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Ein lächeln, ein Wort, ein Tod
Ein Lächeln, ein Wort, ein Tod
Als Neuer abgestempelt zu werden, ist ziemlich deprimierend für jemanden, der sowieso fast schon kein Selbstbewusstsein hat. Aber dann auch noch Ausländer zu sein, das ist die totale Katastrophe. Aber, von vorne: Alles fing mit einem harmlosen Montagmorgen an. Nun ja, ganz so harmlos war er dann auch wieder nicht. Es war nämlich der Montag, an dem ich in die neue Schule kam...
„So Leute, das ist ab heute eure neue Mitschülerin. Sie heißt Jola und ist 14 Jahre alt.“, stellte mich der Lehrer vor. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie einige Schüler grinsten. Ich hörte Kommentare wie: „Was is’n das für’n Name?!“ und „Ne kleine Polin, was?!“, aber ich versuchte, sie so gut wie möglich zu ignorieren. Der Lehrer wies mich an, mich neben ein türkisches Mädchen mit schwarzen Haaren zu setzen und dann begann der Unterricht. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich mich hier nie einleben würde, doch da flüsterte das Mädchen: „Hey, ich bin Sevda. Ich kann dir gern ein bisschen helfen und dir nachher die Schule zeigen, wenn du willst.“ Sie lächelte und wandte sich wieder ihrem Heft zu. Hmmm, vielleicht würde die Zeit hier ja doch gar nicht so schlecht werden, wie ich dachte?!
Als es zur Pause klingelte, waren Sevda und ich bereits unzertrennlich, am Ende des Schultages konnte ich mir die Stunden ohne sie gar nicht mehr vorstellen! An der Bushaltestelle lud sie mich zu sich nach Hause ein. Total begeistert sagte ich zu und ein paar Stunden später saßen wir in ihrem Zimmer und redeten über alles Mögliche. „Sevda, ich hab nen Film mitgebracht, Sweets. Wollen wir uns den vielleicht angucken?“ Sevda war sofort total begeistert. „Ja klar! Das ist mein Lieblingsfilm! Komm, gehen wir ins Wohnzimmer!“ Gerade als wir es uns mit Chips und Popcorn so richitg gemütlich machten, klopfte es an der Tür. Sevda lächelte und meinte, dass das bestimmt irgendwer aus ihrer Familie sein würde. Die Tür öffnete sich und herein kam ein Typ mit dunklen Augen und mittellangen, schwarzen Haaren. Ich schätzte ihn auf 16 und behielt Recht, als Sevda ihn mir vorstellte: „Jola, das ist mein Bruder Kaan. Er geht in die 10. Kaan, das ist Jola, eine Freundin von mir.“ Ich guckte ihn mit vor Staunen geöffnetem Mund an, aber Sevda winkte lachend ab. „Mach dir nicht so viel aus ihm. Er ist ein kleiner Herzensbrecher.“ Das konnte ich verstehen. Kaan setzte sich neben mich und ich hielt den Atem an. Kerzengerade saß ich da und wagte es nicht, ihm ins Gesicht zu schauen. Ich wusste selbst nicht warum, aber während wir uns den Film anguckten, schaute ich ihn kein einziges Mal an. Nach ein paar Stunden musste ich auch schon wieder nach Hause, aber das war für mich die schönste Zeit des Tages.
Am nächsten Tag horchte ich meine Freundin über Kaan aus. Ich traute mich nicht, Sevda den Grund meiner Nachforschungen zu nennen, denn ich wusste ja nicht, wie sie darauf reagieren würde, wenn sich ihre beste Freundin in ihren Bruder verknallte. Ich ahnte nicht, dass sich mein Wunsch ihn wiederzusehen schon ein paar Minuten später, nämlich in der Pause, erfüllen sollte. Gerade als ich besonders intensiv darüber nachdachte, wie ich heute aussah, tippte mir jemand auf die Schulter. Blitzartig drehte ich mich um und erlitt fast einen Herzinfarkt. Ich blickte geradewegs in die tiefschwarzen Augen von Kaan. „Hey, jetzt guck doch nicht so verschreckt, Jola! Ich tu dir schon nix!“ Er lächelte mich an und mir wurde schlagartig klar, dass ich wohl ziemlich doof dreinschauen musste. „Äh, ich...Was...was machst du hier?!“ – „Er geht hier zur Schule!“, kam da die Antwort von Sevda, die plötzlich hinter ihm stand. „Er...äh, was?“ Sevda klopfte mir beruhigend auf die Schulter und wechselte einen Blick mit Kaan. „Sie ist nicht immer so, musst du wissen. Anscheinend ist sie wohl heute ein bisschen durcheinander. Liegt an Mathe, stimmt’s?“ Wie in Trance nickte ich. „Ich muss dann auch mal los. Ciao, Jola!“ Mit diesen Worten verschwand Kaan aus meinem Blickfeld. Sevda überschüttete mich mit besorgten Blicken, die ich jedoch vollends ignorierte, denn ich war einfach nur glücklich, dass Kaan mich wiedererkannt hatte...
Die Wochen vergingen, und aus Laub wurde Schnee. Inzwischen ging ich nur noch zu Sevda wenn ich wusste, dass ihr Bruder auch da war. Jedes Mal zog ich, zur Verwunderung meiner Mutter, meine besten Klamotten an und machte mich so gut es ging zurecht. Sevda wunderte sich anscheinend, dass ich so oft bei ihr war und sie so selten bei mir, aber sie sagte nichts. In den Pausen wartete ich darauf, dass Kaan vorbeikam und wenn er mich anlächelte, schwebte ich wie auf Wolken. Sah ich ihn nicht, bekam ich schlechte Laune, die sich noch nicht einmal Sevda erklären konnte. Ich ahnte zwar, dass er mich nicht liebte, aber mir genügte es schon, dass ich ihn jeden Tag sehen konnte und dass er mir ab und zu sein Lächeln schenkte. Doch so richtig reichte mir das irgendwie auch nicht. Ich wollte ihn umarmen, seinen Duft einatmen und ewig in seine wunderschönen Augen schauen...
Eines Morgens war die Erde von dickem, weichem Pulverschnee bedeckt, der alles unter sich begrub. Bis Weihnachten waren nur noch wenige Tage übrig und da es der letzte Schultag war, zog ich mich besonders schick an. In der Schule angekommen erfuhr ich, dass ich eine Stunde später hätte kommen sollen. Also marschierte ich wieder zurück in die Aula. Als ich um die Ecke bog, lähmte mich der Anblick so sehr, dass ich stehen blieb und das Gefühl hatte, dass mein Herz in tausend Stücke zerspringen würde. Da stand er, Kaan. Aber nicht alleine, sondern in inniger Umarmung mit einem Mädchen! Sekundenlang hörte mein Herz auf zu schlagen und mir war, als ob mir jemand die Luft zum Atmen genommen hätte. Das durfte nicht wahr sein! Mein Kopf war leer, und erst nach einigen Augenblicken, die sich dahinzogen wie dickflüssiger Sirup, konnte ich wieder denken. Langsam drehte ich mich um und setzte einen Fuß vor den anderen. „Langsam, nur nicht hinfallen!“, dröhnte es in meinem Kopf. Meine Beine zitterten. Niemals hatte ich gedacht, dass Kaan eine Freundin haben könnte! Verstört versuchte ich, mich an eine Wand anzulehnen. Alles drehte sich und ich schloss die Augen. Langsam glitt ich an der Wand entlang zu Boden und sank in mich zusammen. Niemand würde mich finden, ich würde irgendwann sterben und Kaan würde es Leid tun...In meinem Kopf rauschte es und ich wollte nur noch eins: tot sein... Plötzlich riss mich Sevdas Stimme aus meinen Gedanken. „Jola! Mensch, was machst du denn hier? Oh Gott, du bist ja ganz blass! Geht’s dir gut? Soll ich dich ins Krankenzimmer bringen?“ Ich schluchzte auf. „Nein...Er hat...er ist...er sieht mich nicht!“ Sie half mir hoch und ich vergrub mein Gesicht in ihrem Mantel. „Ich liebe ihn! Und er sieht mich nicht... Oh Gott...“ Sevda stützte mich und so gingen wir langsam auf die Mädchentoilette. Meine beste Freundin versorgte mich mit Taschentüchern, Nervennahrung in Form von Schokolade und ausreichendem Trost. Nach einer Weile hatte ich mich wieder einigermaßen gefasst und erzählte Sevda, dass der Junge meines Herzens mich nicht liebte. Sie stellte keine Fragen und hörte einfach nur zu. Bis zur Pause hatte ich mich wieder gefasst und Sevda und ich standen an unserem Stammplatz in der Pausenhalle. Ich begann wieder, ihr von meinem Liebeskummer zu erzählen. „Ich hab mich heute extra schick gemacht und er hat mich noch nicht gesehen! Ach Sevda...“ Sie nahm meine Hand und wollte mich wegziehen. „Sollen wir mal zu ihm hingehen? Kaan wird sich freuen!“ Abrupt blieb ich stehen und protestierte energisch. Sie lächelte, aber ich war total erstaunt. „Wie...Ich meine, woher weißt du, dass er es ist?!“ Sevda schaute mich liebenswürdig an und ich kämpfte schon wieder mit den Tränen. „Ach Jola, meinst du etwa, dass ich das nicht gemerkt habe? So, wie du meinen Bruder anschaust wenn er vorbeikommt, so wie du mit ihm redest, wenn du bei mir bist.“ – „Aber...Das Mädchen heute Morgen! Ist sie...Ich meine, sind sie...“ Sevda schüttelte den Kopf. „Nein, er hat keine Freundin. Er ist eben nur gerne mit Mädchen zusammen, er umarmt auch meine Schwester so. Er meint, dass alle Jungs aus seiner Klasse blöd sind. Naja, außer einem oder zwei.“ Ich fasste einen Entschluss. „Sevda, du musst mir helfen, Kaans Freundin zu werden!“ Sie guckte etwas skeptisch, sagte dann aber schließlich doch ja. „Ach, Jola, noch was. Wir feiern alle zusammen Silvester. Möchtest du nicht mit uns feiern?“ Meine Augen leuchteten. Anscheinend konnte Sevda Gedanken lesen, denn sie beantwortete meine Frage, noch bevor ich sie stellen konnte, mit: „Ja, klar, Kaan wird auch da sein!“ Begeistert stimmte ich zu. Alle Weichen schienen gestellt, nun galt es nur noch, meine Mutter zu überzeugen, dass ich dieses Jahr nicht mit der Familie ins neue Jahr rutschen würde. Anfangs als leicht abgestempelt, erwies sich diese Aufgabe als die Schwierigste...
Zu Hause angekommen wartete ich einen günstigen Moment ab und begann, meiner Mutter von dieser Party zu erzählen. Ich erwartete eine Zusage, aber sie blockte ab. „Schätzchen, ich glaube es ist besser, wenn du eine Zeit lang nicht deine Freundin besuchst.“ Ich verstand nicht. „Aber wieso? Was spricht denn dagegen? Wir wollen doch nirgendwo hingehen!“ Meine Mutter schaute mich böse an. „Ich finde es nicht gut, dass du mich belogen und mein Vertrauen missbraucht hast. Du hast dich in diesen Jungen verliebt, stimmt’s?“ Woher wusste sie das? Hatte sie etwa mein Tagebuch gelesen? „Nein, ich...“ Sie schnitt mir das Wort ab. „Hör zu, ich will nicht, dass du aus Liebe ein Kopftuch trägst! Also, du feierst Silvester mit uns oder gar nicht!“ Ich beschloss, sie zu belügen – für Kaan. „Ma, ich liebe überhaupt niemanden! Bitte, lass mich gehen!“ – „Nein, Jola! Ich habe doch gesehen, wie du reagiert hast, als ich dich letztens nicht zu deiner Freundin fahren konnte! Und dieses angebliche Telefonat war doch auch nicht echt! Belüg dich doch nicht selbst!“ Ich hatte so getan, als ob Sevda mich anruft und sagt, dass sie nicht kommen kann, nur um meine Mutter zu erweichen, mich zu ihr zu fahren. Mir schien es doch so überzeugend! „Bitte Ma!“ Dicke, runde Tränen rannen über meine Wangen und verdampften zischend auf meinem vor Aufregung erhitzten Gesicht. Das konnte ich nicht aushalten. Das durfte einfach nicht wahr sein! Aber meine Mutter hatte kein Mitleid mit mir. Für sie schien die das letzte Wort gesagt zu sein. Sie wandte sich eiskalt ab und schwieg. Ich hielt ihre Gegenwart nicht aus und schloss mich in meinem Zimmer ein, wo ich meine Lieblings-CD einlegte und auf voller Lautstärke aufdrehte. Schluchzend warf ich mich auf mein Bett und sah mir Fotos von Kaan an. Sevda hatte sie mir gegeben, um meinen Liebeskummer erträglicher zu machen. Ich gab jedem einzelnen Bild einen Kuss. Aber immer, wenn ich dachte, dass ich mich beruhigt hätte, überrollte mich eine Welle voller Erinnerungen. Bilder von Kaan tauchten vor meinem geistigen Auge auf und die salzigen Tränenflüsse flossen von Neuem durch mein Gesicht. Lange lag ich da und weinte vor mich hin. Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich verstand meine Mutter nicht mehr. Ich fühlte mich allein gelassen und schrecklich schwach. Irgendwann klopfte es an der Tür und als ich nicht öffnete, schrie meine Mutter mich an, dass ich meine Tür gefälligst nicht abschließen soll. Erhitzt und geschwächt öffnete ich die Tür und nahm einen Teller mit Essen entgegen. Leiser fiel die Tür wieder ins Schloss und ich kämpfte mit den Tränen, aber als ich am Spiegel vorbeiging und mich sah, verschwamm wieder alles vor meinen Augen...
Wieder vergingen Wochen, Tage und Stunden. Ich lebte an mir selber vorbei und konnte von Glück sagen, dass Ferien waren. Meine Eltern hatten mir angedroht, zu Kaans Familie zu gehen und ihr alles zu erzählen, aber ich schaffte es, sie davon abzubringen. Weihnachten und Silvester waren für mich so leblos wie alle anderen Tage, die ich damit verbrachte, zu schweigen und mich abends in den Schlaf zu weinen...
Als die Schule wieder begann, musste ich Sevda erklären, warum ich nicht mit ihr gefeiert hatte. Sie war bestürzt und schlug vor, mit meinen Eltern zu reden, aber ich überzeugte sie, es nicht zu tun. Auch sie verstand nicht, warum meine Mutter so ausrastete. „Sevda, sie mögen euch nicht. Ich weiß nicht warum, aber es ist so. Es tut mir so schrecklich Leid!“ – „Ach, schon gut. Ich verkrafte das schon.“ Sie lächelte müde, doch ich sah die Enttäuschung in ihren Augen. „Du weißt, dass ich nicht so bin! Ich bin nicht so wie meine Eltern! Bitte, vergiss das nicht!“ – „Das weiß ich doch, Jola. Aber ich dachte immer, deine Eltern seien anders...“
Schnee wurde wieder zu Regen, und ich litt schweigend vor mich hin. Kaan wusste nichts von meinen Gefühlen, aber heute denke ich, dass er etwas ahnte. Wie sollte er sich denn bitte erklären, warum ich nicht mehr zu ihnen zu Besuch kam? Sevda versprach, keinem etwas davon zu erzählen und dafür war ich ihr sehr dankbar. Die folgenden Wochen versuchte ich, meine Gefühle zu verdrängen, aber das war so gut wie unmöglich. Man kann ein Herz nicht einfach so in Ketten legen und es wegsperren. Kaans Blicke versetzten mir jedes Mal einen Stich und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich fühlte mich wie ein halber Mensch, wie jemand, der keine Seele hatte. Aber was sollte ich dagegen tun? Meine Eltern hassten mich und ich war daran Schuld! Ich versuchte, Kaan zu ignorieren, aber auch das gelang mir nicht. Wenn er mich sah, wurde sein Blick zu einem Lächeln, aber nicht so eines, welches einem Liebe signalisiert. Es war ein aufmunterndes Lächeln, doch ich schaute immer wieder weg. Ich konnte diesen Blicken nicht standhalten. Es ging einfach nicht...
Eines Tages, meine Eltern waren nicht da, saß ich wieder einmal zu Hause und litt. Litt unter dem Schmerz, den der Hass meiner Mutter mir zufügte, unter den Dolchen, die Kaans Blicke in mein Herz rammten und unter dem Hass auf mich selber. Ich wusste, dass es nicht ewig so weitergehen konnte, aber mir kamen keine Ideen, so sehr ich auch nachdachte. Da ertönte ein Klingeln. Ich reagierte nicht, dachte, dass ich mich verhört hatte. Es klingelte ein zweites Mal und dann erst realisierte ich, dass es das Telefon war. Eigenlich hatte ich keine Lust, mit jemandem zu reden. Mir war eher danach, in Selbstmitleid zu etrinken, aber trotzdem nahm ich den Hörer ab. „Jola? Ich bin’s, Kaan. Ich möchte dich sehen. Komm bitte zum Brunnen in der Stadt.“ Beinahe wäre mir der Hörer aus der Hand gefallen. Ausgerechnet er! „Warum? Was willst du?“ – „Bitte komm! Ich merke doch, dass mit dir etwas nicht in Ordnung ist. Und ich habe den Verdacht, dass es mit mir zu tun haben könnte!“ Er klang wirklich besorgt. „Na gut. In einer halben Stunde am Brunnen.“ Ohne ein weiteres Wort legte ich auf. Was sollte das? Kam jetzt die alles entscheidende Explosion?
Eine halbe Stunde später wurde ich bereits von Kaan am Brunnen erwartet. „Hey! Schön, dass du gekommen bist. Lass uns ins Eiscafé gehen, da können wir in Ruhe reden.“ Also gut. Wir bestellten zwei Eisbecher und setzten uns nach draußen, da es einer der ersten sonnigen Tage im Jahr war. Keiner von uns wusste so recht, was er sagen sollte und wir schwiegen uns eine Weile an. Schließlich begann ich. „Und, wie läuft’s mit Yara?“, fragte ich so beiläufig wie möglich. Yara war Kaans beste Freundin und ich vermutete, dass da noch mehr war. Er wurde rot. „Was...Was soll denn da laufen? Woher weißt du überhaupt von ihr?“ – „Sevda hat mir von euch erzählt.“ Er nickte. „Wusst ich’s doch...Yara ist nur eine gute Freundin, eine sehr gute sogar. Fast so wie du...Jola, sag mal, was hat sie dir noch erzählt?“ Ich dachte nach. Sollte ich ihm die Wahrheit sagen? Es war sowieso zu spät für Lügen... „Nicht viel. Hat sie dir denn auch erzählt, was ich von dir denke, Kaan?“ Ich lehnte mich über den Tisch und schaute ihm fest in die Augen. Er war unsicher. „Ich, äh...Naja, sie sagte, dass du mich süß findest...!“ – „Pah, süß...“ Energisch ließ ich mich wieder in den Korbsessel zurückfallen. Kaan war erstaunt. „Ist es denn nicht so?“ Wieder war ich den Tränen nahe. „Kaan, weißt du denn nicht, dass ich eines der Mädchen war, das für ein Lächeln von dir aus dem Fenster gesprungen wäre? Verdammt, ich habe mich in dich verliebt!“, rief ich. Bestimmt war er ein klein wenig überrascht, doch er überspielte es hervorragend. „War?“ Jetzt war ich diejenige, die unsicher war. „Naja, also...Ich weiß selber nicht, was ich fühle. Vielleicht bin ich es noch immer...Du weißt nicht, dass ich durch die Hölle gegangen bin! Zwischen mir und meinen Eltern klafft ein riesiger Abgrund, weil sie mich nicht zu euch lassen wollten...!“, flüsterte ich kaum hörbar. „Oh nein...Das wollte ich nicht!“ Ich schaute ihn traurig an. „ Es ist nicht deine Schuld. Hasst du mich jetzt? Ich meine, alles, was ich je wollte, war eine Umarmung von dir...!“ Kaans Augen glänzten wässrig. „Nein, natürlich hasse ich dich nicht! Du musst auch nirgendwo runterspringen! Ich mag dich doch auch, sogar sehr, aber...Man, es tut mir verdammt weh, dir das so sagen zu müssen, aber ich liebe dich nicht! Es tut mir Leid...“ Tränen flossen über sein Gesicht. „Hasst du mich denn jetzt?“, fragte er mit einer rauen, mir unbekannten Stimme. Ich musste ein wenig lächeln, obwohl auch ich mittlerweile von stummen Tränen gezeichnet war. „Nein. Nein, das tue ich nicht, Kaan. Und das werde ich auch niemals tun.Wir dürfen nicht zusammen sein, das ist anscheinend unser Schicksal...“ Er saß da wie ein hilfloser kleiner Junge, der gerade von seiner Mutter wegen irgendetwas ausgeschimpft wurde und sich nun schämte. Ich wusste nicht, was ich denken sollte, aber wenigstens waren nun all die Dinge, die ich ihm schon immer sagen wollte, gesagt. Meine Hoffnung, dass er mich liebte, war nun gestorben, aber meine Liebe zu ihm würde noch lange andauern. Meine Tränen tropften lautlos auf das Kopfsteinpflaster, als ich benommen vom Tisch aufstand. Kaan sah mich fragend an, aber ich schüttelte nur den Kopf und setzte langsam einen Fuß vor den anderen, um nicht zu fallen...