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Ein Moment der Stille

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03.04.2005
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Ein Moment der Stille

Ein Moment der Stille. Habe ich mir mehr gewünscht? Diese Stille. Ich musste doch irgendwie Recht behalten.
Der Tisch verfehlt knapp die Schläfe, versenkt den Schädel knackend ein wenig nach innen, ein watschender Stoß Blut bespritzt den Rand. Der zurückbleibende Knall hallt nur kurz und versiegt im Nichts. Ich kann ihm gar nicht folgen. Ich will ihm folgen.....
Ich lebe dich. Weißt du das nicht? Deine kleinen Schritte.. meine Besinnung schwindelt leicht.. Ich dachte, ich müsste diese Hast nie wieder spüren. Jeder sollte bereit sein, um sein Leben aufzuspringen. Wenn einen nicht vorher die Verzweiflung niederstreckt. Ich renne, in meiner Hast, und falle. Ich falle doppelt. Zwei gehen zu Boden. Es ist meine Schuld. Ich kann dich nicht sehen. Dein Gesicht.. ich will es zärtlich... betten und befeuchten, ein nasses Tuch, und es abreiben, aber so, dass die Feinheit deiner Haut sich erhält. Willst du für mich lachen? Ich kann nicht atmen ohne Licht...
Wenn ich alles aufrolle, realisiere ich die Tragik deiner Freiheit. Du hast gewählt. Ich raffe mich langsam auf. Ich versuche die blutverschmierte Kante zu greifen, die mein Ohr zerbarst, doch rutsche ab und falle zurück. Deine Augen sind offen... Siehst du mich! Kannst du mich... Sieh mich an!!
Ich muss schreien. Ich scheine zu schreien. Unter dumpfem Grollen nehme ich ganz leicht die Resonanz in meinem Hals wahr. Kein Ton. Ich fasse mir ans Ohr, ertaste einen Riss...
Weiße Orchideen, brennend in braun aufgegangen oder verwelkt, Bäume, die nach Stürmen brach liegen, als Hindernisse, weite Wiesen voller Leben, verdorrt in Wüsten. Menschen ohne Augen, frei zur Einsicht in ihr hohles Inneres, halb verwest, eigentlich tot. Sonne schwingt um und zurück und weg. Hoffnung verdirbt, ohne Sonne, ohne Licht, verdirbt alles. Kannst du sehn, dich in dieser Leere, die blasse, graue Welt... Hallo ?

..... .. .. .. ... .. ... …. Ich schreie, schreie sie an. Kein.. ich .. kein Ton... ihr Körper schwimmt im Bild.. Schütteln... Die Spannung in meiner Brust kehrt zurück. Diese .. Kraft, die frei wird im Brand meiner Seele... Leg mir die Hand auf... gib mir Frieden... Stille...
„Ich werde sterben. Ich habe es gesehn...“
Ich rolle mich auf den Bauch und versuche hinüber zu gelangen. Dein Vorbote gerinnt mir an den Handflächen. Blut kriecht mir entgegen und breitet sich langsam auf dem Parkett aus. Dein ganzer Körper ist gebettet in rot. Dein Fuß, ich kann ihn schon berühren. Ich muss meine ganze Kraft aufwenden, muss zu dir, muss aufhören zu schreien. Mein linker Arm ist taub. Ungehindert vom Fleisch, scheinbar mühelos durch den harten Knochen hat sich die Marmorecke ins Innere meines Hirns gerammt. Langsam quillt es gegen die Schädeldecke. Ein Gefühl von Druck ... Ich...
Ich will dich greifen. ...der zurückbleibende Knall hallt nur kurz, und ich falle.. Es ist meine Schuld... Ich will dich fassen und einschließen, sodass Fühlen deinen Verstand vernebelt und erweicht. Er trägt rot und redet. Kannst du hören, was er sagt ?
Das linke Bein erstarrt. Mein Hals trägt schwer... langsam ermüdet auch die rechte Hälfte, doch ich schaffe es, deinen zuckenden Arm zu fassen und dich umzudrehn. Dein Kopf klappt zur Seite.
„Du hast mich gestoßen..“ Der Glanz deiner Augen ist versiegt... versiegt im Nichts. Leere, blasse, graue Welt. Tränen, gewandet in rot laufen über die Wangen, in den Mund. Ich habe in dir geruht, ich habe dich gelebt.. deine Züge sind .. verzerrt... Du hast mich gewarnt!
Ich bereue nichts.. ich will die Zeit nie missen.
Wir waren gleich...
Ich müsste lachen, ließe es mein Körper zu, ob des aufgerissenen Lochs in deinem Kopf. Es sitzt an eben der gleichen Stelle, wie das Meine...
Sie werden uns finden. Sie würden es schwerlich begreifen, zerrieben sie nur erst unser Blut zwischen ihren Fingerkuppen und spürten den Tod. Selbst, wenn wir es erklären wollten.
Lass mich die zarten Linien deiner Lippen zeichnen.. ich... strecke unerträglich ... die niedergerissene Hand aus ... ..versuche.. dein Gesicht zu errei

 

Hmmm... im Prinzip nicht schlecht, aber in der falschen Rubrik, möchte ich meinen...
Wie wärs, wenn du das ganze in den passenden Thread verschieben lässt?
Frag den Mod, der hilft dir weiter.
Lord

 

Hallo Lord Arion,

hab mir schon gedacht, dass eine so brutale Darstellung vielleicht bissel hart ist für diese Rubrik, aber ich denke trotzdem, dass die Geschichte hier am Besten aufgehoben ist.
Ich gehe da ganz nach den Idealen des Zeitalters der Romantik. Naturverbundenheit, bzw. dessen Gegenteil in der Mitte, die Idealisierung der Geliebten zur Form des Lichts und damit der Natürlichkeit, auch des Atmens sowie das klassische Thema des Suizids, begangen von der Freundin, was ja in der Romantik ein weit verbreitetes Problem darstellte.

Ganz abgesehen davon ist auch die Darstellung sehr symbolhaft, abgesehen von den tiefschürfenden Darstellungen des Schadens des menschlichen Körpers und des Todes.
Ich versuche Tragik auf ein Maximum zu bringen und in Worte zu fassen. Eine romantische Tragik, weil alles ein wenig verklärt bleibt. Dennoch bleibt der herabziehende Boden der Realität unverkennbar erhalten.

Im Mittelpunkt steht Liebe und die augenblickliche Situation des Verlustes.

Ich kann mir keine bessere Rubrik vorstellen.


Grüße dir,
fallen

 

Hallo fallen,

ich glaube, du bist ein wenig über dein Ziel hinausgeschossen. Die Symbolik, bzw. der Versuch möglichst „schwulstig“ zu klingen ist ein wenig zuviel des Guten, vor allem, weil es der eigentlichen Geschichte nicht wirklich weiterhilft. Sicherlich ist es gut geschrieben, aber es passt nicht wirklich. Zudem verwendest du oft vergleiche, die in sich nicht stimmig sind...brennend, braun und dann welk...oft trifft die Symbolik auch nicht den Kern deiner Geschichte. Sie macht oft den Eindruck, als würdest du sie nur benutzen, damit es gut klingt.
Nehmen wir mal diesen sprachlichen Teil heraus und reduzieren deine Geschichte damit auf das Wesentliche, bleibt leider nicht mehr als eine Geschichte, die man so schon sehr oft gelesen hat. Sorry, dass ich keine bessere Kritik schreiben kann, aber als Geschichte hat mir deine kg so nicht gefallen. Als sprachliches Experiment würde sie durchgehen, aber auch da müsstest du wie gesagt, deine Symbolik noch mal auf ihre Passgenauigkeit hin überprüfen.

Einen lieben Gruß....
morti

 

Hi morti,

zuerst einmal möchte ich dir für deine Kritik danken. So schnell hätte ich gar nicht mit einer weiteren Reaktion gerechnet. Du hast sicherlich Recht : es ist relativ schwülstig, und doch auch wieder nicht. Der Charakter der Geschichte schwankt zwischen hochmelancholischer Romantik und extremer Brutalität. Auf diese Weise setze ich zwei verschiedene Akzente. Ich möchte hier aber ganz klar betonen, dass ich garnicht vor hatte im negativen Sinne "schwülstig" zu klingen. Viel mehr habe ich versucht die emotionale Gefühlslage des Protagonisten zu verdeutlichen. Es kommt hier vor allen Dingen auf die Dinge an, die nicht gesagt werden, die man sich aber trotz allem nicht schlicht selber dazureimen kann. Sie sind eigentlich logisch ergänzbar.

Mich würde interessieren, was genau du als schwülstig empfunden hast. Es mag nicht deinem Gemüt entsprechen, eine derartige Geschichte als realistisch anzusehen. Ich allerdings würde sie als für mich durchaus realistisches Bild und als realistische Rezeption einer solchen Situation sehen. Zuviel Emotion aus dem Nichts heraus ist unnütz und unsinnig. Bedenkt man aber, wie ich bereits sagte, die spezielle Situation, muss sich ein vollkommen anderer Aspekt ergeben. Wenn wir emotional sind, sind wir nicht mehr wirklich logisch, sondern triebhaft. Sei es im sexuellen Sektor, im Sektor der Selbsterhaltung oder aber wie hier im Falle eines Verlusts und in diesem speziellen Fall sogar des Verlusts der Zukunft. Alles andere behält trotzdem seine ganz realistische Fassade.

Du hast Recht, wenn du meinst, ich würde versuchen Begriffe zu paaren, die nicht zwingend einer logischen Folge entsprechen. Dein Beispiel "braun verbrannt" und "verwelkt" ist nicht wirklich vereinbar. Dieser Mittelteil ist eine emotionale Auslebung, die schlichtweg dazu da ist, Bilder im Kopf des Lesers zu schaffen und zwar im schockierenden Flashformat. Die Quintessenz dieser ganzen Beobachtungen des Niedergangs von Natur und Mensch ist aber nicht unsinnig, sondern folgerichtig. Der Teil entspricht der emotionalen Empfindung einer logischen, in den Abgrund orientierten Konsequenzhaltung.

Die Passgenauigkeit, die du angesprochen hast, ist in der Tat nicht ganz stimmig. Allerdings, soweit ich sehen kann, auch nur an dieser einen Stelle. Ich denke der Rest schließt sich logisch zusammen. Ich möchte versuchen, insofern es meine Zeit erlaubt, heute Abend noch eine Korrektur vorzunehmen und diese Unpässlichkeit zu beseitigen und dich wiederum, im Anschluss dessen, die Geschichte erneut zu lesen und zu beurteilen, auch in Anbetracht der genannten Aspekte.

Nur noch eine Kleinigkeit : Ich habe diese Geschichte für eine Freundin geschrieben. Manche Teile und Inhalte sind entnommen aus ihren eigenen Kurzgeschichten, andere wiederum aus direkten Antworten durch Kurzgeschichten meinerseits. Insbesondere die in Anführungsstrichen stehenden Ausdrücke. Diese Geschichte ist ihr zugedacht und ich denke es ist natürlich - und so gedacht - dass niemand außer ihr sie vollends versteht. Ich fühle mich ihr verbunden. Die Situation hat sie in dieser Weise aufgegriffen und ich habe sie zuende geführt. Durch meine eigene Beteiligung und meine damit notwendige extreme Subejektivität auf die Dinge, hat sie vielleicht diese spezielle Wendung erhalten. Aber sie ist lebendig und echt.

Tut mir Leid, wenn ich das so barsch sagen muss.

Ich möchte dir trotzdem für deine Kritik danken und werde, wie gesagt, die entsprechende Stelle ändern.


Liebe Grüße,
fallen

 

Moin, Fallen.

Weißt du, es ist halt immer schwierig, wenn man eine Geschichte erst verstehen kann, dadurch, dass man sie im nachhinein erklärt bekommt.
Der Leser kann nichts über die Entstehungsgeschichte oder die Gründe wissen, er versteht nur, was du auch erzählst.
Sinn und Zweck von Kg ist, dass sich der Autor dahingehend verbessern lässt, und sich verbessert.
Es liegt nichts ehrenrühriges daran, eine Geschichte zu ändern, oder gar nochmal neu zu verfassen... dadurch kommt man oft dem eigentlichen Ziel, nämlich eine gute, stringente Geschichte zu schreiben näher.

Ich las deine Geschichte zweimal, und kann immer noch nichts romantisches, oder erotisches darin entdecken. Sie wäre m.E. besser in "Seltsam" aufgehoben, zumal die doppelbödigkeit (Romantik/Brutalität) deines Prot ja auch von dir thematisiert wird.
das aber ist doch dann schon eher krankhaft, oder nicht? denn die Romantik ist nur kurz, die Brutalität aber sehr weit gefasst, vielleicht auch wegen des Schockeffektes?
Denk mal drüber nach, ohne dich angegriffen zu fühlen.

Letztlich kommte es doch immer darauf an: "Was will ich sagen? Was soll beim Leser zurückbleiben?"
Denn da steh ich noch ein wenig auf dem Schlauch, ehrlich gesagt.
Gruß vom Lord

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lord Arion,

ich denke, ich werde deinem Rat folgen und die Geschichte in "Seltsam" verlegen. Sie ist doch schwer verständlich. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass sie der Romantik angehört, aber wie wir bereits erkannt haben, in dieser Form hier nicht wahr genommen werden kann.

Sinn, so etwas wie Sinn gibt es nicht wirklich, jedenfalls nicht für die Allgemeinheit. Und auch für die speziell benannte Person ließe sich nicht wirklich ein Sinn erkennen, abgesehen von einem Bekenntnis uneingeschränkten Verständnisses für ihre Situation und ihre Gedanken - indem ich ihr selbst den Suizid nicht Übel nehme, ihn sogar verstehen und akzeptieren würde.

Von wegen deiner Annahme : krankhaft. Ich denke die Brutalität ist meine Sicht der Dinge, ihre jedoch ist die der melancholischen Depressivität, in der sie sich umbringt. Dass die Menschen, die sie lieben, den Anblick nicht ertragen können, dass tatsächlich viel Blut fließen müsste, sodass sie stirbt und vielleicht sogar Teile ihres Körpers entsetzlich entstellt sind, realisiert der Außenstehende. Und den Stelle in dieser Situation ich. Dadurch, dass ich aber nicht nur sie, sondern auch den Protagonisten sterben lasse auf eine sehr detailiert beschrieben und grausame Art und Weise, wird sie nachdenklich stimmen und den brutalen Aspekt tiefer erkennen lassen. Er reißt alles auseinander, alles aus den Fugen und was bleibt ist das Gefühl.

Was aber eigentlich die Geschichte soll. Nun, sie meinte, sie habe geweint, als sie sie gelesen hat. Und das ist vielleicht der ganze Sinn. Ich sagte es ja bereits bei meinem ersten Kommentar : ein Maximum der Tragik. Und es ist wirklich tragisch.

Ich werde die Geschichte noch eine Weile hier stehen lassen, vielleicht übers Wochenende und, insofern keine gegenteiligen Meinungen auftreten, die Geschichte in "Seltsam" verlegen lassen.

Danke für eure Kritik.


Liebe Grüße,
fallen

 

Hallo fallen,

den Anteil der Romantik als Überzogene Wiedergabe der Epoche Romantik kann ich durchaus sehen, daher sehe ich auch Deine Begründung für die Rubrik.
Was mich jedoch wahnsinnig macht, sind die Auslassungspunkte. Hin und wieder haben sie sicher ihre Berechtigung in einer Geschichte, in Deiner vielleicht sogar mehr als einmal, aber in der Fülle erschlagen sie den Leser. Anstatt durch Punkte darzustellen, wie zäh und langsam die Handlung tropft, wie unendlich dem Prot die Zeit erscheint, während sie ihm unter den fingern zerrinnt, solltest Du das anhand von sprache und Stil verdeutlichen. Punkte setzen kann jeder, in meinen Augen sind sie in der Fülle jedoch nichts als ein billiges Stilmittel, eher ein Ersatzmittel denn wirkliche Kunst.

Was auch immer Du mit dieser Geschichte sagen willst, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Wenn Du sie nur für Deine Freundin geschrieben hast, dann gehört sie auch nur dorthin, wenn Du sie aber auch anderen Menschen zugänglich machen willst (und das hoffe ich, denn die Ansätze gefallen mir durchaus!), dann solltest Du die Aussage der Geschichte si verpacken, dass sie auch für nicht-Eingeweihte entschlüsselbar ist.

Liebe Grüße
chaosqueen

 

Hallo chaosqueen,

deine Kritik bezüglich der Auslassungspunkte kann ich sehr wohl verstehen. Ich will versuchen das anhand von Zitaten zu erläutern, da mir eine positive Rezeption einer meiner Geschichten auf Grund dieser Punkte schon einmal misslungen ist.
Vorab möchte ich aber sagen, dass diese Ganze Geschichte ungefähr die Zeit einnimmt, die man zum Lesen braucht, also circa 3 Minuten. Man muss bedenken, dass sie sich mit einer Schusswaffe umbringt. Es ist eigentlich dynamisch gedacht.

Der Grund für die Punkte und mein Ansatz dabei ist schlicht der, dass ich eine Rezitierung des Textes steuern will, indem ich künstliche Pausen einfüge, die ein Vorleser so machen könnte, aber nicht zwingend machen müsste. Weiterhin versuche ich ins Leere zu weisen oder aber einen verdeckten Inhalt auszudrücken.
Beispiele :

Ich will ihm folgen.....
Die Aussage wird verdeutlicht durch den nicht konsequent gesetzten Schlusspunkt. Das Bestreben ist immernoch da und findet keinen Stillstand.

Deine kleinen Schritte.. meine Besinnung schwindelt leicht..
Hier will der Prot. gerade ausholen, verliert aber während des Denkvorgangs die Gedanken in einem Schwindelanfall auf grund der Verletzung. Auch hier ist der erste Gedanke unvollendet, ebenso der zweite, beide weisen auf einen weitergedachten oder eingschobenen Inhalt hin.

Dein Gesicht.. ich will es zärtlich... betten und befeuchten,
Man stelle sich vor, der Text würde ohne Pausen gesprochen, was durchaus möglich ist. Ich will, dass der Leser hier gezwungen ist kurz innezuhalten, einfach, weil hier nichts steht. Es ist eine Einflussnahme auf Rezitierungstempo und -art.

Deine Augen sind offen...
Feststellung, der eine Beschreibung folgen könnte, vielleicht normal müsste. Was aber folgt, ist eine direkte Reaktion des Prot :
Siehst du mich! Kannst du mich... Sieh mich an!!
Hier ist schlicht der Satz in der Mitte unterbrochen, man stelle sich den Prot vor, wie er schreit. Er bricht mitten im Satz ab. Er wollte nicht die Frage stellen, ob sie ihn sehen kann, sondern er wollte, dass sie es tut.

Kannst du sehn, dich in dieser Leere, die blasse, graue Welt... Hallo ?
Eine blasse, graue Welt kann doch nicht alles sein. Wo führt das hin? Es soll zum denken anregen und einen Moment Bedenkzeit geben. Das "Hallo?" gehört nicht zum Satz, stand im Übrigen in der Originalversion sehr viel weiter versetzt durch Leerzeichen im leeren Raum, als rufe der Protagonist die Freundin in dieser Leere an, ohne Antwort zu erhalten.

..... .. .. .. ... .. ... …. Ich schreie, schreie sie an. Kein.. ich .. kein Ton...
Der erste Teil ist hier sicherlich missverständlich. Die Punkte zeigen auf, was er schreit, bzw. genauer, was er davon hört - nämlich garnichts. Wenn er nun schreit und nichts hört, kann ich das nicht einfach hinschreiben, was der Inhalt ist, da es aus seiner Sicht geschrieben ist und er kann es schlicht nicht hörn.
"Kein... Ich... kein Ton..." Ist die verzweifelte Reaktion des Prot. Er denkt. Aber er hält inne in seinem Denken, als würde ein Klos ihm den Weg versperren. "Kein Ton" wiederum erklärt, dass er nichts hören konnte.
ihr Körper schwimmt im Bild.. Schütteln...
Nach der Umschreibung der verheulten Augen, erneut, wie im Flashformat einfach nur die schockierende Aneinanderreihung von Emotionen und situativen Bestandteilen. Er realisiert, dass er weint und er ihren Körper nur verschwommen wahrnimmt, er bekommt schreckliche Angst und beginnt zu schütteln. Ehe ich das alles in einen anständigen deutschen Satz gefasst habe, ist die emotionale Schärfe verlorengegangen.

Diese .. Kraft, die frei wird im Brand meiner Seele... Leg mir die Hand auf... gib mir Frieden... Stille...
Alles als rezitative Pausen gedacht.

Ein Gefühl von Druck ... Ich...
Rezitative Pausen und Bemühung um erneute emotionale Eindringlichkeit.

Ich will dich greifen. ...der zurückbleibende Knall hallt nur kurz, und ich falle.. Es ist meine Schuld...
Das ist eine besondere Stelle. Hier endet der erste Satz regulär auf einem Punkt, der nun folgende Ausdruck ist ein Zitat vom Anfang, allerdings wird der Knall inhaltlich vor den Fall gezogen und es entsteht eine neue Situation. Es ist eine Erinnerung und ein Selbstvorwurf, der mit dem Greifenwollen verbunden ist. Hätte er die Freundin greifen können, bevor sie geschossen hat ("Knall"), hätte er sie fassen können und einschließen, was danach folgt. Hier aber ist der Knall passiert und er fällt doppelt, nicht nur doppelt im Sinne, er und seine Freundin, sondern auch doppelt im Sinne, er selbst und sein Vorhaben. Man mag es als lächerlich bezeichnen, dass er auf Grund seiner Tollpatschigkeit stirbt. Aber was passiert nicht alles in Aufregung.

Mein Hals trägt schwer... langsam ermüdet auch die rechte Hälfte
Unterstützen die Punkte hier nicht das beschleichende Gefühl der Ermüdung der rechten Hälfte?

Der Glanz deiner Augen ist versiegt... versiegt im Nichts.
Rezitative Pause.

Ich habe in dir geruht, ich habe dich gelebt.. deine Züge sind .. verzerrt... Du hast mich gewarnt!
Einschub und während des Einschubs rezitative Pause.

Ich bereue nichts.. ich will die Zeit nie missen.
Der Gedanke ist nicht beendet, der Satz theoretisch schon. So umgehe ich die Trennung der beiden Bestandteile.

Wir waren gleich...
Es ist zwar vorbei, bleibt aber ein in eine mögliche, nun unmögliche Zukunft gerichteter Gedanke. Abgesehen davon soll ein kurzes Innehalten ermöglicht werden.

Stelle, wie das Meine...
Eine nachdenkliche Zäsur, ebenso eine rezitative Pause.

Lass mich die zarten Linien deiner Lippen zeichnen.. ich... strecke unerträglich ... die niedergerissene Hand aus ... ..versuche.. dein Gesicht zu errei
Der Leser würde hier normal durchlesen, wären nicht die ständigen Pausen eingebaut. So scheint das Ende mitten im Wort in Form des Todes realistischer durch die Pausen. Der Protagonist verendet und mit jedem weiteren Wort fällt ihm alles nur noch schwerer. Wie will er flüssige Taten vollbringen? Er stirbt.


Ich möchte dazu eine Sache anmerken. Ich komponiere seit 6 Jahren Musik, seit circa 2 Jahren auch im modernen, atonalen Bereich. Ich experimentiere sehr viel, auch in der Literatur. Gerade durch diese Vorbildung in moderner musikalischer Literatur, bin ich meist bestrebt, alles ganz genau vorzugeben. Es bleibt sogut wie keine Note ohne einen eigenen Artikulationsaspekt, die Interpretationswünsche an die Spieler ändern sich in Phrasen von wenigen Takten, alles schwingt urplötzlich um.
Ich versuche dieses Prinzip der genauen Festlegung auch auf die Literatur zu übertragen, was sicherlich nicht gängig und ungewohnt ist.
Letztendlich dient dieser Einsatz der Verlängerungspunkte erneut der Erweiterung der Einflussnahme auf die Emotionen des Lesers, so er sich darauf einlässt - das ist generell Vorraussetzung. Ich erinnere mich diesbezüglich an einen Streit mit ber bzgl. meiner Geschichte "Begegnung", die übrigens auf Grund ihrer merkwürdigen Raumkomposition in "Experimente" verlegt wurde.

Ich hoffe ich konnte bezüglich dieses Kritikpunktes meine Absichten darlegen und hoffe, Klarheit geschaffen zu haben.

Was die Intention der Geschichte betrifft. Erneut kann ich nur sagen : Emotion.
Es tut mir Leid, dass ich die Gemüter dadurch erhitzt habe, dass ich eine persönliche Geschichte ins Netz gestellt habe, die schlicht niemand verstehen kann. Aber mein Ziel, gerade diese Kritik zu erhalten und darüber diskutieren zu können, inwieweit man solche Geschichten veröffentlichen kann - auch in Hinsicht auf meine Methoden - und inwieweit die Leser sie dann verstehen, habe ich denke ich erreicht. Ich danke jedem, der sich bis jetzt an dieser Diskussion beteiligt hat und seine Sicht der Dinge dargelegt hat. Es ist ein wertvoller Lehrstein für mich, an dem ich mich festhalten kann. Es ist ziemlich differenziert zum Ausdruck gekommen.

Ich werde demnächst versuchen, eine weniger persönliche Geschichte zu schreiben, sodass man sich dann wieder über normale Faktoren, wie Orthographie, Grammatik, Inhalt und Spannungskurve unterhalten kann.


Liebe Grüße,
fallen

 

Noch eine Frage an dich, fallen... was würdest du von dem Experiment halten, diesen Stoff einfach nochmal anders zu verarbeiten, und ihn gegen diesen hiuer zu posten?
fänd ich interessant... Na? Was meinst du?

 

Hej fallen,

danke für Deine ausführliche Erklärung! :eek1:

Ich finde an manchen Stellen die Auslassungspunkte in Deinem Text durchaus angebracht, aber die Fülle hat mich erschlagen. Ich will als Leser nicht aufgezwungen bekommen, wie ich einen Text lese (Du kannst als Komponist Adagio und Allegro vorgeben, piano und fortissimo, aber wie Dirigent und Orchester am Ende as Stück interpretieren, bleibt nach wie vor ihnen überlassen), sondern höchstens eine Hilfestellung erhalten. Die ist meiner Meinung nach zu üppig ausgefallen, was ich aber nicht als "Maß aller Dinge" verstanden wissen möchte.

Ach ja: Auch, wenn der Text unkonventionell ist, so bleibt die formale Konvention für Auslassungspunkte doch bei drei stück am Stück. ;)

Liebe Grüße
chaosqueen

PS: Auf eine zweite Version bin ich auch gespannt, wäre sicher interessant, zu sehen, was sich an Tempo und Verständnis ändert.

 

Hi chaosqueen,

ich arbeite gerade an Variationen über "Ein Moment der Stille" und hoffe, sie vielleicht sogar heute schon veröffentlichen zu können, je nachdem, wie es meine Zeit zulässt.

Ich wollte dazu nichts weiter sagen, nur zu dieser Bemerkung :

(Du kannst als Komponist Adagio und Allegro vorgeben, piano und fortissimo, aber wie Dirigent und Orchester am Ende as Stück interpretieren, bleibt nach wie vor ihnen überlassen)
*lacht* :PPPPP
In der modernen Komposition bleibt nichts mehr dem Zufall überlassen. So etwas wie Interpretation gibt es teilweise garnicht mehr.

ABER :

Ich verstehe deinen Standpunkt und schätze ihn. Versteh mich bitte nicht falsch. ;>
Und als Zeichen dafür, dass ich die Wahrheit spreche : siehe oben : Variationen kommen.


Liebe Grüße,
fallen

 

hallo fallen,
anhand deiner ausführungen kann ich erkennen, dass dir an dieser geschichte sehr viel liegt. und darin liegt auch das verständigungsproblem. ich werde mir die andere version auch einmal durchlesen und hoffen, dass du in dieser den leser ansprichst und keine person, die deinen gedanken folgen kann, weil sie ihren hintergrund kennt

grüße...
morti

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi someday,

ich hatte meine Beweggründe für die Unterbringung meiner Geschichte in dieser Rubrik weiter oben bereits erläutert. Es sind die Ideale und Gedanken der Epoche Romantik. Ich denke diese Rubrik hier sollte nicht schlicht dem heutigen romantischen Begriff untergeordnet sein. Von Erotik ist hier ja keine Spur insofern...

Ich halte die Einordnung hier für richtig. Lies noch mal weiter oben. Wir können gerne darüber diskutieren, falls du dann immer noch anderer Ansicht sein solltest.


Hi morti,

ich werde mich bemühen, die Geschichte einsichtiger zu gestalten. Die Details, die ich darin näher erklären werde, helfen sicherlich am Ende auch einem besseren Verständnis der Ursprungsgeschichte. Es wird sich sicherlich herausstellen, dass die Geschichte nun undynamischer wird, dadurch, dass soviel drum herum beigefügt wird. Sind aber alle Fakten klar, werdet ihr sicher die erste Geschichte präferrieren, da sie einfach gebündelt ist. Auf diese Weise erhöht sich die Tragik. Einige spezielle Zitate werde ich allerdings nicht erklären. Dafür müsste ich weit persönlichere Kurzgeschichten veröffentlichen. Aber der Schritt scheint mir seit dieser KG nicht mehr weit entfernt. Wir werden sehn.


Grüße euch beiden,
fallen

 

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