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Dunkelheit
Dunkelheit hatte alles wie in einen schwarzen Samtmantel gehüllt und machte meine Welt zu einem geheimen Schattenort, in dem man sich nur mit äußerster Vorsicht bewegen sollte. Hier und dort wurde diese Dunkelheit von glitzerndem Licht unterbrochen, das wie eine schützende Insel zu sein schien und die Menschen anlockte. Eisige Kälte herrschte und die paar Menschen, die noch unterwegs waren hinterließen beim Atmen kleine Dampfwölkchen und beeilten sich in die sichere Wärme ihrer Häuser zu kommen. Ich meinerseits konnte diese Szenerie aus der schützenden Umgebung meines Wohnzimmers beobachten und war froh darüber nicht mehr in die dunkle Kälte zu müssen. Eine dieser lichtspendenden Inseln befand sich mir genau gegenüber. Es handelte sich hierbei um ein Juweliergeschäft. Gerade in der dunklen Jahreszeit wirken die Geschäfte in der Einkaufstraße wie glitzernde Inseln im dunklen Nichts.
"Oh Mann , wie kann man nur so einen Mist schreiben", dachte ich so bei mir ,legte den Krimi beiseite und schaute aus dem Fenster, genau auf das Geschäft vom Juwelier Klunker, wo ein unauffälliger Wagen hielt und zwei Männer, in lange Mäntel gehüllt, ausstiegen.Die Kragen waren schützend hochgestellt. Wirklich nur zum Schutz vor der Kälte oder um nicht erkannt zu werden? Dieser Gedanke ging mir durch den Kopf, während ich gleichzeitig sah wie sie sich vergewisserten, ob sie beobachtet wurden. Nach einem kurzen Nicken gingen sie in das Juweliergeschäft. Dabei hielten sie einen Gegenstand in der Hand, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das konnte doch nicht sein? Oder doch? Aber als Kenner von Krimi- Spionagefilmen sowie von einschlägiger kriminalistischer Fachliteratur wie Agatha Christie konnte ich mich gar nicht irren. Das was der eine dort in der Hand hielt, war eine sogenannte UZI, ein kleines russisches Maschinengewehr. Keine Frage da drüben lief gerade ein Überfall und ich war Zeuge. Es musste gehandelt werden,aber was sollte ich tun? Nun, in den Filmen wurde in so einem Fall immer die Polizei gerufen. Genau - Ruhe bewahren und die Polizei rufen, das ging mir immer wieder durch den Kopf als ich mit zitternden Fingern die 110 wählte.
"Notruf der Polizei", meldete sich kurz darauf eine ruhige Stimme an anderen Ende der Leitung und ganz Herr der Lage stammelte ich in den Hörer,
"Überfall die ,die überfallen gerade den Juwelier hier."
"Ok Wer wurde überfallen?"
"Sagte ich doch schon", erwiderte ich, "Der Juwelier hier bei uns."
"Beruhigen Sie sich und sagen mir erst mal Ihren Namen." meinte die ruhige Stimme .
"Buschknoten, Bodo Buschknoten. "
"Gut, Herr Buschknoten. Wie heißt der Juwelier der überfallen wurde?"
"Klunker, er heißt Klunker", und während ich die Adresse durchgab wunderte ich mich schon, daß der Polizist so ruhig blieb. Schließlich ist so ein Überfall nichts Alltägliches. "Aber passen Sie auf" meinte ich zu dem Polizist "die Kerle sind noch drin und sie haben Maschinenpistolen dabei.
"Bleiben Sie wo sie sind. Wir kümmern uns darum."
Kurze Zeit später wurde die zunehmende Dämmerung von unzähligen Blaulichtern durchbrochen, die zuckend von den Häuserwänden reflektiert wurden. Etwas seltsam war es schon, daß keine Reaktion wie zum Beispiel eine hektische Flucht aus dem Geschäft kam, daß die abendliche Stille störte. Aber aus meiner genauen Kenntnis des kriminellen Millieus durch meine schon erwähnte Fachliteratur wurde mir klar, dass es sich hierbei um besonders abgebrühte und gefährliche Subjekte handeln musste.
Armer Herr Klunker!
Mittlerweile war die Polizei in Stellung gegangen. Dann hörte ich eine laute Stimme über Megaphon sagen :" Achtung, Achtung hier spricht die Polizei, das Gebäude ist umstellt, werfen Sie die Waffen weg und kommen sie mit erhobenen Händen heraus." Keine Reaktion - dann sah jemand zum Schaufenster raus und war Bruchteile von Sekunden später wieder verschwunden. Wieder passierte erst einmal nichts. Gerade als der Polizist das Megaphon ein zweites Mal anhob um es zu benutzen ging die Tür des Juweliergeschäftes auf und ein deutlich verunsicherter Herr Klunker kam langsam und mit erhobenen Händen heraus. Dann folgten ihm die beiden Verbrecher auch mit erhobenen Händen. Ich war erleichtert. Herr Klunker war in Sicherheit und die Gauner verhaftet. Ich ging schnell nach unten und zog im Laufen meine Jacke an. Herr Klunker und der Polizist, der mit dem Megaphon die Gauner zum Aufgeben gebracht hatte unterhielten sich lebhaft miteinander.
"Herr Klunker, ich bin ja so froh das Ihnen nichts passiert ist. Ich habe alles gesehen und sofort die Polizei gerufen - ich stehe Ihnen als Zeuge zur Verfügung..." redete ich drauf los.
"Ach, Sie waren das Herr Buschknoten, nett das ich so aufmerksame Nachbarn habe."
Irgendwie klang das leicht sarkastisch - aber das war bestimmt nur der Schock, dachte ich so bei mir...
"Darf ich Ihnen jemand vorstellen Herr Buschknoten?"
Während Herr Klunker das sagte war noch jemand zu uns getreten.
Mit stockte der Atem. Es war einer der Gangster. Doch schon sprach der Juwelier weiter.
"Das ist Ahmet Ali Hassan, der Privatsekretär von Scheich Abdul Arramzi,...der Scheich, übrigens ein Stammkunde von mir, ist zurzeit im Plaza abgestiegen und wollte seiner Frau die ihn begleitet eine Kleinigkeit schenken. Da sie aber wegen unserer Kälte das Hotel nicht verlassen wollte hatte sie darum gebeten meine schönsten Stücke auf Video aufzunehmen um sich im Hotel in Ruhe etwas aussuchen zu können."
Video...keine Uzi - kein Überfall...
In dieser Nacht schlief ich sehr schlecht.
Noch schlechter ging es mir als ich am nächsten Morgen die Zeitung aufschlug und las :
Überfall mit Videokamera; phantasievoller Nachbar hält örtliche Polizei auf Trap.
Scheich Aramzi war köstlich amüsiert. Ein paar Tage später bekam ich einen Brief von Juwelier Klunker indem er sich nochmals für meine Aufmerksamkeit bedankte und mir dabei einen Rat gab, der sich auf meine Lesegewohnheiten bezog und den ich mir sehr zu Herzen nahm ... denn Heimatfilme können auch sehr spannend sein !