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Ein kleiner Fisch

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21.09.2002
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Ein kleiner Fisch

Wenn man mit einem kleinen Segelboot auf großer Reise ist, hat man so wenig zu tun.
Mein kleiner Hund Blum und ich befanden uns ziemlich genau in der Mitte des südlichen Nordatlantiks auf dem Weg von den Kanarischen Inseln zu den kleinen Antillen.
Am Morgen des 14. Tages begleitete uns ein kleiner Fisch in der wenig bewegten See. Er schwamm nur ein paar Zentimeter neben dem Backbordrumpf des kleinen Bootes. Blum hatte ihn zuerst entdeckt und ich wurde darauf aufmerksam, weil sie still und ausdauernd, ihren Kopf über das Bordsüll hängen ließ und über den Rand des Decks schaute, unbeweglich wie ein Jagdhund. Sie war ein kleiner Rater, aber ihr Interesse galt bestenfalls Mücken und Käfer, wenn diese lästig ihren Weg kreuzten. Und als ich jetzt
Blum beobachtete und sah, wie sich in ihren kleinen schwarzen Augen das reflektierende Glitzern der Sonne spiegelte, entdeckte auch ich den kleinen Fisch.
Er war höchstens zehn Zentimeter lang und mit regenbogenbunten
Querstreifen bedeckt.
Zuerst dachte ich, es sei ein kleiner Pilotfisch und ich hielt Ausschau nach einem Hai. Es war aber weit und breit kein Hai zu entdecken und ich vergaß bald den kleinen Fisch und überließ Blum alle weiteren Beobachtungen.
Ein paar Stunden später, Blum hatte ihre Betrachtungen ebenfalls
aufgegeben und lag zusammengerollt am Boden des Cockpits, da bemerkte ich wieder den kleinen Fisch, wie er unverdrossen neben unserem Boot einher schwamm. Mein Interesse steigerte sich, den ich sah, das der kleine Fisch langsamer wurde, wenn wir in der langen Dünung „bergauf“ fuhren, um dann flink seine Position zu halten, wenn wir in das Tal der Dünung brausten. Nach einigen Minuten aber gab ich wieder auf und erst als mich die Neugierde
trieb, sah ich wieder nach. Der Fisch war weg. Das Meer glänzte, ein paar Passatwölkchen schwebten im Blau des Himmels.
Aber eigenartiger Weise ließ mich der Gedanke an den kleinen Fisch für einige Zeit nicht mehr los. Erst später, ich hatte gerade meinen entgültigen Standort nach der Sonne errechnet, erblickte ich wieder den kleinen Begleiter, diesmal allerdings an der Steuerbordseite des Bootes. Unermüdlich schwamm der Fisch mit der selben Geschwindigkeit des Bootes, etwa fünf Zentimeter unter der Meeresoberfläche.
Ich rief Blum; aber sie war uninteressiert.
Jetzt holte ich mein Fischbestimmungsbuch und begann mit meinen Nachforschungen. Ich fand aber keinerlei Hinweise auf die Familie des kleinen Fisches. Weder die Form und Farbe, noch die Schwanz- oder Rückenflosse, weder der Kopf, noch die Form des Rumpfes erbrachte ein Ergebnis. Es war auch ziemlich schwierig, kleinere Details zu erkennen, die Wasseroberfläche war gekräuselt und die Brechung des Lichtes verwehrte ein klares Bild. Vielleicht hätte ich den kleinen Unbekannten mit meinem Fischcatcher
fangen können; aber vielleicht wäre dann das kleine Schauspiel für immer beendet gewesen.
Nach einigen Stunden brach die Nacht herein, der kleine Fisch war nur noch vage zu erkennen, wir begaben uns unter Deck, und ließen die ganze Sache endlich auf sich beruhen.
Am nächsten Morgen war der kleine Fisch noch immer da. Jetzt allerdings wieder auf der Backbordseite. Ich rief wieder nach meinen Hund; aber für Blum war die Sache entgültig abgeschlossen.
Wir hatten seit gestern vormittag zwar nur 60 Seemeilen zurückgelegt,
aber das Wetter war gut, der Passatwind blies leicht und die Fahrt war, wenn auch nicht gerade schnell, so doch äußerst angenehm.
Der kleine Fisch zeigte keinerlei Ermüdungserscheinungen. Seine herrlichen Farben schillerten im morgendlichen Sonnenlicht.
Ich ging meiner täglichen Beschäftigung nach: Frühstück machen, zwecks erster Positionsstandlinie auf einen geeigneten Stand der Sonne warten, nautische Berechnungen durchführen, Segel trimmen, Selbststeuerung überprüfen, und wieder die Sonne zur zweiten Positionsstandlinie „schießen“. Und dazwischen natürlich dem kleinen Fisch zusehen, wie er seinerseits tapfer seine Position hielt. Er schien keine Müdigkeit zu kennen. Ich beobachtete, dass sein Abstand und die Höhe zur Rumpflänge meines Bootes immer die Selbe war. Gleichgültig, ob das Boot schneller oder langsamer segelte.
Als der kleine Fisch dann um die Mittagszeit plötzlich wieder verschwunden war, hangelte ich mich instinktiv an die Steuerbordseite, um dort nachzusehen. Und siehe da, flink und geschmeidig wie immer, sauste er an der gleichen Stelle wie gestern auf meinem Kurs.
Ein Blick zum Stand der Sonne, die jetzt die Steuerbordseite bestrahlte, weckte eine Vermutung. Er schwamm eben auf der wärmeren Seite des Bootes. Ein kleines Geheimnis schien also gelüftet.
Irgendwie musste ich mich mitteilen. Ich erzählte Blum von meiner
Erkenntnis; aber sie war überhaupt nicht beeindruckt.
Viel mehr fand ich nicht heraus und bald schwand auch mein Interesse an dem kleinen Fisch. Ganz beiläufig stellte ich fest, dass er bei der einfallenden Dämmerung nicht mehr da war.
In der Nacht hatte ich Schwierigkeiten Schlaf zu finden. Blum kuschelte sich an mich, draußen schürfte das Fahrwasser an der Bordwand entlang.
Ich sah den kleinen bunten Fisch vor mir und spielte mit unsinnigen Gedanken.
Beim ersten Tageslicht sah ich nach unseren kleinen Begleiter. Er war
nicht mehr da. Das stimmte mich traurig.

 

Hi, hschu...

Ich habe nicht die geringste Ahnung,
was deine Geschichte aussagt.
Kannst du mir einen Tipp geben?

MfG,
Hancock

 

Der kleine Fisch

Hallo Hancock,

Danke für Deine gute Nachfrage. Eigentlich möchte ich sie gar nicht, oder besser, noch gar nicht beantworten, weil ich fürchte, andere Leser würden frühzeitig dadurch beeinflusst werden. Und ich wäre schon sehr interessiert, ob andere Leser auch noch was sagen wollen. Aber bitte, hier ein ganz kurzer Versuch einer Erklärung, die aber vielleicht auch nicht befriedigen wird.
Die Bedeutungslosigkeit der kleinen Begebenheit, die ich bei dieser Seereise erlebte, wurde damals, nach vielen Tagen der Einsamkeit auf dem Meer, zu einem „Erlebnis“, das ich heute noch immer in meinem Erinnerungsgut einen besonderen Platz einräume, weil sie zeigt, wie sensibel auch eine so offensichtlich banale Angelegenheit sein kann.
Als Kurzgeschichte – sollte ich sagen: kurze Geschichte, - hoffe ich, dass der Leser diese Situation, die meiner Meinung nach keine weitere Ausschweifung im erzählerischen Sinn bedarf, ein wenig nachempfinden kann.

Grüße, hschu :schiel:

 

Danke für die Antwort, hschu!

Gut, ich verstehe:
Wenn die eigene Welt aus so wenig besteht,
dann ist alles, was sich ändert etwas ganz Besonderes.
Und dieser Fisch ist natürlich auch symbolträchtig.
Ich erkenne langsam Umrisse des Interpretationsspielraums...

 

hi hschu

"fisch geschichten" scheinen zur zeit den äther zu beherrschen.... ;)

habe gleich nach dir eine erzählung in der ein fisch eine rolle spielt hier veröffentlicht.

mir hat deine geschichte gefallen. ich finde sie ist gut erzählt. die bilder erschienen klar.

geschichten sagen immer etwas aus, es ist manchmal ganz schön nicht die interpretation schon mitgeliefert zu bekommen.
szenen des lebens, durch die augen und die seele des beobachters auf papier gebracht, klar umrisssen ergeben lebensräume für den geist des lesers.

so war es für mich ein schönes erlebnis mit einem schiff die wellentäler und berge (des lebens) zu überwinden mit der gewißheit immer einen treuen Begleiter an der seite meines schiffes zu wissen... usw...

im ersten satz würde ich das "so" weglassen "hat man wenig zu tun" ist besser.

und du hast für meinen geschmack des öfteren unnötige wortwiederholungen in deinem text. "kleiner fisch" "kleine augen"

zum schluß hin dann "kleiner fisch" "unser kleiner begleiter" aus meiner sicht würde "unser begleiter" reichen, ist vermutlich geschmacksache.

liebe grüße jimson

 

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