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Ein Notlager neben Tonregale nie
Lager Nummer drei war bereits voll.
Regal achtzehn, im Nebenraum, bot den letzten Platz für den Rest der Ware.
„Nun müssen wir alle kräftig zupacken, um das Material rechtzeitig ins Trockene zu bringen“, meinte der Chef anspornend, als er feststellte, dass ein Gewitter im Anzug war und zu allem Unglück Regal achtzehn so gut wie voll war. Ratlos stand er da und fragte: „Und nun?“
„Ton ist äußerst wasserempfindlich, solange er noch aus Pulver besteht“, stellte ein Mitarbeiter fest.
„Not macht erfinderisch“, meldete sich ein anderer zu Wort.
Nie hätte jemand damit gerechnet, dass der Himmel just in diesem Moment seine Schleusen öffnete. Prompt schlug auch noch ein Blitz ein.
„Tonregal neun sofort leeren und die Ware in Sicherheit bringen“, brüllte der Chef.
„Lagernot, das ist uns noch nie passiert.“
Regen prasselte auf die schuftende Menge und erschwerte die Arbeit. Otto, einer der Arbeiter, hatte die Schnauze voll und maulte wütend: „Die Drecksarbeit soll doch einer machen wie der da, der Neger.“
„Nur weil er ein Farbiger ist, hast du noch lange kein Recht solche rassistischen Äußerungen von dir zu geben“, verteidigte der Chef seinen afrikanischen Angestellten und ermahnte den Andern, sich sofort zu entschuldigen.
„Run!“ brüllte der Afrikaner jedoch schon seinem weißen Kollegen zu, um ihn zu warnen was mit ihm passiere, wenn er nicht abhauen würde.
„Tot du sein, wenn ich dich habe in Hand“, brüllte der Afrikaner. Um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen wiederholte er nochmals: “Tot!“
Der Afrikaner erwischte das Bleichgesicht, prügelte, relativ harmlos, auf ihn ein, und wollte eine Entschuldigung hören.
„Red‘!“ brüllte er ihn an.
Ebbe und Flut waren gerade im Wechsel. Das Wasser kam erschreckend schnell und die Kontrahenten, welche sich zu nahe im Gefahrenbereich befanden, verschwanden. Genau wie die Ebbe.
„Die Wasser ich nicht habe gesehen“, verteidigte sich später der Afrikaner, der überlebt hatte.
„Eid ich schwöre darauf.“
Gras war längst über die Unglücksnacht gewachsen, als eine Holzkiste an den Strand gespült wurde. Eindeutig wurde sie identifiziert als Sarg.
„Lauf“, rief der Vater seinem Sohn zu, „und hol die Polizei.“
Faul wie der Sohn war, legte er sich jedoch ins weiche Dünengras.
Mit einer Wut im Bauch, die sich gewaschen hatte, packte der Vater seinen Sohn am Kragen. „Du wirst dich sofort auf den Weg machen. Hast du mich verstanden Tim?“
Neben der Kappe, weil er plötzlich so angebrüllt wurde, rannte Tim los.
Neben dem Sarg von Otto fand man Stunden später einen erschöpften, hungrigen, und genervten Vater.
Rot brannte bereits die Sonne am Horizont, als die Ermittlungen im Fall Otto wieder aufgenommen wurden. Bei der Kripo wurde der Fall nochmals aufgerollt, zeigte letztendlich weitere Erkenntnisse auf, und öffnete anhand hilfreicher Spuren ein neues Tor.