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Ein ganz normaler Morgen

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10.04.2008
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Ein ganz normaler Morgen

Schweißgebadet streife ich mir die Decke vom Körper, während ich versuche den Wecker, der an der Wand am Fußende des Bettes befestigt ist, mit dem rechten Fuß zu erreichen. Der Geruch von Blut steigt mir in die Nase als ich mich langsam aufrichte um das schrillende Geräusch dann doch durch einen heftigen Hieb mit geballter Faust zu unterbrechen. 6:45 Uhr – um eine solche Uhrzeit sollte der Strom abgestellt und eine Ausgangssperre verhängt werden. Dennoch stehe ich jeden Morgen um viertel vor Sieben auf. Langsam krieche ich über das Hochbett, um am Fußende die kleine Holzleiter zu erreichen. Gähnend steige ich eine Stufe nach der Anderen herab. Sie sind so weit auseinander angeschraubt, dass ich mich mit beiden Händen an der Leiter festkrallen muss. Ich reisse die schon fast morsche, fleckig weiss gestrichene Tür auf. Sofort fällt mir das Poster von Louis Royo entgegen, dass auf der Aussenseite lediglich mit Posterstrips befestigt war, um die Vorderseite nicht zu beschädigen. Vorsichtig greife ich das abgefallene Ende und hebe es an, um es wieder anzukleben. Die elfengleiche Gestalt, die mich, bekleidet mit einem zerfetzen Hochzeitskleid, aus dem Wald heraus anzukreischen scheint, war mir wohl bekannt. Der Kontrast zwischen diesem zärtlichen Mädchen mit dem Blumenkranz im Haar und dem Fletschen der Reißzähne ist ein eindeutiger Wiedererkennungswert des doch sehr bekannten Künstlers, weshalb dieses Motiv auch bei sehr vielen Bekannten und Freunden zu finden ist.

Nachdem ich die alten Posterstrips wieder an den Holzrahmen gedrückt habe, begebe ich mich auf den Weg ins Bad. Das Licht dort funktioniert nicht, weshalb meine beiden Mitbewohner eine Stehlampe hinter der Tür aufgestellt hatten, die eine gelbliche Dämmerung in das doch recht kleine Zimmer wirft. Ein leises Knarzen hinter mir lässt mich kurz aufzucken. Ich sehe mich kurz um. Vielleicht habe ich einen der Anderen geweckt? Aber es ist Niemand zu sehen. Nur das Licht in der Küche flackert kurz auf. Auch dort ist die Deckenbeleuchtung defekt. Aus diesem Grund ist eine Schreibtischlampe über dem Spülbecken angebracht, die wir über das Ein- und Ausschrauben der Glühbirne bedienen. „Irgendwann muss ich da mal ein anständiges Licht einbauen,“ denke ich bei mir und schliesse die Tür hinter mir.

Im Bad ist es seltsam ruhig. An den meisten Tagen hört man den Aufzug durch die Wand und die Dusch- und Spülgeräusche der unteren und oberen Wohnungen dringen durch Decke und Fußboden. Gegenüber der Toilette findet man massenweise Szenezeitschriften und Infos über Tontechnik und die neusten Computerspiele. Gesammelte Werke dreier junger Männer. Nur die Erotikzeitschriften und Pornos fehlen, aber die bewahrt man ja aus Rücksicht im eigenen Zimmer, in der untersten Schublade, durch die Socken verdeckt auf. Immer realistischere Spiele, immer feinere Gesichtszüge bei Spielfiguren. Von einer Zeitschrift unter der „PC-Games“ zeigt Manson mit dem Finger auf mich und brüllt mich an. Neues Album, neues Geld. Neues Geld, neue Tattoos, neue Drogen, neue Skandale. Wobei auch ich mich schon dabei ertappe, dass ich meinen Lohn und meine Ausgaben in Piercings umrechne. Dieser Gedankengang erinnert mich zwangsläufig an den Geruch von Blut, den ich beim Aufstehen wahrgenommen hatte. Ich stehe auf, um in den Spiegel blicken zu können, trete bis auf wenige Zentimeter an das Glas und untersuche die glänzenden Stellen in dem Gesicht das sich mir darin zeigt. Tatsächlich finde ich Blutflecken an der linken Augenbraue und von der Nase zur Oberlippe. Nasenbluten hab ich zur Zeit öfter. Mir kam schon der Gedanke deswegen zum Arzt zu gehen, aber im Moment kann ich mir das aus beruflichen Gründen nicht erlauben. Das Piercing ist wahrscheinlich wieder hängengeblieben. „Gott sei Dank ist das Bridge in Ordnung,“ schiesst mir durch den Kopf als ich mir zwischen die Augen sehe, wo beidseitig aus dem Nasenbein kleine silberne Kugeln austreten. Auch die drei Labrets sind unversehrt und die Schwellung der Lippe scheint zurückzugehen. Genauer sehe ich mich im Spiegel lieber nicht an, denn was ich auf den ersten Blick sehe lässt mich schaudern. Die Haare sind fettig und in den Augen findet sich kein Weiß. Um die Pupillen zeichnet sich ein eklig roter Film. Das Braun der Iris scheint beinahe ins Schwarz überzugehen. „Du siehst scheisse aus! Genau wie jeden Morgen“, flüstere ich vor mich hin und öffne den mittleren Spiegelschrank.

Zwischen Rasierwasser, Feuchtigkeitscreme und Haargel finde ich eine Sprühflasche Octenisept und Wattestäbchen. Ich greife mir zwei davon und klemme sie mir zwischen die Lippen. Beim Versuch das Desinfektionsmittel herauszunehmen fällt mir die Dose Haarspray aus dem Schrank und veranstaltet einen gewaltigen Lärm. Ich würdige dem Ganzen aber keinen Blick und schliesse die Spiegeltür. Das Spray rollt über die Fliesen neben die Toilette und bleibt an der Wand liegen. Die Stäbchen benetze ich mit dem flüssigen Wunder und fange an sämtliches Metall in meinem Gesicht abzutupfen und versuche die Blutflecken an der Augenbraue abzuwaschen, doch egal wie sehr ich es auch versuche, die Flecken bleiben. Im Spiegel zeichnet sich ein Schatten, der an der Wand hinter mir vorbeihuscht. Erschrocken drehe ich mich um. Der Schatten kommt von dem Duschvorhang, der hin- und her schwingt, als würde Wind durch den Raum wehen. Mein Blick schweift weiter Richtung Tür, die einen ziemlichen großen Spalt geöffnet steht. Hatte ich sie nicht geschlossen? Mit einem seltsamen Gefühl im Bauch drehe ich mich wieder dem Spiegel zu. Ich greife mir einen schwarzen Haargummi vom Schrank, binde mir einen Zopf und entsorge die Wattestäbchen. Das Desinfektionsmittel stelle ich auf den Waschbeckenrand, während ich mich schon auf die Tür zu bewege. Ich betätige den Schalter der Stehlampe und verlasse den Raum. Die Tür hinter mir bleibt offen stehen. So merkt jeder sofort ob das Zimmer frei ist oder nicht.

Das Licht in der Küche, die zwar über einen Türrahmen, nicht aber über eine Tür verfügt, flackert nicht mehr. Ich gehe kurz hinein, öffne den uralten Kühlschrank, greife mir eine Dose Red Bull und wende mich wieder dem kleinen Flur zu. Die Kühlschranktür höre ich noch zufallen, als ich schon wieder vor dem Bild der süßen Vampirin an meiner halb geöffneten Tür stehe. Ihre hungrigen Augen mustern mich und jagen mir einen Schauer über den Rücken. Ganz kurz habe ich sogar das Gefühl, dass ihr gieriger Blick mich verfolgt. Ich trete ins Zimmer und führe die Dose zum Mund. Durch den Metallring versuche ich die Uhrzeit zu erkennen: 6:66. Erschrocken verschlucke ich mich und stelle die Dose links auf dem Glasschreibtisch, zwischen all den unerledigten Papierkram, um sie während des Hustenanfalls, den ich gerade erleide, nicht zu verschütten. Zum Boden gebeugt lasse ich all dem Unmut der letzten Wochen Luft und halte mir den Bauch vor Schmerzen. Auch mein Kopf macht sich bemerkbar und erinnert mich daran dass ich am Vortag das letzte Aspirin geschluckt hatte. „Diese ständigen Kopfschmerzen bringen mich noch um.“

Als sich mein Körper langsam beruhigt, reibe ich mir die Augen und blicke erneut auf die rot leuchtenden Ziffern des Weckers: 6:57. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend durchwühle ich den Papierberg auf der Suche nach meiner Geldbörse. Ein heilloses Durcheinander. Anträge, Rechnungen, Zeugnisse, Bewerbungen, Kontoauszüge, Mahnungen und alle möglichen Werbeprospekte. Dabei fällt mir ein, dass ich meinen Geldbeutel in der Hosentasche gelassen hatte. Ich gehe einen Schritt zurück und suche den Boden nach der Hose ab. Ich wohne erst seit kurzem in dem kleinen Zimmer und bisher hatte ich nicht die Zeit mich um Möbel zu kümmern. Mein gesamter Hausrat befindet sich auf dem Boden, in Kartons oder wahllos verteilt auf dem Schreibtisch, den ich einem Bekannten abgekauft habe. Zwischen einer leeren Pizzaschachtel und meinem Ledermantel entdecke ich die blaue Jeans, die ich am Vortag getragen hatte. Ich streife mir die Hose über und greife mir an die hintere rechte Hosentasche um sicherzugehen, dass sich meine Börse und somit auch die Schlüssel darin befinden. Dann greife ich in den Wäschekorb unter dem Schreibtisch und wühle ein Shirt heraus. Da ich im Call-Center arbeite, stört es niemanden was ich trage, also ziehe ich das „Disturbed“-Bandshirt an und setze mich auf den blauen Bürostuhl vor den Computer, der nach einem kurzen Tritt gegen den Stromschalter hochfährt. Heute sag ich es ihr.

Der Rechner ist nach wenigen Sekunden betriebsbereit. Ich öffne das E-Mail-Programm. Keine neuen Nachrichten. Während ich einen Schluck aus der Dose nehme öffne ich die Vorlage für eine neue Mail und fülle die Betreffzeile aus: „Ich...“. Ich wechsle in das Textfeld. Seit Monaten traue ich mich nicht, ihr zu sagen was ich fühle. Seit Monaten geht es ihr deswegen schlecht. Ich kann nicht über meine Gefühle reden. Ich konnte das noch nie. Aber heute wird sie erfahren was sie mir bedeutet. Die Finger meiner rechten Hand gleiten über die Tastatur während ich mit der linken den halb vollen Behälter abstelle: „...liebe dich!“. Aus dem Pulldown-Menü beim Empfänger-Feld wähle ich „Lina“ aus und klicke zögernd auf „Senden/Empfangen“. Es dauert einige Sekunden bis die E-Mail den Postausgang verlässt und im Ordner „Gesendete Nachrichten“ landet. Wieder höre ich ein Knarzen hinter mir. Diesmal ist es so laut und nah, dass ich mich nicht traue meinen Kopf zu wenden. Das Licht flackert kurz auf und es wird unheimlich kalt. Auf meinem Bildschirm erscheint eine Meldung: „Sie haben 1 neue Nachricht“. In diesem Moment schrillt mein Wecker.

*

Ich konnte den Anblick, der sich mir bot, nicht fassen. Noch ein paar Stunden vorher, als ich seine E-Mail erhielt, hätte ich vor Glück platzen können und nun konnte ich die Tränen nicht mehr halten. Als mich die Info erreichte, stieg ich sofort in den nächsten Zug. Die Fahrt schien mir unendlich lange zu dauern.

Chris öffnete die Tür und nahm mich in die Arme. Ich drückte ihn kurz, wendete mich dann aber dem Zimmer zu.
„Ich wurde wach, weil der Wecker über eine Stunde lang geklingelt hat. Er lag regungslos im Bett“, erzählte der große Dunkelhaarige mit vorsichtiger Stimme, als er mir nachlief. Langsam öffnete ich die Tür. Auf dem Stuhl lag ein frisches Shirt. Darunter eine Jeans. Nur die Beine der Hose hingen vorne herunter, bis auf den Boden. Neben dem Rechner stand ein Red Bull. Ich hasse dieses Zeug, aber für ihn war es wie Frühstück.
„Die Polizei ist seit einer Stunde weg,“ hörte ich Chris von hinten sagen, „Sie haben ihn direkt mitgenommen.“
Mich überkam eine Art Übelkeit, beim Gedanken daran, dass ich ihn nie wieder küssen oder umarmen würde, also rannte ich ins Bad, um mich zu übergeben.
„Der Arzt sagt, er sei zwischen 1 und 2 Uhr gestorben. Blutgerinsel im Großhirn. Er ist friedlich eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht“, hörte ich Chris sagen.
Neben der Toilette lag eine Spraydose auf dem Boden. Ich hob sie auf und wendete mich dem Spiegel zu. Das Haarspray stellte ich neben das Octenisept auf den Waschbeckenrand.
„Zwischen 1 und 2 Uhr?“, fragte ich mein Spiegelbild.
„Lina, sieh dir das mal an!“ hörte ich Christian rufen.
Wie in Trance lief ich zu ihm. Er stand vor dem Rechner und deutete auf den Bildschirm. Langsam näherte ich mich dem Computer. Dort war eine E-Mail geöffnet:

Erhalten: Heute, 7:00a.m.
Absender: Freund Hein
Betreff: Ohne Betreff
Text: Komm nach Hause mein Kind. Du hattest genug Zeit, dich zu verabschieden.

 
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Hi, hier ist sozusagen meine Einstandsgeschichte. Sie entstand auf der Arbeit als ich nichts zu tun hatte. Vor dem WoW-Release hab ich mehr geschrieben und jetz bin ich eingerostet, aber ich denke das wird schon wieder.

Die Geschichte reisst wahrscheinlich keinen vom Hocker, aber ich würde mich freuen wenn sie dennoch jemandem gefällt und vor allem wäre ich dankbar für konstruktive Kritik ;)

MfG
Never --,-'-@

edit: Mir fällt gerade auf, dass das leider die kurze Version ist. Die nachbearbeitete hab ich wohl im Postfach auf der Arbeit =( Wenn sie nich gelöscht wird bei PC-Reset reich ich sie noch nach.

 

Hallo Nevermore, Willkommen auf kg.de.

Sie entstand auf der Arbeit als ich nichts zu tun hatte.
Auch wenn man geneigt ist, der Geschichte so etwas voraus zu schicken, um sich schon mal dafür zu entschuldigen, dass sie nicht perfekt ist - man sollte es lassen, da es Leser abschreckt und immer so wirkt, als habe der Autor nicht eben viel Liebe in die Geschichte gesteckt.
Aber nun zur Geschichte. Ein paar Details:
Gähnend betrete ich eine Stufe nach der Anderen.
Die Formulierung finde ich nicht so gelungen, man betritt Räume, aber wohl keine Stufen.

„Ich wurde wach weil der Wecker über eine Stunde lang geklingelt hat. Er lag regungslos im Bett.“, erzählte der große, Dunkelhaarige mit vorsichtiger Stimme
Der Punkt in der wörtlichen Rede muss weg und das Komma hinter "große" ist überflüssig, du verwendest hier "Dunkelhaarige" ja als Substantiv.

Na, du hast es ja schon erraten: Vom Hocker haut mich die Geschichte nicht. Für einen Einstand hier ist sie aber auch nicht eben schlimm.
Der Plot an sich kann einfach nicht so viel reißen - wirkt ein bisschen wie eine Folge X-Faktor. Er funktioniert zwar, kann an sich aber nicht begeistern.
Und stilistisch: Da begehst du keine Verbrechen, aber Punkte machst du auch nicht. Die Abhandlungen über Alltäglichkeiten wie Lampen, Magazine und Poster ziehen sich schier endlos hin... die Geschichte wäre auch mit einem guten Drittel ihrer Länge hingekommen.
Natürlich braucht's solche vermeintlichen Belanglosigkeiten durchaus: Aber nicht zum Selbstzweck, sondern um den Protagonisten zu charakterisieren, damit wir an seinem Schicksal auch emotional teilhaben können. Wo du seine Umwelt beschreibst, solltest du im gleichen Zuge auch sein Innenleben beleuchten.
Jo, das war's von mir, viel Spaß hier weiterhin!


Gruß,
Abdul

 

Hi,

danke für die Hinweise. Hab die Fehler soweit korrigiert =)

Die Ähnlichkeit zu X-Factor is mir auch aufgefallen aber da hätt ich den Typem schon noch nen Mord aufklären lassen müssen *g*

 

Hallo nevermore,

Wow, also das ist mal nen erster Absatz, mit dem muss man sich mal beschäftigen. Ich mach’s jetzt nur mal exemplarisch, nimm’s mir nicht übel:

Schweißgebadet streife ich mir die Decke vom Körper, während ich versuche den Wecker, der an der Wand am Fußende des Bettes befestigt ist, mit dem rechten Fuß zu erreichen.
Schweißgebadet aufwachen – damit haben schon Myriaden, ich übertreibe nicht, Myriaden von Horror-Geschichten angefangen – damit können sie auch immer noch anfangen aber dann ist der erste Satz besser verdammt gut
Er fummelt da mit dem Fuß irgendwo rum, was verdammt kompliziert klingt, und streicht sich GLEICHZEITIG (während er das tut), die Decke runter. Das ist so als würde man mit der linken Hand eine Zigarette drehen und mit der rechten Pommes essen, geht bestimmt, aber verdammt kompliziert.
Und die Information, wo der Wecker da genau befestigt ist, also … die gehört nicht in einen ersten Satz, nicht so zumindest. Ist mir in dem Fall völlig wurscht, wenn er da mit dem Fuß rangeht, muss der Wecker am Bettende sein – klar.

Der Geruch von Blut steigt mir in die Nase als ich mich langsam aufrichte um das schrillende Geräusch dann doch durch einen heftigen Hieb mit geballter Faust zu unterbrechen.
, als
, um das
„dann doch durch“ – ganz furchtbar
Eine Faust ist immer geballt und er unterbricht das Geräusch nicht, er beendet es.

6:45 Uhr – um eine solche Uhrzeit sollte der Strom abgestellt und eine Ausgangssperre verhängt werden. Dennoch stehe ich jeden Morgen um viertel vor Sieben auf.
Also wenn der Leser den Satz mit dem Blut nicht ohnehin schon überlesen hat, hat er ihn hier wieder vergessen. 6:45 – viertel vor Sieben; jau, das wirkt nen wenig seltsam.

Langsam krieche ich über das Hochbett, um am Fußende die kleine Holzleiter zu erreichen. Gähnend steige ich eine Stufe nach der Anderen herab.
Das ist auch so krampfhaft nen Satz irgendwie mit nem Adverb oder nen Partizip anfangen: Schweißgebadet, langsam, gähnend. Wer würde so sprechen? Wenn du die Geschichte deinem besten Freund erzählen würdest, würdest du da sage. Schweißgebadet, aber gähnend lächelte ich dem Tod ins Antlitz oder würdest du sagen: Ich habe geschwitzt und ich habe gegähnt, aber ich habe dem Tod ins Antlitz gelächelt!

Sie sind so weit auseinander angeschraubt, dass ich mich mit beiden Händen an der Leiter festkrallen muss. Ich reisse die schon fast morsche, fleckig weiss gestrichene Tür auf.
Komm zum Blut. Also … interessier den Leser doch erstmal für die Figur und für die Geschichte. Irgendwas Spannendes, hier ist nur so nen Halbsatz, riecht Blut. Jau, mehr. Viel mehr, schneller. Konflikt, los.

Sofort fällt mir das Poster von Louis Royo entgegen, dass auf der Aussenseite lediglich mit Posterstrips befestigt war, um die Vorderseite nicht zu beschädigen.
Ich hab keine Ahnung wer Louis Royo ist. Und „das“ statt „dass“ – und wieso muss ich das mit den Poster-Strips wissen?

Vorsichtig greife ich das abgefallene Ende und hebe es an, um es wieder anzukleben.
Hier wieder das Adverb als erstes Wort – der Finalsatz, öhm, ich weiß nicht. Er guckt’s halt an, das ist doch wichtig, er hebt’s auf und guckt’s an. Das ist der „Schritt“, der fehlt. Du schreibst: Er hebt’s auf und will’s wieder ankleben und dann kommst du mit dieser Posterbeschreibung, aber du sagst ja mit keinem Wort, dass er’s auch anguckt, weshalb der nächste Absatz komisch in der Luft hängt.

Die elfengleiche Gestalt, die mich, bekleidet mit einem zerfetzen Hochzeitskleid, aus dem Wald heraus anzukreischen scheint,
Geklautes Bild, aber sehr stark! Das Bild! Elfengleich Hochzeitskleid Wald schreien. Zack, das ist ein Bild. Aber das dann mit gefühlten acht Kommata und drei Einschüben irgendwie an den Leser zu bringen, ist schon arg.

war mir wohl bekannt.
Und das hier: Urks. Bleib beim Bild. Wenn das Poster in seinem Schlafzimmer hängt, kennt er es!

Der Kontrast zwischen diesem zärtlichen Mädchen mit dem Blumenkranz im Haar und dem Fletschen der Reißzähne
Jau, wenn das Bild gut „beschrieben“ ist, dann seh ich den Kontrast als Leser. Elfengleich, Hochzeitskleid – zerfetzt ankreischen, da ist der Kontrast schon, da brauch ich keinen Autoren der mir sagt: Zack, Kontrast

ist ein eindeutiger Wiedererkennungswert
Ein Wiedererkennungswert (also … so ein Wort zu schreiben, da schüttelt’s einen doch schon, das ist Werbe-Sprach irgendwie), ehm, so ein Dings ist immer eindeutig

des doch sehr bekannten Künstlers,
Da wird mir noch mal schön aufs Butterbrot geschmiert, dass ich diesen Luis Royo nicht kenne.

weshalb dieses Motiv auch bei sehr vielen Bekannten und Freunden zu finden ist.
Wieder: Völlig uninteressant.

Jau, war jetzt nur mal meine Gedanken zum ersten Abschnitt. Zu dem Text als Ganzes kann ich natürlich nicht viel mehr sagen. Vielleicht hilft’s dir ja weiter.
Wie gesagt, nicht übel nehmen.

Gruß
Quinn

 
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Hi Quinn,

danke erstmal fürs Lesen. hab die Geschichte gestern auch nochmal gelesen und mir sind novh einige Fehler mehr aufgefallen. Leider hab ich im Moment nicht die Zeit und die Muse, mich nochmal ranzusetzen. Deine Anhaltspunkte werde ich aber berücksichtigen, auch wenn ich "Schweißegabdet bla bla; Gähnend bla bla; etc.. besser finde als "Ich wachte...", "Ich gähnte...".

Bin auf jeden Fall froh, dass sie überhaupt gelesen wird und ich auf Fehler aufmerksam gemacht werde. Kritik hilft ;)

Ich hoffe das Geschreibsle hat dir nicht deinen Morgen (Deine Nacht? O.o) vermiest :P

 

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