Was ist neu

Du hast die Wahl

Seniors
Beitritt
24.04.2003
Beiträge
1.444
Zuletzt bearbeitet:

Du hast die Wahl

Science Fiction ist stets das Spiegelbild aktueller Probleme


Sie erwachte aus einem Traum, der augenblicklich in Vergessenheit geraten war.
Die Vorhänge, in dumpfer Müdigkeit bloß halbherzig zugezogen, ließen einen Spalt in ihrer Mitte offen, durch den warmes Sonnenlicht drang. Jenseits des angelehnten Fensters herrschte reges Vogelgezwitscher.
Serian stand auf, gähnte, und klopfte mit den Armen auf das herangezogene Bettlaken, während sie sich nach vorne hin streckte.
Sie liebte Sonntage. Die herannahende Arbeitswoche störte sie nicht sonderlich. Dreißig Stunden in fünf tagen stellten einen angenehmen Kontrast zu den ausgelassenen Wochenenden dar.
Gähnend schlüpfte Serian in ihre Pantoffeln, schlich ins Bad, und das Radio schaltete sich ein.
Es war sieben Uhr. Sie erwachte immer um sieben.

Sonntag, 21. Februar 2040. Die Themen: ...

Warmes Wasser strömte über ihr Gesicht; tat ihr gut.
Die Toilettenbrille war bereits wenige Minuten zuvor vorgewärmt worden, als sie sich darauf setzte.

... als das Steuerungspad des Wagens aus bislang ungeklärten Gründen plötzlich versagte, und das Auto von der Fahrbahn abbrachte. Beide Insassen waren sofort tot. Die EU-Polizei ermittelt zur Zeit ...

Serian stand auf, ihr Urin wurde automatisch mit einer kleinen Menge Wasser abgespült.
Als sie in die Küche kam, arbeitete der Kaffeezubereiter bereits.
Sie nahm sich eine Tasse aus dem Schrank, während das Radio sich zuschaltete.

... zwei amerikanische Soldaten getötet, fünf Koreaner zum Teil schwer verletzt ...

Sie musste lachen. Diese Meldung hätte sie selbst auch ausgesucht. Das war es, was sie machte: Wichtiges vom Unwichtigen unterscheiden. Und sie kannte die Maßstäbe.
Eine Seuche wurde nur dann populär, wenn ein Pharmakonzern liquide Schwierigkeiten hatte; Autounfälle sollten die Öffentlichkeit nur dann interessieren, wenn ein Hersteller in Missgunst geriet. Natürlich gab es mit den Steuerungspads überall Probleme. Im Gegensatz zum leeren Hochglanz ästhetischer Werbung, versagte die Technik an billigen Herstellungsverfahren. Solange die Summe einer Rückrufaktion höher lag als die der Klagen ... aber das war ein offenes Geheimnis.
Sie schleuderte zwei Stücke Zucker in die Tasse, und setzte sich auf das Sofa.
Nordkorea hatte ein bisschen was von Flower Power. Gelegentlich musste man es jedoch in die Köpfe der Menschen zurück holen, um den Marktanteil, sowie die Anzahl der Truppen hoch zu halten.

... gibt es für das Wetter, wie immer, natürlich keine genaue Vorhersage. Der Regen wird sich aber vermutlich halten.

Das einzige, auf das man sich verlassen konnte.

Sie zog sich Pullover und Jeans an. Beides war gerade wieder in Mode gekommen.
Serian stieg in den Wagen, und befahl ihm, den nächstgelegenen, teuersten Supermarkt anzusteuern.
Unterwegs entschied sie sich für eines der fünf verfügbaren Programme. Reborn Andreas
Der St. Andreas Graben hatte eine Menge mit ins Meer gerissen, aber die Musik flammte auf, wie seit langem nicht mehr. Daher der rebellische Name des Senders.
Die künstlichen Stimmen ließen sich nicht von echten unterscheiden. HipHop war seit vierzig Jahren angesagt wie noch nie, und täglich stürmten neue Hits die Top 2000. Man verlor glatt den Überblick, ob dieser zahlreichen, künstlerischen Vielfalt. Bei allen anderen Genres - Oldies, Techno, Jazz und Rock -, verhielt es sich gleich.
Ein Verschwörungstheoretiker, den Serian im Zuge eines Artikels einmal interviewt hatte, war mit halsbrecherischen Thesen gekommen, von wegen, dass der Mensch akzeptiert, was ihm geboten wird, und die Musik sich nur in Nuancen ändert, und die wirklich guten Bücher nicht mehr im Euronetz abrufbar wären.
Der arme Spinner beschuldigte sie der Manipulierung.

Doch Dinge mussten im Nachhinein verbessert werden. Das Leben unterlag einem ständigen Prozess der Optimierung.
Es hatte niemals ein ausdrückliches Verbot der Printmedien gegeben, die Verlage waren lediglich auf die Verschwendung von Papier aufmerksam gemacht worden, in einer Welt, deren Rohstoffe zur Neige gingen.
Und dann irgendwann, hatten die herkömmlichen Zeitungen ihren Betrieb eingestellt.
Es lag nicht an ihr, dass gewisse Dinge noch immer im argen lagen. Die Steuerungspads beispielsweise: An denen musste noch gearbeitet werden.

Sie sind blind, hatte der Kerl damals gesagt, und Serian war an ein Terminal gegangen, hatte über Google-EU alles über den zweiten Weltkrieg herausgesucht.
Keine millionen Seiten; keine Fehlinformationen; keine Unübersichtlichkeit.
Der gesamte Krieg, per Inhaltsverzeichnis zusammgefasst, auf mehr als vierhundert Seiten.
"Sehen Sie das", hatte sie fast gebrüllt. - "Da ist alles, und man benötigt Stunden, es zu lesen. Niemand zensiert hier. Keiner schränkt ein. Sie tun mir Leid!"
Der Verschwörungstheoretiker hatte den Kopf geschüttelt, und Serina war nahe dran gewesen, die Fassung zu verlieren.
"Sie wissen gar nichts."
Und dann hatte sie ihn angezeigt.

Der Wagen hielt vor dem Supermarkt.
Nicht viele verdienten so viel wie sie. Eines der nächsten Themen in der Agentur sollte die Gutheißung der 50 Stunden Woche für die sein, die nichts aus ihrem Leben gemacht hatten. Wenn kein Krieg, und keine Seuche dazwischen kam.
Drinnen hatte sie fünf verschiedene Sorten Kaffee zur Auswahl.
Serina genoss den Luxus, der sich ihr darbot.
Acht Sorten Fleisch, importiert aus den entlegendsten Winkeln der Welt.
Schokolade in ebenfalls acht Sorten.
Ein zwei Meter langes Weinregal. Hier gab es alles.
Serian lächelte. Von dieser Vielfalt hatten ihre Vorfahren bloß träumen können.
Perfekt war das System sicherlich nicht, doch sie als aufgeweckte Reporterin arbeitete daran, es besser zu machen.
Sicher ... manchmal musste man wichtige Dinge von nicht so wichtigen unterscheiden, um den Marktanteil zu halten.
Gelegentlich ärgerte sie es auch, dass man kaum noch Papier kaufen konnte.

Aber jede Demokratie hat ihre Schwächen.
Das gehört dazu.
Man muss nur daran arbeiten.

Auf ihrem Rückweg genoss Serian ihre Entscheidungsfreiheit, und entschied sich für einen anderen der fünf Sender.

 

hi cerberus81,

nun die geschichte ist sehr schwer zu verstehen. für mich war es schwer die portagonistin Serian einzuordnen. wo kam sie her? war sie europäerin? koreanerin?

Nordkorea hatte ein bisschen was von Flower Power.

ich ordne sie nordkorea zu. anhand dieses satzes. nicht einfach. (kann allerdings auch daran liegen, dass ich im moment nun ja...)

Jenseits des angelehnten Fensters herrschte reges Vogelgezwitscher.

mach mir keine angst. :P im jahre 2040 gibt es noch natur? oder ist das ein simuliertes vogelgezwitcher?

HipHop war seit vierzig Jahren angesagt wie noch nie [...]

nächster schock! :)

also ich gehe wie gesagt davon aus das sie (nord-)koreanerin ist. ein land, indem wie du beschreibst zensiert wird, damit, wie die protagonistin uns erzählt, geschichten kürzer sind und man nicht "Stunden [benötigt], [diese] zu lesen". klingt für mich nicht logisch, da wenn sie in einem land ohne meinungsfreiheit lebt, also dort zensiert wird, warum sollte das land nicht internetseiten wie "Goggle EU" sperren? in diesem zeitalter wäre es absolut sinnlos ein verbot zu erheben, dass sich nur auf nationale medien beschränkt, und dabei die internationale medien außer acht lässt. was ich damit sagen will, ist es müsste sich isolieren, der wahrheit bzw. der unwahrheit wegen. (es muss eine einseitige informationsbeschaffung erzwungen werden.)
außerdem wäre dein "verschwörungstheoritiker" nicht wirklich ein verschwörungstheoretiker, da er ja stichhaltige beweise, ja fakten hat. du beschreibst selbst :

Keine millionen Seiten; keine Fehlinformationen; keine Unübersichtlichkeit.

außer natürlich (hab den text nochmal überflogen) sie wurde einer gehirnwäsche unterzogen. da:

"Da ist alles, und man benötigt Stunden, es zu lesen. Niemand zensiert hier. Keiner schränkt ein. Sie tun mir Leid!"

so würde niemand reagieren, es sei denn... und trotzdem. ein land, ein diktator würde auf nummer sicher gehen. gehirnwäsche und goggle-eu-sperrung. doppelt gemoppelt hält besser.

mfg panel 1

 

Hi Cerberus,

ham, ja, so ganz verstanden habe ich den Text ja bis jetzt noch nicht, mMn ist aber hier die Gratwanderung zwischen Alltag und ScienceFiction sowieso nicht einfach (hachja, es müßte so viele Unterrubriken geben ... ;-)
daher erst mal nur zwei Kleinigkeiten:

Zitat: "... zuvor vorgewärmt ..."

Vielleicht eher "zuvor angewärmt", klingt mE nicht so holprig.

Zitat: "Der Sant Andreasgraben hat eine Menge mit ins Meer gerissen."

Ja was´n? Eine Menge Schafe? Fischstäbchen? (o. K., werden wohl Menschen gemeint sein ... ;-)

Gruß
Leser1000

PS: Eins sei mir noch gestattet: Versuchst Du Dich in einem anderen Stil? Wenn ich die Geschichte nämlich ohne die Nennung des Autors gelesen hätte, wär ich nie auf Dich gekommen, da ich von Dir schon einige hier gelesen habe, und im Verhältnis zu den anderen von dieser hier etwas enttäuscht bin ...

Gruß
Leser1000

 

Hallo Cerberus

Deine Geschichte liest sich etwas holprig, wie schon gesagt.
Sie enthält gute Ideen aber ich finde, dass die Handlung nur sehr wenig mit den Überlegungen der Protagonistin zu tun hat. Die Gedanken wirken einfach so als wenn sie nicht von ihr stammen würden.
Außer diesem für mich störenden Detail fand ich sie recht gut.
Nur dieser Glas-halb-voll-Schluss war ...naja

lg das Nachtschattengewächs

 

Friedvolle Grüße

Die Geschichte hat mir nicht so wirklich gefallen, Cerberus81. Geschrieben ist sie sehr gut, da macht sich Deine Erfahrung zweifellos bemerkbar. Allein, wo ist die Geschichte? Eine Frau beginnt ihren Arbeitsalltag und reflektiert dabei über die Gesellschaft, in der sie lebt. Du schneidest eine Menge kontroverse Themen an, legst eigentlich den Grundstein für eine sehr spannende Erzählung, in deren Verlauf sich die Protagonistin, vielleicht Dank ihres Berufes, mit ihren regelkonformen Ansichten auseinander setzt, und sie eventuell sogar revidiert. Doch alles, was Du daraus machst, ist eine Aufzählung der Restriktionen, die in der Zukunft herrschen. Du entwirfst ein Albtraumszenario, ohne aber wirklich etwas damit anzufangen.

Ich würde Dich gerne ermuntern, Dir den Text nochmal vorzunehmen, und eine richtige Handlung einzubauen, mit Dialogen und einer spannenden Geschichte. Das würde Deine Gesellschaftskritik deutlich in ihrer Wirkung steigern.

Kane

 
Zuletzt bearbeitet:

... meinen Beitrag bitte loeschen - danke!

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom