiesen Witz auf deine Kosten gegeben .


Den Witz auf meine Kosten würde ich gern hören, wär mir glatt nen Euro wert ...

 

Mann, das ist doch offensichtlich, was da am Stammtisch für'n Spruch käme. Der Prot sagt "Sie guckt, als hätte sie Bock mit mir zu ..." und du sagst "Mmmmh, ich weiß gar nicht, wie das aussieht, wenn man so angeguckt wird."

Macht's Klick?

Willst du meine Kontodaten dann per PM? N? Wie heißt das noch?

 

HAR HAR HAR HAR!!!!!!!!!! *Prust* *Lach* *AufdieSchenkelklopf*

:hmm:

Nee, war doch nicht witzig!

 

Daher der Hinweis auf Zeltdisco und Stammtisch :D . Nicht, dass ein falscher Eindruck von meinem Sinn für Humor entsteht. Der ist nämlich sehr erlesen.

 

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